Wirtschaftsstandort Niederbayern
Rottal-Inn
Der Wahlkreis Rottal-Inn umfasst die Landkreise Rottal-Inn und Dingolfing-Landau sowie vom Landkreis Landshut die Gemeinden Aham, Gerzen, Kröning, Postau, Schalkham, Weng und Wörth an der Isar. Der amtierende Wahlkreisabgeordnete ist Max Straubinger (CSU).
Direktkandidaten im Wahlkreis Rottal-Inn
- Max Straubinger (CSU)
Max Straubinger tritt für die CSU im Wahlkreis Rottal-Inn als Direktkandidat an. Er stellt sich den Fragen der IHK Niederbayern.
Was sind die drei drängendsten wirtschaftspolitischen Aufgaben, die die neue Bundesregierung anpacken muss?
Industrie und Mittelstand haben auch wegen der Pandemie zum Teil hohe finanzielle Einbrüche zu verzeichnen. Es liegt an einer neuen Bundesregierung, trotz und gerade wegen der Corona-Pandemie Wachstumsimpulse für ein Wirtschaftswachstum zu setzen.Um den wirtschaftlichen Aufschwung und die Zukunftsfähigkeit unserer Unternehmen nicht zu gefährden ist es wichtig, Industrie und Mittelstand nicht über Gebühr zu belasten und -wo möglich- Entlastungen vorzusehen.Eine neue Bundesregierung sollte daher ihr Augenmerk aus wirtschaftspolitischer Sicht u.a. darauf legen, (1) dass Unternehmenssteuern nicht erhöht werden und Lohnzusatzkosten weitestgehend stabil bleiben. (2) Auch der Einführung einer Vermögens- und Erbschaftssteuer oder anderer Substanzsteuern ist entgegenzutreten. Die Einführung derartiger Steuern würden Unternehmen bzw. Unternehmensnachfolgen und somit eine große Anzahl an Arbeitsplätzen gefährden. (3) Der Wirtschaftsstandort Deutschland muss für Unternehmen weiterhin attraktiv bleiben. Dies könnte nach meinem Dafürhalten dadurch erreicht werden, dass z.B. Genehmigungsverfahren beschleunigt werden, nicht nur energieintensive Unternehmen bei Energiesteuern entlastet werden oder die für Unternehmen notwendige Infrastruktur (auch digital) schnellstmöglich ausgebaut wird.Aus Sicht vieler Unternehmer ist der Fachkräftemangel eine der zentralen Herausforderungen der kommenden Jahre. Was wollen Sie seitens der Politik diesem Mangel entgegensetzen?
Der Fachkräftemangel ist bereits jetzt über alle Branchen hinweg deutlich spürbar. Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, muss eine neue Bundesregierung zweigleisig fahren: Zum einen gilt es, Potentiale in der deutschen Bevölkerung auszuschöpfen. Sei dies durch gute Ausbildungschancen über alle Bevölkerungsschichten hinweg, attraktive Umschulungs-/ Weiterbildungsmaßnahmen, die staatlich gefördert werden, die Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen, aber auch die ggf. staatlich geförderte Beschäftigung von Älteren und Menschen mit Behinderung. Da dem Fachkräftemangel aber nicht nur aufgrund dieser möglichen Maßnahmen begegnet werden kann, ist der Zuzug von Facharbeitern aus der EU und dem nichteuropäischen Ausland unerlässlich: Durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz haben wir im vergangenen Jahr schon Rahmenbedingungen festgelegt, die es qualifizierten Fachkräften erleichtern, in deutschen Unternehmen zu arbeiten. Damit ausländische Facharbeiter dem deutschen Arbeitsmarkt leichter zur Verfügung stehen, muss das Zulassungsverfahren deutlich vereinfacht und digitalisiert werden. Gleichzeitig muss die neue Bundesregierung bereits in den Herkunftsländern der Facharbeiter Impulse setzen. Sei dies durch gezielte Informationen, Sprachkurse oder Stipendien.Viele Unternehmer bezeichnen das deutsche System der Unternehmensbesteuerung als international nicht mehr wettbewerbsfähig. Wie stehen Sie dem gegenüber und wo würden Sie ansetzen?
Ich kann nachvollziehen, dass viele Unternehmer die Unternehmensbesteuerung in Deutschland inzwischen als Hemmschuh für Wachstum und Wirtschaftskraft ansehen. Eine neue Bundesregierung muss – in den gesteckten Grenzen des EU-Rechts - diverse steuerrechtliche Maßnahmen ergreifen, damit Deutschland und seine Unternehmen EU- und weltweit wettbewerbsfähig bleibt. Um dieses Ziel zu erreichen, könnte man zum Beispiel an eine Deckelung der Steuerlast für Gewinne nachdenken, die Abschreibungsregel verbessern (wie z.B. Wiedereinführung der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens) oder die steuerliche Verlustabrechnung verbessern. Die so freiwerdenden Finanzmittel können Unternehmen dann reinvestieren, neue Arbeitsplätze schaffen und zum Wirtschaftswachstum beitragen.Oft versprochen, aber aus Sicht der Wirtschaft zu wenig umgesetzt: das Zurückfahren der Bürokratiebelastung. Bei welchen Punkten sehen Sie hier Verbesserungsbedarf?
