Altmark als Rohstoff-Region
Was ist in Sachen Lithium-Förderung konkret geplant?
Ein Thema bewegt derzeit die Menschen in der Altmark wie kein anderes. Die geplante Förderung von Lithium löst bei Bürgern, Politikern und Unternehmern unterschiedliche Emotionen aus. Ängste und Hoffnungen sind gleichermaßen damit verbunden.
Die Gegner führen vor allem das Umweltschutz-Argument ins Feld. Die Befürworter sehen darin nicht nur einen wichtigen Beitrag, um für ganz Deutschland und Europa den Bedarf an diesem wichtigen Rohstoff zu decken. Für die Altmark sei es eine Chance auf dem Weg zur grünen Energieregion. „Ohne Rohstoffgewinnung keine Energiewende“, sind sich IHK-Vizepräsident Stefan Korneck und Hauptgeschäftsführer André Rummel einig.
Die betreffende Firma ist keine Unbekannte in der Region. Neptune Energy hat eine lange Tradition in der Erdöl- und Erdgasförderung. Im Jahr 1994 wurden die Betriebsteile der ehemaligen Erdöl-Erdgas-Gommern und damit auch deren altmärkische Fördereinrichtungen übernommen. In Salzwedel sind heute 60 Beschäftigte für das international agierende Unternehmen mit Sitz in Hannover tätig, das sich mit der Lithium-Förderung einen neuen Geschäftszweig erschließen will.
Was ist konkret geplant? Neben der Lithium-Gewinnung geht es um die Nutzung von Themalwasser. Neptune Energy habe das alleinige Aneignungsrecht für diese beiden Bodenschätze erhalten, teilt Pressesprecher Stefan Brieske mit. Die bisher erteilte Genehmigung beziehe sich auf ein Gebiet, das zu großen Teilen deckungsgleich mit dem bereits erschlossenen Erdgasfeld Altmark ist. Noch im Jahr 2024 soll die nächste Projektphase starten und erste Pilotanlagen für die Lithiumgewinnung aus dem altmärkischen Thermalwasser errichtet werden. Die behördliche Genehmigung dafür stehe noch aus.
Ein negatives Image haftet dem Thema angesichts der Bilder aus Südamerika an, wo durch den offenen Lithium-Abbau die Natur erblich in Mitleidenschaft gezogen wird. Das weckt hierzulande Ängste und Widerstand. Anders als beim offenen Tagebau in Minen oder bei der Gewinnung mittels oberflächlicher Solebecken, bleibe der Eingriff in die Natur beim Vorhaben in der Altmark vergleichsweise gering, verspricht Brieske. Für die Förderung würden lediglich Tiefbohrungen und Leitungen benötigt. Diese Infrastruktur sei in der Altmark seit über 50 Jahren aus der Erdgasförderung bekannt.
In der zweiten Phase (2026/27) ist der Bau einer Pilotanlage zur Prüfung einer künftigen betrieblichen Nutzung vorgesehen. Mitte der 2030er Jahre könnte dann die kommerzielle Produktion von Lithium aus Lagerstättenwasser und die Weitergabe zur Verarbeitung starten. Ab wann sich eine kommerzielle Förderung lohne, lasse sich pauschal nicht sagen. Verschiedene Faktoren wie Weltmarktpreise, Fördervolumen und eigene Betriebskosten spielten dafür eine wichtige Rolle. Die Verbindung aus Lithium- und Wärmegewinnung sei aufgrund der bestehenden
Synergieeffekte die bevorzugte Lösung. Jedes Vorhaben könne aber theoretisch auch unabhängig voneinander umgesetzt werden, so der Pressesprecher.
Neptune Energy habe von der Landesbergbehörde eine Produktionsbewilligung für die Dauer von 30 Jahren erhalten. „Unsere Experten gehen aktuell von einem Förderpotenzial von ca. 25.000 Jahrestonnen in der vollen Ausbaustufe aus“, sagt Brieske. Das Bergbauunternehmen sei gesetzlich verpflichtet, nach Beendigung der Förderung die Feldesräumung vorzunehmen. Nicht mehr genutzte Infrastruktur wie Bohrungen, Leitungen oder Betriebsplätze müssten dann vollständig zurückgebaut werden.
Wichtig für die Akzeptanz ist eine rechtzeitige und umfassende Aufklärung der Bevölkerung über die Pläne. Ende Juni veranstaltete das Landesamt für Geologie und Bergwesen Sachsen-Anhalt eine Informationsveranstaltung „Lithium in der Altmark“. Rund 150 interessierte Bürgerinnen und Bürger, darunter auch Landtagsabgeordnete sowie Wirtschaftsminister Sven Schulze und Staatssekretär Gert Zender (beide CDU) nahmen an der dreistündigen Veranstaltung im Kulturhaus Salzwedel teil. Eine Stellungnahme zum Thema war von den beiden Politikern nicht zu bekommen.
Vertreter anderer Parteien sehen das Engagement von Neptune Energy kritisch. Sie fordern, dass das Unternehmen zunächst, wie vom Landtag beschlossen, die Giftschlammgrube Brüchau vollständig beseitigt, bevor es grünes Licht für das Lithium-Projekt erhält. „Es hat für uns oberste Priorität, eine sichere und langfristige Lösung für dieses Problem zu finden. Derzeit entwickeln wir Lösungsvorschläge, um genau das zu erreichen. Eine Verknüpfung dieser Sanierungsfrage einer DDR-Altlast mit der Erlaubnis zur Lithiumförderung ist aus unserer Sicht nicht zulässig“, sagt Brieske. „Ich kann die Emotionen bei diesem Thema verstehen. Aber die beiden Themen muss man getrennt voneinander betrachten“, meint auch der IHK-Chef Rummel.
Autor: Christian Wohlt