Gastronomie
Lebensmittelhygiene
Lebensmittelhygiene-Verordnung und HACCP-Konzept
Die Lebensmittelhygiene-Verordnung (LMHV) gilt für alle Unternehmen, die im Anschluß an die Urproduktion gewerbsmäßig Lebensmittel herstellen, behandeln und in den Verkehr bringen. Also richtet sie sich an Unternehmen der Lebensmittelindustrie, an Lagerei- und Speditionsunternehmen, den Groß- und Einzelhandel, den ambulanten Handel, an die Gastronomie und an Betriebe für Gemeinschaftsverpflegung.
Gemäß dem Hygienegebot der LMHV dürfen Lebensmittel nur so hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht werden, dass sie bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt der Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung nicht ausgesetzt sind. Nachteilige Beeinflussung meint eine ekelerregende oder sonstige Beeinträchtigung der einwandfreien hygienischen Beschaffenheit von Lebensmitteln, z.B. durch Verunreinigungen, tierische Schädlinge, Abfälle, ungeeignete Behandlungs- und Zubereitungsverfahren u.ä.. Zur Abwehr dieser Gefahren sieht die LMHV eine systematische und systematisierte Eigenkontrolle sowie regelmäßige Personalschulungen vor.
Was ist dafür erforderlich?
Erforderlich ist die Installierung eines auf Risikoanalyse und -bewertung basierenden Sicherheitssystems. Dieses Kontrollsystem muss die LMHV-Vorgaben berücksichtigen für
- die Betriebsstätte (Sauberkeit, Temperatur, Sanitäreinrichtungen, Beleuchtung),
- die Räume (Reinigung von Fußböden, Wandflächen, Decken, Fenstern, Oberflächen),
- die Anlagen und Geräte (Sauberkeit, Installation, Instandhaltung),
- den Umgang mit Lebensmitteln (Warenannahme, -überprüfung, -lagerung, -beförderung),
- das Personal (Schutzkleidung, Verhalten, Schulungen).
Ferner haben Sie dafür zu sorgen, dass Ihr Personal entsprechend seiner Tätigkeiten und unter Berücksichtigung seiner Ausbildung in Fragen der Lebenmittelhygiene unterrichtet oder geschult wird. Es ist zu empfehlen, jeden Mitarbeiter zu Beginn des Arbeitsverhältnisses und danach regelmäßig (z.B. einmal pro Jahr) zu schulen (siehe Pflichtschulungen).
Wie wird dies umgesetzt?
Der Gesetzgeber hat die Art und Weise der Umsetzung der Vorschriften geregelt: Gefordert wird ein Sicherheitssystem nach den Grundsätzen des HACCP-Konzeptes. Hazard (Gefährdung) Analysis (Analyse) Critical (Kritisch) Control (Lenkung) Point (Punkt) meint die Installation eines Eigenkontrollsystems durch die Betriebe, das die Lebensmittelsicherheit gewährleistet und der Abwehr gesundheitlicher Gefahren dient.
Das HACCP-System besteht aus fünf Schritten:
- Analyse der möglichen Gefahren (Welche potentiellen Risiken können in meinem Betrieb auftreten?)
Dadurch sollen die riskanten Stellen im Betriebsablauf aufgedeckt werden. Risiken im Sinne des HACCP-Konzepts sind alle Umstände, durch die ein Produkt so negativ beeinflusst werden kann, dass eine unmittelbare Gefahr für die Gesundheit des Verbrauchers besteht (Beispiel: Mikroorganismen, Verunreinigungen, Nichteinhaltung von Temperaturvorgaben, tierische Schädlinge, Rückstände von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln und andere). - Identifizierung der kritischen Punkte (Wie sehen meine für die Lebensmittelhygiene relevanten Betriebsprozesse aus?)
Gemeint sind hier alle Stellen im Herstellungs- oder Verarbeitungsprozess, die eine Gefährdung der Lebensmittelhygiene bedingen können. - Auswahl und Festlegung der für die Lebensmittelsicherheit kritischen Punkte (Critical Control Point)
Kritische Punkte sind die Stellen im Betriebsablauf, an denen ein Verlust der Kontrolle zu einem unakzeptablen Gesundheitsrisiko führen kann, an denen dieses Gefährdungspotential jedoch gleichzeitig durch zuverlässige Prüf- und Überwachungsmaßnahmen beherrschbar und vermeidbar ist. - Festlegung und Einhaltung der geeigneten Lenkungsbedingungen
Es müssen geeignete Überwachungs-, Eingriffs- und Überprüfungsmaßnahmen installiert und durchgeführt werden, durch die die festgestellten kritischen Punkte beherrscht und beseitigt werden können. - Regelmäßige Überprüfung
Die Gefährdungsanalyse, die kritischen Kontrollpunkte sowie die festgelegten Prüf- und Überwachungsverfahren sind in regelmäßigen Abständen und bei jeder Änderung im Betriebsablauf zu überprüfen (Wie wird überwacht, wer überwacht, in welchen Abständen wird überwacht?)
