Wirtschaftsstandort Niederbayern
Passau
Der Bundestagswahlkreis Passau umfasst die Stadt und den Landkreis Passau ohne die Gemeinden Aicha vorm Wald, Eging am See, Fürstenstein und Hofkirchen. Amtierender Wahlkreisabgeordneter ist Andreas Scheuer (CSU).
Direktkandidaten im Wahlkreis Passau
- Andreas Scheuer (CSU)
Andreas Scheuer tritt für die CSU im Wahlkreis Passau als Direktkandidat an. Er stellt sich den Fragen der IHK Niederbayern.
Was sind die drei drängendsten wirtschaftspolitischen Aufgaben, die die neue Bundesregierung anpacken muss?
Zwei große Herausforderungen werden in den kommenden Jahren die Wirtschaft, aber auch die gesamte Gesellschaft massiv fordern: Einerseits haben wir die Folgen der Corona-Pandemie aufzufangen. Gleichzeitig müssen wir uns dem Kampf gegen den Klimawandel stellen. Bei beiden Themen muss es uns gelingen, Arbeitsplätze zu sichern und Innovation zu ermöglichen, der sozialen Verantwortung gerecht zu werden und uns zugleich im internationalen Wettbewerb zu behaupten. Das sind auch die drei Kernthemen, denen sich eine neue Bundesregierung wirtschaftspolitisch stellen muss. Für die Union steht dabei außer Frage, dass bei der Gestaltung unserer Zukunftsfragen der Wirtschaft eine zentrale Aufgabe zukommen wird, für deren politische Rahmenbedingungen die Politik sorgen muss. Beim Klimaschutz bauen wir auf die Innovationskraft unserer Wirtschaft, mit technischen Lösungen Klimaneutralität zu erzielen, und nicht ideologisch getrieben auf Verbote. Bei der Digitalisierung haben wir in Niederbayern enormes Potenzial durch Start-Ups, die aus unseren Hochschulen heraus gegründet werden. Ich möchte, dass sie in unserer Heimat ihren wirtschaftlichen Erfolgsweg gehen können und dazu nicht nach Silicon Valley müssen. Und als starker Automobilstandort mit Produktion und Zulieferung müssen wir mit großer Sorgfalt den Transformationsprozess begleiten und die politischen Rahmenbedingungen setzen. Es liegen hier viele Aufgaben vor uns, ich sehe aber gerade in Niederbayern enormes Potenzial, an vorderster Linie die Veränderungen mitzugestalten, wenn wir in Berlin die Weichen richtig stellen.Aus Sicht vieler Unternehmer ist der Fachkräftemangel eine der zentralen Herausforderungen der kommenden Jahre. Was wollen Sie seitens der Politik diesem Mangel entgegensetzen?
Fehlende Arbeitskräfte sind ein Hemmschuh für die wirtschaftliche Entwicklung unserer Heimat. Aber auch Niederbayern steht im internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe für unsere Unternehmen. Der einfachste Weg ist es, jungen Menschen Ausbildungs- und Studienplätze in der Region anzubieten, um schon gar nicht aus der Heimat weggehen zu müssen. Hier ist gerade Niederbayern mit den Technologietransferzentren und seinen Hochschulen Vorreiter in ganz Europa im Kampf gegen Abwanderung aus den ländlichen Regionen. Und hierbei muss es uns auch gelingen, Studenten aus anderen Regionen nach dem Studium in der Region zu halten. Andererseits setzen wir auf den gesteuerten Zuzug gut ausgebildeter und leistungsbereiter Menschen aus den Mitgliedstaaten der EU und aus außereuropäischen Staaten. Dabei haben wir neben guten und auch gut bezahlten Arbeitsplätzen viele weiche Standortfaktoren, mit denen wir gegenüber den Metropolregionen punkten können. Letztlich haben wir uns im Wahlprogramm verpflichtet, auf die Qualifizierung und Ausbildung von Langzeitarbeitslosen zu setzen, sowie noch stärker Frauen, Ältere und auch Menschen mit Behinderung in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Dabei müssen wir noch stärker lernen, auf die praktischen Fähigkeiten der Menschen zu setzen und weniger starr auf Noten und Bildungsabschlüsse. Mit staatlichen Förderprogrammen zur Aus- und Weiterbildung kann Menschen und Unternehmen eine wertvolle Perspektive gegeben werden.Viele Unternehmer bezeichnen das deutsche System der Unternehmensbesteuerung als international nicht mehr wettbewerbsfähig. Wie stehen Sie dem gegenüber und wo würden Sie ansetzen?
Das ist richtig und auch im CDU/CSU-Wahlprogramm klar so festgehalten: „Weltspitze bei der Steuerbelastung und Weltspitze bei der Wettbewerbsfähigkeit – das passt auf Dauer nicht zusammen. Wir werden daher mit einer Unternehmenssteuerreform die Besteuerung modernisieren und wettbewerbsfähig machen.“ Dazu gehört auch Steuergerechtigkeit innerhalb der Wirtschaft. Nicht nur der kleine Handwerker hat seinen Steuerbeitrag zu leisten, sondern auch die internationalen Digitalunternehmen. Dass sich in einem ersten Schritt 131 Länder auf einen globalen Mindeststeuersatz geeinigt haben, ist ein erster Schritt, dem weitere folgen müssen. Aber es gibt im Steuerrecht viele Detailthemen, bei denen die Union Handlungsbedarf sieht. Wesentlich ist aber das Ziel, dass wir die Steuerlast für Gewinne, die im Unternehmen verbleiben, perspektivisch auf 25 Prozent deckeln wollen, und zwar egal ob für Einzelunternehmen, Personen- oder Kapitalgesellschaften. Jeder politische Verantwortungsträger weiß, dass nicht zu zahlende Steuern in unseren Unternehmen letztlich wieder in die Investitions- und Innovationskraft fließen.Oft versprochen, aber aus Sicht der Wirtschaft zu wenig umgesetzt: das Zurückfahren der Bürokratiebelastung. Bei welchen Punkten sehen Sie hier Verbesserungsbedarf?
