IHK24

Kommunalpolitische Forderungen für die Region Straubing

Infrastruktur, Bürokratie und Fachkräftemangel – in den kommenden Jahren sind viele Aufgaben zu lösen, um einen attraktiven Wirtschaftsstandort und damit Steuereinnahmen, Arbeitsplätze sowie Wertschöpfung und Wohlstand vor Ort zu sichern. Unternehmerische Belange müssen gerade deshalb auch auf der kommunalpolitischen Ebene angemessen berücksichtigt werden. Im vorliegenden Papier bezieht die IHK Niederbayern Stellung zu zahlreichen wirtschaftsrelevanten Themen, die als Grundlage für den weiteren Dialog zwischen Verwaltung und Wirtschaft dienen sollen.

Fachkräftesicherung: Menschen qualifizieren und gewinnen

Der Fachkräftebedarf ist und bleibt ein Hemmschuh für die weitere wirtschaftliche Prosperität. Denn der demografische Wandel wird unabweislich zu mehr Renteneintritten bei weniger Schulabgängern führen. In konjunkturell wieder besseren Zeiten werden dann wie bereits vor der Krise besonders viele Arbeitskräfte mit einer beruflichen Qualifizierung gesucht. Aktuell können die verfügbaren heimischen Potenziale nicht vollständig ausgeschöpft werden. Nur jede zweite Frau arbeitet Vollzeit, lediglich 21 Prozent (im Landkreis) bzw. 18 Prozent (in der Stadt) der unter 3-Jährigen werden in einer Kindertageseinrichtung betreut. Damit liegt die Region unter dem bayerischen Schnitt von 29 Prozent. Zunehmen werden die Pflegebedürftigen: Bis 2038 wird sich die Zahl der über 75-Jährigen um 50 Prozent erhöht haben.
Zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf müssen die kommunalen Angebote für die Kinderbetreuung ausgebaut werden. Notwendig hierfür sind der bedarfsgerechte und flächendeckende Ausbau der Kinderganztagesbetreuung für alle Altersstufen und die Sicherstellung der Betreuung in den Ferien sowie in den Randzeiten (d.h. auch am Wochenende sowie vor 8 Uhr und nach 17 Uhr).
Wie die Folgen der Corona-Pandemie eindringlich aufzeigen, ist zur Nachwuchsförderung die technische und digitale Ausstattung an Kindertagesstätten sowie in allgemeinbildenden und Berufsschulen auszubauen. Unabdingbar ist dafür ausreichendes und qualifiziertes Personal.
Die Attraktivität der beruflichen Bildung muss wieder verstärkt in das Bewusstsein gerückt werden.
Für Berufstätige mit pflegebedürftigen Angehörigen ist eine gute Pflegeinfrastruktur mit Tages- und Kurzzeitpflegeangeboten immer wichtiger.
Kommunen müssen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Fachkräfte geeigneten und bezahlbaren Wohnraum finden.
Ein hoher Freizeitwert und eine gute Infrastruktur mit z.B. Nahversorgung und Ärzten sind für Fachkräfte und deren Familien standortentscheidend

Verwaltung: Wirtschaftsfreundlich managen

Zufriedene Unternehmer bleiben ihrem Standort treu. Daher sollten sie als besondere Kunden der Verwaltung behandelt und ihre Anliegen – Investitionen, Bautätigkeiten, Erweiterungen, Transport und Verkehr – kompetent und zügig bearbeitet werden. Bei der Dauer von Genehmigungsverfahren und bürokratischer Verwaltung gibt es nach Angaben der Betriebe allerdings noch Luft nach oben. Im Schnitt hat jedes Unter- nehmen 130 Verwaltungskontakte im Jahr. Gerade bei kleinen Unternehmen sind die Bürokratiekosten je Mitarbeiter besonders hoch.
Stärkung der Dienstleistungs- und Unternehmensorientierung bei wirtschaftsrelevanten Prozessen in der Kommunalverwaltung.
Digitale Verwaltungsprozesse können die Genehmigungsverfahren beschleunigen und ein investitionsfreudiges Klima schaffen.
Mit Blick auf effiziente Abläufe zwischen Wirtschaft und Verwaltung sollten elektronische Geschäftsprozesse und ein stringentes Qualitätsmanagement eingeführt bzw. ausgebaut werden.
In der kommunalen Verwaltung bedarf es einer angemessenen Personalausstattung.
Durch interkommunale Zusammenarbeit können die Pflichtaufgaben der Kommunen effizient gestaltet und Kosten durch Synergieeffekte reduziert werden.

