Solarpaket I veröffentlicht: Was ändert sich?

Bundestag und Bundesrat haben Ende April 2024 das “Solarpaket I” verabschiedet (Bundesrats-Drucksache 193/24). Das “Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und weiterer energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften zur Steigerung des Ausbaus photovoltaischer Energieerzeugung” sieht Änderungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und anderer Rechtsvorschriften vor. Es ist Mitte Mai 2024 im Bundesgesetzesblatt verkündet worden. Damit kann nun auch die Energieanlagen-Anforderungen-Verordnung (EAAV) wie vorgesehen im Kabinett verabschiedet werden.
Die DIHK hatte sich im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens intensiv für eine unternehmensgerechte Ausgestaltung des Pakets eingesetzt. So wurde beispielsweise die Direktvermarktungsverpflichtung ab 100 kW flexibilisiert sowie Bürokratie abgebaut, indem zukünftig ein Anlagenzertifikat erst ab einer Einspeiseleistung von 270 kW oder einer installierten Leistung von mehr als 500 kW erforderlich ist.

Photovoltaik in Gewerbe und Industrie

PV auf Gewerbedächern stärken: Für größere Solaranlagen ab 40 Kilowatt (kW) auf Dächern wird die Förderung um 1,5 ct/kWh erhöht. Für die PV-Dach-Ausschreibung großer Anlagen werden die ausgeschriebenen Mengen auf 2,3 GW pro Jahr ab 2026 angehoben. Nach einer Übergangszeit von einem Jahr wird die Anlagengröße, für die die Teilnahme an Ausschreibungen verpflichtend ist, auf 750 kW gesenkt.
Schwellenwert für Direktvermarktungspflicht angehoben: Bisher sind Anlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 100 kW zur Direktvermarktung verpflichtet. Künftig können Betreiber von Anlagen mit einer installierten Leistung bis zu 200 kW, die bisher der Direktvermarktungspflicht unterliegen, Überschussmengen an den Netzbetreiber weitergeben – ohne Vergütung, aber auch ohne Direktvermarktungskosten. Von dieser Regelung sollen Anlagenbetreiber mit einem hohen Eigenverbrauch profitieren, für die sich die Direktvermarktung heute nicht lohnt.
Anlagenzertifikat erst ab einer Einspeiseleistung von 270 kW oder einer installierten Leistung von mehr als 500 kW: Unterhalb dieser Schwellen soll ein einfacher Nachweis über Einheitenzertifikate ausreichen, für die eine entsprechende Datenbank geschaffen wird.
Vereinfachungen bei der “Anlagenzusammenfassung”: Das EEG betrachtet zur Ermittlung der Größe von Solaranlagen unter bestimmten Voraussetzungen mehrere Anlagen wie eine Anlage. Im Solarpaket I ist eine Ausnahme von dieser Regelung für Dachanlagen hinter verschiedenen Netzanschlusspunkten vorgesehen. Vereinfacht gesagt: Die Anlage auf dem benachbarten Wohnhaus führt zukünftig nicht mehr dazu, dass die eigene Anlage größer gerechnet wird und somit z.B. Anforderungen erfüllen muss, die eigentlich nur auf größere Anlagen zutreffen. Eine weitere Erleichterung betrifft Anlagen von Bürgerenergiegesellschaften. Balkon-PV wird sogar ganz von den Zusammenfassungsregeln ausgenommen.