Mit einem Entfesselungspaket wollen wir neuen Schwung in den Bürokratieabbau bringen, gerade weil dadurch die Wirtschaft um Milliardenkosten entlastet werden kann – Geld das in Innovation, Forschung und Investitionen sinnvoller angelegt ist. So wollen wir ein bürokratiefreies Jahr nach der Gründung, damit sich die Gründer auf die neue Geschäftsidee und ihre Schaffenskraft auf die neuen Ideen konzentrieren können. Wir müssen im internationalen Wettbewerb auch bei Planungs- und Genehmigungsverfahren wieder schneller werden, ohne dabei auf Rechtsicherheit zu verzichten. Einer grundlegenden Modernisierung bedarf unser Vergaberecht. So wollen wir die E-Vergabe vereinheitlichen und die Vergabe öffentlicher Aufträge für Liefer-, Bau- und Dienstleistungen auf elektronischem Weg stärker vorantreiben. Auch bei den Umsatzsteuervoranmeldungen müssen die Schwellenwerte erhöht werden, zugleich brauchen wir schnellere Steuerprüfungen um den Unternehmern und auch den Steuerberatern mehr Rechtssicherheit geben zu können. Bei allen Maßnahmen zum Bürokratieabbau ist auch hier wieder die Digitalisierung eine wichtige Unterstützung. Und mit Blick auf die Maßnahmen zum Klimaschutz müssen wir darauf achten, nicht wieder mehr Bürokratie zu bekommen. - Johannes Schätzl (SPD)
Johannes Schätzl tritt für die SPD im Wahlkreis Passau als Direktkandidat an. Er stellt sich den Fragen der IHK Niederbayern.
Was sind die drei drängendsten wirtschaftspolitischen Aufgaben, die die neue Bundesregierung anpacken muss?
Wir stehen vor zentralen Herausforderungen. Der Fachkräftemangel, die Digitalisierung, die psychischen und ökonomischen Auswirkungen der Corona-Pandemie und der generationenübergreifenden Schutz unseres Planeten. Aus diesen Herausforderungen ergeben sich folgerichtig politische Aufgabengebiete. Klimaschutz wird nur funktionieren, wenn wir damit keinen überfordern. Das gilt für gleichermaßen für unsere Bürgerinnen und Bürger sowie unsere Unternehmen. Diese Balance zu finden, wird eine der wichtigsten Aufgaben in den kommenden Jahren. Ich bin der festen Überzeugung, dass der Markt für Umweltschutzgüter- und Dienstleistungen einer der größten Weltmärkte werden wird. Mit den geeigneten Rahmenbedingungen für Innovation und den notwendigen Investitionen in Infrastruktur will ich, dass Deutschland auf diesem Markt einer der größten Akteure wird. Dies wird uns nur gelingen, wenn wir auch in Zukunft die finanziellen Mittel für Forschung zur Verfügung stellen. Im Bereich der Digitalisierung ist es zentrale Aufgabe der Politik, die Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus muss es die zukünftige Regierung schaffen, Kompetenzen aufzubauen und als wirklicher Taktgeber zu agieren. Die Politik wird es auch schaffen müssen, für Fairness im digitalen Markt zu sorgen. Insbesondere in der Plattformökonomie vergrößern die Global Player ihre Marktmacht durch gezielte Strategien: Sie erschweren konkurrierenden Anbietern den Zugang zu Kundengruppen und bremsen Innovationsbestrebungen anderer Akteure. Daher muss auch in Zukunft der Missbrauch von marktbeherrschenden Unternehmen schärfer und auch proaktiver geahndet werden. Zentrale Aufgabe zur Bewältigung der pandemischen Auswirkungen wird es sein, die Unternehmen zu stärken, Arbeitsplätze zu erhalten und die Binnennachfrage zu stärken.Aus Sicht vieler Unternehmer ist der Fachkräftemangel eine der zentralen Herausforderungen der kommenden Jahre. Was wollen Sie seitens der Politik diesem Mangel entgegensetzen?
Es gilt an diesen Stellen die Einflussfaktoren zu kennen, die einen zunehmenden Einfluss auf den Fachkräftemangel haben werden. An erster Stelle ist dies die zunehmende Alterung. Diese verstärkt als Teil des demografischen Wandels die Engpässe im Fachkräftebereich. Ein entscheidender Grund, warum wir in den letzten vorpandemischen Jahren dennoch hohes Wirtschaftswachstum verbuchen konnten, lag vor allem in den Fachkräften, die wir durch die Binnenwanderung in der Europäischen Union erhalten konnten. Ich stehe dafür, dass die Politik auch in Zukunft ganz gezielt Fachkräfte – vor allem aber nicht nur – aus der Europäischen Union anwirbt. Der deutsche Arbeitsmarkt muss für Einwanderer mit Berufsausbildung aus Drittsaaten weiter geöffnet bleiben. Innenpolitische Maßnahmen sind davon unberührt. Nach wie vor ist Ausbildung eine der wirkungsvollsten Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel. Hier sind Betriebe und die Politik gefragt. Eine gezielte Förderung von Ausbildung wird mehr Menschen zum Berufsabschluss verhelfen können. Neben der Ausbildung muss auch die Nachbildung im Fokus der Politik stehen. Gerade die Digitalisierung wird Auswirkungen auf manche Berufsgruppen haben. Wir brauchen eine frühzeitige und hochqualitative Weiterbildung unserer bestehenden Arbeitskräfte. Familien mit Kindern müssen effektive Möglichkeiten haben, auch wieder in eine Vollzeitbeschäftigung zurückzukehren. Auch hier werde ich einen politischen Schwerpunkt setzen.Viele Unternehmer bezeichnen das deutsche System der Unternehmensbesteuerung als international nicht mehr wettbewerbsfähig. Wie stehen Sie dem gegenüber und wo würden Sie ansetzen?
