Energiekrise

Notfallplan Gas

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat am 30. März 2022 die Frühwarnstufe und am 23. Juni 2022 die Alarmstufe des Notfallplans Gas ausgerufen.
§24 EnSiG, nach dem Energieversorger entlang der gesamten Lieferkette berechtigt wären, gestiegene Beschaffungspreise unmittelbar an ihre Kunden weiter zu verrechnen (Preisanpassungsklausel), tritt ausdrücklich noch nicht in Kraft. Die dritte und letzte Stufe des Notfallplans Gas, die „Notfallstufe“, wurde noch nicht ausgerufen. Hier finden Sie allgemeine Informationen zum Notfallplan Gas für die Bundesrepublik Deutschland.

Die drei Stufen des Notfallplans Gas

  1. Frühwarnstufe (Frühwarnung): „Es liegen konkrete, ernst zu nehmende und zuverlässige Hinweise darauf vor, dass ein Ereignis eintreten kann, welches wahrscheinlich zu einer erheblichen Verschlechterung der Gasversorgungslage sowie wahrscheinlich zur Auslösung der Alarm- bzw. der Notfallstufe führt; die Frühwarnstufe kann durch ein Frühwarnsystem ausgelöst werden.“ Die Frühwarnstufe wurde am 30. März 2022 ausgerufen.
  2. Alarmstufe (Alarm): „Es liegt eine Störung der Gasversorgung oder eine außergewöhnlich hohe Nachfrage nach Gas vor, die zu einer erheblichen Verschlechterung der Gasversorgungslage führt, der Markt ist aber noch in der Lage, diese Störung oder Nachfrage zu bewältigen, ohne dass nicht marktbasierte Maßnahmen ergriffen werden müssen.“ Die Alarmstufe wurde am 30. März 2022 ausgerufen (weitere Informationen hier).
  3. Notfallstufe (Notfall): „Es liegt eine außergewöhnlich hohe Nachfrage nach Gas, eine erhebliche Störung der Gasversorgung oder eine andere beträchtliche Verschlechterung der Versorgungslage vor und es wurden alle einschlägigen marktbasierten Maßnahmen umgesetzt, aber die Gasversorgung reicht nicht aus, um die noch verbleibende Gasnachfrage zu decken, sodass zusätzlich nicht marktbasierte Maßnahmen ergriffen werden müssen, um insbesondere die Gasversorgung der geschützten Kunden gemäß Artikel 6 sicherzustellen (Quelle: Notfallplan Gas für die Bundesrepublik Deutschland; BMWK 9/2019). Die Notfallstufe wurde bisher noch nicht ausgerufen.

Besonderer Stellenwert von geschützten Kunden

Bestimmte Kunden unterliegen einem besonderen Schutz, wie beispielsweise Haushaltskunden und Kunden, die grundlegende soziale Dienste erbringen.
Zu diesen geschützten Kunden zählen:
  • Letztverbraucher im Erdgasverteilnetz, bei denen standardisierte Lastprofile Anwendung finden, oder die Letztverbraucher im Erdgasverteilnetz, die Haushaltskunden zum Zwecke der Wärmeversorgung beliefern und zwar zu dem Teil, der hier benötigt wird.
  • Grundlegende soziale Dienste im Sinne des Art. 2 Abs. 4 der Verordnung (EU) 2017/1938 im Erdgasverteilnetz und im Fernleitungsnetz.
  • Fernwärmeanlagen, soweit sie Wärme an Kunden im Sinne von Buchstabe (a) und (b) liefern, an ein Erdgasverteilnetz oder ein Fernleitungsnetz angeschlossen sind und keinen Brennstoffwechsel vornehmen können und zwar zu dem Teil, der für die Wärmelieferung benötigt wird.
  • Haushaltskunden sind gemäß § 53a i.V.m. § 3 Nr. 22 EnWG Letztverbraucher, die Energie für den Eigenverbrauch im Haushalt nutzen oder deren Jahresverbrauch für berufliche, landwirtschaftliche oder gewerbliche Zwecke 10.000 Kilowattstunden (kWh) nicht übersteigt. (Quelle: Notfallplan Gas für die Bundesrepublik Deutschland; BMWK 9/2019)
Achtung: Der überwiegende Teil der Unternehmen zählt nicht zu diesen Gruppen!

