Verkehr

Mautpflicht in Deutschland für Motorfahrzeuge mit tzGm > 3,5 t ab 01.07.2024

Für die Benutzung der Bundesautobahnen und der Bundesstraßen in Deutschland mit bestimmten Fahrzeugen (siehe nachfolgende Ausführungen) ist grundsätzlich eine Gebühr (Maut) zu entrichten.

Neue Mautpflichtgrenze ab 01.07.2024

Das Bundesfernstraßenmautgesetz (BFStrMG) sieht vor, dass ab 1. Juli 2024 auch Fahrzeuge mit einer technisch zulässigen Gesamtmasse (tzGm) von mehr als 3,5 und weniger als 7,5 Tonnen, die für den Güterkraftverkehr bestimmt sind oder dafür verwendet werden, mautpflichtig werden.

Bis einschließlich 30.06.2024 gilt die Mautpflicht grundsätzlich erst beim Einsatz von Kraftfahrzeugen und Fahrzeugkombinationen, deren technisch zulässige Gesamtmasse mindestens 7,5 Tonnen beträgt. Im Fall von Fahrzeugkombinationen besteht eine Pflicht zur Entrichtung der Maut nur, wenn das Motorfahrzeug eine technisch zulässige Gesamtmasse von mehr als 3,5 Tonnen aufweist. Die technisch zulässige Gesamtmasse einer Fahrzeugkombination im Rahmen des Bundesfernstraßenmautgesetzes (BFStrMG) wird aus der Summe der technisch zulässigen Gesamtmasse der Einzelfahrzeuge berechnet.

Gesetzliche Ausnahmen von der Mautpflicht

§ 1 II BFStrMG sieht aktuell neun, ab dem 01.07.2024 zehn Ausnahmefälle von der Mautpflicht vor [zu den Ausnahmen wird auf die ausführlichen Erläuterungen des Bundesamtes für Logistik und Mobilität (BALM) verwiesen].
Ab dem 01.07.2024 wird mit § 1 II S. 1 Nr. 10 BFStrMG – unter den dort genannten Voraussetzungen – eine weitere Ausnahme für Handwerker eingeführt (siehe nachfolgenden gesonderten Punkt)

Ab dem 01.07.2024 geltende Ausnahme von der Mautpflichtpflicht für Handwerker

In der ab 01.07.2024 geltenden Fassung des BFStrMG ergibt sich aus den Rechtsvorschriften zur sog. Handwerker-Ausnahme (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 10 BFStrMG) und dem generellen Anwendungsbereich des BFStrMG und der Definition des Fahrzeugbegriffs (§ 1 Abs. 1 Satz 2 BFStrMautG) künftig folgender Regelungszusammenhang (siehe Art. 2 Nr. 1 lit. b) bb) des Dritten Gesetzes zur Änderung mautrechtlicher Vorschriften vom 21.11.2023, BGBl. I Nr. 315):
Für Kraftfahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen, die

1. für den Güterkraftverkehr bestimmt sind oder verwendet werden und

2. deren zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen und deren technisch zulässige Gesamtmasse (tzGm) weniger als 7,5 Tonnen beträgt [Anm.: die „Technisch zul. Gesamtmasse in kg“ ergibt sich aus Feld F.1 der Zulassungsbescheinigung Teil I]

ist die Maut ab 01.07.2024 nicht zu entrichten, wenn diese

- zur Beförderung von Material, Ausrüstungen oder Maschinen, die der Fahrer ...

- … zur Ausübung seines Handwerks oder seines mit dem Handwerk vergleichbaren Berufs benötigt,
oder
- … zur Auslieferung von handwerklich hergestellten Gütern, wenn die Beförderung nicht gewerblich erfolgt,

benutzt werden.
Um die Regelungen zur Kohlenstoffdioxid-Differenzierung für schwere Nutzfahrzeuge anwenden zu können, wird im Falle von Fahrzeugkombinationen allein die technisch zulässige Gesamtmasse des Motorfahrzeugs, also des Fahrzeugs, das mit einem Motor ausgestattet ist und den Anhänger zieht, für die Bestimmung der Mautpflicht als solche ausschlaggebend sein (Begr. Zu Art. 2 Nr. 1 lit. a, BR-Drucks. 270/23, S. 51).

