Incoterms® 2020

1. Einleitung

Die Internationale Handelskammer (ICC) in Paris gibt seit 1936 „Internationale Regeln für die Auslegung der handelsüblichen Vertragsformeln“ heraus, die als Incoterms® (International Commercial Terms) bekannt sind. Seit dieser Zeit sind diese immer wieder an die sich ändernden Handelsbräuche angepasst worden.  Zum 1. Januar 2020 traten die Incoterms® 2020 in Kraft.
Incoterms® sind weltweit anerkannte, einheitliche Vertrags- und Lieferbedingungen, die den Parteien eines Kaufvertrags eine standardisierte Abwicklung von Handelsgeschäften ermöglichen. Sie haben die Aufgabe, die Kostenverteilung, die Risikoverteilung und die Sorgfaltspflichten festzulegen. Durch die Verwendung der Incoterms® werden die gegenseitigen Verpflichtungen klar geregelt. Dadurch kann Missverständnissen und kostenintensiven Streitigkeiten vorgebeugt und das Risiko rechtlicher Komplikationen vermindert werden. Rechtsfragen wie beispielsweise der Vertragsabschluss, die Eigentumsübertragung, die Zahlungsabwicklung oder die Rechtsfolgen von Vertragsbrüchen werden hingegen nicht geregelt. Maßgeblich hierfür sind die kaufvertraglichen Bestimmungen oder das dem Vertrag zugrundeliegende Recht.

2. Die 11 Klauseln im Überblick

EXW
Ex Works / Ab Werk ... (benannter Lieferort)
FCA
Free Carrier / Frei Frachtführer … (benannter Lieferort)
CPT
Carriage paid to / Frachtfrei … (benannter Bestimmungsort)
CIP
Carriage, Insurance paid to / Frachtfrei versichert … (benannter Bestimmungsort)
DAP
Delivered at Place / Geliefert … (benannter Bestimmungsort)
DPU
Delivered at Place unloaded/ Geliefert ... (benannter Bestimmungsort) entladen
DDP
Delivered Duty paid / Geliefert verzollt … (benannter Bestimmungsort)
FAS
Free alongside Ship / Frei Längsseite Schiff … (benannter Verschiffungshafen)
FOB
Free on Board / Frei an Bord … (benannter Verschiffungshafen)
CFR
Cost and Freight / Kosten und Fracht … (benannter Bestimmungshafen)
CIF
Cost, Insurance and Freight/ Kosten, Versicherung und Fracht ... (benannter Bestimmungshafen)

3. Die Einteilung der Incoterms®

3.1 Nach Transportarten
Die Incoterms® lassen sich in zwei Arten des Transports aufteilen:
  • Klauseln, die für jede Art des Transportmittels gelten (EXW, FCA, CPT, CIP, DAP, DPU DDP)
  • Klauseln, die nur für den Schiffstransport und/oder den Binnenschiffstransport gelten (FAS, FOB, CFR, CIF)
Ob eine Klausel für alle Transportmittel oder nur für Schiffstransporte gilt, kann man leicht erkennen: Wird in der Übersetzung der Klausel in die Langform (z.B. Frachtfrei ... benannter Bestimmungsort) kein Bezug auf das Transportmittel genommen, ist die Klausel für alle Transportarten verwendbar.
3.2 Nach der Art der Abwicklung
Die Einteilung erfolgt in vier Gruppen:
  • Gruppe E – Abholklausel (EXW)
  • Gruppe F – Absendeklauseln ohne Übernahme der Kosten für den Haupttransport durch den Verkäufer (FCA, FAS, FOB)
  • Gruppe C – Absendeklauseln mit Übernahme der Kosten für den Haupttransport durch den Verkäufer (CPT, CIP, CFR, CIF)
  • Gruppe D – Ankunftsklauseln (DAP, DPU, DDP)
Jede Gruppe ist dadurch gekennzeichnet, dass die Kosten- und Risikotragung (Gefahrübergang) innerhalb der Gruppe nach dem gleichen Grundprinzip ausgestaltet ist. Während außerdem die Pflichten des Verkäufers mit jeder Gruppe steigen, reduzieren sich die des Käufers entsprechend.

