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„Für uns ist KI überhaupt nicht mehr wegzudenken!“

Drei Tage arbeiten, den Rest der Woche frei: Was wie eine Utopie klingt, will die YORMA´S AG auch mithilfe von KI umsetzen – zumindest in der Zentrale. Immer mehr Anwendungsmöglichkeiten findet auch die Enders GmbH.
Vier Tage pro Woche arbeiten – bei vollem Gehalt. Davon träumen viele Arbeitnehmer. Der Systemgastronom YORMA̕S aus Plattling geht sogar noch einen Schritt weiter und wird in der Zentrale die Drei-Tage-Woche einführen. Tamara Eberl ist die Leiterin der Kreativabteilung und von der Entscheidung überzeugt: „Wir haben die Vier-Tage-Woche bereits im Januar 2023 eingeführt, im Grunde war das aber nur ein Zwischenschritt, denn schon damals haben wir den Mitarbeitern die Drei-Tage-Woche in Aussicht gestellt. Allerdings unter der Bedingung, dass sich unsere Mitarbeiter selbst Gedanken machen: Was kann man weglassen, was kann man vereinfachen? Sei es mit künstlicher Intelligenz oder der Digitalisierung.“ Tatsächlich haben sich die Mitarbeiter seitdem mit zahlreichen Vorschlägen beteiligt.
Tamara Eberl
Tamara Eberl, YORMA`S AG
Die Gastronomie-Kette betreibt deutschlandweit 61 Filialen, vor allem in Bahnhöfen. Hier verkauft YORMA̕S Gebäck, Salate, Obst-Becher und weitere Snacks sowie Heißgetränke. In der Unternehmenszentrale in Plattling werden alle Verwaltungsaufgaben erledigt: Lohnabrechnung, Personal, Technik und EDV, Buchhaltung und die Pressearbeit. Die Aufgaben in der Zentrale, da ist die Tochter des Gründers überzeugt, lassen sich dank Künstlicher Intelligenz mit weniger Zeitaufwand bewältigen. „Wir nutzen KI für Formulierungen, für das Schreiben von Texten. Da sparen wir wahnsinnig viel Zeit.“ Seit mehr als 20 Jahren arbeitet YORMA̕S auch schon papierfrei, also komplett digital. Derzeit setzt sich das Aktienunternehmen mit diversen Programmen auseinander, um noch weitere Abläufe zu automatisieren. Trotzdem müsse von Montag bis Freitag jede Abteilung besetzt sein – wie genau der Dienstplan aussieht, bleibt den einzelnen Teams überlassen. Was Tamara Eberl ganz wichtig ist, wenn es um das Beantworten von Kundenanfragen geht: „Wir lassen zwar die Texte formulieren, lesen aber trotzdem jedes Lob und jede Kritik durch“.
Außenstehende würden auf die geplante Drei-Tage-Woche oft überrascht, aber positiv reagieren, berichtet Eberl. „Eure Mitarbeiter hatten dann ja nie viel Arbeit“, hieß es schon einmal. „Das stimmt definitiv nicht!“, lacht die erfolgreiche Unternehmerin. Und zum Thema KI sagt sie: „Wir sind 100 Prozent davon überzeugt und können unseren Unternehmerkollegen, die es noch nicht sind, nur raten, sie möglichst schnell an passender Stelle einzusetzen.“

KI als Initialzündung für kreative Ideen

Ein weiteres Beispiel für den erfolgreichen Einsatz von KI ist die Enders GmbH aus Ergolding. Im Jahr 2021 kam das Unternehmen aus Ergolding erstmals in Kontakt mit KI und seit Ende 2022 ist sie aktiv in den Alltag integriert, insbesondere im Bereich Marketing.
„Gerade in diesem Bereich eröffnen sich derzeit zahlreiche Möglichkeiten. Einige Softwareanbieter bieten fortschrittliche Features an, die bei uns zu erheblichen Zeitersparnissen führen“, sagt Geschäftsführer Dr. Ing. Lothar Enders. KI-Tools könnten als Initialzündung für kreative Ideen dienen, sind vielseitig einsetzbar für Optimierungen und lieferten schnell Ergebnisse.
„Es liegt viel daran, mit welchem Einsatz, Fantasie und Neugier die Mitarbeiter mit den Tools umgehen und diese einsetzen und welche Freiheiten sie dazu bekommen“, so Enders. Vorbehalte hatten er und sein Team nicht wirklich. Ganz nach dem Prinzip „Was kann schon groß passieren und Probieren geht über Studieren“ nahmen die Mitarbeiter das Thema an. „Beim Datenschutz und bei der Verwertung der Ergebnisse muss man halt vorsichtig sein. So eine KI macht halt auch mal Schmarrn ...“, ist sich der Unternehmer jedoch bewusst.
Lothar Enders
Dr.-Ing. Lothar Enders, Enders GmbH