Auf wen ist die Handwerker-Ausnahmeregelung anwendbar?

Der Gesetzgeber selbst hat in der Begründung zur Einführung der neuen Maut-Ausnahmeregelung aufgeführt, dass folgende Voraussetzungen vorliegen müssten, um sich auf die Ausnahme nach § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 10 Bundesfernstraßenmautgesetzes (BFStrMG) berufen zu können (vgl. BR-Drucks. 270/23, S. 52 sowie BT-Drucks. 20/8092, S. 51):
„Der Fahrer muss einen handwerklichen Beruf im Sinne der Anlage A zu § 1 Absatz 2 und Anlage B zu § 18 Absatz 2 der Handwerksordnung oder einen mit dem Handwerk im Sinne der Handwerksordnung vergleichbaren Beruf ausüben. Er muss zudem grundsätzlich über den Transport hinausgehend mit der Be- oder Verarbeitung oder der Verwendung der beförderten Gegenstände befasst sein. Die Ausnahme findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Fahrer um einen Berufskraftfahrer in Berufsausübung handelt.

Bei den handwerklich hergestellten Gütern darf sich die Herstellung nicht durch einen hohen Einsatz von Maschinen oder standardisierte Produktionsabläufe kennzeichnen. Im Gegensatz zur serienmäßigen Massenfertigung zeichnet sich die handwerkliche Herstellung zudem allgemein durch begrenzte Stückzahlen und – gegenüber einer industriellen Fertigung – häufigeren Produktabweichungen aus. Zur weiteren Abgrenzung zwischen handwerklicher Herstellung und industrieller Herstellung wird insbesondere auf den “Leitfaden Abgrenzung Handwerk, Industrie, Handel, Dienstleistungen“ des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) und des Deutschen Handwerkkammertags (DHKT) verwiesen.

Handelt es sich um eine Auslieferungsfahrt, darf die Beförderung nicht gewerblich erfolgen, das heißt, es darf sich nicht um einen gewerbsmäßigen Transport durch ein Verkehrsunternehmen handeln und der Transport darf nicht für Dritte gegen Entgelt erfolgen.“ [Anm. IHK: Letzteres wäre dann “gewerblicher (i.d.R. erlaubnis-/lizenzpflichtiger) Güterkraftverkehr im Sinne des Güterkraftverkehrsgesetzes (GüKG)].
Welche Betriebe nach Rechtsauslegung des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) unter die Ausnahmeregelung fallen, ist aus einer schriftlichen Antwort des Parlamentarischen Staatsekretärs Oliver Luksic vom 16.04.2024 auf eine Anfrage des Abgeordneten Henning Rehbaum (CDU/CSU) ersichtlich (siehe: BT-Drucks. 20/11102, S. 73; Hervorhebung in Fettdruck durch den Verfasser) :
„Die Handwerksordnung (HwO) legt in den Anlagen A und B fest, welche Gewerbe als Handwerke oder als handwerksähnliche Gewerbe betrieben werden können. Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) veröffentlicht jährlich im Amtlichen Teil des Bundesanzeigers ein „Verzeichnis der anerkannten Ausbildungsberufe“ und ordnet diese Ausbildungsberufe bestimmten Kategorien zu; eine Kategorie davon ist das Handwerk. Diese beiden offiziellen Dokumente legt das Bundesministerium für Digitales und Verkehr der Entscheidung über die Mautbefreiung zugrunde.“
Das Bundesamt für Logistik und Mobilität (BALM) hat auf seiner Homepage eine

„Liste aller handwerklicher Tätigkeiten im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 10 BFStrMG) (Stand: Mai 2024)“,

veröffentlicht, die nach Auffassung des BALM die Voraussetzungen für die Handwerkerausnahme erfüllen.
Das BALM betont auf seiner Homepage sowie in dem Dokument dabei, dass die Aufzählung – nach seiner Auffassung – “... abschließend (sei) und dem Rechtsanwender als Hilfestellung bei der Auslegung der Ausnahmevorschrift nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 10 BFStrMG ..“ diene (siehe Homepage des BALM, Hervorhebung in Fett durch Verfasser).

