Unser Bekenntnis

IHK-Zukunftsmanifest 

Für eine nachhaltige Wirtschaft in der MEO-Region
Wir schreiben das Jahr 2022. Vor sieben Jahren haben die Vereinten Nationen die 17 „Ziele für nachhaltige Entwicklung“ verabschiedet. Seitdem haben sich von der globalen bis zur lokalen Ebene eine Vielzahl von Initiativen und Vorhaben entwickelt, die das Ziel verfolgen, wirtschaftliche Aktivitäten nachhaltiger auszurichten.
Nachhaltige Wirtschaft wird verstanden als das Bestreben, ökonomische, ökologische und soziale Belange immer wieder neu abzuwägen und in ein harmonisches Verhältnis zueinander zu bringen.
Und doch verbraucht der Mensch Jahr für Jahr mehr natürliche Ressourcen als die Natur wieder herstellt. Ökologische Herausforderungen wie der Klimawandel rücken immer stärker in den Fokus von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Und auch der Umgang mit der „Ressource“ Mensch (insbesondere als Arbeitskraft) ist mancherorts nicht unbedingt vom Prinzip der Nachhaltigkeit getrieben.
Weitere Impulse für eine nachhaltige Wirtschaft sind deshalb notwendig. Die Wirtschaft in der MEO-Region möchte ihren Beitrag leisten. Gemäß dem Motto des „Club of Rome“: Global denken, lokal handeln!
  1. Die Vollversammlung der IHK zu Essen beschließt ein IHK-Zukunftsmanifest mit sechs Grundsätzen für eine nachhaltige Wirtschaft.
  2. Die Vollversammlung der IHK zu Essen ruft auf Basis dieses Zukunftsmanifests alle IHK-Mitgliedsunternehmen dazu auf, ambitionierte Schritte hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft zu unternehmen.
  3. Die Vollversammlung der IHK zu Essen beauftragt die IHK-Geschäftsführung, die Mitgliedsunternehmen der IHK auf dem Weg zu nachhaltigen Geschäftsmodellen zu unterstützen und für diesen Zweck konkrete Angebote zu entwickeln.
  4. Die Vollversammlung der IHK zu Essen verknüpft die sechs Grundsätze mit sechs Erwartungen an die Politik für eine nachhaltige Wirtschaft.


