Ausbildung: Nachrichten

Berufs­bildungs­validierungs- und -digitali­sierungs­gesetz

Novellierung des Berufsbildungsgesetzes (BBiG)

Am 1. August 2024 ist das Berufsbildungsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz (BVaDiG) in Kraft getreten und bringt auch umfassende Änderungen und Erweiterungen im bestehenden Berufsbildungsgesetz (BBiG) mit sich. Diese Neuerungen zielen darauf ab, die berufliche Bildung moderner und inklusiver zu gestalten.

1. Die wichtigsten Änderungen:

  • die Validierung (Anerkennung) von informell erworbenen beruflichen Kompetenzen ist neu eingeführt worden
  • die einheitliche Regelung zur Freistellung für den Berufsschulunterricht wird um Regelungen zur Anrechnung der Wegezeit erweitert,
  • Regelungen zum mobilen Ausbilden wurden in das Gesetz aufgenommen,
  • weitere Erleichterungen im Prüfungsbereich, wie Online-Prüfungen, wurden eingeführt und
  • es gibt Anpassungen bei der Datenerfassung zu den Ausbildungsverträgen, um zukünftig einen medienbruchfreien digitalen Prozess zu ermöglichen.
Hier können Sie sich über die jetzt gültigen Vorgaben und Neuerungen informieren.

2. Ab wann gelten die Regeln und für wen?

Die neuen Regeln gelten seit dem 1. August 2024 für alle Ausbildenden und Auszubildenden.
Auf gesetze-im-internet.de finden Sie das ausführliche neue Berufsbildungsgesetz (BBiG).

3. Validierung beruflicher Kompetenzen

Mit der im BVaDiG jetzt festgelegten Möglichkeit zur Validierung beruflicher Kompetenzen sollen berufliche Kompetenzen, die unabhängig von einer formalen Berufsausbildung mit Abschluss erworben wurden, aber einer solchen vergleichbar sind, festgestellt und bescheinigt werden können. Diese „Validierung“ soll die Kompetenzen im System der beruflichen Bildung anschlussfähig machen. Zu dem Verfahren soll zugelassen werden können, wer das Eineinhalbfache der Zeit, die als Ausbildungsdauer im Referenzberuf vorgesehen ist, in diesem tätig war. Auf Anregung des Bundesrates wurde eine Altersgrenze von 25 Jahren festgelegt.
Die neuen Regelungen zum Feststellungsverfahren sind ab 1. Januar 2025 anzuwenden. Aktuell liegt noch keine „Verfahrensverordnung“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vor. Diese Verordnung soll weitere Details des beruflichen Feststellungsverfahrens regeln. Eine Antragsstellung ist daher frühestens ab Januar 2025 möglich

4. Freistellung vor und nach der Berufsschule

Die Regelungen für die Freistellung und Anrechnung des Berufsschulunterrichtes auf die Arbeitszeit wurden für Jugendliche und Erwachsene vereinheitlicht.
Die Berufsschulunterrichtszeit einschließlich der Pausen und Wegezeiten zwischen Berufsschule und Ausbildungsstätte ist seit 01. August 2024 auf die Ausbildungszeit komplett anzurechnen. Die Regelung ist auch zusätzlich auf die Teilnahme an Ausbildungsmaßnahmen und Prüfungen erweitert worden. Des Weiteren gilt wie bisher:
  • Auszubildende dürfen vor einem vor 9 Uhr beginnenden Berufsschulunterricht nicht beschäftigt werden.
  • Erwachsene und Jugendliche sind dabei an Berufsschultagen mit mehr als fünf Unterrichtsstunden von mindestens je 45 Minuten, einmal in der Woche, unter Anrechnung der durchschnittlichen täglichen Ausbildungszeit, freizustellen.
  • Die Berufsschulunterrichtszeit am zweiten Berufsschultag oder an Tagen mit bis zu fünf Unterrichtsstunden ist einschließlich der Pausen und der notwendigen Wegezeiten zwischen Berufsschule und Ausbildungsstätte auf die tägliche Arbeitszeit anzurechnen.
  • In Berufsschulwochen mit einem planmäßigen Blockunterricht von mindestens 25 Stunden (an mindestens fünf Tagen) muss der Auszubildende, unter Anrechnung der durchschnittlichen wöchentlichen Ausbildungszeit, freigestellt werden.

5. Freistellung vor der Abschlussprüfung

Seit 2020 haben alle Auszubildenden bereits einen Anspruch auf einen freien Tag vor der schriftlichen Abschlussprüfung. Dies gilt lt. aktueller Rechtsauffassung bei gestreckten Abschlussprüfungen sowohl für Teil 1 als auch für Teil 2.

6. Möglichkeiten der digitalen und mobilen Ausbildung wurden aufgenommen

Ausbildungsteile können nun unter bestimmten Voraussetzungen digital und mobil durchgeführt werden, was größere Flexibilität und Anpassung an moderne Technologien ermöglicht.
Der Ausbildungsbetrieb entscheidet, ob er digitales mobiles Ausbilden anbietet oder nicht. Art und Umfang des mobilen Ausbildens legt der Ausbildungsbetrieb im betrieblichen Ausbildungsplan fest. Die Auszubildenden dokumentieren diese Phasen im schriftlichen (auch elektronischen) Ausbildungsnachweis.
Benötigen Auszubildende für die mobile Ausbildung zum Beispiel Laptops, Tablets oder anderes Ausbildungsmaterial, dann ist der Ausbildende verpflichtet, diese den Auszubildenden kostenlos zur Verfügung zu stellen.

