Stassfurt

Grüner Wasserstoff aus Windkraft

Grüner Wasserstoff aus Windkraft: In Staßfurt, quasi im  Herzen Sachsen-Anhalts, wird ein wegweisendes Projekt umgesetzt, das die regionale Energiewende dort maßgeblich vorantreiben wird. Entstehen wird im »Eck der städtischen Ortschaften« zwischen Brumby, Hohenerxleben und Förderstedt ein Energiepark, der regionale und nachhaltige Kreisläufe schafft, Versorgungslücken schließt und dessen zentrales Element die Produktion von grünem Wasserstoff aus Windstrom ist. Baustart für die »Energieregion Staßfurt — H₂-Region Salzlandkreis« ist Mitte dieses Jahres. Mit dem Windpark geht’s los.
Der Fokus dieses innovativen Vorhabens liegt auf der Produktion von grünem Wasserstoff aus Windstrom, der dann im lokalen und überregionalen Verkehrssektoreingesetzt werden soll.
»Dieses sogenannte »Grünes Wasserstoff Leuchtturmprojekt mit Sektorkopplung« ist ein hervorragendes Projekt, welches in einzigartiger Art und Weise einen bedeutenden Schritt in Richtung regionaler Energiewende darstellt. Wir schaffen lokalen Mehrwert«, betont Eugen  Keller, Geschäftsführer der Stadtwerke Staßfurt.
Der Baubeginn des Projekts ist für Mitte 2024 geplant und markiert gleichzeitig den Auftakt zur Realisierung einer umfassenden regionalen Energiewende. Die zentralen Elemente umfassen sechs Windanlagen des Typs VESTAS V-162 mit einer beeindruckenden Gesamthöhe von 250 Metern und einer Gesamtleistung von 36 MW. Die Windräder werden in Nachbarschaft eines bereits bestehenden Windparks an der B71, nahe der A14, gebaut. Der erwartete Ertrag wird auf 85.000 MWh pro Jahr geschätzt. Zusätzlich wird in erster Ausbaustufe eine Elektrolyseurleistung von 1 bis 1,5 MW installiert, um die Produktion von grünem Wasserstoff zu gewährleisten. Der soll dann über eine H₂-Leitung mit einer Länge von etwa 10 km transportiert werden. Ziel ist eine H₂-Tankstelle mit Druckstufen von 350 und 700 bar sowie eine Trailerabfüllstation. »Die Tankstelle wird in Brumby gebaut und schließt, auch vor dem Hintergrund der Ansiedelungen von Intel und Daimler-Trucks, eine Versorgungslücke zwischen Magdeburg und Leipzig. Potenzielle Abnehmer für den grünen Wasserstoff sind Unternehmen im Logistik- und kommunalen Verkehrsbereich. Deshalb arbeiten wir eng mit der kreiseigenen Verkehrsgesellschaft und der Gesellschaft der Abfallwirtschaft zusammen. Ein weiterer Einsatz im Erdgasnetz und im entstehenden Wasserstoff-Kernnetz ist möglich«, so Keller.

Regionale Partner agieren gemeinsam

Umgesetzt, finanziert und letztendlich realisiert werden solle das Ganze von der regionalen und überregionalen Wirtschaft, so Keller. Seit den Ideen zu diesem Vorhaben, die erstmals 2018 diskutiert wurden, hat sich ein festes Projektkonsortium mit Partnern auf Augenhöhe herausgebildet. So könne man auf die MVV AG, die eine Biomethananlage in Staßfurt betreibt, ebenso zählen, wie auf die Energie Mittelsachsen GmbH. Neben den beiden Schwergewichten aus der Energiewirtschaft konnten unter dem Dach der zukünftigen »Energieregion Staßfurt - H₂ Region Salzlandkreis« ebenso die Stadt Staßfurt und der Salzlandkreis als Schirmherren vereint werden. Als weitere Projektpartner konnten aus der kommunalen Mobilitätsbranche die Kreisverkehrsgesellschaft (KVG) und der Kreiswirtschaftsbetrieb Salzlandkreis (KWB) gewonnen werden.

Kosten, Förderung und Bürokratie

Auf rund 50 Millionen Euro beziffert Keller allein den Bau des Windparks, der sich ja allein trägt und daher keiner Förderung bedarf. Die Elektrolyse und der Bau der benötigten Leitungen solle mit Fördermitteln erschlossen werden, um den Kunden auch einen marktfähigen Wasserstoffpreis anbieten zu können. Für den  Eletrolyseur würden drei bis vier Millionen Euro eingeplant. Eine alte, bestehende Gasleitung soll umgewidmet werden, der Bau der Tankstelle sowie einiger neuer Leitungen komme zu den Kosten, die einen höheren Millionenbetrag darstellen.
Ein wesentlicher Punkt in der Entwicklung stellt für Keller die Forcierung und Umsetzung solcher Vorhaben in der Politik dar. »Genehmigungen müssen künftig deutlich beschleunigt und, alle damit verbundenen Prozesse müssen stärker digitalisiert werden. Viel zu viel muss noch an Papier eingereicht werden. Schwer beschäftigt hat uns zudem in der Anfangsphase unseres Projektes noch, dass es nicht wirklich eine Förderlandschaft für diese Größenordnungen von innovativen Wasserstoffprojekten gegeben hat. Wir standen mit unserer Größe zu diesem Zeitpunkt einfach nicht so im Fokus.«
Autor: Frank Drechsler aus "Der Markt in Mitteldeutschland", Januar/Februar 2024