Auch wenn in den vergangenen Jahren wirksame Maßnahmen gegen überbordende Bürokratie getroffen wurden, sehe ich beim Bürokratieaufbau Verbesserungspotential: Ein „Ärgernis“ mit dem auch Unternehmen in meinem Wahlkreis immer wieder konfrontiert werden, sind Meldepflichten für amtliche Statistiken. Die Erstellung der betreffenden Statistiken ist mit großem Zeitaufwand verbunden. Die Verpflichtung zur Abgabe der Statistiken sollte zumindest reduziert/begrenzt werden. Auch auf das Instrument der „Betriebsprüfung“ sollte die neue Bundesregierung ihr Augenmerk legen. Das entsprechende Verfahren müsste modernisiert und beschleunigt werden und würde dadurch alle hiervon betroffenen Parteien – Unternehmer- Steuerberater- Finanzbehörden- entlasten. Weiteres Verbesserungspotential sehe ich insgesamt im Steuerrecht oder Sozial-/Arbeitsrecht. Allgemein gesagt sollte die neue Bundesregierung die Unternehmen noch mehr ins Boot holen, um Bürokratiehemmnisse bei neuen Gesetzen von vorne herein weitestgehend auszuschließen. - Severin Eder (SPD)
Severin Eder tritt für die SPD im Wahlkreis Rottal-Inn als Direktkandidat an. Er stellt sich den Fragen der IHK Niederbayern.© Hannes Höchsmann
Was sind die drei drängendsten wirtschaftspolitischen Aufgaben, die die neue Bundesregierung anpacken muss?
Die SPD ist nicht nur die Partei der Arbeit, sondern der guten Arbeit. Wir halten an dem Bild der Arbeitsgesellschaft fest. Dass sich die Bedingungen in unserem dynamischen Umfeld für Arbeit die letzten Jahre stark verändert haben, versteht sich von selbst. Unsere Wirtschaft ist einem globalen Wettbewerb und einem zunehmenden Innovationsdruck ausgesetzt. Nicht verändert hat sich dagegen die Bedeutung eines sicheren, gut bezahlten und ausgestatteten Arbeitsplatzes als Existenzgrundlage und als Teil der persönlichen Entfaltung. Von diesem Ausgangspunkt her ist Wirtschaftspolitik wichtiger Teil unseres politischen Verständnisses. Meiner Meinung nach muss unsere Wirtschaft konsequent auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sein und Beiträge zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen leisten, vor allem zum Klimaschutz. Des Weiteren sehe ich die Wirtschaftspolitik als eine gemeinsame Aufgabe von Politik, Unternehmern und Gewerkschaften mit dem Ziel, das Gemeinwohl zu fördern. Mit diesem Anspruch stehe ich auch für eine gestaltende Rolle des Staates auf den relevanten Zukunftsfeldern für unsere Wettbewerbsfähigkeit, für sichere Arbeitsplätze und gute Einkommen.Die folgenden drei Maßnahmen erachte ich als außerordentlich wichtig:Die Umstrukturierung und Ausweitung der staatlichen Investitionspolitik ist eine der wichtigsten wirtschaftspolitischen Aufgaben. Wir brauchen den Staat als strategischen Investor, als Ordnungs- und Gestaltungskraft zur Bewältigung der Herausforderungen unserer Zeit. Staat und Verwaltung müssen zum Innovationstreiber werden und ihre Nachfragemacht einsetzen. Im Innovationspotenzial des Handwerks sehe ich eine wesentliche Stütze, um den Innovationsstandort Deutschland wieder zu stärken. Von einer derartigen Wirtschaftspolitik würde das Handwerk als wesentlicher Teil der Wertschöpfungskette stark profitieren.Eine weitere wichtige Wirtschaftspolitische Aufgabe ist es, Vollbeschäftigung mit gerechten Löhnen zu gewährleisten. Ich fordere unmittelbar eine Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde. Das statistische Bundesamt hat ermittelt, dass im Jahr 2018 rund acht Millionen Jobs unterhalb der Niedriglohnschwelle von 11,05 Euro brutto je Stunde entlohnt wurden. Aufgrund der Tatsache, dass die Tarifbindung in Deutschland seit über 40 Jahren rückläufig ist, fordere ich im Einklang mit der Position der SPD eine Tariftreue per Gesetz.Um das zu erreichen, sollen öffentliche Aufträge künftig nur noch an Unternehmen vergeben werden, die nach Tarif bezahlen. Die SPD will dafür ein Tariftreuegesetz erwirken. Wo kein Tarifvertag besteht, soll für öffentliche Aufträge ein bundesweit geltender Vergabemindestlohn in Höhe von 60 Prozent des Medianlohns eingeführt werden. Außerdem ist es mir wichtig, dass wir ein Recht auf Arbeit schaffen.Gerade verglichen mit dem bedingungslosen Grundeinkommen ist das Recht auf Arbeit ansprechend, weil sie an moralische Überzeugungen vieler arbeitender Menschen anknüpft: Man will keine Almosen vom Staat, sondern einen sinnvollen, produktiven Beitrag leisten – und für diesen angemessen entlohnt werden.Um dies umzusetzen, bedarf es ebenfalls verschiedener Maßnahmen. Konkret wollen die Sozialdemokrat*innen mit einem „Recht auf Weiterbildung“ dafür sorgen, dass sich Menschen, deren Arbeit sich verändert, fortlaufend weiterqualifizieren können. Im Extremfall sollen sie sogar die Möglichkeit bekommen, eine komplette neue Berufsausbildung zu machen – unabhängig vom Alter. Arbeitnehmer*innen sollen zudem das Recht haben, finanziell gefördert in „Bildungszeit“ oder „Bildungsteilzeit“ zu gehen, um sich unabhängig vom eigenen Betrieb weiterzubilden oder umschulen zu lassen. Mit einem „Transformations-Kurzarbeitergeld“ sollen Beschäftigte unterstützt werden, die sich innerhalb eines Betriebs neu orientieren müssen. Das Bekämpfen des Fachkräftemangels ist ebenso eine der drängendsten wirtschaftspolitischen Aufgaben der neuen Regierung.Aus Sicht vieler Unternehmer ist der Fachkräftemangel eine der zentralen Herausforderungen der kommenden Jahre. Was wollen Sie seitens der Politik diesem Mangel entgegensetzen?