4. Haupt- und Nebenfunktionen der Incoterms®

Der Lieferweg einer Ware vom Versandort zum Bestimmungsort wird durch den von den Vertragsparteien vereinbarten Übergabepunkt in zwei Wegstrecken geteilt. Welche Verpflichtungen die Vertragsparteien jeweils für ihre Wegstrecke treffen, regeln die Incoterms®. Grundsätzlich gilt: Für die Wegstrecke bis zum Übergabepunkt ist der Verkäufer, danach ist der Käufer zuständig.
4.1 Hauptfunktionen der Incoterms®
Die Incoterms® regeln hauptsächlich,
  • welche Verpflichtungen jede Vertragspartei für ihre Wegstrecke übernehmen muss;
  • welche Kosten jede Vertragspartei für ihre Wegstrecke zu tragen hat;
  • wer welches Risiko abdeckt.
4.2 Nebenfunktionen der Incoterms®
Daneben wird geregelt,
  • wer die Warendokumente beschaffen muss, wer dafür die Kosten trägt und wer einen eventuell entstehenden Zoll zu zahlen hat;
  • wer welche Transportdokumente beschaffen muss und wer dafür die Kosten zu tragen hat;
  • wer für wen die Ware versichern und wer dafür die Kosten übernehmen muss;
  • wer den anderen Partner, wann und worüber informieren muss;
  • wer die Warenprüfung machen und wer die Kosten dafür übernehmen muss;
  • wie die Ware verpackt wird und wer die Verpackung zahlen muss.