Die zukünftige Regierung wird sich über eine Reform der Unternehmensbesteuerung Gedanken machen müssen. Unser aller gemeinsames Interesse wird es sein, die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen aufrecht zu erhalten. Ich persönliche stehe einer Reform der Unternehmensbesteuerung offen gegenüber. Gerade das Handwerk und Kleinbetriebe müssen aber auch von Bürokratieentlastungen profitieren. Einen wichtigen Schritt für eine internationale Steuerreform haben wir mit der Initiative von Olaf Scholz bereits auf den Weg gebracht. Die weltweite Mindestbesteuerung wird für einen fairen Wettbewerb sorgen. Die endgültige Einführung dieses Steuerkonzeptes wird sich positiv auf die Haushaltskassen der Bundesregierung zeigen. Fachleute rechnen allein für Europa mit Steuermehreinnahmen von rund 50 Milliarden Euro im Jahr. Geld, das insbesondere für die Bewältigung der Pandemiefolgen dringend gebraucht wird. Genau aus diesem Grund sehe ich es auch als zentrale Aufgabe der zukünftigen Regierung, das Konzept fertig auszuarbeiten und in einem Gesetz abzuschließen. Neben den monetären Aspekten geht es aber hier auch um Gerechtigkeit. Warum internationale Großkonzerne – vor allem im Bereich des Internets – kaum bis keine Steuern zahlen, jede kleine Schreinerei zum Beispiel aber schon, das ist schlichtweg nicht vermittelbar.Oft versprochen, aber aus Sicht der Wirtschaft zu wenig umgesetzt: das Zurückfahren der Bürokratiebelastung. Bei welchen Punkten sehen Sie hier Verbesserungsbedarf?
Gerade klein- und mittelständische Unternehmen werden von unnötiger Bürokratie gebremst. Das Bürokratieentlastungsgesetz III war ein Schritt in die richtige Richtung. Mit der zunehmenden Digitalisierung können wir aber noch mehr Bürokratie abbauen. Ziel muss es sein, Papiervorgänge möglichst abzuschaffen und zu ersetzen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass wir hier noch lange nicht am Ziel sind. Ich arbeite seit meinem Informatikstudium im Bereich der Digitalisierung. Mit meinen Erfahrungen will ich dazu beitragen, dass wir digitale Technologien richtig einsetzen. Die Themengebiete sind kaum abschließend zu benennen. Bürokratieentlastungen für die Wirtschaft erstrecken sich von Gründern bis hin zu global agierenden Konzernen. Ich werde mich für ein weiteres Bürokratieentlastungsgesetz einsetzen. - Ralf Stadler (AfD)
Ralf Stadler tritt für die AfD im Wahlkreis Passau als Direktkandidat an. Er stellt sich den Fragen der IHK Niederbayern.
Was sind die drei drängendsten wirtschaftspolitischen Aufgaben, die die neue Bundesregierung anpacken muss?
Eine zentrale Herausforderung für die Wirtschaftspolitik in Deutschland besteht zukünftig darin, dass die Zielkonflikte zunehmen, während die Lösungsmöglichkeiten der nationalen Politikgestaltung abnehmen. Eine Fokussierung auf die Allokationseffizienz ohne eine Berücksichtigung von Fragen der Einkommens- und Vermögensverteilung, der Auswirkungen auf Umwelt und Klima, auf immaterielle Lebensaspekte etc. wird zunehmend schwieriger.Die Herausforderungen für die Wirtschaftspolitik werden dadurch zukünftig anspruchsvoller. Der Bedarf an einer theorie- und evidenzbasierten Wirtschaftspolitik, die diese Zielkonflikte adressiert, nimmt zu. Die zentrale Herausforderung, die sich aus diesen Zusammenhängen ergibt, lautet: Wie können hoch entwickelte Volkswirtschaften wie Deutschland die unbestreitbaren Vorteile der internationalen Arbeitsteilung so verteilen, dass die Globalisierungsverlierer (das können einzelne Regionen, Sektoren und Personengruppen sein) besser an diesen Vorteilen beteiligt werden, ohne dass dabei das ökonomische Anreizsystem seine Wirkung verliert.Auf drei Trends in der wirtschaftlichen Entwicklung ist daher besonders zu achten:1. Zum einen werden die prognostizierten negativen Einkommenseffekte für den Faktor Arbeit in den westlichen Industrieländern zunehmend spürbar. Dies haben mithilfe des Einflusses chinesischer Importe auf lokale Arbeitsmärkte z.B. in den USA eindrucksvoll gezeigt. Die entsprechende Evidenz gibt es mittlerweile auch für andere Industrieländer. Damit wird klar: Der internationale Handel steigert zwar das reale BIP einer Volkswirtschaft, aber er produziert auch einzelne Verlierer in einem Land.2. Zum anderen verschwimmt die klassische internationale Arbeitsteilung, nach der arbeitsreiche Länder wie China sich auf arbeitsintensiv hergestellte Produkte spezialisieren und kapitalreiche Länder wie Deutschland auf kapitalintensiv hergestellte Produkte. Spätestens seit der Verkündung der Strategie „Made in China 2025“ im Jahr 2015 ist klar, dass die Industrieländer in den für sie wichtigen Schlüsselindustrien zusätzliche Konkurrenz aus Schwellenländern bekommen.3. Schließlich rücken die mit dem Transport von Gütern über große Entfernungen verbundenen Schadstoffemissionen, allen voran Kohlenstoffdioxid (CO2), und die dadurch verursachten negativen externen Effekte zunehmend in den Fokus. Wenn die damit verbundenen gesellschaftlichen Zusatzkosten vollständig in den Marktpreisen berücksichtigt werden, würde dies zahlreiche grenzüberschreitende wirtschaftliche Aktivitäten, die sich betriebswirtschaftlich jetzt noch lohnen, unwirtschaftlich werden lassen.Diese drei Trends ziehen weitreichende Konsequenzen nach sich: Der wohlfahrtssteigernde Effekt des internationalen Handels wird in den entwickelten westlichen Industrieländern wie in Deutschland zunehmend infrage gestellt. Weltweit nimmt der Protektionismus zu – in Form von Zöllen, vielfach aber noch stärker im Bereich der nicht tarifären Handelshemmnisse. Auf diese Hemmnisse muss daher auch mit sozialgerechten Handelsabkommen reagiert werden.Aus Sicht vieler Unternehmer ist der Fachkräftemangel eine der zentralen Herausforderungen der kommenden Jahre. Was wollen Sie seitens der Politik diesem Mangel entgegensetzen?