Kunden verwenden zunehmend KI

Dass es „Stolperfallen“ gab und gibt, ist im Betrieb allen bewusst. „Wir haben das Gefühl, es sind noch nicht alle Aspekte bis ins Detail durchdacht. Es ist auch wichtig zu erkennen, dass hinter der KI echte Menschen stehen und diese Entwicklungen Zeit benötigen – das ist keine einfache Softwareentwicklung, die von heute auf morgen abgeschlossen ist“, sagt Enders.
Wichtig bei allen Anwendungen ist, dass die erzielten Ergebnisse auch verifiziert werden. „Die Daten und Fakten, die uns die KI liefert, sind selten bis gar nicht direkt einsatzbereit und erfordern Nacharbeit durch unsere Mitarbeiter. Letztendlich verwenden wir KI als nützliches unterstützendes Werkzeug, aber sie kann bei uns keinen Arbeitsplatz vollständig ersetzen.
Konkret bedeutet das im Fall der Enders GmbH: „In unserem Geschäftsmodell als Entwicklungsdienstleister erhalten wir mittlerweile verstärkt Anfragen bezüglich der Entwicklung und Implementierung von KI- und Machine-Learning-Lösungen. Wir bringen dabei keine eigene Software oder Tools auf den Markt, sondern unterstützen unsere Kunden in diesem Bereich. Wir sind bei KI sowohl als Nutzer als auch als Dienstleister aktiv. Eine Herausforderung ist es, für die Kunden am Ball zu bleiben. Das Unternehmen bewertet dies aber als positiv und nimmt es sportlich: „Wir sind laufend mit unseren Kunden im Austausch und identifizieren mit ihnen ständig Einsätze und Features Ihrer Produkte, die mittels KI einen höheren Nutzen bringen“,
berichtet Dr. Ing. Lothar Enders.
Rückblickend lautet sein Fazit: „Ich bin mir nicht sicher, ob wir früher damit hätten beginnen können. Bei uns kam der Durchbruch letztendlich mit ChatGPT, gefolgt von Adobe und vielen anderen, die daraufhin nachzogen. Wir persönlich sind heute bereits an dem Punkt angelangt, an dem wir uns ein Leben ohne KI kaum noch vorstellen können. An dieser Stelle sind wir sehr dankbar für die Möglichkeiten, die sie uns bieten. Ähnliche Ansätze gab es schon vor über 30 Jahren, aber erst jetzt sind die Rechnerleistungen und die Softwaremethoden in einem Umfang verfügbar, dass die immensen Datenmengen in einer erlebbaren Zeit verarbeitet werden können.
Enders rät Betrieben, die sich bis dato nicht an KI herangewagt haben: „Einfach loslegen und ausprobieren, es kann nichts schiefgehen. Klein starten und fokussiert bleiben. Inzwischen gibt es bereits eine Vielzahl von Optionen. Es lohnt sich, zu experimentieren. Alternativ ist es auch sinnvoll, in Weiterbildungen zu investieren. Den Leuten Freiräume zum Dazulernen zu geben, ist wichtig – aber eben auch die Ergebnisse gemeinsam kritisch zu überprüfen und zu überarbeiten.“
Für die Zukunft wagt Enders aber keine Prognose: „Schwer zu sagen. Wie so oft wäre ein nüchterner Umgang mit den neuen Werkzeugen eine große Hilfe, um die anstehenden Herausforderungen gut zu meistern. Wir bleiben offen und versuchen das bei uns fundiert und nutzbringend umzusetzen.“
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