Grundsätzlich besteht keine Dokumentationspflicht der einzelnen Maßnahmen. Es ist jedoch dringend anzuraten, Prüfpläne, Prüfanweisungen, Prüfprotokolle, Analyseberichte und Arbeitsanweisungen in schriftlicher Form zu verfassen und zu sammeln, da Sie der überwachenden Behörde gegenüber darlegungspflichtig sind. Das gilt genauso für die erforderlichen Schulungsmaßnahmen Ihres Personals, die Sie entweder selber oder mit Hilfe externer Berater durchführen können.
Wer hilft weiter?
Die LMHV ist bewusst allgemein und an vielen Stellen unbestimmt gehalten, um dem einzelnen Betrieb den nötigen Spielraum zu belassen, die Vorgaben an die individuellen Gegebenheiten anzupassen. Deswegen gibt es auch keine allgemeingültigen, alle Betriebsarten umfassenden Checklisten. Die in Ratgebern und Leitfäden zum Thema HACCP veröffentlichten Dokumentationen und Checklisten sollten als Praxisbeispiele verstanden werden, die Hinweise und Anregungen für die Umsetzung im eigenen Betrieb geben. Demzufolge ist es ab einer gewissen Betriebsgröße notwendig und sinnvoll, auf die Unterstützung externer Berater zurückzugreifen. Auch die Zusammenarbeit von Unternehmen mit ähnlicher Betriebsgröße und ähnlich strukturierten Prozessen ist etwa durch Erstellen gemeinsamer Handbücher eine (kosten-) günstige Lösungsmöglichkeit bei Fragen der Umsetzung der LMHV-Vorgaben.
Pflichtschulungen für Unternehmer und Mitarbeiter
Alle Mitarbeiter, die in Berührung mit Lebensmitteln kommen, dazu zählen unter anderem Küchen-, Reinigungs- und Servicepersonal, müssen in regelmäßigen Abständen in den Themen Lebensmittelhygiene und Infektionsschutz geschult werden. Für die Durchführung der Schulungen ist der Arbeitgeber verantwortlich. Beide sind Pflicht. Es wird zwischen zwei Schulungen unterschieden:
Lebensmittelhygieneschulung nach EU Verordnung (EG) Nr. 852/2004
- Gesetzliche Grundlage: Grundlage ist die sogenannte "Basis-Hygieneverordnung" , EU-Verordnung (EG) Nr. 852/ 2004. Die Regelungen zur Schulung finden Sie in Anhang II Kapitel XII Nr. 1. Die Umsetzung der EU-Verordnung in Deutschland regelt die Lebensmittelhygiene-Verordnung (LMHV). Hier ist in § 4 LMHV zwingend vorgeschrieben, dass alle Personen, die leicht verderbliche Lebensmittel herstellen, behandeln oder in den Verkehr bringen eine Lebensmittelhygiene-Schulung nach den Vorgaben der EU-Verordnung absolvieren müssen.
- Inhalt der Lebensmittelhygiene-Schulung: Im Gesetzestext werden keine konkreten Anforderungen an die Hygieneschulung genannt. Grundsätzlich muss sich aber die Schulung auf alle Hygienebereiche beziehen, die für den Betrieb relevant sind, wie Lebensmittel-, Personal- und Gerätehygiene.
- Wer?: Schulungen sind für alle Personen vorgeschrieben, die leicht verderbliche Lebensmittel herstellen, behandeln oder in den Verkehr bringen. Nach § 2 LMHV ist ein leicht verderbliches Lebensmittel ein Lebensmittel, das in mikrobiologischer Hinsicht in kurzer Zeit leicht verderblich ist, und dessen Verkehrsfähigkeit nur bei Einhaltung bestimmter Temperaturen oder sonstiger Bedingungen erhalten werden kann. Die Schulung muss vom Unternehmer und Arbeitnehmer (auch Saison- oder Aushilfskräfte) vor Arbeitsantritt absolviert werden. Ausgenommen sind Personen mit einer entsprechenden Fachausbildung, in der Kenntnisse und Fertigkeiten auf dem Gebiet des Verkehrs mit Lebensmitteln einschließlich der Lebensmittelhygiene vermittelt werden. Bei diesen Personen wird vermutet, dass sie über die erforderlichen Fachkenntnisse verfügen. Soweit Personen ausschließlich verpackte Lebensmittel wiegen, messen, stempeln, bedrucken oder in den Verkehr bringen, müssen sie nicht in Fragen der Lebensmittelhygiene geschult werden.