Unsere Wirtschaft und damit ebenso das Handwerk ist auf gut ausgebildete Fachkräfte angewiesen. Leider hat die Politik es bisher versäumt, hier anzusetzen und dem Fachkräftemangel langfristig entgegenzuwirken. Die Bekämpfung dieses Mangels steht für mich an oberster Stelle, da das Handwerk eine tragende Säule der deutschen Wirtschaft darstellt.Konkret werde ich mich dafür einsetzen, die Ausbildung im Handwerk attraktiver zu gestalten. Dies kann meiner Meinung nach durch die Abschaffung von Gebühren für Techniker*innen- und Meister*innenkurse und eine Tarifbindung erreicht werden. Ebenso kann mittels neuer Ausbildungskozepte und einer praxisnahen Verzahnung von beruflicher Ausbildung und Schulen und Hochschulen versucht werden, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Ebenso muss die technische Ausstattung an Schulen verbessert werden.Im Zuge des Fortschreitens der Digitalisierung müssen Fachkräfte auch immer häufiger digitale Kompetenzen erwerben. Dies muss sich in der Gestaltung der Lehrpläne niederschlagen. Diese müssen auf die Digitalisierung der Arbeitswelt ausgerichtet werden. Ebenso müssen aber auch die bestehenden Kompetenzen weiterentwickelt werden. Die Weiterbildung muss während eines gesamten Erwerbslebens erfolgen. Im Zuge der Digitalisierung ist es die Aufgabe der Handwerksbetriebe, das berufliche Umfeld im Betrieb weiterzuentwickeln. Das Handwerk muss zeigen, dass es attraktive Arbeitsplätze anbieten kann. Ich bin jederzeit offen hier in einen Dialog mit den Handwerksbetrieben und Dachorganisationen zu treten, um zukunftsfähige Modelle zu entwickeln.Ferner ist eine ausreichende Anzahl gut qualifizierter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine maßgebliche Voraussetzung für den weiteren wirtschaftlichen Erfolg unseres Landes. Dabei gilt es vor allem, dass nach wie vor ungenutzte Potential der Erwerbsarbeit von Frauen zu nutzen. Die Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt muss einhergehen mit der Verbesserung von Vereinbarkeit von Beruf, Karriere und Familie für Frauen und Männer.Viele Unternehmer bezeichnen das deutsche System der Unternehmensbesteuerung als international nicht mehr wettbewerbsfähig. Wie stehen Sie dem gegenüber und wo würden Sie ansetzen?
Der Mittelstand und damit das Handwerk sind der Wachstums- und Jobmotor der deutschen Wirtschaft. Mittelständische Unternehmen und damit ein Großteil alles Handwerksbetriebe werden traditionell vom Eigentümer selbst geleitet (Eigentümer-Unternehmen). Es handelt sich dabei um Personengesellschaften, die einkommensteuerpflichtig sind. Genaues Zahlenmaterial darüber, wie viele der etwa 3,4 Millionen KMU in Deutschland Einkommensteuer und wie viele Körperschaftsteuer zahlen liegt mir im Detail nicht vor. Obgleich die Steuerbelastung im internationalen Vergleich in Deutschland als hoch anzusehen ist, bin ich nicht der Meinung, dass Steuersenkungen einen nachhaltigen Vorteil bieten. Da in Frankreich oder Italien ähnlich hohe Steuern abgeführt werden müssen, kann nicht pauschal davon die Rede sein, dass die hohe Abgabenlast für ein geringes wirtschaftliches Wachstum verantwortlich ist. Ich bin aber sehr wohl der Ansicht, dass die bestehende unterschiedliche Besteuerung von Personen- und Kapitalgesellschaften einer genauen Prüfung unterzogen werden muss, um hier sicherzustellen, dass KMU nicht strukturell benachteiligt werden.Steuersenkungen, wie sie vielfach gefordert werden, reduzieren den Handlungsspielraum für den Staat und insbesondere für die Kommunen, die sich zu einem großen Teil aus den Unternehmenssteuern finanzieren. Bereits jetzt reichen die Einnahmen der Gemeinden kaum aus, um ihren Pflichten nachkommen zu können, was zu einer Abwärtsspirale führt. Überlastete Kommunen sind weniger attraktiv für gut ausgebildete Fachkräfte, welche dann wiederum den Unternehmen in der Region fehlen und somit zu weiteren Gewinneinbußen führen. Der beste Weg für die Unternehmen und die Gesellschaft ist daher nicht etwa ein “Race to the bottom” sondern ein internationaler Kraftakt, um dem Steuerwettbewerb ein Ende zu setzen. Olaf Scholz hat in seiner Funktion als Finanzminister zusammen mit Frankreich eine globale Mindestbesteuerung für Unternehmen durchgesetzt. Bereits ab 2023 sollen internationale Konzerne mit mindestens 15% besteuert werden. Ziel ist es, diese Untergrenze zukünftig schrittweise anzuheben und damit dem Wettbewerb schadende Steuergestaltungsmodelle nachhaltig unattraktiv zu machen. Die Folge ist eine Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland, von der sowohl die Gesellschaft, als auch die Wirtschaft profitiert.Oft versprochen, aber aus Sicht der Wirtschaft zu wenig umgesetzt: das Zurückfahren der Bürokratiebelastung. Bei welchen Punkten sehen Sie hier Verbesserungsbedarf?