Dem Fachkräftemangel kann man entgegenwirken, indem wir inländische und ergänzend ausländische Potenziale besser ausschöpfen. Das Erwerbsvolumen ist zu steigern, Bildung und Weiterbildung zu verbessern und gute Arbeitsbedingungen zu schaffen, sind Schwerpunkte der Mittel. Im Fokus stehen vor allem auch ältere Erwerbstätige, Frauen, Langzeitarbeitslose und qualifizierte und qualifizierbare Zuwanderer.Auch der demografische Wandel ist zunehmend spürbar: Es gibt heute deutlich mehr ältere Menschen als vor 20 Jahren. Immer weniger junge Menschen im erwerbsfähigen Alter kommen nach. Daher war ein Ziel des Fachkräftekonzepts, die Erwerbsbeteiligung Älterer auf 60 Prozent zu erhöhen. 2016 arbeiteten fast 69 Prozent der 55- bis 64-Jährigen. Bisher hat sich der Geburtenrückgang nicht negativ auf das Arbeitskräfteangebot ausgewirkt. Denn immer mehr Frauen und ältere Menschen sind erwerbstätig.Unternehmen, die neue Mitarbeiter für sich gewinnen wollen, sollten die internen Bewerbungsprozesse optimieren. Durch einen zügigen Bewerbungsprozess lassen sich im Kampf um die besten Talente entscheidende Wettbewerbsvorteile gewinnen. Unternehmen sollten sich Kandidaten gegenüber klar positionieren und sich gut überlegen, mit welchen weiteren „Benefits“ sie ein Gegenangebot entkräften können. Dazu gehören nicht nur mehr Gehalt, sondern das Angebot einer zufriedenstellenden „Work-Life-Balance“, attraktive Weiterbildungs- und Mentoringangebote, Transferoptionen an ausländische Standorte und gezielte Karriereprogramme.Viele Unternehmer bezeichnen das deutsche System der Unternehmensbesteuerung als international nicht mehr wettbewerbsfähig. Wie stehen Sie dem gegenüber und wo würden Sie ansetzen?
Es wird zwar immer wieder behauptet, die Unternehmensbesteuerung in Deutschland sei sowohl nominal als auch effektiv zu hoch. Dies würde Unternehmen abschrecken in Deutschland zu investieren mit der Folge, dass diese neuen Projekte außerhalb Deutschlands ansiedelten. Daher benötige Deutschland eine weitere Senkung der Unternehmensbesteuerung.Diese Argumente zielen jedoch in die falsche Richtung. Erstens ist die Gewinnsteuer nachrangig gegenüber anderen Standortbedingungen und der Konjunktur. Zweitens zeigt zuletzt die US-Steuerreform, dass Steuergeschenke an Unternehmen kaum zu mehr Investitionen und Beschäftigung führen.Drittens hat Deutschland zwar eine überdurchschnittliche nominale Unternehmenssteuerbelastung, bei den effektiv gezahlten Steuern liegt es in der OECD aber eher im Mittelfeld. Der Anteil der Unternehmen am Steueraufkommen liegt sogar im letzten Drittel. Viertens wurden Unternehmen in den letzten Jahrzehnten bereits massiv entlastet. Dies hat zum Anstieg der Ungleichheit beigetragen, die sich mit neuen Senkungen weiter verschärfen wird.Es ist festzuhalten: In der Tat kennen Unternehmenssteuern weltweit in den letzten Jahrzehnten nur eine Richtung: Nach unten. So hat sich der nominale Steuersatz für Körperschaften im Durchschnitt der OECD-Staaten seit Anfang der 1980er Jahre mehr als halbiert. Dieser „internationale Steuerwettbewerb“ ist jedoch weder eine Naturgewalt noch sinnvoll, sondern Umverteilung zugunsten der obersten Einkommensschicht.Von einzelnen Steueroasen abgesehen, hat dieser Wettbewerb keine messbaren positiven Effekte auf Investitionen, Wachstum oder Beschäftigung. Unternehmenssteuern haben dagegen im gesamten Steuersystem wichtige Funktionen: Sie wirken zum einen stark progressiv umverteilend, da Unternehmensbesitz an der Spitze der Einkommens- und Vermögensverteilung konzentriert ist. Zum anderen stellen sie eine Absicherung der Einkommenssteuer dar. Denn wenn Unternehmenssteuern immer stärker gesenkt werden, wird es zunehmend attraktiv Vermögenswerte und Einkünfte in Unternehmen zu verlagern, um höheren Einkommensteuern zu entgehen. Außerdem generieren sie Steueraufkommen, das dringend benötigt wird zur Finanzierung öffentlicher Güter, von denen auch die Unternehmen profitieren.Die Auswirkungen von Unternehmenssteuersenkungen auf die Investitionen sind zudem fragwürdig, und auch eine konjunkturelle Belebung in einer Wirtschaftskrise ist davon nicht zu erwarten. Dazu kommen die regressive Umverteilungswirkung, der Wegfall von Steuereinnahmen für wichtige öffentliche Investitionen und die Bedeutung von Unternehmenssteuern für das gesamte Steuersystem. Daher ist eine Steuersenkung wenig zielführend. Die wenige populistische Erkenntnis ist leider zutreffend. Auf Verbrauchsteuern und Sozialabgaben will ich an diesem Punkt nicht eingehen.Oft versprochen, aber aus Sicht der Wirtschaft zu wenig umgesetzt: das Zurückfahren der Bürokratiebelastung. Bei welchen Punkten sehen Sie hier Verbesserungsbedarf?