Photovoltaik auf Wohngebäuden

Neues Modell zur Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung: Die Weitergabe von PV-Strom an Wohn- oder Gewerbemieter oder Wohnungseigentümer soll weitestgehend von Lieferantenpflichten ausgenommen. Die Betreiber der PV-Anlage werden von der Pflicht zur Reststromlieferung befreit. In Abgrenzung zum eigenständig fortbestehenden Mieterstrommodell ist keine zusätzliche Förderung der innerhalb des Gebäudes genutzten Strommengen vorgesehen. Überschussmengen, die ins Stromnetz eingespeist werden, werden wie gewohnt nach dem EEG vergütet. Stromspeicher dürfen zur Zwischenspeicherung des Stroms genutzt werden.
Balkon-PV entbürokratisieren: Balkon-PV-Anlagen sollen möglichst unkompliziert in Betrieb genommen werden. Die Anmeldung beim Netzbetreiber entfällt, die Anmeldung im Marktstammdatenregister wird auf wenige Daten beschränkt. Die Inbetriebnahme von Balkon-PV Anlagen soll auch dann möglich sein, wenn beim Betreiber bislang noch kein Zweirichtungszähler eingebaut wurde. Bis zur Installation eines geeichten Zweirichtungszählers werden übergangsweise alte rückwärtsdrehende Zähler geduldet.
Mieterstrom wird auch auf gewerblichen Gebäuden und Nebenanlagen wie Garagen gefördert, solange der Stromverbrauch ohne Netzdurchleitung erfolgt. Die Regeln zur Anlagenzusammenfassung in Quartieren werden vereinfacht.
Strommengen für Wechselrichter: Die geringen Stromverbräuche der Wechselrichter in voll einspeisenden Anlagen sollen über einen bereits bestehenden Stromliefervertrag abgerechnet werden können.

PV-Freiflächenanlagen

Gebotsmenge für Freiflächenanlagen erhöhen: Projekte mit einer Größe bis zu 50 MW werden in den Ausschreibungen zugelassen. Mit der Anhebung von 20 auf 50 MW wird der besonders kostengünstige Ausbau im EEG gestärkt.
Flächenkulisse für PV-Freiflächenanlagen ausweiten: Die sogenannten benachteiligten Gebiete der Landwirtschaft werden grundsätzlich für die Förderung klassischer PV-Freiflächenanlagen geöffnet. Die Länder haben eine Opt-Out-Option, wenn ein bestimmter Anteil landwirtschaftlich genutzter Flächen durch PV-Anlagen überschritten wird.
Naturverträglichkeit von PV-Freiflächenanlagen: Es werden bundesweit einheitliche und gut umsetzbare naturschutzfachliche Mindestkriterien für geförderte PV-Freiflächenanlagen eingeführt. Die betreffen beispielsweise den maximalen Bedeckungsgrad der Fläche, die Durchgängigkeit für Tierarten oder Vorgaben für Reinigungsmittel. Der Anlagenbetreiber kann aus einer Liste von fünf Kriterien drei auswählen, die für das jeweilige Projekt besonders gut passen.
Förderung von besonderen Solaranlagen (Agri, Floating, Moor, Parkplatz): Es wird ein eigenes Untersegment mit einem eigenen Höchstwert von 9,5 ct/kWh für besondere Solaranlagen in den Ausschreibungen für PV-Freiflächenanlagen eingeführt. Die bisherigen Boni werden gestrichen.
Flächeninanspruchnahme beschränken: Der zusätzliche Zubau von Photovoltaik auf landwirtschaftlich genutzten Flächen wird auf ein Maximum von 80 Gigawatt bis 2030 begrenzt. Vorbelastete Flächen für den Ausbau sollen in besonderem Umfang erschlossen werden.

Windkraft, Biomasse, Stromnetze

Über die Photovoltaik hinaus enthält das Solarpaket I Neuerungen für den Ausbau weiterer erneuerbarer Energien, insbesondere der Windkraft an Land und auf See sowie der Biomasse.
  • Bestehende Windenergiegebiete als Beschleunigungsgebiete im Sinne der Erneuerbare-Energien-Richtlinie anerkennen
  • EU-Notfall-Verordnung (Verordnung (EU) 2022/2577) verlängern
  • Überragendes öffentliches Interesse auf Verteilnetz ausweiten
  • Stromerzeugung aus Biogas erleichtern
Die einzelnen Änderungen hat das BMWK in einem Überblickpapier zusammengefasst. Antworten auf häufig gestellte Fragen gibt ein FAQ des BMWK.
(Quelle DIHK, BMWK)