Kritik an der (restriktiven) Auslegung der Ausnahmeregelung

Kritisiert wird, ob die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs “mit dem Handwerk vergleichbaren Berufs” juristisch korrekt – sprich zu restriktiv – ausgelegt wird. Diverse Anfragen Betroffener an die Politik auf Bundes- und Landesebene belegen, dass es Betriebe geben kann, die nach derzeitiger Auslegung die Mautbefreiungsregelung nicht in Anspruch nehmen könnten, obwohl diese – nach eigener Auffassung – einen “mit dem Handwerk vergleichbaren Beruf” ausüben [siehe z. B. für den Bereich Garten- und Landschaftsbau: BT-Drucks. 20/10791, S. 63-64, BT-Drucks. 20/11102, S. 73, sowie aktuell den Antrag der Fraktion der FDP “Keine Mautpflicht für Garten- und Landschaftsgärtner” Landtag NRW, siehe: LT-Drucksache NRW 18/9469].

Der LT-Drucks. NRW ist zu entnehmen, dass der Bundesverband des Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e.V. eine rechtsgutachterliche Stellungnahme in Auftrag gegeben haben soll, die sich mit der Frage der Vergleichbarkeit der Tätigkeit der Landschaftsgärtner mit dem Handwerk im Sinne von § 1 Absatz 2 Satz 1 Nr. 10 BFStrMG befasst [Prof. Dr. Matthias Knauff, LL.M.: Die Anwendbarkeit der Handwerksausnahme des BFStrMG auf den Garten- und Landschaftsbau, Rechtsgutachterliche Stellungnahme, Mai 2024].
Die IHK-Organisation hat sich ebenfalls über die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) mit dem BMDV in Verbindung gesetzt. Eine Rückmeldung liegt derzeit (Stand: 12.06.2024) noch nicht vor.

Wie kann eine weitere Vorgehensweise aussehen?

Der Termin 01.07.2024 rückt näher!
  • Sofern die die Handwerker-Ausnahmeregelung anwendbar ist:
→ Handwerksfahrzeuge beim Mautbetreiber Toll Collect melden [Meldeportal Toll Collect]. Die Meldung allein führt noch nicht dazu, dass man “mautbefreit” ist. Beachten Sie: Das Bundesfernstraßenmautgesetz sieht bei der Handwerkerausnahme keine generelle, sondern eine fahrtbezogene Mautbefreiung vor. Fahrten, die die Voraussetzungen dafür nicht erfüllen, sind mautpflichtig.
  • Im Falle der Mautpflicht:
→ Unternehmen können für die Buchung und Bezahlung dieser Fahrten die Toll Collect-App oder die Toll Collect-Website nutzen oder das Fahrzeug mit einem Fahrzeuggerät [der sog. On-Board-Unit (OBU)] von Toll Collect oder von einem EETS-Anbieter ausstatten.
Der Mautbetreiber Toll Collect gibt auf seiner Homepage einen Überblick zur OBU sowie zu den Servicepartnern, die diese einbauen. Weitere Infos finden Sie hier.

Ansprechpartner

Toll Collect (Service-Hotline des Mautbetreibers)

Anrufe aus Deutschland:
Tel. 0800 222 26 28 *
Anrufe aus dem Ausland:
Tel. 00800 0 222 26 28 *
*kostenfrei, Mobilfunkpreise können abweichen

Bundesamt für Logistik und Mobilität (BALM) (Kontrollbehörde)

Tel. 0221 5776-0