7. Erweiterte Möglichkeiten der Teilzeitberufsausbildung

Wer den betrieblichen Teil seiner Ausbildung in Teilzeit absolvieren möchte, musste dafür bislang einen besonderen Grund nachweisen. Das ist seit dem 1. Januar 2020 nicht mehr erforderlich. Mit dem BVaDiG können ab dem 01.08.2024 Verkürzungsmöglichkeiten mit der Verlängerung der Ausbildungszeit bei Teilzeitausbildung berücksichtigt werden.
Mit dem Einverständnis des Ausbildungsbetriebes, kann die Ausbildung teilweise oder komplett mit verringerter Stundenzahl durchgeführt werden. Ein Anspruch auf Teilzeitausbildung besteht jedoch nicht. Die Kürzung der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit darf 50 Prozent einer Vollzeitausbildung nicht übersteigen.
Die Dauer der Ausbildung verlängert sich entsprechend, höchstens jedoch bis zum 1,5-fachen der regulären Ausbildungsdauer. Das bedeutet: Bei einer regulär dreijährigen Ausbildung darf die Teilzeitvariante maximal 4,5 Jahre in Anspruch nehmen.
Die Berufsschule ist an eine im Ausbildungsvertrag vereinbarte Teilzeit nicht gebunden. Die Einbeziehung der Berufsschulzeiten in das Modell muss deshalb zwischen Betrieb, Auszubildenden und Berufsschule abgestimmt werden.

8. Möglichkeit digitaler Prüfungen

Das Gesetz erlaubt die virtuelle Teilnahme von Prüfenden und die Einführung von digitalen Prüfungsverfahren, um den Prüfungsprozess zu modernisieren.

9. Entlastung und Freistellung des Prüferehrenamtes

Das neue Berufsbildungsgesetz hat Regelungen erlassen, die das Prüferehrenamt entlasten. Zukünftig dürfen beispielsweise zwei anstelle von drei Prüfungsausschussmitgliedern die Ergebnisse der schriftlichen Prüfung bewerten, wenn der gesamte Prüfungsausschuss dies im Vorfeld gemeinsam beschließt. Für die praktischen Prüfungen gilt dieses Verfahren nur dann, wenn es sich um sogenannte „flüchtige“ Prüfungsleistungen handelt. Flüchtige Prüfungsleistungen sind die erbrachten Leistungen, die nicht mehr rekonstruiert werden können wie z.B. eine Fahrprüfung.
Mit der Neufassung des BBiG wurde auch die Freistellung von Prüfern für ihre ehrenamtliche Tätigkeit geregelt. Künftig sind Prüfungsausschussmitglieder freizustellen, wenn keine wichtigen betrieblichen Gründe einer Ausübung des Prüferehrenamtes entgegenstehen.
Weitere Informationen zum novellierten Berufsbildungsgesetz (BBiG) finden Sie beim DIHK sowie beim Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Dort sind auch die wichtigsten Fragen und Antworten zur Gesetzesnovelle zusammengefasst.

10. Anpassungen bei der Datenerfassung und Digitalisierung

Die Erfassung und Verarbeitung von Ausbildungsdaten wurden überarbeitet, um eine effizientere Verwaltung und bessere Analyse des Ausbildungsmarkts zu ermöglichen.

11. Mindestausbildungsvergütung

Die neue Mindestausbildungsvergütung gilt erstmals für Ausbildungsverhältnisse mit Vertragsabschluss ab dem 1. Januar 2020. Die Höhe ist geregelt bis zum Jahr 2023.
Danach passt sich ihre Höhe ab 2024 jährlich an die durchschnittliche Entwicklung aller Ausbildungsvergütungen an und wird durch Bundesministerium für Bildung und Forschung jeweils im November des entsprechenden Vorjahres bekannt gegeben.
Wichtig: Wenn der Arbeitgeber tarifgebunden ist, gilt die tarifvertraglich festgesetzte Höhe der Ausbildungsvergütung. Tarifverträge haben Vorrang vor der Mindestausbildungsvergütung. Ist der Ausbildungsbetrieb nicht tarifgebunden, darf er den branchenüblichen Tarif um höchstens 20 Prozent unterschreiten, jedoch nicht unter die Mindestausbildungsvergütung.
Die Ausbildungsvergütung hängt davon ab, in welchem Kalenderjahr die Ausbildung beginnt. Folgende Mindestausbildungsvergütungen gelten ab 2020 und werden jährlich angepasst:
Aus- bildungsjahr Beginn der Ausbildung 2021 Beginn der Ausbildung 2022 Beginn der Ausbildung 2023 Beginn der Ausbildung 2024
1. Jahr 550,- € 585,- € 620,- € 649,- €
2. Jahr 649,- € 690,30 € 731,60 € 766,- €
3. Jahr 742,50 € 789,75 € 837,- € 876,- €
4. Jahr 770,- € 819,- € 868,- € 909,- €
Die Höhe ist geregelt bis zum Jahr 2023. Danach passt sich ihre Höhe ab 2024 jährlich an die durchschnittliche Entwicklung aller Ausbildungsvergütungen an und wird durch Bundesministerium für Bildung und Forschung jeweils im November des entsprechenden Vorjahres bekannt gegeben.

12. Elektronische Ausbildungsnachweise

Die Möglichkeit Ausbildungsnachweise elektronisch zu führen, wurde bereits mit der Novellierung zum 1. Oktober 2017 in das BBiG aufgenommen.

13. Neue Vertragsmuster

Aufgrund der erfolgten Änderungen im BBiG wurden auch die Vertragsmuster des Ausbildungs- und auch des Umschulungsvertrags entsprechend geändert.