- Wiederholung der Schulung: Die Schulung sollte regelmäßig angeboten werden. Auch der Unternehmer muss sich regelmäßig informieren und die entsprechenden Kenntnisse auffrischen.
- Dokumentation: Der Unternehmer muss die Durchführung der Schulung und die Teilnahme der Angestellten in seinen Unterlagen dokumentieren. Die Dokumente sind im Betrieb verfügbar zu halten und der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzuzeigen. Auch der Unternehmer muss seine Kenntnisse dokumentieren, beispielsweise indem er alle erforderlichen Gesetzestexte und Informationen bereit hält. Bei Nachfragen der Überwachungsbehörden muss der Unternehmer durch seine Antworten belegen können, dass ihm die entsprechenden Rechtsgrundlagen bekannt sind und er diese praxisgemäß interpretieren kann.
- Wer führt die Lebensmittelhygiene-Schulung durch?: Die Schulung kann durch den Arbeitgeber selbst oder durch Dritte durchgeführt werden.
Belehrung nach Infektionsschutzgesetz gem. § 43 IFSG
- Die so genannte Erstbelehrung gem. § 43 IFSG erfolgt durch das Gesundheitsamt oder einen durch diesen beauftragten Arzt. Die Belehrung erfolgt mündlich sowie schriftlich, informiert über ansteckende Krankheiten und zeigt auf, wie man die Symptome erkennen kann. Diese Belehrung muss vor Arbeitsantritt absolviert werden. Kontakt: Gesundheitsämter in Sachsen-Anhalt
- Folgeschulung gem. § 43 Abs. 4 IFSG: Nach der Erstbelehrung beim Gesundheitsamt müssen die Mitarbeiter jährlich an einer Folgeschulung gem. § 43 Abs. 4 IFSG teilnehmen. Diese Belehrung erfolgt nicht mehr beim Gesundheitsamt, sondern wird betriebsintern von dem Gastwirt selber oder einem Dritten durchgeführt. Die Dokumente über die durchgeführte Erstbelehrung erhalten nur dann Gültigkeit, wenn nach im Zeitraum von drei Monaten nach der Schulung eine Tätigkeit im Lebensmittelbereich ausgeübt wurde. Dabei reicht schon ein Tag aus. Der Erstbelehrungsnachweis hat dann "unbegrenzte" Gültigkeit. Bei der Aufnahme einer neuen Tätigkeit reicht dann die Wiederholungsbelehrung am Arbeitsplatz aus. Die Teilnahme der Mitarbeiter muss dokumentiert werden. Hilfe zu den Inhalten der Schulung erteilt das jeweilige Verbraucherschutzamt.
- Personen, die bereits die bisher vorgeschriebene Erstuntersuchung durch das Gesundheitsamt haben durchführen lassen, müssen die Erstbelehrung beim Gesundheitsamt nicht mehr mitmachen. Sie müssen aber wie alle Mitarbeiter jährlich an den Folgeschulungen teilnehmen.
Onlinehilfe Lebensmittelhygiene
Die Onlinehilfe für Lebensmittelhygiene bietet Gastronomen, Händlern und Lebensmittelherstellern praxistauglich aufbereitete Tipps beispielsweise zum Umgang mit leicht verderblichen Lebensmitteln, zum Aufbau eines Hygienekonzeptes und zu den regelmäßig vorgeschriebenen Schulungen.
Zahlreiche Checklisten, etwa zur Kontrolle von Frittierfett, zum Schädlingsmonitoring oder zur Anfertigung von Reinigungsprotokollen, vereinfachen die gezielte Verbesserung einzelner Aspekte der Lebensmittelhygiene. Darüber hinaus enthält das Portal unter anderem einen Überblick über die rechtlichen Grundlagen, eine Liste häufig gestellter Fragen und ein Glossar wichtiger Fachbegriffe und Abkürzungen.
Unter der Federführung der bayerischen IHKs und mit Beteiligung des DIHK wurde dieses Portal entwickelt. Da die Vorschriften zur Lebensmittelhygiene auf europarechtlichen Vorgaben beruhen, ist die neue Online-Hilfe bundesweit einsetzbar.
DIHK- Leitfaden Basiswissen Lebensmittelhygiene
Neben einer Auflistung der rechtlichen Grundlagen und Leitlinien bietet der Leitfaden zahreiche Vorlagen für Checklisten und Dokumentationen. Den DIHK-Leitfaden können Sie kostenpflichtig hier bestellen.