Ein Nationalpark in OWL?

Die Einrichtung von großflächigen Schutzgebieten, wie beispielsweise eines Nationalparks, prägt auf vielfältigster Weise die wirtschaftliche Entwicklung einer Region. Deshalb begleiten auch die Industrie- und Handelskammern den Prozess und positionieren sich, wenn nötig im Sinne der regionalen Wirtschaft.

Nationalparkdiskussion ab 2022

Die aktuelle schwarz-grüne Landesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag die Einrichtung eines zweiten Nationalparks in NRW festgeschrieben. Im September 2023 ist der Beteiligungsprozess dazu gestartet.
In den Findungsprozess hat das Land sechs potenzielle Flächen eingebracht. Eine dieser Staatswaldflächen befindet sich teilweise in Lippe. Es handelt sich dabei um die Egge.
Da seitens des Landes für die Wirtschaft (allen voran Tourismus, Holz- und Forstwirtschaft mit nachgelagerten Branchen) keinerlei Untersuchungen vorliegen haben die beiden IHKs Lippe zu Detmold und Ostwestfalen zu Bielefeld im Mai 2023 eine Umfrage (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 1983 KB) durchgeführt. Zusätzlich haben sie zwei Gutachten für den Bereich Tourismus (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 1149 KB) sowie für die Holz- und Forstwirtschaft (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 5434 KB) beauftragt.
Vom 23.Oktober bis zum 2. November 2023 konnten alle Mitglieder der IHK Lippe im digitalen Beteiligungsverfahren zu einem möglichen Nationalpark im Eggegebirge Stellung beziehen.
Auf Basis von Umfrage und Gutachten sowie der im Beteiligungszeitraum eingegangen Anregungen wurde ein Positionspapier (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 90 KB) erarbeitet, das am 11.12.2023 in der Sitzung der IHK-Vollversammlung beschlossen wurde. Demnach ist die IHK Lippe zu Detmold nach Abwägung aller bisher vorliegenden Daten sehr skeptisch gegenüber einem Nationalpark Eggegebirge. Gewinnern aus dem Bereich Tourismus stehen Verlierer aus den Branchen Holz und Forst sowie Energie gegenüber. Letztere überwiegen laut IHK-Umfrage. Die IHK ist sehr besorgt, dass eine größere Zahl von Unternehmen ihre Existenzgrundlage verlieren, mit unabsehbaren Folgen auch für weitere Betriebe in der Wertschöpfungskette Holz und Forst. In das skeptische Votum der lippischen Wirtschaft fließt auch die Tatsache ein, dass es bisher keine Zahlen zu den öffentlichen Mitteln gibt, die für die Einrichtung und den Betrieb eines neuen Nationalparks nötig wären.

Nationalparkdiskussion 1991 bis 2012

Ein Nationalpark für Ostwestfalen-Lippe? Mit dem Landtagsbeschluss vom 05.04.1991 wurde festgelegt, dass die Senne nach dem Abzug der britischen Streitkräfte zu einem Nationalpark erklärt werden soll. Diese höchste naturschutzfachliche Kategorie hat zum Ziel, die außergewöhnliche Landschaft mit ihrem auffälligen Landschaftsbild dauerhaft zu schützen. Dieser Schutz ist allerdings kein Ausschluss der Nutzung. Tourismus findet weiterhin statt und profitiert meist von der Marke Nationalpark. Im Laufe der Diskussion seit 2004 wurde die Gebietskulisse auf Teile des südlichen Teutoburger Waldes und das Eggegebirge (Senne-Egge) ausgedehnt, aber politisch 2006 verworfen. Seit 2007 wurden vom Kreis Lippe Untersuchungen zur Realisierung eines Nationalparks auf hauptsächlich lippischem Gebiet im Teutoburger Wald/Eggegebirge beauftragt.
Die Industrie- und Handelskammern in OWL stehen der Ausweisung eines Biosphärenreservates mit oder ohne Nationalpark in der Region grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber. Das bestätigte der gemeinsame Tourismusausschuss beider IHKs der Region. Voraussetzung bleibt allerdings, dass die Einschränkungen insbesondere in der Holzwirtschaft so gering wie möglich bleiben und großzügige Übergangslösungen geschaffen werden. Der gemeinsame Tourismusausschuss OWL steht der neuen konkreten Gebietskulisse Teutoburger Wald/Eggegebirge und den gutachterlichen Aussagen hierzu sehr kritisch gegenüber (Juni 2010).

Auswirkungen eines Nationalparks im Teutoburger Wald/Eggegebirge aus Sicht der Holz-/Forstwirtschaft

Im Dezember 2010 haben die beiden Industrie- und Handelskammern in Lippe und Bielefeld der Region zum Thema Nationalpark OWL eine Umfrage bei der Holz- und Forstwirtschaft sowie den nachgelagerten Branchen (z.B. Möbel) durchgeführt. Die Ergebnisauswertungen ergaben neben den wirtschaftlichen Betroffenheiten der heimischen Unternehmen deutliche Aussagen zur diskutierten Gebietskulisse Teutoburger Wald/Eggegebirge und ein breites Meinungsbild zum Truppenübungsplatz Senne.