Sechs Grundsätze für eine nachhaltige Wirtschaft


  1. Nachhaltige Wirtschaft ist eine wirtschaftliche Notwendigkeit.
    Aspekte der ökologischen Nachhaltigkeit, wie der Schutz von Umwelt und Ressourcen und das Ziel der Klimaneutralität stehen nicht im Widerspruch zum Interesse der Wirtschaft. Im Gegenteil: Es ist sowohl gesamtwirtschaftlich als auch aus betrieblicher Perspektive sinnvoller, in eine ökologische Nachhaltigkeit zu investieren, als dies zu versäumen und mit den Schäden leben zu müssen, die der ökologische Wandel verursacht. Das gilt auch, und insbesondere, in einem städtischen Ballungsraum wie der MEO-Region.
  2. Nachhaltige Wirtschaft ist eine Chance für den Wirtschaftsstandort.
    Der Umweltschutz als Wirtschaftsfaktor hat gewaltiges Wachstumspotenzial. Dieses Wachstum ist getrieben durch digitale und technologische Innovationen in Verbindung mit einer exportorientierten Ausrichtung. Beides weist Deutschland auf - und die MEO-Region erst recht. Mit all ihren innovativen Startups, einem aktiven Mittelstand, leistungsstarken Konzernen, Instituten und Hochschulen bietet die Region passgenaue Standortvorteile für die Vorreiter in diesem Zukunftsmarkt. Darauf gilt es aufzubauen und die Attraktivität des gesamten Wirtschaftsstandorts durch eine Stärkung der Strukturen in diesem Zukunftsfeld weiter auszubauen.
  3. Nachhaltige Wirtschaft trägt Verantwortung für den Menschen.
    Die MEO-Wirtschaft verschreibt sich dem Leitbild der „ehrbaren Kaufleute“. In seiner heutigen Ausprägung setzt dieses Leitbild die Verantwortung gegenüber dem Menschen in den Vordergrund wirtschaftlichen Handelns. Nicht zuletzt der immer größer werdende Arbeitskräftemangel gebietet dabei einen wertschätzenden Umgang mit den eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die MEO-Wirtschaft schafft zudem die Voraussetzungen für einen diskriminierungsfreien Zugang in eine arbeitnehmerfreundliche und flexible Arbeitswelt. Sie verpflichtet sich selbst zur Einhaltung der Menschenrechte und fordert diese auch konsequent von ihren Partnern und Zulieferern im In- und Ausland ein.
  4. Nachhaltige Wirtschaft ist ein guter Nachbar.
    Die MEO-Region ist ein Ballungszentrum mit vielen Menschen und vielen Unternehmen auf wenig Raum. Die Wirtschaft aber braucht Raum. Die Knappheit an Industrie- und Gewerbeflächen ist eine der großen Herausforderungen für die Wirtschaft in der Region. Nachhaltigkeit hat die Chance, einen Beitrag zur Lösung dieser Herausforderung zu leisten. Wirtschaft, die sowohl die Umwelt als auch den Menschen achtet, muss nicht grundsätzlich von Grün- und Wohnflächen ferngehalten werden. In vielen Fällen ermöglicht sie eine deutlich stärker gemischte Nutzung von Wohnquartieren, Grünflächen, Gewerbe- und Industriegebieten als bisher. Ein attraktives Angebot an Handel und Dienstleistungen stärkt zudem die Aufenthaltsqualität in den Innenstädten und Stadtteilzentren der MEO-Region.
  5. Nachhaltige Wirtschaft investiert in die Zukunft.
    Die MEO-Wirtschaft denkt nicht nur von Jahresabschluss zu Jahresabschluss. Stattdessen investiert sie in ihre eigene langfristige Zukunft und damit auch in die Zukunft des Wirtschaftsstandorts. Die Unternehmen bilden die Fachkräfte von morgen aus, schaffen Arbeitsplätze, investieren in ihre Produktionsstätten und zeigen soziales Engagement. Davon profitieren sie in Zukunft selbst und mit ihnen die ganze MEO-Region. Die MEO-Wirtschaft will sich auch in existenzbedrohenden Krisen nicht von dieser Zukunftsorientierung abbringen lassen.
  6. Nachhaltige Wirtschaft funktioniert nicht auf Kosten der nächsten Generation.
    Die Herausforderungen der heutigen Zeit sind groß. Da liegt die Idee nah, mit Hilfe von Krediten Abhilfe zu leisten. Für nachfolgende Generationen wird diese Verschuldung zur Last. Zu einer nachhaltigen Wirtschaft gehört deshalb auch, verantwortungsvoll mit Haushalten umzugehen und der Versuchung des günstigen Geldes zu widerstehen – das gilt sowohl für Unternehmen als auch für den Staatshaushalt. Gleichwohl sichern in Krisenzeiten überlebenswichtige Hilfsprogramme die Zukunftsfähigkeit der nachhaltigen Wirtschaft. Mitnahmeeffekte und das Gießkannenprinzip gilt es dabei so gut es geht zu vermeiden.