Infrastruktur: Mobilität, Breitband und Mobilfunk fördern

Die Verkehrsströme nehmen kontinuierlich zu. Über 12.000 sozialversicherungs- pflichtig Beschäftigte pendeln täglich aus dem Landkreis in die Stadt, in die entgegengesetzte Richtung sind es 2.900. Gleichzeitig ist das ÖPNV-Angebot nach Angaben der Betriebe noch ausbaufähig. Auch hinsichtlich der Breitband- und Mobilfunkversorgung gibt es gerade außerhalb der größeren Kommunen noch viele weiße Flecken. Stationäre und mobile Anwendungen verschmelzen zunehmend
und moderne Echtzeitanwendungen, z.B. im Bereich des autonomen Fahrens, werden mit neuester 5 G – Mobilfunk-Technologie erst möglich.
Der Öffentliche Personennahverkehr ist bedarfsgerecht weiterzuentwickeln und auszubauen. Auch die Gewerbestandorte im Umland und Berufsschulen müssen mittels ÖPNV gut erreichbar sein. Hier bedarf es neue, innovative Konzepte.
Der flächendeckende Breitbandausbau ist an die Notwendigkeit beständig steigender Übertragungsraten anzupassen. Gleiches gilt für die mobile Übertragung von Daten.
Für die Erschließung und Sicherung der Erreichbarkeit von Flächenregionen und Zentren gleichermaßen sind Investitionen in die Verkehrswege erforderlich.
Kommunale Vertreter sollten überregionale wichtige Maßnahmen wie die B20, den weiteren Ausbau der A3 und das Schienennetz weiter vorantreiben.
Kommunen können und müssen die Mobilität der Zukunft mitgestalten. Dabei gilt es für ein gutes Netz an E-/Wasserstofftankstellen zu sorgen, sowie intelligente Verkehrs- und Mobilitätskonzepte zu entwickeln.
Moderne und intelligente Verkehrs- und Logistikkonzepte können zur Entlastung der Innenstädte beitragen.

Finanzen: Solide und verantwortungsvoll in die Zukunft

Seit 2010 sind die Gewerbesteuereinnahmen in der Region um 58 Prozent auf 89 Millionen Euro gestiegen. In diesem
Zeitraum haben zwei der 38 Kommunen die Hebesätze nach oben angepasst, keine diese reduziert.
Wir wissen um die coronabedingt aktuell schwieriger werdende Haushaltslage der Städte und Kommunen. Um diese in den Griff zu bekommen, sollte aber gerade jetzt nicht an der Steuerschraube gedreht werden.
Insbesondere sollte es nicht zu einer weiteren Erhöhung der Gewerbesteuerhebesätze kommen. Kommunen mit hohen Hebesätzen sind im Standortwettbewerb langfristig die Verlierer.
Aufkommensneutrale und unbürokratische Umsetzung der Grundsteuerreform für die Unternehmen.
Verzicht auf kommunale Gebühren und Abgaben, die zu Mehrbelastungen für die Wirtschaft führen. Vielmehr Steuersenkungspotenziale prüfen.
Verwaltungsbereiche stärken, die sich um Unternehmerservice und Wirtschaftsförderung kümmern.

Flächenpolitik: Standorte entwickeln

18 Prozent der niederbayerischen Unternehmen haben Probleme, geeignete Flächen zur Erweiterung am Standort zu finden. Auch in der Region Straubing sind die Betriebe mit dem Angebot an Gewerbeflächen und –immobilien mit einer Note von 2,8 auf einer Skala von 1 (sehr gut) bis 5 (sehr schlecht) nur mäßig zufrieden. Dabei nimmt die Wirtschaft nur einen Bruchteil der Flächen ein: Ein Prozent der Landkreisfläche wird von ihr beansprucht, im Stadtgebiet sieben Prozent. 90 Prozent der Landkreisflächen sind Wälder, Äcker und Gewässer.
Für die Ausweitung bestehender und die Erschließung neuer Wirtschaftsstandorte müssen in ausreichendem Maße Flächen zur Verfügung stehen, die flächendeckend mit digitaler und verkehrlicher Infrastruktur erschlossen sind. Im Idealfall werden die Flächen im interkommunalen Verbund entwickelt, um Synergien zu heben.
Auch für den Ausbau der erneuerbaren Energien und den Abbau von heimischen Rohstoffen müssen Flächen zur Verfügung stehen.
Die städtebauliche Funktionstrennung muss aufrechterhalten werden, wenn Nutzungskonflikte entstehen. Heranrückende Wohnbebauung und emissionsschutzrechtliche Konflikte in Misch- und Urbanen Gebieten dürfen nicht zur Verdrängung des Gewerbes führen.
Das Anwerben neuer Investoren für die Innenstadt und aktives Leerstandsmanagement sollten als kommunale Aufgabe verstanden werden.
Ein aktives Standortmarketing sollte Maßnahmen zur Frequenzsteigerung und Erhöhung der Verweildauer der Passanten ergreifen. Attraktive Angebote in der Innenstadt, gute Erreichbarkeit und ein entsprechendes Parkraumangebot fördern den Erlebnischarakter.