5. Die einzelnen Klauseln

5.1 E-Gruppe
Bei der einzigen Klausel der E-Gruppe gehen Kosten und Risiken ab der Bereitstellung der Ware am benannten Ort auf den Käufer über.
EXW – Ex Works / Ab Werk ... benannter Lieferort
Sie enthält die Mindestverpflichtung des Verkäufers. Dem Verkäufer entstehen keine Transportkosten. Er muss die Ware lediglich am benannten Ort zur Abholung bereitstellen. Die Ware muss nicht verladen oder zur Ausfuhr freigemacht werden, sondern lediglich verpackt und gekennzeichnet sein.
Die EXW- Klausel ist aus folgenden Gründen mit Bedacht anzuwenden: Aus praktischen Gesichtspunkten wird das Verladen der Ware häufig vom Verkäufer übernommen. Verlädt der Verkäufer, geschieht dies auf Gefahr und Kosten des Käufers, was im Schadensfall zu Streitigkeiten führen kann. Zudem ist es dem Käufer unter Umständen nicht möglich, im Exportland die Ausfuhrabwicklung vorzunehmen. Aus diesen Gründen könnte die FCA-Klausel besser geeignet sein.
5.2 F-Gruppe
Innerhalb der F-Gruppe trägt der Käufer die Kosten des Haupttransports. Die Gefahr geht mit der Übergabe der Ware an den Frachtführer des Haupttransportes auf ihn über.
FCA – Free Carrier / Frei Frachtführer ... benannter Lieferort
Der Verkäufer muss die Ware zu dem vom Käufer bestimmten Lieferort bringen. Der Verkäufer sorgt auf seine Kosten für Verpackung, Warenprüfung und Freimachung der Ware zur Ausfuhr. Wenn der vereinbarte Ort beim Verkäufer liegt, muss er die Ware auch verladen. Für den Haupttransport, die Durchfuhr und die Einfuhr ist der Käufer verantwortlich. Die Klausel ist für alle Transportarten verwendbar. Sie eignet sich sehr gut für den Container-Transport. Neu aufgenommen wurde die Möglichkeit, dass bei entsprechender Vereinbarung der Käufer seinen Frachtführer anweisen kann, dem Verkäufer ein Konnossement mit An-Bord-Vermerk auszustellen.
FAS – Free alongside Ship / Frei Längsseite Schiff ... benannter Verschiffungshafen
Der Verkäufer muss die Ware auf seine Kosten verpacken, zu dem vom Käufer benannten Verschiffungshafen verbringen und zur Ausfuhr freimachen. Die Lieferung ist erfolgt, wenn die Ware längsseits des Schiffs im benannten Verschiffungshafen gebracht ist. Diese Klausel ist nur für den See- oder Binnenschiffstransport verwendbar.
FOB – Free on Board / Frei an Bord ... benannter Verschiffungshafen
Free on Board bedeutet, dass der Verkäufer seiner Lieferverpflichtung nachkommt, wenn er die Ware an Bord des Schiffes im benannten Verschiffungshafen liefert. Der Verkäufer muss die Ware auf seine Kosten verpacken und die Ware zur Ausfuhr freimachen. Diese Klausel ist ebenfalls nur für den See- oder Binnenschiffstransport verwendbar. Sie eignet sich jedoch nicht, wenn die Ware dem Frachtführer im Verschiffungshafen bereits übergeben wird, bevor sie sich an Bord des Schiffes befindet.
5.3 C-Gruppe
Als gemeinsames Kennzeichen der C-Gruppe hat der Verkäufer zwar den Haupttransport auf eigene Kosten zu tragen, die Gefahr geht jedoch bereits mit der Übergabe der Ware an den Frachtführer des Haupttransports auf den Käufer über.
CPT – Carriage paid to / Frachtfrei ... benannter Bestimmungsort
Der Verkäufer muss die Ware dem von ihm benannten Frachtführer liefern. Zusätzlich muss er die Frachtkosten bis zum benannten Bestimmungsort übernehmen. Weiter hat er die Ware zu verpacken und zur Ausfuhr freizumachen. Die Klausel ist für alle Transportarten anwendbar.
CIP – Carriage, Insurance paid to / Frachtfrei versichert ... benannter Bestimmungs­ort
Der Verkäufer muss die Ware dem von ihm benannten Frachtführer liefern. Zusätzlich muss er die Frachtkosten bis zum benannten Bestimmungsort übernehmen. Außerdem hat er den Transportversicherungsvertrag (all risks) auf seine Kosten abzuschließen. Es ist ein Versicherungsvertrag abzuschließen, der die Regelungen der Clause (A) der Institute Cargo Clauses oder einer vergleichbaren Klausel erfüllt.
Die CIP-Klausel verpflichtet den Verkäufer außerdem, die Ware zu verpacken und zur Ausfuhr freizumachen. Die Klausel ist ebenfalls für alle Transportarten anwendbar.
CFR – Cost and Freight / Kosten und Fracht ... benannter Bestimmungshafen
Der Verkäufer liefert, wenn die Ware an Bord des Schiffes gebracht ist. Er trägt zudem die Kosten und die Fracht bis zum benannten Bestimmungshafen. Der Verkäufer hat außerdem die Ware auf eigene Kosten zu verpacken und zur Ausfuhr freizumachen.
Diese Klausel ist nur für den See- oder Binnenschiffstransport verwendbar. Sie eignet sich nicht für den Containertransport, bei dem die Übergabe an den Frachtführer schon stattfindet bevor sich die Ware auf dem Schiff befindet. In diesem Fall ist CPT anzuwenden.
CIF – Cost, Insurance and Freight / Kosten, Versicherung und Fracht ... benannter Bestimmungshafen
Der Verkäufer liefert, wenn die Ware an Bord des Schiffes gebracht ist. Er trägt außerdem die Kosten und die Fracht bis zum benannten Bestimmungshafen. Zusätzlich hat er den Transportversicherungs-vertrag (nur mit Mindestdeckung) auf eigene Kosten abzuschließen. Der Verkäufer hat außerdem die Ware auf eigene Kosten zu verpacken und zur Ausfuhr freizumachen.
Auch diese Klausel ist nur für den See- oder Binnenschiffstransport verwendbar und für den Container-Transport in der Regel nicht geeignet. Für letzteres ist CIP anzuwenden.
5.4 D-Gruppe
Bei den D-Klauseln trägt der Verkäufer alle Kosten und Risiken bis zum Eintreffen der Ware am benannten Bestimmungsort.
DAP - Delivered at Place / Geliefert ... benannter Bestimmungsort
Der Verkäufer muss dem Käufer die Ware auf dem ankommenden Beförderungsmittel entladebereit am Bestimmungsort zur Verfügung stellen. Der Käufer übernimmt die Einfuhrabwicklung und bezahlt die Einfuhrabgaben.
Die Klausel ist für alle Transportarten anwendbar.
DPU - Delivered at Place unloaded / Geliefert ... (benannter Bestimmungsort) entladen
Der Verkäufer hat alle Kosten und Gefahren der Beförderung der Ware bis zum benannten Bestimmungsort einschließlich der Entladekosten zu tragen. Der Bestimmungsort kann dabei jeder Ort sein, z. B. ein Kai, eine Lagerhalle, ein Containerdepot oder ein Straßen-, Schienen- oder Luftfrachtterminal. Der Verkäufer sollte sicherstellen, dass es Ihm möglich ist, die Waren am Lieferort zu entladen bzw. die Entladung zu organisieren. Der Käufer übernimmt die Einfuhrabwicklung und bezahlt die Einfuhrabgaben. Die Klausel ist für alle Transportarten anwendbar.
DDP – Delivered Duty paid / Geliefert verzollt ... benannter Bestimmungsort
DDP beinhaltet die Maximalverpflichtung des Verkäufers. Der Verkäufer muss die Ware zur Ausfuhr und auch zur Einfuhr freimachen und am benannten Bestimmungsort auf dem ankommenden Beförderungsmittel unentladen liefern. Der Verkäufer trägt alle Kosten und auch die Gefahr bis zum Eintreffen der Ware am benannten Bestimmungsort.

