Handelsvertreterrecht

Grundzüge des Handelsvertreterrechts

1. Handelsvertreter als selbständiger Unternehmer

Handelsvertreter ist gemäß § 84 Handelsgesetzbuch (HGB), wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Selbständig ist, wer im Wesentlichen seine Tätigkeit und seine Arbeitszeit frei bestimmen kann und sein eigenes Unternehmerrisiko trägt. Handelsvertreter kann auch eine Personengesellschaft (OHG, KG) oder eine juristische Person (AG, GmbH) sein. Sozialversicherungsrechtlich sind Besonderheiten zu beachten.

2. Handelsvertretervertrag

Der Handelsvertretervertrag kann grundsätzlich formfrei geschlossen werden. Aus Gründen der besseren Nachweisbarkeit empfiehlt sich jedoch die Schriftform. Zudem besteht ein beiderseitiger Anspruch darauf, dass der Inhalt des Vertrages sowie spätere Änderungen in eine vom anderen Teil unterzeichnete Urkunde aufgenommen werden.

3. Pflichten des Handelsvertreters

Der Handelsvertreter muss sich um die Vermittlung oder den Abschluss von Geschäften bemühen und hat dabei das Interesse des Unternehmers wahrzunehmen. Aus dieser gesetzlichen Pflicht zur Interessenwahrnehmung (§ 86 HGB) ergibt sich auch ohne besondere vertragliche Regelung, dass der Handelsvertreter nicht berechtigt ist, im Geschäftszweig seines vertretenen Unternehmens für eine Konkurrenzfirma tätig zu sein. Außerdem hat er seinen Vertragspartner über alle wichtigen Angelegenheiten, insbesondere über die erfolgten Geschäftsvermittlungen und Geschäftsabschlüsse sowie die Vertragsverletzungen von Kunden zu informieren. Art, Inhalt und Häufigkeit der Berichte bestimmen sich danach, was das Interesse des Unternehmers nach Besonderheit und Dringlichkeit des Falles fordert. Der Handelsvertreter ist gemäß § 90 HGB hinsichtlich von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen zur Verschwiegenheit verpflichtet.

4. Pflichten des Unternehmers

Der Handelsvertreter hat Anspruch auf Provision für die von ihm vermittelten und/oder abgeschlossenen Geschäfte, sobald der Unternehmer das Geschäft ausgeführt hat. Wenn dem Handelsvertreter vertraglich ein bestimmter Bezirk oder Kundenkreis zugewiesen ist, erhält er auch Provisionen, wenn ohne seine Mitwirkung Geschäfte mit diesen Kunden oder in diesem Bezirk abgeschlossen werden. Steht fest, dass der Kunde nicht zahlt, oder kann der Unternehmer das Geschäft aus Gründen nicht ausführen, die er nicht zu vertreten hat, entfällt regelmäßig auch der Provisionsanspruch. Regelmäßig soll der Unternehmer die Provisionsansprüche monatlich, spätestens bis zum nächsten Monatsende abrechnen. Außerdem hat der Handelsvertreter einen Anspruch auf Auskunft über alle Umstände, die für den Provisionsanspruch, seine Fälligkeit und seine Berechnung wichtig sind, und kann einen Buchauszug fordern. Wird die Erteilung des Buchauszuges verweigert oder bestehen Zweifel an seiner Richtigkeit, so kann der Handelsvertreter verlangen, dass entweder ihm oder einem von ihm bestimmten Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen Einsicht in die Geschäftsbücher und sonstige Urkunden gewährt wird, soweit sie zur Überprüfung des Buchauszuges erforderlich ist. Ferner muss der Unternehmer dem Handelsvertreter die erforderlichen Unterlagen, insbesondere Muster, Preislisten oder Werbemittel zur Verfügung stellen.