Für die SPD ist klar, dass die KMU und damit auch Handwerksbetriebe, die in großen Teilen den KMU zuzurechnen sind, mit einer Vielzahl von Vorschriften konfrontiert sind. Handwerksbetriebe sind aufgrund ihrer oftmals sehr kleinen Betriebsstruktur häufig überproportional stark von unnötiger Bürokratie betroffen. Da die Einhaltung aller rechtlichen und administrativen Vorschriften mit Kosten verbunden ist, steht die dafür benötigte Liquidität nicht für Investitionen und Innovationen zur Verfügung. Entsprechend kann dies die Entwicklung der Handwerksbetriebe beeinträchtigen.Es ist das Ziel der SPD und auch mein Ziel, die Handwerksbetriebe von unnötiger Bürokratie zu befreien. Dafür möchte ich mit Betrieben in den Dialog treten, um effiziente Maßnahmen erarbeiten zu können. Hier muss die IHK als Dachverband als Vermittlerin auftreten. Der Staat kann hier sowohl durch Gesetze als auch durch die Bereitstellung von Fördermitteln den Bürokratieabbau forcieren.Um eine nachhaltige Entlastung zu ermöglichen, sieht die SPD großes Potenzial in der Digitalisierung. Zum einen müssen hierbei die entsprechenden Prozesse und die dahinterliegenden administrativen Strukturen in den Handwerksbetrieben digitalisiert werden. Hierfür kann der Staat in den Betrieben mittels der Förderung von Digitalisierungsmaßnahmen einen Anreiz setzen. Meines Erachtens reichen hier die bestehenden Fördermittel nicht aus. Zum anderen muss auf staatlicher Seite die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen vorangetrieben werden (Stichwort: E-Government). In diesem Zusammenhang trete ich dafür ein, dass durch eine Vereinfachung der Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten administrative Prozesse in den Handwerksbetrieben schlank und kosteneffizient gestaltet werden können. Da viele Handwerksbetriebe im Rahmen der Corona-Pandemie unverschuldet in schwierige Situationen geraten sind, ist hier Eile geboten. Um gestärkt aus der Krise heraustreten zu können, müssen diese Maßnahmen zum Bürokratieabbau schnellstmöglich umgesetzt werden. - Stephan Protschka (AfD)
Stephan Protschka tritt für die AfD im Wahlkreis Rottal-Inn als Direktkandidat an. Er stellt sich den Fragen der IHK Niederbayern.
Was sind die drei drängendsten wirtschaftspolitischen Aufgaben, die die neue Bundesregierung anpacken muss?
Am wichtigsten ist mir, dass wir wieder zur sozialen Marktwirtschaft nach Ludwig Erhard zurückkehren und Wohlstand für alle schaffen. Es ist falsch, dass sich der Staat zunehmend als Unternehmer versteht. Die Aufgabe des Staates soll die Erhaltung des freien Wettbewerbs und die Verhinderung von Monopolen, Kartellen und sonstigen, den Marktmechanismus schädigenden Einflüssen sein. Hier gibt es nach 16 Jahren Merkel leider dringenden Handlungsbedarf.Dann müssen wir definitiv den deutschen Mittelstand entlasten, weil er nicht nur den Großteil der Arbeitsplätze bereitstellt, sondern mit seiner Flexibilität und seinem Erfindungsreichtum auch der Stabilitätsanker für unsere Wirtschaftsstruktur ist.Außerdem liegt mir die deutsche Landwirtschaft sehr am Herzen. Heimat braucht Bauern. Wir müssen weg vom „Wachsen oder Weichen“ und die Bauern wieder in die Lage versetzen, von ihrer eigenen Hände Arbeit leben zu können. Nur gemeinsam mit wirtschaftlich starken bäuerlichen Betrieben sind der Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen und die Pflege und der Erhalt unserer schönen Kulturlandschaften möglich. Landwirtschaft schafft regionale Wertschöpfung und macht die ländlichen Räume lebenswert.Aus Sicht vieler Unternehmer ist der Fachkräftemangel eine der zentralen Herausforderungen der kommenden Jahre. Was wollen Sie seitens der Politik diesem Mangel entgegensetzen?
Es gilt, die in den letzten Jahren erfolgte massive Abwanderung von deutschen Unternehmen und Fachkräften ins Ausland zu stoppen und den Wirtschaftsstandort Deutschland für Investitionen wieder attraktiv zu machen. Die ungesteuerte, überwiegend illegale Zuwanderung von Unqualifizierten auf dem Umweg der Asylantragstellung steigert das Fachkräftepotential hingegen nicht. Weiter wollen wir die Bildungsstandards aller Schulformen und Bildungseinrichtungen wieder auf das Niveau einer führenden Wissenschafts- und Industrienation heben. Ein leistungsorientiertes, differenziertes Bildungswesen ist die Grundlage unseres Wohlstands und wesentlicher Bestandteil unserer Kultur. Wir fordern daher die Abkehr von ausschließlicher Kompetenzorientierung und eine stärkere fachwissenschaftliche Ausrichtung des Unterrichts.Viele Unternehmer bezeichnen das deutsche System der Unternehmensbesteuerung als international nicht mehr wettbewerbsfähig. Wie stehen Sie dem gegenüber und wo würden Sie ansetzen?
