Stellungnahme zum Entwurf

IHK-Stellungnahme zum Entwurf des Bundesverkehrs-wegeplans 2030

Die Industrie- und Handelskammer zu Essen ist der regionale Zusammenschluss von über 50.000 Unternehmen im Industrie-, Handels- und Dienstleistungssektor. Von den 500 umsatzgrößten deutschen Unternehmen haben 16 hier ihren Sitz. In den drei Städten des IHK-Bezirks - Essen, Mülheim an der Ruhr und Oberhausen - leben heute rund 950 TSD Einwohner auf einer Fläche von 379 qkm. Mit 2509 Einwohnern je qkm ist die Einwohnerdichte mehr als doppelt so groß wie im Ruhrgebietsdurchschnitt und circa fünffach größer als im Landesdurchschnitt NRWs.

Mit der wirtschaftlichen Bedeutung und der zentralen verkehrsgeografischen Lage an den Schnittpunkten wichtiger Bundesautobahnen einhergeht ein bereits heute enormes Verkehrsaufkommen. Vor diesem Hintergrund setzt sich die IHK zu Essen aktiv für den Erhalt und die Verbesserung der Erreichbarkeit der Region Essen, Mülheim an der Ruhr und Oberhausen im Personen- und Güterverkehr ein. So ist es eines unserer zentralen Anliegen, für die Beseitigung von Engpässen und Qualitätsmängeln in der lokalen wie regionalen Verkehrsinfrastruktur einzutreten.

Wir begrüßen daher, dass zahlreiche Projekte unserer Region im Entwurf des BVWP 2030 berücksichtigt wurden und deren größtenteils hochrangige Einstufung die Bedeutung unseres IHK-Bezirks in Nordrhein-Westfalen unterstreicht. Hierzu zählen beispielsweise die geplanten Ausbauvorhaben an der BAB 3 um das AK Oberhausen, an der BAB 40 zwischen dem AK Kaiserberg und der AS Mülheim-Dümpten sowie an der BAB 52 zwischen dem AK Breitscheid und der AS Essen-Rüttenscheid (B 224), die bei zeitnaher Umsetzung zu einer wesentlichen Verbesserung der verkehrlichen Erreichbarkeit führen können.

Gleichwohl besteht aus unserer Sicht dringender Klärungsbedarf zu einzelnen Projekten, die für die regionale und landesweite Verbesserung der Erreichbarkeit im Personen- und Güterverkehr von essentieller Bedeutung sind, im Entwurf des BVWP 2030 jedoch aus nicht nachvollziehbaren Gründen gar nicht, nachrangig oder unvollständig eingestuft wurden. Hierzu möchten wir nachfolgend – getrennt nach Verkehrsträgern – Stellung nehmen:


Verkehrsträger Straße:

A52-G30-NW AD Essen-Ost (A 40) – AK Essen-Nord (A 42)


Die A 52 stellt eine der wenigen optionalen Nord-Süd-Verbindungen im Ruhrgebiet zwischen dem Rheinland und dem Münsterland dar und ist von herausragender Bedeutung für den Güter- und Personenverkehr. Dies wird im Projektinformationssystem (PRINS) zum Entwurf des BVWP 2030 bestätigt:

„Eine wesentl. Maßnahme ist die Weiterführung der A52 auf Essener (E) Stadtgebiet. Die Verlängerung d. A 52 setzt an d. A40 am AD E-Ost an und verläuft nach N bis zur A42 AK E-Nord. Das Mittelzentrum Gladbeck u. d. Siedlungsraum des nördl. RGs werden durch die Verl. d. A52 leistungsf. an das Oberzentrum E angebunden. Im Gesamtzusammenhang bietet dieser AB des Verkehrsnetzes die Möglichkeit eines N-S-Netzschlusses von d. A43 im N bis zur A44 im S sowie zur A3 im SW. Über die A535 ergibt sich eine zusätzl. Anschlussmöglichkeit bis zur A46 im S. Insgesamt werden die Grundlagen zur zukünftigen wirtschaftl. Entwicklung des anliegenden Planungsgebietes geschaffen. Gleichzeitig wird durch die Senkung d. Emissionen v. Lärm u. Luftschadstoffen bei Verlagerung des innerstädt. Verkehrsaufkommens auf die A52 Grundlagen f. eine attraktive Stadtentwicklung geschaffen.“