Sechs Erwartungen an die Politik für eine nachhaltige Wirtschaft


  1. Nachhaltige Wirtschaft ist technologieoffen.
    Der Staat hat die Aufgabe, den Ordnungsrahmen für nachhaltige Wirtschaft zu setzen. Sei es in den Städten der MEO-Region, im Land, im Bund oder der EU: Die Unternehmen brauchen Gesetze, die technologieoffen und an Zielvorgaben orientiert sind. Märkte und der freie Wettbewerb sind bei Ressourcenkonflikten ein leistungsfähiges Instrument, das es nicht durch Verbotsregelungen zu bremsen gilt. Eine konsequente Umsetzung von Digitalisierungspotenzialen trägt zusätzlich zu nachhaltiger Ressourcenschonung und zum notwendigen Abbau von Bürokratie bei.
  2. Nachhaltige Wirtschaft erfordert Mut und eine positive Fehlerkultur.
    Innovative und nachhaltige Geschäftsideen entstehen schnell und brauchen die Freiheit, dann auch schnell umgesetzt zu werden. Bürokratische Genehmigungsverfahren sind hierzulande oft viel zu langwierig. Es gilt, sie zu verkürzen und zu vereinfachen. Auch sollte in Zukunft mehr auf Modellversuche und Testphasen gesetzt werden, in denen Innovationen im Themenfeld der Nachhaltigkeit kurzfristig erprobt werden. Damit einher geht eine positive Fehlerkultur mit einer konstruktiven Aufarbeitung von Versuchen, die nicht die erhofften Erfolge bringen. Je mehr Mut, desto mehr Fehler wird es geben. Aber auch mehr innovative und nachhaltige Erfolgsgeschichten.
  3. Nachhaltige Wirtschaft muss planen können.
    Unternehmen treffen regelmäßig Investitionsentscheidungen für einen langfristigen zeitlichen Horizont. Diese Entscheidungen treffen sie im Rahmen eines politischen, gesetzlichen und auch förderrechtlichen Umfelds, an dem sie sich orientieren. Planungssicherheit und Verlässlichkeit sind dabei von großer Wichtigkeit und müssen auch bei politischen Entscheidungsträgern über Parteigrenzen und Legislaturperioden hinweg oberstes Credo sein. Ein von allen demokratischen Parteien unter Beteiligung der Wirtschaft erarbeitetes Zielbild kann dafür eine Grundlage sein.
  4. Nachhaltige Wirtschaft funktioniert am besten gemeinsam.
    Der Wandel hin zu Nachhaltigkeit ist eine globale Herausforderung. Je mehr Akteure sich abgestimmt auf diesen Weg machen, desto eher werden die Ziele erreicht. Aufgabe der Politik ist es, diese nationalen, internationalen und globalen Allianzen zu schmieden und die verschiedenen politischen und gesetzlichen Handlungsrahmen von Essen, Mülheim und Oberhausen bis hin nach Düsseldorf, Berlin und Brüssel aufeinander abzustimmen. Unabgestimmte Initiativen bergen die Gefahr, Wettbewerbsnachteile zu erzeugen. Sie schaden damit nicht nur den betroffenen Unternehmen, sondern führen auch zu ökologisch nachteilhaften Verlagerungstendenzen wirtschaftlicher Aktivitäten.
  5. Nachhaltige Wirtschaft motiviert sich selbst.
    Der stärkste Antrieb für nachhaltige Veränderung kommt von innen. Intrinsische Motivation schlägt extrinsischen Druck. Die Mehrheit der Unternehmen befindet sich bereits auf dem Weg in eine nachhaltigere Zukunft. Gerade im Bereich der nachhaltigen Wirtschaft greift die Politik dennoch häufig zu gesetzlichen Vorgaben in Verbindung mit Nachweispflichten. Diese wirken sich negativ auf eigene Antriebe für Nachhaltigkeit aus und engen die Unternehmen in ihrem wirtschaftlichen Handeln ein.
  6. Nachhaltige Wirtschaft braucht Menschen.
    Wer in Zukunft Personal gewinnen will, muss sich immer mehr anstrengen. Ungenutzte Potenziale auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt kann die MEO-Wirtschaft sich nicht mehr erlauben. Stattdessen braucht sie Gesetze und Strukturen, die die Integration von förderbedürftigen Zielgruppen ermöglichen, statt sie zu verhindern. Auch Rahmenbedingungen für die nachhaltige Integration ausländischer Fachkräfte sind notwendig, um den Arbeitsmarktbedarf der Zukunft zu decken.