KI.NRW

„Nicht länger warten, sondern jetzt starten"

Dr. Christian Temath ist Geschäftsführer bei der Kompetenzplattform KI.NRW. Der Experte ermutigt Unternehmen, auf digitale Tools zu setzen. So könnten sie Mehrwerte erzielen – etwa durch eine schnellere, günstigere Produktion.
Herr Dr. Temath, das Stichwort Künstliche Intelligenz ist in aller Munde, spätestens seit Ende 2022 ChatGPT auf den Markt gekommen ist. Wie hat sich die Wahrnehmung Ihres Forschungsbereichs seitdem verändert?
Dr. Christian Temath: Die Einführung von ChatGPT war ein Meilenstein. Das öffentliche Interesse an KI ist seitdem signifikant gestiegen. Das merken wir auch an den Anfragen. Früher haben sich vor allem die Computer-Spezialisten der Firmen an uns gewandt. Heute melden sich die Geschäftsführer und wollen wissen, welche Vorteile die Tools für ihre Unternehmen mit sich bringen.
Kann KI denn wirtschaftliches Wachstum beschleunigen?
Ich gebe Ihnen ein konkretes Beispiel. Auf dem Gebiet des effektiven Energiemanagements von Gebäuden können die Tools eine große Hilfe sein. Das Heizungssystem, die Lüftung und die Beschattung werden mit KI automatisiert gesteuert. Dadurch sparen die Unternehmen zehn bis 15 Prozent an Energiekosten.
Welche Betriebe am Niederrhein kommen Ihnen in den Sinn, wenn es um positive Beispiele für den Einsatz von KI gibt?
Da denke ich an die Firma Lemken, die in der Gemeinde Alpen technische Geräte für die Landwirtschaft herstellt. Das Unternehmen hat gemeinsam mit anderen Partnern eine autonome Hackmaschine entwickelt. Diese kann durch Bilderkennung verschiedene Nutzpflanzen wie Zuckerrüben zuverlässig von Unkraut unterscheiden. Die Maschine kann statt von einem Menschen auch von einem Roboter bedient werden. So reagiert das Unternehmen auch auf den Fachkräftemangel. Ein anderes schönes Beispiel liefern die Wirtschaftsbetriebe Duisburg. Die setzen auf dem Recyclinghof Nord eine KI ein, um Fehlwürfe wie Plastiksäcke zu erkennen. Die Beschäftigten werden automatisch informiert und können handeln.
Was müssen Unternehmer beachten, um den Anschluss nicht zu verpassen?
Die Entwicklungen sind rasant. Wer jetzt noch nicht im Bereich KI unterwegs ist, dem empfehlen wir, nicht länger zu warten. Dabei muss sich die Geschäftsführung eines Unternehmens zunächst einen Überblick verschaffen, wo KI einen messbaren Mehrwert liefern kann. Das kann etwa eine schnellere und kostengünstigere Produktion sein.
Wie gelingt es, die Belegschaft mitzunehmen?
Es ist zu wenig, nur ein neues Tool vorzustellen. Die Mitarbeitenden sollen erkennen, wie ihnen die digitalen Werkzeuge im Alltag helfen können. Das erzeugt eine positive Grundstimmung und schafft Akzeptanz. Wichtig ist, dass das ganze Team mitzieht.
Sehen Sie die Gefahr, dass durch KI viele Arbeitsplätze wegfallen?
Ich sehe es eher so, dass sich Jobprofile ändern werden. Nehmen wir mal ein Beispiel aus dem Bereich Kundenservice: Um eine Kontoverbindung zu ändern, benötige ich in drei oder vier Jahren vermutlich keinen Menschen mehr. Für sich ständig wiederholende Aufgaben gibt es gute Tools. Der Mitarbeitende gewinnt Zeit, sich komplexeren und dringlicheren Themen zu widmen. Ich denke da zum Beispiel an Fragen rund um den Glasfaseranschluss. Wenn der Kunde dabei Probleme hat, dann gibt es nicht die eine Standardlösung. Da braucht es oft eine individuelle Beratung. Und dafür hat der Servicemitarbeitende dank des KI-Einsatzes neue Kapazitäten.

Kompetenzplattform für Künstliche Intelligenz in NRW
KI.NRW baut Nordrhein-Westfalen zu einem bundesweit führenden Standort für angewandte Künstliche Intelligenz aus. Als zentrale Landes- Dachorganisation für Künstliche Intelligenz vereint KI.NRW Spitzenforschung, Innovation und Unternehmertum. Dr. Christian Temath ist seit September 2020 Geschäftsführer bei KI.NRW, angesiedelt am Fraunhofer- Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme IAIS in Sankt Augustin bei Bonn. Der 44 Jahre alte Wirtschaftsinformatiker stammt vom Niederrhein.

Text: Denis de Haas, Redaktionsbüro Ruhr
Foto: KI.NRW


Niederrheinische Industrie- und Handelskammer Duisburg-Wesel-Kleve zu Duisburg
Mercatorstraße 22–24
47051 Duisburg
E-Mail: ihk@niederrhein.ihk.de
Telefon: 0203 2821-0
Fax: 0203 26533