Aufgrund der enormen Bedeutung eines A 52 Lückenschlusses auf Essener Stadtgebiet zwischen dem AD Essen-Ost und dem AK Essen-Nord setzt sich die IHK zu Essen seit Jahren intensiv für die Realisierung dieses Projekts ein. Umso unverständlicher ist dessen nun erfolgte Einstufung als “neues Vorhaben im Weiteren Bedarf mit Planungsrecht“ trotz eines abgeschlossenen Vorentwurfs und eines Nutzen-Kosten-Verhältnisses von 4,5, welches circa dreifach höher liegt als die niedrigste Projektbewertung der NRW-Projekte des VB.

Dieser hohe Wert belegt eindrucksvoll die Sinnhaftigkeit des Vorhabens und dessen Bedeutung für die regionale Wirtschaft, weshalb wir mit Nachdruck eine Einstufung in die Kategorie Vordringlicher Bedarf-Engpassbeseitigung fordern. Vor dem Hintergrund des als VB-E bewerteten Ausbaus der A 52 vom AK Breitscheid bis zur AS Essen-Rüttenscheid sowie nördlich des AK Essen-Nord muss der fehlende Lückenschluss auf Essener Stadtgebiet im BVWP 2030 entsprechend Berücksichtigung finden.

A44-G30-NW Essen-Ruhralleetunnel – (L 925 – AS E.-Bergerhausen (A 52))


Auch für die Realisierung des Ruhralleetunnels zur Entlastung der Ruhr-allee im Essener Süden und zur Herstellung des Lückenschlusses zwischen der A52 und der A44 setzt sich die IHK zu Essen seit Jahren aktiv ein. Dieses Projekt ist für die regionale Wirtschaft von hoher Bedeutung, da bereits heute permanente Überlastungen der vorhandenen Verkehrsinfrastruktur bestehen und sich diese bei der für den BVWP 2030 Entwurf prognostizierten Verkehrsentwicklung noch verstärken werden.

Auch an dieser Stelle ist für uns unverständlich, warum auch dieses Projekt trotz eines sehr hohen NKV-Wertes von 6,9 in die Kategorie “neues Vorhaben im Weiteren Bedarf mit Planungsrecht“ eingestuft wurde und somit dessen tatsächliche Realisierung massiv in Frage gestellt wird. Das Vorhaben liegt im Vergleich der NKV-Werte etwa fünffach höher als die niedrigste Projektbewertung des VB in NRW, weshalb wir eine erneute Prüfung mit dem Ziel der Projekteinstufung in die Kategorie VB-E fordern.

A3-G70-NW AK Oberhausen-West (A 42) – AK Oberhausen (A 2 / A 516)


Ausdrücklich positiv bewerten wir die Einstufung der Teilprojekte des Ausbauvorhabens an der A 3 zwischen dem AK Oberhausen-West und dem AK Oberhausen. Allerdings ist die untersuchte Planung zwischen der AS Oberhausen-Holten und dem AK Oberhausen nicht vollständig.

Nördlich der AS Oberhausen-Holten befinden sich im Industriegebiet „Im Waldteich“ einige der bedeutendsten Wirtschaftsflächen der Stadt Oberhausen und zugleich zahlreiche namhafte Unternehmen, beispielsweise aus dem Bereich der Logistik. Gegenüberliegend auf der östlichen Seite der A3 ist zudem ein neuer Logistikpark in Planung, welcher nach Realisierung zusätzliche Güterverkehre erzeugen wird. Diese bestehenden und neuen gewerblichen Verkehre können durch das vorhandene Straßennetz nur unzureichend aufgenommen und zur AS Oberhausen-Holten geleitet werden. Um unnötige Belastungen für Unternehmen und Anwohner zu vermeiden, bitten wir um Ergänzung der benötigten zusätzlichen Anschlussstelle nördlich der AS Oberhausen-Holten in der weiteren Planung und Bewertung.