Der Bürokratisums ist ein zentrales Hemmnis für das Wirtschaftswachstum. Die AfD unterstützt daher das Ziel »Bürokratieabbau und bessere Rechtssetzung« der Bundesregierung. Die Festlegung eines festen Abbauziels für den Abbau der durch Informationspflichten verursachten Bürokratiekosten ist ein wichtiger Bestandteil dieser Strategie. Mit dem Nationalen Normenkontrollrat wurde zudem ein unabhängiges Gremium geschaffen, das zur Vermeidung neuer unnötiger Bürokratiekosten beiträgt. Folgende Punkte sind daher sind daher besonders zu verbessern.Ein nachhaltiger Bürokratieabbau muss aus zwei Wegen bestehen. Erstens müssen die bestehenden Vorschriften überprüft und bürokratische Hemmnisse aufgedeckt werden.Zweitens muss Bürokratie bereits im Entstehen verhindert werden. Dies ist umfassend nur möglich, wenn wirksame Instrumente für einen durchgreifenden Bürokratieabbau auf allen staatlichen Ebenen und der legislativen sowie exekutiven Prozesse eingeführt werden.Der moderne Staat muss sich auf seine originären Staatsaufgaben konzentrieren. Der Trend zur Überregulierung schadet dem marktwirtschaftlichen Gedanken. Die Digitalisierung ist nach wie vor ein Stiefkind wie die Corona-Krise offenlegte. Die Beteuerungen sind oft nur leere Versprechungen. Bis jetzt können Formulare nicht behördendeckend digital eingereicht oder bearbeitet werden. Zu oft noch muss man ein Formular online herunterladen, ausfüllen und per Fax oder Post zurückschicken.Zu den größten Belastungen der Unternehmen zählen die praxisferne Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), ausufernde Aufbewahrungs- und Dokumentations-pflichten sowie komplexe Förderverfahren. Weniger Bürokratie bringt sowohl den Unternehmen als auch den Verwaltungen Zeit- und Kostenersparnisse.
- Martin Probst (FDP)
Martin Probst tritt für die FDP im Wahlkreis Passau als Direktkandidat an. Er stellt sich den Fragen der IHK Niederbayern.
Was sind die drei drängendsten wirtschaftspolitischen Aufgaben, die die neue Bundesregierung anpacken muss?
1. Der Bürokratiedschungel muss minimiert werden.2. Die Unternehmenssteuerlast muss gesenkt werden sowie bei Neugründungen mit höheren Freibeträgen unterstützt werden.3. Für mittelständische Unternehmen in ländlichen Regionen müssen mehr Perspektiven geschaffen werden, damit keine erhöhte Abwanderung in die großen Industriestandorte stattfindet und somit Arbeitsplätze erhalten bleiben.Aus Sicht vieler Unternehmer ist der Fachkräftemangel eine der zentralen Herausforderungen der kommenden Jahre. Was wollen Sie seitens der Politik diesem Mangel entgegensetzen?
Um den Fachkräftemangel ausgleichen zu können, müssen für die Unternehmen und für potenzielle Arbeitskräfte neue Anreize geschaffen werden. Dies kann z.B. durch Steuerentlastungen erfolgen, wenn das Unternehmen einen gewissen Prozentsatz an Auszubildenden im Verhältnis zu weiteren Angestellten nachweist. Für potenzielle Nachwuchskräfte könnte es ein Anreiz sein, wenn einheitliche Mindeststandards bei der Ausbildungsvergütung branchenübergreifend vorliegen würden. Beim Fachkräftemangel darf auch die kontrollierte Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland nicht außer Acht gelassen werden.Viele Unternehmer bezeichnen das deutsche System der Unternehmensbesteuerung als international nicht mehr wettbewerbsfähig. Wie stehen Sie dem gegenüber und wo würden Sie ansetzen?
In diesem Punkt darf ich auf einen Auszug aus dem Wahlprogramm der FDP verweisen: "Wir Freie Demokraten wollen die steuerliche Belastung von Unternehmen auf den OECD-Durchschnitt (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) von rund 25 Prozent senken. Unser Ziel ist es, im Zuge der angestrebten Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung in Europa den deutschen Sonderweg der Gewerbesteuer zu beenden. Das heißt zugleich, dass die Finanzierung der Kommunen auf eine neue Grundlage gestellt werden muss – etwa durch einen kommunalen Zuschlag mit eigenem Hebesatzrecht auf die Körperschaftsteuer und auf die zuvor abgesenkte Einkommensteuer sowie einen höheren Anteil der Kommunen an der Umsatzsteuer. Zudem wollen wir uns gemeinsam mit den USA für eine globale Mindestbesteuerung für Unternehmen einsetzen. So sorgen wir für mehr Fairness im Wettbewerb zwischen großen internationalen Konzernen, die aggressive Steuervermeidung betreiben, und Mittelständlern.”Oft versprochen, aber aus Sicht der Wirtschaft zu wenig umgesetzt: das Zurückfahren der Bürokratiebelastung. Bei welchen Punkten sehen Sie hier Verbesserungsbedarf?
Eine deutliche Verbesserung in der Bürokratiebelastung aus Sicht der Wirtschaft könnte schon allein dadurch geschaffen werden, dass zukünftig nur noch eine Anlaufstelle für Unternehmen geschaffen wird, die alle Vorgänge bei der Gründung und weiteren Maßnahmen übernimmt und nicht, wie bisher, auf viele verschiedene Behörden und Unterbereiche verteilt wird. - Josef Ilsanker (Die Linke)
Josef Ilsanker tritt für “Die Linke” im Wahlkreis Passau als Direktkandidat an. Er stellt sich den Fragen der IHK Niederbayern.©
Was sind die drei drängendsten wirtschaftspolitischen Aufgaben, die die neue Bundesregierung anpacken muss?