Grundsätzlich ist es das Ziel der AfD, die Steuer- und Abgabenbelastung in Deutschland deutlich zu senken und den Wirtschaftsstandort Deutschland wieder für Investitionen attraktiv zu machen. Dazu streben wir eine umfassende Steuerreform an, bei der bei Konzentration auf die beiden großen Steuerarten (Umsatzsteuer und Einkommenssteuer), die Grundsteuer, die Gewerbesteuer und etliche, nach ihrem Aufkommen betrachtet, weitere kleinere Verbrauchsteuern auf Bundesebene ersatzlos entfallen. Insbesondere letztere sind meist verwaltungsaufwendig und aufkommensschwach. Auch die Erbschaftssteuer wollen wir abschaffen.Oft versprochen, aber aus Sicht der Wirtschaft zu wenig umgesetzt: das Zurückfahren der Bürokratiebelastung. Bei welchen Punkten sehen Sie hier Verbesserungsbedarf?
Die AfD will ein investitions- und innovationsförderndes wirtschaftliches Umfeld. Wir wollen unternehmerischen Geist neu entfachen und Unternehmensgründern dadurch helfen, dass wir auf breiter Front deregulieren und Bürokratie abbauen. Der Bürokratieabbau darf sich dabei nicht nur auf eine bessere Ausgestaltung der Regeln beschränken, sondern beinhaltet auch eine Überprüfung der Notwendigkeit bestehender Regeln. Besondere Schwerpunkte setzen wir auf die Entschlackung und Flexibilisierung des Arbeitsrechts, Beendigung der Benachteiligung des Mittelstands gegenüber multinationalen Großkonzernen, Sicherstellung verlässlicher rechtlicher und regulatorischer Rahmenbedingungen, Überprüfung – ggf. Abbau bzw. Befristung – von Regulierungen und Subventionen, Überprüfung und Reduzierung der wirtschaftsrelevanten Rechtsgebiete auf Streitanfälligkeit. - Claus Rothlehner (FDP)
Claus Rothlehner tritt für die FDP im Wahlkreis Rottal-Inn als Direktkandidat an. Er stellt sich den Fragen der IHK Niederbayern.
Was sind die drei drängendsten wirtschaftspolitischen Aufgaben, die die neue Bundesregierung anpacken muss?
Die kommende Bundesregierung wird sich mit vielen wirtschaftspolitischen Problemen gleichzeitig auseinandersetzen müssen. Meiner Meinung nach wird dabei das Thema saubere und bezahlbare Energie einen prominenten Platz einnehmen müssen. Die stetig steigenden Energiekosten stellen inzwischen einen spürbaren Wettbewerbsnachteil für den Wirtschaftsstandort Deutschland dar. Die kommende Bundesregierung muss daher deutlich mehr Anstrengungen unternehmen; die negativen Effekte der hohen Energiekosten abzumildern.Mobilität ist Existenzgrundlage für hunderttausende von Menschen in unserem Land. Es muss sichergestellt sein, dass Fortbewegung nicht zu einem Luxusgut wird. Wir Freie Demokraten fordern daher einen ideologiefreien Wettbewerb verschiedener Antriebsarten, an dessen Ende auch unterschiedliche Systeme für unterschiedliche Anforderungen stehen dürfen. Die politische Vorfestlegung auf eine ideologisch gewünschte Antriebsart lehnen wir dagegen kategorisch ab.Deutschland hat im Bereich der Digitalisierung Aufhol- und Nachholbedarf. Die Corona-Pandemie hat uns so deutlich wie nie zuvor unsere Schwächen und Versäumnisse in diesem Bereich vor Augen geführt. Der flächendeckende Ausbau des 5G-Mobilfunkstandards und eines leistungsstarken Glasfasernetzes muss oberste Priorität haben.Aus Sicht vieler Unternehmer ist der Fachkräftemangel eine der zentralen Herausforderungen der kommenden Jahre. Was wollen Sie seitens der Politik diesem Mangel entgegensetzen?
Deutschland ist seit mehr als einem halben Jahrhundert ein Einwanderungsland und auf den Zuzug von Menschen aus dem Ausland angewiesen. Wir Freie Demokraten wollen ein zusammenhängendes Einwanderungsgesetzbuch aus einem Guss schaffen. Kern des Einwanderungsrechts soll ein Zwei-Säulen-Modell bilden, das die Fachkräfteeinwanderung sowohl mit als auch ohne bereits bestehendes Arbeitsplatzangebot regelt. Als sinnvolles Vorbild betrachten wir das kanadische Punktesystem, dass über Kriterien wie Bildungsgrad, Deutsch- oder auch gute Englischkenntnisse, Alter, Berufserfahrung und dem aktuellen Fachkräftebedarf am Arbeitsmarkt erfolgt.Gleichzeitig muss Deutschland aber auch attraktiver werden. Die deutsche Sprache ist eine wunderschöne, aber auch sehr komplexe Sprache, deren Erlernen vergleichsweise viel Zeit benötigt. Mittelfristig halte ich es daher für unumgänglich, Englisch flächendeckend zur zweiten Verwaltungssprache zu erheben.Viele Unternehmer bezeichnen das deutsche System der Unternehmensbesteuerung als international nicht mehr wettbewerbsfähig. Wie stehen Sie dem gegenüber und wo würden Sie ansetzen?