5. Delkredereprovision

Unter einem Delkredere versteht man die Pflicht des Handelsvertreters, für die Erfüllung der Verbindlichkeit aus einem vermittelten Geschäft dem Unternehmer gegenüber einzustehen
(§ 86 b HGB). Diese Pflicht trifft den Handelsvertreter nicht automatisch in seiner Funktion als Handelsvertreter, sondern diese Pflicht muss vertraglich eindeutig zwischen Handelsvertreter und Unternehmer vereinbart werden und bedarf der Schriftform. Außerdem kann eine solche Einstandspflicht des Handelsvertreters nicht generell für alle Geschäfte vereinbart werden, sondern sie kann nur für ein bestimmtes Geschäft oder für Geschäfte mit bestimmten Kunden, die der Handelsvertreter selbst abschließt oder vermittelt, festgelegt werden. Diese Einschränkungen gelten nur dann nicht, wenn ein Handelsvertreter zum Abschluss und zur Ausführung von Geschäften unbeschränkt bevollmächtigt ist oder wenn das vertretene Unternehmen oder der Kunde seine Niederlassung oder seine Wohnung im Ausland hat.
Für die Übernahme dieser Haftung kann der Handelsvertreter zusätzlich zum Anspruch auf Provision für die Vermittlung oder den Abschluss des Geschäfts eine besondere Vergütung, nämlich die Delkredereprovision, verlangen. Der Anspruch auf Delkredereprovision entsteht mit Abschluss des Geschäfts und darf im Voraus nicht ausgeschlossen werden. Das besondere Risiko, das sich aus der Delkredere-Haftung ergeben kann, liegt darin, dass der Handelsvertreter seinen Provisionsanspruch verliert, wenn der Vertragspartner des Unternehmers nicht zahlt. Außerdem muss er dann auch noch dem Unternehmer gegenüber in vollem Umfang an die Stelle des zahlungsunfähigen oder zahlungsunwilligen Vertragspartners treten und dessen Schuld begleichen.

6. Beendigung des Vertrages

Das Vertragsverhältnis endet durch Zeitablauf, Insolvenz des Unternehmers, Tod des Handelsvertreters, einvernehmliche Aufhebung, durch ordentliche oder fristlose Kündigung. Bei der Vereinbarung eines unbefristeten Vertragsverhältnisses sind für die ordentliche Kündigung folgende Kündigungsfristen zu beachten: im ersten Vertragsjahr ein Monat, im zweiten Jahr zwei Monate, im dritten bis fünften Jahr drei Monate und nach dem fünften Jahr sechs Monate. Die Kündigung muss dann jeweils zum Monatsende erfolgen. Unbefristete Verträge mit Handelsvertretern im Nebenberuf (§ 92 b HGB), die ausdrücklich als solche beauftragt sind, können dagegen mit einer Frist von einem Monat zum Schluss eines Kalendermonats gekündigt werden. Längere Fristen können vertraglich vereinbart werden. Eine fristlose Kündigung ist bei Vorliegen eines wichtigen Grundes jederzeit möglich, § 89 a HGB.

7. Wettbewerbsverbote

Handelsvertreter können grundsätzlich nach Vertragsende zum Unternehmen in Wettbewerb treten. Es kann jedoch für längstens zwei Jahre ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart werden. Dieses Verbot darf sich nur auf den dem Handelsvertreter zugewiesenen Bezirk oder Kundenkreis und nur auf die Gegenstände erstrecken, hinsichtlich derer sich der Handelsvertreter um die Vermittlung oder den Abschluss von Geschäften für den Unternehmer zu bemühen hatte. Der Handelsvertreter hat dann einen Anspruch auf eine angemessene Entschädigung. Hat der Unternehmer aus wichtigem Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters gekündigt, entfällt der Entschädigungsanspruch. Im umgekehrten Fall kann sich der Handelsvertreter binnen eines Monats nach Kündigung von der Wettbewerbsabrede lösen. Abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Handelsvertreters sind nicht möglich.

8. Verjährung

Für die Ansprüche aus dem Handelsvertretervertrag galt nach § 88 HGB bisher eine vierjährige Verjährungsfrist. Diese Regelung ist mit Wirkung ab dem 15.12.2004 entfallen; für ab diesem Zeitpunkt entstehende Ansprüche gelten die allgemeinen Verjährungsvorschriften des BGB. Eine Überleitungsvorschrift sorgt dafür, dass bereits laufende Verjährungsfristen von Ansprüchen, die vor dem 15.12.2004 entstanden sind nicht verkürzt, aber auch nicht verlängert werden.

Besonderheiten und Abweichungen gelten für Versicherungs- und Bausparkassenvertreter, § 92 HGB.
Stand: April 2024