Die Digitalisierung sowie die soziale und ökologische Transformation gehören zu den drängendsten Problemen. Wir brauchen mehr digitale Infrastruktur in den Verwaltungen, Betrieben und zu Hause. Dazu gehört auch, dass wir gut geschulte Beschäftigte brauchen und der Staat bei der Schaffung der digitalen Infrastruktur und der digitalen Fortbildung in der Verantwortung steht. Zusammen mit dem Recht auf Homeoffice schaffen wir neue Innovationen und Potenziale. Da es dabei kontraproduktiv wäre, wenn Beschäftigte im Homeoffice von technischen Lösungen überwacht würden oder die Arbeit von zu Haus dazu führt, dass Regelungen z.B. zur Arbeitszeit oder zum Gesundheitsschutz unterlaufen würden, muss bei der Digitalisierung auch das Thema Mitbestimmung bedacht werden. Betriebsräte und ihre Mitbestimmungsrechte müssen deshalb deutlich gestärkt werden. Die soziale und ökologische Transformation bedingt zudem eine neue Positionierung im Welthandel. Wettbewerb wird über bessere Produkte sowie Dienstleistungen und nicht mit Lohn- oder Umweltdumping ausgetragen. Deshalb müssen wir Lieferketten überprüfen und Alternativen wie Onshoring bedenken. Insbesondere Corona hat gezeigt, dass die Inlandsverlagerung gewisser unternehmerischer Funktionen und Prozesse unsere Wirtschaft unabhängiger macht und so besser vor Krisen schützt (Materialengpässe, Halbleiterengpass).Aus Sicht vieler Unternehmer ist der Fachkräftemangel eine der zentralen Herausforderungen der kommenden Jahre. Was wollen Sie seitens der Politik diesem Mangel entgegensetzen?
In vielen Bereichen, wo sich der Fachkräftemangel zeigt, haben wir oftmals auch starke Defizite in Sachen gute Arbeitsbedingungen und gute Bezahlung. Hier liegt der Schlüssel, wo die Politik nachsteuern kann, z.B. durch ein Tariftreuegesetz. Wir brauchen einen Weiterbildungsanspruch für alle und einen ausreichenden Bildungsurlaub in ganz Deutschland. Während der Weiterbildungszeiten müssen wir das Einkommen mit einem Weiterbildungsgeld absichern. An unseren Berufsschulen brauchen wir, wie im gesamten Bildungssystem, eine Digitalisierungsoffensive. Zudem müssen wir daran arbeiten, die duale Ausbildung attraktiver zu machen und die daraus hervorgehenden Berufe gesellschaftlich aufzuwerten. Im Ausland erworbene Berufs- und Bildungsabschlüsse müssen schneller anerkannt werden. Für Menschen mit schwächeren Abschlüssen oder mit Migrationshintergrund müssen wir durch zusätzliche theoretische und praktische Förderangebote die Möglichkeit zum Spurwechsel hin zur Fachkraft ermöglichen. Unternehmen, die sich dieser Aufgabe stellen, brauchen dabei mehr Unterstützung und Planungssicherheit: Ausbildung dann Abschiebung ist dabei der falsche Weg.Viele Unternehmer bezeichnen das deutsche System der Unternehmensbesteuerung als international nicht mehr wettbewerbsfähig. Wie stehen Sie dem gegenüber und wo würden Sie ansetzen?
Natürlich ist es verständlich, wenn die Unternehmensbesteuerung als ungerecht oder als nicht mehr zeitgemäß empfunden wird. Insbesondere wenn man betrachtet wie „Global Player“ in Deutschland Milliarden erwirtschaften und dabei kaum Steuern zahlen, kann ich diese Bedenken, z.B. aus dem Mittelstand, gut nachvollziehen. Die Mindeststeuer für Konzerne ist zwar ein wichtiger Schritt. Aber mit einem Satz von 15 Prozent auf Steueroasen-Niveau und einer nach wie vor unklaren Verteilung der Besteuerungsrechte, dürfte sich für die EU und damit für Deutschland wenig ändern. Grundsätzlich stehen die Steuereinnahmen bei Big Techs wie Google oder Amazon weiter den USA zu, wenn dort die Konzerne ihren Muttersitz haben. Nur etwa 20 Prozent der Gewinne sollen den Marktstaaten zugeordnet werden, wo die Konzerne ihre Umsätze erwirtschaften. Bei Amazon ist noch nicht mal klar, ob sie unter die Gewinngrenze fallen. Mit einer fairen Besteuerung der Gewinne dort, wo sie erwirtschaftet werden, würde dagegen allen geholfen. Zusammen mit einer stärkeren Besteuerung enormer Einkommen können wir geringe und mittlere Einkommen entlasten. Das schafft Kaufkraft, die kleinen und mittelständischen Unternehmen zu Gute kommt.Oft versprochen, aber aus Sicht der Wirtschaft zu wenig umgesetzt: das Zurückfahren der Bürokratiebelastung. Bei welchen Punkten sehen Sie hier Verbesserungsbedarf?
Entbürokratisierung muss vor allem Verwaltungsprozesse beschleunigen und Bearbeitungszeiten verkürzen. Dies schaffen wir mit mehr Personal, das zudem durch regelmäßige Fortbildungen gut ausgebildet ist und durch die Digitalisierung der Verwaltung. Wir müssen die Behörden besser ausstatten und dabei die unterschiedliche Software/Programme vereinheitlichen bzw. zwischen ihnen die entsprechenden Schnittstellen schaffen, um die unterschiedlichen Abteilungen bzw. Behörden miteinander zu vernetzen. Forderungen nach dem Motto: für eine neue Regel werden zwei gestrichen, sind dagegen unsinnig. Solche Forderungen würden zur Abschaffung jeglicher Regulierung führen und damit letztendlich zahlreichen Unternehmen und ihren Beschäftigten schaden. - Stefanie Auer (Bündnis 90/Die Grünen)
Stefanie Auer tritt für Bündnis 90/Die Grünen im Wahlkreis Passau als Direktkandidatin an. Sie stellt sich den Fragen der IHK Niederbayern.© Tobias Köhler
Was sind die drei drängendsten wirtschaftspolitischen Aufgaben, die die neue Bundesregierung anpacken muss?
