SACHVERSTAND: ANGEWANDT

Interview Sabine Bosselmann

In dieser Interviewreihe kommen öffentlich bestellt und vereidigte Sachverständige über ihren Karriereweg und ihren Alltag zu Wort. Tauchen Sie ein in die Welt der Expertise und lassen Sie sich von den Einblicken und Erfahrungen unserer Gäste inspirieren.
Interview mit der öffentlich bestellt und vereidigten Sachverständigen Sabine Bosselmann:
Sie sind öffentlich bestellt und vereidigte Sachverständige im Bereich der Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken seit 2003. Die Bestellung und Vereidigung war Ihnen wichtig, weil…?
es zu dieser Zeit gab es, im Vergleich zu heute, relativ viele Sachverständige auf dem örtlichen Grundstücksmarkt. Als öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige öffnete sich mir ein größerer Kreis der Auftraggeber. Ich hatte auf einmal wesentlich mehr Aufträge als vorher. Ich wurde 2003 als Sachverständige öffentlich bestellt und vereidigt.
Wie hat sich Ihr Arbeitsalltag verändert, seit Sie öffentlich bestellte Sachverständige sind?
Durch die Listung auf der Seite der IHK als öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige habe ich deutlich mehr Aufträge von Gerichten und auch von privaten Auftraggebern erhalten. Das Auftragsvolumen war allein nicht mehr zu bewältigen, sodass ich eine Mitarbeiterin für vorbereitende Arbeiten und das Backoffice einstellen musste. Dazu kamen neue und interessante Aufgabenstellungen abseits der normalen Grundstückswertermittlungen, wie zum Beispiel Gutachten über ortsübliche Vergleichsmiete in Gerichtsverfahren und Wertermittlungen komplexer Rechtsstrukturen.
Welche Fähigkeit ist besonders wichtig, um erfolgreich als Sachverständige tätig zu werden?
Als selbständige Sachverständige ist man in der Regel ein Alleinkämpfer. Zum einen ist Selbstdisziplin eine der wichtigsten Eigenschaften um erfolgreich zu arbeiten. Zum anderen muss die Sachverständige, wie auch jeder andere Selbständige, neben ihrer fachlichen Kompetenz die Fähigkeit haben ein Unternehmen zu führen.
Das Auftreten der Sachverständigen muss, insbesondere bei Gericht und während der Ortstermine, sehr souverän und objektiv sein. Sie darf sich von den beteiligten Parteien nicht beeinflussen lassen.
Ihre Tätigkeit ist für unsere Wirtschaft wichtig – das erleben Sie täglich. Können Sie einen interessanten Fall schildern?
Aktuell habe ich sehr viele Bewertungsaufträge, durch die gegenüber dem Finanzamt der geringere gemeine Wert (=Verkehrswert oder auch Marktwert) nachgewiesen werden soll
Beispielsweise gibt es viele Unternehmer oder Immobilienbesitzer, die ihre Betriebsstätten oder Kapitalanlagen auf die nächste Generation übertragen wollen. Um dabei nicht vollends die Kontrolle über, die Erträge der oder den Nutzen der Immobilie zu verlieren, werden häufig Dienstbarkeiten wie zum Beispiel Nießbrauch- oder Wohnungsrechte bestellt. An dieser Stelle kann ich durch meine Fachkompetenz hilfreich mit der Wertfindung der Immobilie bzw. der Ermittlung des Werteinflusses dieser Rechte zur Seite stehen.
Weshalb raten Sie jungen Experten ebenfalls den Weg der öffentlichen Bestellung zu gehen?
Durch den Nachweis der persönlichen Eignung und besonderen Sachkunde im Rahmen der öffentlichen Bestellung und Vereidigung öffnen sich für junge Kollegen und Kolleginnen sehr interessante und letztlich auch lukrative Betätigungsfelder. Diese bleiben Sachverständigen vielfach verschlossen, die nicht öffentlich bestellt und vereidigt sind. Ich bin inzwischen seit über 20 Jahren öffentlich bestellt und vereidigt und habe es bis heute nicht bereut, diesen Weg gegangen zu sein.