Ich begrüße den Vorstoß der G20-Staaten ausdrücklich, einen globalen Mindeststeuersatz für weltweit tätige Unternehmen auf den Weg zu bringen und so einem „race to the bottom“ eine Untergrenze zu setzen.Wir Freie Demokraten fordern eine Absenkung der Unternehmenssteuern auf den OECD- Durchschnitt von rund 25 Prozent. Unser Ziel ist es, im Zuge der angestrebten Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung in Europa den deutschen Sonderweg der Gewerbesteuer zu beenden. Ich persönlich halte es darüber hinaus auch für wichtig, über verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten bei Investitionen, vor allem im Bereich der Digitalisierung und der Investition in Technologien zur Treibhausgasreduktion zu sprechen. Eine weitere Problematik sehe ich in der Höhe der Lohnnebenkosten und der Progression der Einkommensteuer.Oft versprochen, aber aus Sicht der Wirtschaft zu wenig umgesetzt: das Zurückfahren der Bürokratiebelastung. Bei welchen Punkten sehen Sie hier Verbesserungsbedarf?
Beim Thema Bürokratieabbau sehe ich enormes Potential in der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung und deren sinnvoller Vernetzung. Viele Informationen werden derzeit mehrfach von unterschiedlichen Stellen und Behörden erhoben. Hier kann eine gemeinsame Datenplattform, eine virtuelle Verwaltung, Abhilfe schaffen. Entsprechend dem Once-Only-Prinzip sollen dadurch Doppel- und Mehrfachabfragen verhindert und die Unternehmen bei der Bereitstellung von Informationen entlastet werden. Selbstverständlich muss dies transparent und datenschutzkonform erfolgen. - Rudolf Schöberl (Die Linke)
Rudolf Schöberl tritt für die “Die Linke” im Wahlkreis Rottal-Inn als Direktkandidat an. Seine Antworten auf die Fragen der IHK Niederbayern stehen noch aus.
- Marlene Schönberger (Bündnis 90/Die Grünen)
Marlene Schönberger tritt für Bündnis 90/Die Grünen im Wahlkreis Rottal-Inn als Direktkandidatin an. Sie stellt sich den Fragen der IHK Niederbayern.© Elias Keilhauer
Was sind die drei drängendsten wirtschaftspolitischen Aufgaben, die die neue Bundesregierung anpacken muss?
1. Klimaneutrale Industrie: Die energieintensiven Industrien stehen für 15 % des deutschen CO2-Ausstoßes. Zugleich bieten sie Hunderttausende gute Arbeitsplätze und sind Eckpfeiler unseres Wohlstandes. Wir GRÜNE wollen unsere Industrie zur Vorreiterin bei der Entwicklung klimaneutraler Prozesse machen. So bekämpfen wir die Klimakrise und tragen zur Sicherung des Industriestandortes bei. Um dieses Ziel zu erreichen, setzen wir auf Investitionszuschüsse und degressive Abschreibungen, grüne Eigenstromversorgung, einen massiven Ausbau der Erneuerbaren und grünen Wasserstoff.2. Zukunftsfähige Automobilindustrie: Weltweit läuft der Wettbewerb um das Auto der Zukunft. Jetzt gilt es, zukunftsfähige Arbeitsplätze und klimagerechte Wertschöpfung in der Autoindustrie zu schaffen. Der Politik kommt dabei eine zentrale Rolle zu, sie muss den Rahmen setzen und den Transformationsprozess gestalten. Wir GRÜNE setzen auf klare Ziele für klimaneutrale Produktion, um Planbarkeit für Betriebe und Angestellte zu garantieren und unterstützen diese Transformation mit Forschungs- und Innovationsförderung für alle Technologieoptionen.3. Neustart nach Krise: Die Pandemie hat viele Branchen hart getroffen. Jetzt muss gezielt den besonders Betroffenen geholfen werden. Hier setzen wir auf eine Ausdehnung des steuerlichen Verlustrücktrags, attraktive und zeitlich begrenzte Abschreibungsbedingungen und vereinfachte Restrukturierungsverfahren, um Insolvenzen zu vermeiden. Die Kunst- und Kulturbranche wollen wir unter anderem durch Kulturförderung stärken.Aus Sicht vieler Unternehmer ist der Fachkräftemangel eine der zentralen Herausforderungen der kommenden Jahre. Was wollen Sie seitens der Politik diesem Mangel entgegensetzen?