- Klimaneutralität: Sie ist die große Chance für den Industriestandort Deutschland. Für große Teile der deutschen Industrie ist das Pariser Klimaabkommen fester Bestandteil der Planungen geworden, unternehmerische Investitionsstrategien sind auf Klimaschutz auszurichten. Beispiel Automobilindustrie: Die Grünen wollen den Automobilstandort Deutschland retten. Denn nur wenn endlich die Fahrzeugflotten auf den Klimawandel angepasst und umgestellt werden, wird es in zehn Jahren noch Arbeitsplätze in Ingolstadt, München und Stuttgart geben. Wenn Audi ankündigt, ab 2026 keine emissionsfreien Autos zu produzieren, dann haben die mehr als bspw. die CDU/CSU kapiert.
- Digitalisierung: Wir wollen die Digitalisierung gestalten und dafür sorgen, dass notwendige Innovationen in Europa entwickelt und marktfähig werden. Daten sind eine Schlüsselressource der digitalen Welt, insbesondere für Anwendungen der Künstlichen Intelligenz. Gerade im industriellen Bereich wollen wir neue Ansätze schaffen, um eine gemeinsame, freiwillige Nutzung sowohl von nicht personenbezogenen als auch von personenbezogenen, aber anonymisierten Daten, zum Beispiel aus Entwicklungs- und Fertigungsprozessen, zu verbessern und rechtssicher zu gestalten.
- Starke EU: Wirtschafts- und Finanzpolitik muss europäisch gemacht werden. Als Europäer*innen können wir mit unserem starken gemeinsamen Binnenmarkt internationale Standards setzen und Innovationen vorantreiben. Solange es Wettbewerbsverzerrung gibt, braucht es auch den Schutz des EU-Binnenmarktes und vor allem der kritischen Infrastruktur. Zugleich setzen wir uns für eine gemeinsame strategische Außenwirtschaftspolitik ein, die Fairness zu einem Gebot des internationalen Wettbewerbs und des freien Welthandels macht und weltweit nachhaltiges und menschenrechtskonformes Wirtschaften befördert.
Aus Sicht vieler Unternehmer ist der Fachkräftemangel eine der zentralen Herausforderungen der kommenden Jahre. Was wollen Sie seitens der Politik diesem Mangel entgegensetzen?
Ja, leider wird sich auch aufgrund der Politik in den vergangenen Jahren der Fachkräftemangel verstärken. Dem wollen wir entgegenwirken. Dafür investieren wir mehr in berufliche und berufsbegleitende Bildung. Die duale Berufsausbildung soll durch eine Weiterentwicklung und Modernisierung insbesondere der Lehrinhalte und der Ausstattung aufgewertet werden. Die Finanzierung bedarf der Anpassung. Der Meisterbrief soll wie ein Studium kostenfrei werden. Hürden, die Frauen, Älteren, Menschen mit Behinderungen, Jugendlichen aus einkommensarmen Elternhäusern oder Menschen mit Migrationsgeschichte oft noch im Weg stehen, bauen wir ab. Einwanderung in unser Land erleichtern wir mit der Einführung einer Talentkarte und einer schnelleren Anerkennung ausländischer Bildungs- und Berufsabschlüsse, auch wechselseitig in der EU. Allgemein wollen wir die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse beschleunigen sowie das Anerkennungsverfahren kostengünstiger gestalten. Um faire Verfahren bei der Anerkennung akademisch anerkannter Hochschulabschlüsse, die bisher ohne staatliche Anerkennung sind, für alle zu gewährleisten, wollen wir mögliche Anpassungsbedarfe überprüfen und die Anerkennungspraxis verbessern. Wir unterstützen Betriebe, die Geflüchteten und Einwander*innen eine Chance auf Ausbildung und Beschäftigung geben, bei Bedarf durch konkrete Ansprechpersonen, Qualifizierung, Beratung und Begleitung.Viele Unternehmer bezeichnen das deutsche System der Unternehmensbesteuerung als international nicht mehr wettbewerbsfähig. Wie stehen Sie dem gegenüber und wo würden Sie ansetzen?
Zur Gewerbesteuer: Wir GRÜNE sind der Auffassung, dass eine alleinige Belastung von Gewerbetrieben mit der Gewerbesteuer nicht mehr zeitgemäß ist, und wollen diese zu einer kommunalen Wirtschaftsteuer mit breiter Bemessungsgrundlage ausbauen.Zur Mehrwertsteuer: Wir wollen die Mehrwertsteuerermäßigungen auf wenige Dinge wie den öffentlichen Personennahverkehr, Kulturleistungen und Nahrungsmittel zurückführen. Die schwarz-gelbe Hotelsteuer soll ebenso abgeschafft werden, wie die Mehrwertsteuerermäßigung für den Außer-Haus-Verzehr von Speisen und Getränken.Durch Buchungstricks verschieben große Konzerne ihre Gewinne in Steuersümpfe, aus Europa wie aus vielen armen Ländern. So fehlen Milliarden für unsere Infrastruktur, und die Firmen verschaffen sich unfaire Wettbewerbsvorteile gegenüber kleineren Unternehmen. Darum kämpfen wir für ein international verbindliches Regelwerk, das Mindeststandards für die Steuerpflichten von Unternehmen und Staaten setzt, sowie die Stärkung des UN-Steuer-Komitees.In Europa führen wir eine gemeinsame Bemessungsgrundlage für die Unternehmenssteuern und einen Mindeststeuersatz von mittelfristig 25 Prozent ohne Ausnahmen ein. Google, Facebook und Co. werden mit einer Digitalkonzernsteuer endlich angemessen besteuert. Auch sie müssen sich an der Finanzierung der Infrastruktur der öffentlichen Strukturen beteiligen. Wir brauchen eine Digitalsteuer. Banken und Steuerberater*innen verbieten wir, Geschäfte in Steuersümpfen zu tätigen oder dorthin zu vermitteln.Oft versprochen, aber aus Sicht der Wirtschaft zu wenig umgesetzt: das Zurückfahren der Bürokratiebelastung. Bei welchen Punkten sehen Sie hier Verbesserungsbedarf?