Hierarchie der Gasabschaltungen

Die Bundesnetzagentur (BNetzA) muss im Fall einer Gasnotlage und Ausrufen der Notfallstufe als Bundeslastverteiler festlegen, wer in Deutschland weiter versorgt werden soll und wer abgeschaltet werden muss. Am 17. Mai hat sie erste Kriterien in einem Papier bekanntgegeben.
Das Dokument enthält vor allem mittel- und langfristige Maßnahmen zur Senkung der Nachfrage. Sie berücksichtigen die aus einer Abschaltung resultierenden ökonomischen, ökologischen und sozialen Folgen. Hier finden Sie die Übersichtsseite der Bundesnetzagentur zum Thema Kri­sen­ma­na­ge­ment und -vor­sor­ge (Gas)
Sofern Abschaltungen vorgenommen werden müssen, sollen diese auf Grundlage verschiedener Kriterien diskriminierungsfrei erfolgen. Frühwarn- und Alarmstufe werden durch das Bundeswirtschaftsministerium durch Pressemitteilung ausgerufen. Die Feststellung der Notfallstufe erfolgt gemäß § 3 EnSiG durch Verordnung der Bundesregierung und wird im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.

Informationen über Kürzungen der Gasversorgung

Öffentlichkeit bzw. von Kürzungen voraussichtlich betroffene Netzkunden sollen frühzeitig über bevorstehende Lastabschaltungen informiert werden. Der jeweilige Netzbetreiber soll seine Letztverbraucher mit registrierter Leistungsmessung (RLM) über drohende Kürzungen unverzüglich per Mail oder Telefax informieren. Falls tatsächliche Kürzungen erforderlich werden, so werden RLM-Letztverbraucher ebenfalls informiert. Sie erhalten dann eine Aufforderung, den Verbrauch in einem vorgegebenen Zeitfenster zu reduzieren.
Im Falle einer erforderlichen Abschaltung von Letztverbrauchern mit Standardlastprofil erfolgt die Aufforderung zur Reduzierung des Verbrauchs über eine öffentliche Bekanntmachung.

Die Rolle der “IT-Sicherheitsplattform Gas”

Gas-Großverbraucher wurden bereits im April 2022 von ihrem Netzbetreiber gebeten, Daten zu liefern. Parallel hat die Bundesnetzagentur nun damit begonnen, mit der “IT-Sicherheitsplattform Gas” die Grundlagen für eine Gaslastverteilung für den Fall zu schaffen, dass die dritte Stufe des Notfallplans Gas, die Notfallstufe, ausgerufen werden müsste. Dies könnte der Fall sein, falls die Gaslieferungen aus Russland dauerhaft ausfielen und nicht durch die Lieferung aus anderen Ländern ersetzt werden könnten. Die Plattform soll zum 01.10.2022 in Betrieb gehen.
Registrierungspflichtig auf der IT-Sicherheitsplattform sind neben Gashändlern und Bilanzkreisverantwortlichen alle Großverbraucher mit einer installierten Anschlusskapazität von mehr als 10 MWh/h. Unternehmen müssen hier insbesondere die Gasmengen melden, die sie zur Produktion benötigen, und auch angeben, welche Folgen eine Unterbrechung oder Reduzierung der Gasversorgung für das Unternehmen hätte. Zudem besteht die Verpflichtung, die gemeldeten Daten sorgfältig zu prüfen und gegebenenfalls regelmäßig zu aktualisieren, um eventuelle Entschädigungszahlungen nach § 12 EnSiG nicht zu gefährden.

Was können Unternehmen tun?

Unabhängig von der installierten Höhe der Netzanschlusskapazität kann es sinnvoll sein, schriftlich Kontakt mit der Bundesnetzagentur aufzunehmen, um diese über Folgen einer reduzierten Erdgaszuteilung und die damit verbundenen Auswirkungen innerhalb einer Lieferkette zu informieren. Nach anwaltlicher Beratung kann auch die Hinterlegung einer Schutzschrift erwogen werden.
Weitere empfohlene Maßnahmen finden Sie hier.
Stand der Information: 06.09.2022