Sachverstand: angewandt

Interviewreihe

In dieser Interviewreihe kommen öffentlich bestellt und vereidigte Sachverständige über ihren Karriereweg und ihren Alltag zu Wort. Tauchen Sie ein in die Welt der Expertise und lassen Sie sich von den Einblicken und Erfahrungen unserer Gäste inspirieren.

Interview mit dem öffentlich bestellt und vereidigten Sachverständigen Dr. Sven Schmigalla:

Sie sind Sachverständiger im Bereich von Korrosion metallischer Werkstoffe seit 2022.
Warum ist Ihnen das wichtig?

Weil sich dadurch für mich tatsächlich neue Möglichkeiten in der Arbeit ergeben haben und ich meine über viele Jahre der Berufspraxis angesammelten Erfahrungen im Bestellungsgebiet “Korrosion metallischer Werkstoffe” letztendlich auch der Rechtsfindung zugutekommen lassen kann. Das dieser Einsatz wichtig ist, zeigt sich in vielen täglichen Streitfällen, wo oftmals kleine Details den Ausschlag geben und jeder Prozessbeteiligte darauf vertrauen möchte, dass der Sachverständige seine Arbeit mit größter Sorgfalt und Sachkunde ausführt.

Wie hat sich Ihr Arbeitsalltag verändert, seit Sie öffentlich bestellter Sachverständiger sind?

Neben der fachlichen Expertise sammelt man auch viele Erfahrungen im Umgang mit rechtlichen Fragestellungen und Prozeduren. Verfahrensablauf bei der Sachverständigentätigkeit vor Gericht unterscheiden sich auch formal-administrativ erheblich gegenüber dem Ablauf bei privatwirtschaftlichen Kunden.
 

Welche Fähigkeit ist besonders wichtig, um erfolgreich als Sachverständiger tätig zu werden?

Das sorgfältige Arbeiten ist sehr wichtig. Das bedeutet auch, dass man sich bei all dem Zeitdruck den der Arbeitsalltag oftmals mit sich bringt, sich die Zeit nimmt, Gerichtsakten intensiv zu studieren um bereits vor Aufnahme der eigenen Arbeiten wie der Beweissicherung im Rahmen der Dokumentation und Probennahme bei einem Vor-Ort-Termin sowie der sich anschließenden Laboruntersuchungen einen umfassenden Überblick über den Streitgegenstand zu besitzen. In der Praxis ist das zur Verfügung stehende Probematerial für die Bewertung oftmals auch sehr begrenzt, so dass man keinen zweiten Versuch hat.
 

Ihre Tätigkeit ist für unsere Wirtschaft wichtig – das erleben Sie täglich. Können Sie einen interessanten Fall schildern?

Ja, das war ein Fall, wo es um die Ursache von Leckageschäden an Messingfittingen in der Trinkwasserinstallation ging. Dazu lagen Parteiengutachten vor, die übereinstimmend eine sog. Entzinkung , d.h. eine selektive Korrosion an den Messingfittingen, als Leckageursache feststellten. Streitgegenständlich war daher eher nur die Ursache der vorgefundenen Entzinkung (wasser- oder werkstoffseitig). Zwar wiesen alle zur Untersuchung stehende Bauteile teils auch schon weit fortgeschrittene Entzinkungserscheinungen auf, jedoch ließ sich bei keinem der Bauteile ein Zusammenhang zwischen der aufgetretenen Entzinkung und einer Leckage herstellen. Letztendlich lag nur ein leckageursächlicher Fitting vor, der ein gänzlich anderes Schadensbild, nämlich eine durch Fremdstromkorrosion verursachte Unterwanderung einer Dichtfläche, zeigte.
 

Weshalb raten Sie jungen Experten ebenfalls den Weg der öffentlichen Bestellung zu gehen?

Da gibt es sehr unterschiedliche Aspekte. Da ist zum einen, dass man durch die öffentliche Bestellung sich ja auch selbst sowohl fachlich als auch menschlich weiterentwickelt und Einblicke in viele Dinge bekommt, die Einem ohne die öffentliche Bestellung verborgen bleiben. Es erfüllt Einen auch mit Stolz, dass man selbst auch entsprechende Verantwortung trägt und dieser auch durch seine fachlichen Kompetenzen gerecht werden muss. Nicht zu vergessen ist aber auch der gesellschaftliche Aspekt, da jeder, der in einem Rechtsstreit steht, im Sinne der gerechten Urteilsfindung auf einen kompetenten Sachverständigen angewiesen.