Dem zunehmenden Arbeits- und Fachkräftemangel wollen wir entgegenwirken. Dafür investieren wir GRÜNE mehr in berufliche und berufsbegleitende Bildung. Die duale Berufsausbildung soll durch eine Modernisierung insbesondere der Lehrinhalte und der Ausstattung aufgewertet werden. Die Finanzierung bedarf der Anpassung. Der Meisterbrief soll wie ein Studium kostenfrei werden. Hürden, die Frauen, Älteren, Menschen mit Behinderungen, Jugendlichen aus einkommensarmen Elternhäusern oder Menschen mit Migrationsgeschichte oft noch im Weg stehen, bauen wir ab. Einwanderung in unser Land erleichtern wir mit der Einführung einer Talentkarte und einer schnelleren Anerkennung ausländischer Bildungs- und Berufsabschlüsse. Allgemein wollen wir die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse beschleunigen sowie kostengünstiger gestalten. Geflüchtete sollen die Möglichkeit zum Spurwechsel bekommen. Wir unterstützen Betriebe, die Geflüchteten und Einwander*innen eine Chance auf Ausbildung und Beschäftigung geben, bei Bedarf durch konkrete Ansprechpersonen, Qualifizierung, Beratung und Begleitung.Viele Unternehmer bezeichnen das deutsche System der Unternehmensbesteuerung als international nicht mehr wettbewerbsfähig. Wie stehen Sie dem gegenüber und wo würden Sie ansetzen?
Durch Buchungstricks verschieben große Konzerne ihre Gewinne in Steuersümpfe, in der Folge fehlen nicht nur Milliarden für unsere Infrastruktur, diese Firmen verschaffen sich auch unfaire Wettbewerbsvorteile gegenüber kleineren Unternehmen. Es kann nicht sein, dass der kleine Buchladen nebenan mehr Steuern zahlt als prominente Internetgiganten. Darum kämpfen wir GRÜNE für ein international verbindliches Regelwerk, das Mindeststandards für die Steuerpflichten von Unternehmen und Staaten setzt. Zudem brauchen wir klare EU-Regeln gegen den Missbrauch von Briefkastenfirmen zur Steuervermeidung. Wir wollen zudem dafür sorgen, dass Konzerne ihre Gewinne, Umsätze und Steuerzahlungen nach Ländern umfänglich öffentlich machen müssen. Google, Facebook und Co. müssen mit einer Digitalkonzernsteuer endlich angemessen besteuert werden.Oft versprochen, aber aus Sicht der Wirtschaft zu wenig umgesetzt: das Zurückfahren der Bürokratiebelastung. Bei welchen Punkten sehen Sie hier Verbesserungsbedarf?
Deutschland braucht eine Modernisierungsoffensive. Unter anderem die Schieneninfrastruktur, erneuerbare Energien und die Energienetze müssen ausgebaut, digitale Infrastrukturen aufgebaut werden. Doch derzeit dauert es oft viel zu lange, solche Projekte zu realisieren. Für eine Planungsbeschleunigung schaffen wir GRÜNE mehr öffentliche Planungskapazitäten. Wir starten auf allen Ebenen eine Personaloffensive in Planungsbehörden und zuständigen Gerichten. Verfahren werden durch die Bündelung von Genehmigungen verschlankt und die vorhandenen Ansätze von „konzentrierten Genehmigungen“ auf alle zentralen Infrastrukturprojekte ausgedehnt. Außerdem führen wir behördeninterne Fristen ein. Ziel ist, alle Planungs- und Umsetzungszeiten zu halbieren.Mit barrierefreien E-Government-Dienstleistungen, sicheren digitalen Beteiligungsformaten und Open Government wollen wir unsere Verwaltung modernisieren und unnötige Bürokratie wie Schriftformerfordernisse abbauen. Verwaltungsverfahren sollen stets digital gedacht und gestaltet werden, vor allem auch in der Zusammenarbeit mit Unternehmen. - Werner Schießl (Freie Wähler)
Werner Schießl tritt für die Freien Wähler im Wahlkreis Rottal-Inn als Direktkandidat an. Er stellt sich den Fragen der IHK Niederbayern.
Was sind die drei drängendsten wirtschaftspolitischen Aufgaben, die die neue Bundesregierung anpacken muss?
Die Corona-Krise hat die Anfälligkeit unserer Volkswirtschaft gezeigt. Unsere Wirtschaft ist nicht nur bei Masken und Schutzkleidung vom asiatischen Markt abhängig. Gleiches gilt für Medikamente und Rohstoffe wie Blech, Aluminium oder Halbleiter. Nach der Katastrophe von Fukushima wurde 2011 eine Energiewende eingeleitet, welche trotz zeitnahem Verzicht auf Atom- und Kohlekraftwerke bis heute noch viele Fragen offen lässt. Sehr zeitnahe Antworten und nachhaltige Lösungen sind insbesondere für die Exportwirtschaft sowie die Schlüsselindustrien Automobil, Maschinenbau und Chemie notwendig.Die drängendste wirtschaftspolitische Aufgabe der nächsten Bundesregierung wird es sein, die Energiewende, den Klimaschutz und die Transformation verschiedenen Branchen durch teils sehr kurzfristige Zielverschärfungen, wie aktuell mit einen EU-weiten Verbot für Verbrennungsmotoren, zu Ende zu denken. Wichtig sind Flexibilität und Technologieoffenheit. Durch eine Stärkung regionaler Produktionsverbunde können Transformationsprozesse auf dem Arbeitsmarkt abgefedert und die globale Abhängigkeit verringert werden. Detroit sollte Deutschland ein Negativbeispiel sein. Gleiches gilt für NRW. Die Transformation von der Stahl- und Bergbauregion zu einem modernen Industriestandort für die Recyclingindustrie war nicht zu Ende gedacht, da das Recycling der Wertstoffe mit negativen Folgen für die Umwelt nach Südostasien und China verlagert wurde.Der Klein- und Mittelstand sind für die Anzahl der Arbeits- und Ausbildungsplätze sowie die Finanz- und Steuerkraft Deutschlands die Cashcow. Eine moderne Wirtschaftspolitik sollte den Klein- und Mittelstand nicht nur lobend erwähnen. Vielmehr sollte der Gesetzgeber Digitalisierung und Entbürokratisierung der Behörden entlasten. Vor allem jedoch sollte der Gesetzgeber dem Klein- und Mittelstand nicht immer wieder über die Hintertür und vermeidlich unbemerkt zusätzlichen Aufwand auferlegen.Um die Corona-Folgen mit Einhaltung der Schuldenbremse dauerhaft finanzieren zu können, sollte die neue Bundesregierung nicht nur Anreize für mehr Investitionen schaffen. Vielmehr sollten auch Anreize geschaffen werden, um negative externe Effekte durch das Konsumverhalten zu vermeiden. Als konkretes Beispiel sei der Wildwuchs des Onlinehandels angesprochen. Wenn der Konsument die Warenrücksendung selbst zahlen müsste, würde weniger Ware zum Probieren bestellt werden. Damit würde weniger Ware sinnlos quer durch Deutschland transportiert und weniger Neuware vernichtet werden. Neben dieser einfachen wirtschaftspolitischen Einflussnahme sollte zum Schutz des regionalen Einzelhandels Onlinekonzerne im Tarifrecht im gleichen Maße eingestuft und als Marktteilnehmer in gleichem Maße besteuert werden.Aus Sicht vieler Unternehmer ist der Fachkräftemangel eine der zentralen Herausforderungen der kommenden Jahre. Was wollen Sie seitens der Politik diesem Mangel entgegensetzen?