6. Die wichtigsten Neuerungen durch die Fassung 2020

Die aktualisierte Fassung der Incoterms® enthält einige Anpassungen und Änderungen.
  • Ausführlichere Anwendungshinweise und Anpassung der Klauseln an die gestiegenen Sicherheitsanforderungen. Die Neufassung enthält somit klare Bestimmungen über die Verteilung der Sicherheitspflichten und der entsprechenden Kosten.
  • Die Incoterms® Klausel DAT (delivered at terminal / geliefert Terminal) wird durch DPU ersetzt. Es kann somit jeder vereinbarte Ort der Bestimmungsort sein.
  • Bei der Klausel FCA ist es nun möglich ein Konnossement mit „on-board“-Vermerk zu erstellen.
  • Der Umfang des Versicherungsschutzes ist in der Klausel CIP erhöht worden.
Die Incoterms® 2020 berücksichtigen in FCA, DAP, DPU und DDP die Geschäftspraxis, dass immer mehr Verkäufer oder Käufer die Beförderung der Ware mit eigenen Verkehrsmitteln organisieren.

7. Hinweise zur Anwendung der Incoterms®

Bei der Anwendung der Incoterms® sollten Sie folgende Hinweise beachten:

7.1 Wählen Sie die geeignete Klausel
  • Die gewählte Klausel der Incoterms® sollte passend sein für die Ware, das Beförderungsmittel und vor allem für die von den Parteien gewünschte Pflichtenverteilung.
  • Die Regelungsinhalte der einzelnen Klauseln sind nicht zwingend, sondern können von den Parteien nach ihren Vorstellungen modifiziert werden. Dabei ist unbedingt darauf zu achten, dass diese eindeutig und unmissverständlich erfolgen und zudem die Strukturprinzipien der jeweiligen Klausel bzw. ihrer Gruppe respektieren.
7.2 Beziehen Sie die Incoterms®-Klausel ausdrücklich in Ihren Kaufvertrag ein
  • Die Incoterms® werden nur gültig, wenn Sie explizit im Kaufvertrag vereinbart werden.
  • Im Kaufvertrag sollte auch aufgeführt werden, welche Incoterms®-Version maßgeblich sein soll. Bei Verwendung der Incoterms® 2020 sollte daher der Zusatz "Incoterms® 2020" angefügt werden. Es können aber auch alte Versionen zugrunde gelegt werden. Dann muss der Zusatz entsprechend gewählt werden.
7.3 Benennen Sie Ihren Ort oder Hafen so genau wie möglich
Damit die Klauseln ihren Zweck erfüllen können, sollte der Ort oder Hafen ausdrücklich bestimmt und so genau wie möglich benannt werden.

7.4 Beachten Sie, dass die Klauseln keinen vollständigen Kaufvertrag beinhalten
  • Die Incoterms® regeln lediglich einige der Primärpflichten des Kaufvertrages. Damit ergänzen und modifizieren sie das an sich maßgebliche Kaufrecht, können es jedoch keinesfalls ersetzen. Regelungsbereiche, die von den Incoterms® nicht umfasst sind (z.B. der Eigentumsübergang oder die Rechtsfolgen eines Vertragsbruches) werden durch ausdrückliche Bedingungen im Kaufvertrag oder durch das diesem Vertrag zugrundeliegende Recht bestimmt.
  • Die Incoterms® legen verbindliche Pflichten lediglich im Verhältnis des Verkäufers zum Käufer fest, begründen jedoch keine Pflichten oder Rechte gegenüber anderen Parteien. Zur Umsetzung der kaufvertraglich übernommenen Verpflichtungen sind die erforderlichen weiteren Verträge durch Verkäufer und Käufer mit Dritten gesondert einzugehen.

8. Literatur

Das offizielle Regelwerk der ICC zur Auslegung nationaler und internationaler Handelsklauseln Incoterms® 2020 - ist als zweisprachige Ausgabe (Englisch/Deutsch) erhältlich bei der ICC Deutschland (ISBN-978-3-929621-73-0) unter https://www.iccgermany.de/.
Incoterms® 2020 – Kommentierung für die Praxis inklusive offiziellem Regelwerk Autor: Prof. Dr. Christoph Graf von Bernstorff, Erscheinungstermin Dezember 2019
Weitere Informationen zu den Incoterms® und ihrer Entwicklung erhalten Sie darüber hinaus auf der Homepage der Internationalen Handelskammer in Paris unter www.iccwbo.org
Dieses Merkblatt soll – als Service Ihrer IHK– nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.
Stand: August 2023