Das lässt sich pauschal nicht beantworten, weil es notwendig wäre in jedem wirtschaftlichen Bereich zu schauen, wo habe ich eine zu hohe Bürokratiebelastung und wie lässt sich diese abbauen. Die Situation in der Landwirtschaft mit der im Pflegebereich dürfte schwer vergleichbar sein. Dennoch gibt es meiner Einschätzung nach folgende Gemeinsamkeiten: Bürokratie kann durch Digitalisierung verstärkt abgebaut werden. Zum Beispiel sollten EU-Haushaltsmittel künftig auch verstärkt direkt kommunalen und lokalen zivilgesellschaftlichen Akteuer*innen direkt bereitgestellt werden. Mit barrierefreien E-Government Dienstleistungen, sicheren digitalen Beteiligungsformaten und Open Government wollen wir unsere Verwaltung modernisieren und unnötige Bürokratie wie Schriftformerfordernisse abbauen. Verwaltungsverfahren sollen stets digital gedacht und gestaltet werden, vor allem auch in der Zusammenarbeit mit Unternehmen. Auch die Pandemie hat etliche Defizite bei ihrer Bekämpfung wie unter dem Brennglas offenbart: Faxgeräte im Dauerbetrieb, fehlendes Personal und überbordende Bürokratie verhindern ein effektives staatliches Handeln. Unser Ziel ist ein moderner, engagierter Staat, der mit einer effizienten, zugänglichen Verwaltung transparent, offen und in der Lage ist, Krisen effektiv zu managen, digitale Teilhabe zu sichern und es den Unternehmer*innen insgesamt leicht macht, ihren Alltag zu bewältigen und ihre Rechte in Anspruch zu nehmen. - Roswitha Toso (Freie Wähler)
Roswitha Toso tritt für die Freien Wähler im Wahlkreis Passau als Direktkandidatin an. Sie stellt sich den Fragen der IHK Niederbayern.
Was sind die drei drängendsten wirtschaftspolitischen Aufgaben, die die neue Bundesregierung anpacken muss?
Breitbandausbau und Schiene und Straße brauchen dringend Investitionen. Es ist ein bundesweiter „Straßenrettungsschirm“ erforderlich, damit die bestehenden Straßen, vor allem Brücken, saniert und unsere wichtige Verkehrsinfrastruktur leistungsfähig bleibt. Ländliche Gebiete und Ballungsräume müssen sich gleichermaßen entwickeln können, da eine positive wirtschaftliche Entwicklung in der Region auch die Zentren entlastet. Die Abwanderung von Spitzentechnologie durch die Übernahme von deutschen Unternehmen und die Mitnahme des Know-hows in das Ausland müssen gebremst werden.Aus Sicht vieler Unternehmer ist der Fachkräftemangel eine der zentralen Herausforderungen der kommenden Jahre. Was wollen Sie seitens der Politik diesem Mangel entgegensetzen?
Der Standort Deutschland bietet beste Voraussetzungen für hochqualifizierte Arbeitsplätze und bietet diese an. Dies ist die Voraussetzung für unseren Wohlstand und die Zukunft unseres Landes. Damit der Fachkräftemangel behoben werden kann, ist eine bessere Unterstützung der Betriebe und Unternehmen bei der Ausbildung von Nachwuchskräften erforderlich und es muss wieder der Grundsatz gelten „Arbeit muss sich wieder lohnen“. Aus meiner Sicht muss auch die Leiharbeit eingegrenzt werden und sich wieder allein auf die Abdeckung von Auftragsspitzen beschränken und nicht als ausuferndes Mittel zur unsozialen Kostensenkung oder Verdrängung der Stammbelegschaft missbraucht werden. Auch muss der Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen beseitigt werden, da der Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen nach wie vor hoch und im europäischen Vergleich häufig ist.Neben schulischer Bildung sind berufliche und akademische Aus- und Weiterbildung in Zeiten des Fachkräftemangels wichtiger denn je. Neben dem Angebot an Forschung und Lehre an Universitäten ist die berufliche Aus- und Weiterbildung an unseren Berufsschulen und in den Betrieben angemessen zu fördern.Viele Unternehmer bezeichnen das deutsche System der Unternehmensbesteuerung als international nicht mehr wettbewerbsfähig. Wie stehen Sie dem gegenüber und wo würden Sie ansetzen?
Die Steuerbelastung für die mittelständischen kleineren Unternehmen und das Handwerk muss gesenkt werden. Diese Betriebe sind häufig Inhaber- oder Familiengeführt und sichern eine gesellschaftliche Verankerung und Verantwortung. Im Gegenzug müssen die steuerlichen Rahmenbedingungen für Konzerne geändert werden, damit sie für die in Deutschland erzielten Gewinne auch entsprechende Steuern zahlen müssen.Oft versprochen, aber aus Sicht der Wirtschaft zu wenig umgesetzt: das Zurückfahren der Bürokratiebelastung. Bei welchen Punkten sehen Sie hier Verbesserungsbedarf?
Unnötige Statistik-, Aufzeichnungs- , Dokumentations- und Meldepflichten müssen reduziert werden. Die hart arbeitende Mittelschicht und das Handwerk sind das Fundament unserer wirtschaftlichen Standards und müssen massiv entlastet werden.