A40-G30-NW AK Kaiserberg – AD Essen-Ost (A 52) / A40-G30-NW-T4-NW


Die A 40 stellt die bedeutendste West-Ost-Verbindung des Ruhrgebiets dar und zeigt täglich massive Überlastungserscheinungen. Besonders im IHK-Bezirk Essen bilden sich auf dem Gebiet der Städte Mülheim an der Ruhr und Essen kilometerlange Staus, die aufgrund fehlender Nord-Süd-Verbindungen nicht umfahren werden können und für betroffene Unternehmen erhebliche Mehrbelastungen bedeuten.

Vor dem Hintergrund der prognostizierten Zunahme des Personen- und Güterverkehrs begrüßen wir daher ausdrücklich den dringend benötigten Ausbau der A 40 vom AK Kaiserberg bis zur AS Essen-Frohnhausen. Dieser darf jedoch nicht nur punktuell erfolgen, sondern muss den gesamten Streckenverlauf der A 40 entlasten. Im Zuge der im BVWP 2030 Entwurf enthaltenen Ausbauplanungen bis zur AS Essen-Frohnhausen und dem bereits realisierten Ausbauzustand auf 6 Fahrstreifen östlich des AD Essen-Ost befürchten wir eine massive Zunahme der Stauhäufigkeit auf dem vierspurig verbleibenden Streckenabschnitt zwischen der AS Essen-Frohnhausen und dem AD Essen-Ost. Daher ist die im aktuellen Entwurf als unwirtschaftlich vorgenommene Bewertung nicht akzeptabel.

Dieser Teilabschnitt darf nicht zum Flaschenhals der A 40 werden und zukünftig für erhebliche Beeinträchtigungen sorgen. Aus diesem Grund fordern wir ausdrücklich eine erneute Prüfung des genannten Streckenabschnitts auf Ausbaumöglichkeiten auf 6 Fahrspuren sowie eine Bewertung des Projekts A40-G30-NW-T4-NW als Engpassbeseitigung im vordringlichen Bedarf im BVWP 2030. Aus unserer Sicht sind die wirtschaftlichen Folgen des Verzichts auf die dortige Engpassbeseitigung wesentlich in der erneuten Bewertung zu berücksichtigen und jegliche Varianten der Trassenführung zu untersuchen.


Verkehrsträger Wasserstraße:

W 16 Verbesserung der Brückendurchfahrtshöhen für den 2-lagigen Containerverkehr auf der Relation Duisburg-Dortmund (RHK und DEK)


Die Maßnahmen zum Ausbau der Brücken auf eine einheitliche Brückendurchfahrtshöhe von 5,25 m für einen 2-lagigen Containerverkehr sollen aufgrund der angenommenen geringen Rentabilität nicht weiterverfolgt werden. Allerdings wird der turnusgemäße Ersatzneubau der Brücken voraussichtlich noch Jahrzehnte in Anspruch nehmen, so dass der politische Wunsch nach einer Förderung des umweltschonenden Wasserstra-ßentransportes an dieser Stelle konterkariert wird. In dieser Zeit kann der Hafen Essen nicht vom Wachstum des internationalen Containerver-kehrs profitieren. Insofern hinterfragen wir die für die Projektbewertung verwendete Berechnungsmethodik kritisch und regen an, den Zeitverzug bis zum tatsächlich erfolgten Ersatzneubau stärker zu gewichten. Die IHK zu Essen fordert daher die Aufnahme und erneute Bewertung der Maßnahme im BVWP 2030.