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Wirtschaft erholt sich – aber Alarm in der Industrie

Fehlende Arbeitskräfte, hohe Kosten, schwache Inlandsnachfrage, drückende Bürokratiebelastung und wenig Vertrauen, dass die Politik daran etwas ändert – die Herausforderungen, vor denen die regionale Wirtschaft steht, sind bekannt und werden in der aktuellen Konjunkturumfrage bestätigt.
Neu hingegen ist eine alarmierende Entwicklung im Vergleich der einzelnen Branchen.
IHK-Hauptgeschäftsführer Alexander Schreiner fasst die Umfrageergebnisse zusammen: „Allgemein sehen wir eine leichte Erholung in der niederbayerischen Wirtschaft. Nach einer noch sehr angespannten Lage zum Jahreswechsel haben sich die Werte nun etwas verbessert. Ausgerechnet die Industrie als Schlüsselbranche für den gesamten Wirtschaftsraum kann diesem Erholungstrend aber nicht folgen.“ Der IHK-Konjunkturklimaindikator liegt mit 108 Zählern weiterhin unter seinem langjährigen Durchschnitt, steigt aber nun zum zweiten Mal in Folge. Verrechnet werden für den Indikator die Beurteilung der aktuellen Lage sowie die Erwartungen für die Zukunft in den niederbayerischen Betrieben.
Während sich die Geschäftslage in den meisten Branchen mindestens stabil zeigt und die Erwartungen beispielsweise bei einigen Dienstleistungsbranchen oder im Tourismus anziehen, fällt die Industrie bei beiden Werten ab: „Dreimal im Jahr führt die IHK die Konjunkturumfrage durch, und in der Industrie ist jetzt die Lagebeurteilung zum achten Mal in Folge rückläufig. Nur noch ein Drittel der Industriebetriebe bewertet die aktuelle Situation als gut, fast die Hälfte vergibt ein befriedigend und für 20 Prozent ist die Lage schlecht“, berichtet Schreiner. Auch der Blick auf die kommenden Monate gebe in der Branche wenig Anlass zur Hoffnung, jeder Vierte rechnet mit einer weiteren Verschlechterung. „Wenn man weiß, dass die Industrie in Niederbayern einen überdurchschnittlichen Anteil an der Wertschöpfung hat, jeden drtten Arbeitsplatz stellt und mit vielen Betrieben anderer Branchen von Verkehr und Logistik bis Großhandel und IT eng vernetzt ist, kann man einschätzen, welche Bedeutung diese negativen Umfragewerte haben“, sagt Schreiner.
Zum Vergleich: Über die Gesamtwirtschaft gerechnet, bewerten immerhin 40 Prozent der Teilnehmer an der IHK-Konjunkturumfrage ihre momentane Lage als gut, die Zahl der Betriebe mit schlechter Geschäftssituation liegt bei 15 Prozent. Eine Verschlechterung der Lage in der Zukunft befürchten 22 Prozent der befragten Unternehmen – zu Jahresbeginn waren es noch 30 Prozent.

Auftragsentwicklung geht zurück

Trotz solcher positiver Signale herrscht aber in der niederbayerischen Wirtschaft insgesamt weitverbreitete Zurückhaltung: Die Auslastung der Betriebe sinkt. Die hohen Zinsen beeinträchtigen den Zugang zu Fremdkapital wie etwa Bankkrediten und verschärfen so die finanzielle Lage der Unternehmen. Die Auftragsentwicklung geht zurück, besonders bei Aufträgen aus dem Ausland: 39 Prozent melden hier rückläufige Zahlen. Besonders schwach zeigt sich das Geschäft in der Eurozone. IHK-Präsident Thomas Leebmann stellt die regionalen Umfrageergebnisse in einen größeren Zusammenhang: „Während sich in anderen, wichtigen Weltregionen wie USA oder Asien ein robustes Wirtschaftswachstum zeigt, koppelt sich unsere Wirtschaft zunehmend davon ab und kann von dieser Entwicklung nicht profitieren. Der Grund dafür sind die bestehenden Probleme des Wirtschaftsstandortes Deutschland, die die Wirtschaft längst klar benannt und für deren Lösung sie konkrete Vorschläge gemacht hat“, betont der IHK-Präsident. So sind etwa für Industrie oder auch Gastronomie die weiterhin hohen Energiepreise ein Risikofaktor, die Händler kritisieren unter anderem ungleiche Wettbewerbsbedingungen durch Billiganbieter aus China. Beim Fachkräftemangel zeichnet sich wenig bis gar keine Erleichterung ab und alle Branchen nennen gestiegene Arbeitskosten sowie fehlende Planungssicherheit und Verlässlichkeit seitens der Politik als Problem. „Von Energiepolitik über das Steuersystem bis zum Bürokratieabbau gibt es genügend Punkte, an denen angesetzt werden muss, um das Tempo zu erhöhen und ein Aufbruchssignal an die Wirtschaft zu senden“, bekräftigt Leebmann.
Den interaktiv aufbereitet detaillierten Konjunkturbericht finden Sie hier.