Der Fachkräftemangel ist das Ergebnis einer jahrelangen Fehlentwicklung der Bildungspolitik. Die Qualität der Schulabgänger ist in den letzten Jahren nicht besser geworden. Ausbildungsbetriebe sind dennoch bereit, die teils schlummernden Potentiale zu wecken. Die Globalisierung, Digitalisierung und Transformation verstärkt den Bedarf für eine große Fort- und Weiterbildungsinitiative. Ohne zusätzliche Qualifizierung droht einzelnen Mitarbeitern die Arbeitslosigkeit. Die Fort- und Weiterbildung sollte vor allem bei klein- und mittelständischen Betrieben finanziell unterstützt werden. Neben Qualifizierung kann kurzfristig nur eine gezielte Zuwanderung von Fachkräften Abhilfe schaffen. Hierzu sollten die Politik z.B. nach dem Beispiel Schweiz Möglichkeiten schaffen. Als mittel- und langfristige Lösung ist das Image der beruflichen Ausbildung sowie einer dualen Ausbildung zu stärken. Zudem sollte das Angebot für Meisterschulen erhöht werden.Viele Unternehmer bezeichnen das deutsche System der Unternehmensbesteuerung als international nicht mehr wettbewerbsfähig. Wie stehen Sie dem gegenüber und wo würden Sie ansetzen?
In Deutschland gibt es leider große Steuerungerechtigkeit. Amerikanische Onlinekonzerne zahlen als großer Marktteilnehmer nahezu keine Steuern. Viele chinesische Händler haben bei Amazon oder Ebay keine Steueridentnummer. Die Unternehmensbesteuerung liegt bei ca. 30 Prozent, wobei die 30 Dax-Konzerne deutlich weniger zahlen. Keiner zahlt gerne Steuern. Dennoch müssen viele Familienunternehmen um einiges mehr als die 30 Prozent zahlen, um das hohe Volumen der Dax-Konzerne auszugleichen. Familienunternehmen brauchen eine Entlastung bei der Erbschaftssteuer. Einzelne Parteien fordern eine Vermögenssteuer. Da der Solidaritätsbeitrag ab 2021 für rund 90 Prozent der Steuerpflichtigen entfallen ist, zahlen somit einzelne Bürger ohnehin eine „Vermögenssteuer“. Die Forderung kann somit nur mit Neiddenken begründet werden. Ein geringeres Steuervolumen wird sich der Staat nach Corona nicht leisten können. Eine Unternehmenssteuerreform mit einer Vereinfachung von Abschreibungen und Aktivierung von Anlagevermögen ist jedoch aus Gründen der Transparenz notwendig. Spielraum hierzu sollte die neue internationale Festlegung von einem Mindeststeuersatz von 15 Prozent geben.Oft versprochen, aber aus Sicht der Wirtschaft zu wenig umgesetzt: das Zurückfahren der Bürokratiebelastung. Bei welchen Punkten sehen Sie hier Verbesserungsbedarf?
Die Pandemie hat in vielen Bereichen die Bürokratiebelastung gezeigt. Da die Politik nach Prioritäten impfen wollte und den niedergelassenen Ärzten scheinbar nicht vertraut hat, wurden mit viel Aufwand Impfzentren geschaffen. Diese stehen jetzt leer. Bis heute fehlen aufgrund einer Datenerhebung wichtige Erkenntnisse für die Ursachen und Verbreitung von Krankheitsfällen. Obwohl es bei dem Thema Corona um die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger ging, wurde mit dem Vorwand Datenschutz auf die Erhebung einzelner Daten verzichtet. Die Wirtschaft jedoch muss für statistische Zwecke jede Menge Daten liefern. Verbesserungsbedarf gibt es bei Förderanträgen, Anträgen für Kurzarbeit und Leistungen der Sozialversicherungen. Großen Bedarf gibt es bei Baugenehmigungsverfahren.