9. November 2021

Wichtige Verkehrsprojekte lahmen

Die Umsetzung von wichtigen Verkehrsprojekten in Hessen dauert aus Sicht der hessischen Industrie- und Handelskammern viel zu lange. Darauf machen sie die Politik in einem aktuellen Positionspapier aufmerksam. Unter den beispielhaft aufgeführten Projekten ist auch die Südumgehung für Limburg.
Viele Verkehrsprojekte in Hessen dauern Jahrzehnte. Die hessischen Industrie- und Handelskammern fordern deshalb die Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren. In einem Positionspapier (www.hihk.de/planungsbeschleunigung) machen sie konkrete Vorschläge zur Planungsbeschleunigung: So sollten u. a. die Verfahren für alle Infrastrukturprojekte vereinheitlicht und digitalisiert, die Fachgesetze von unnötigen Doppelprüfungen befreit, die Öffentlichkeitsbeteiligung verbessert und die Bearbeitungszeiten der Fachbehörden verkürzt werden.
„Wir sollten uns nicht daran gewöhnen, dass wichtige Straßen- oder auch Schienenprojekte Generationen dauern. Infrastrukturpolitik ist immer Zukunftspolitik. Sie sollte Zukunft ermöglichen, nicht ausbremsen“, sagt Ulrich Heep, Präsident der IHK Limburg.
Umgehung fehlt
Eines dieser Verkehrsinfrastrukturprojekte, deren Bedarf festgestellt, die aber nicht zeitgerecht umgesetzt wurden, ist die Limburger Südumgehung. „Der aus ihrem Fehlen entstehende Schaden ist aktuell besonders deutlich zu spüren. Die Umgehung hätte die Innenstadt direkt nach ihrer Inbetriebnahme entlastet und würde darüber hinaus aktuell zusätzliche Optionen für eine Verkehrslenkung bieten. So wäre es beispielsweise möglich, den Lkw-Verkehr aus Richtung Diez bzw. dem Aartal bei zu hohen Luftschadstoffen um die Innenstadt herumzuführen“, so Heep.
Da es eine solche Umgehung jedoch nicht gibt, erfolgt aus dem südlichen Bereich von Limburg und der angrenzenden Region die überregionale Straßenanbindung zur Autobahn A 3, zu den Bundesstraßen Richtung Nord und Ost sowie zu den Bahnhöfen in Limburg über die eine vorhandene Bundesstraßenverbindung B 8 bzw. die Diezer Straße mitten durch die Innenstadt von Limburg. Und die ist inzwischen längst überlastet.
Eine Südumgehung für Limburg würde nicht nur den Wirtschaftsstandort Limburg/Diez stärken, sondern auch aus Umweltgesichtspunkten Vorteile bieten, ist der IHK-Präsident überzeugt und mahnt: „Eine Umgehungslösung ist aufgrund der Überlastung der Limburger Innenstadt akuter denn je. Diese Dringlichkeit darf jedoch nicht dazu führen, dass man sich nur auf kurzfristige oder kleinteilige Lösungen konzentriert und die langfristige, große Lösung nicht entschlossen vorantreibt. Limburg muss deshalb spätestens jetzt anfangen, konsequent daran zu arbeiten, dass die Südumgehung bei der künftigen Neubewertung des Bundesverkehrswegeplans als vorrangiges Projekt eingestuft wird und auch das Land Hessen sich dazu stellt.“

Südumgehung Limburg – eine Historie

Das Positionspapier “Verkehrsprojekte in Hessen beschleunigen (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 5225 KB)“ der hessischen IHKs blickt weit zurück auf die Historie der Limburger Südumgehung.

Lange Zeit bis zum Beschluss
Mit dem wirtschaftlichen Wohlstand des Limburger Raums und dem einhergehenden Verkehrswachstum beginnt bereits in den 1960er Jahren die Suche nach einer Umgehungslösung, um die Ortsdurchfahrten zu entlasten. Für eine Umgehungsvariante wird dazu seitdem ein Grüngürtel im stark wachsenden Stadtteil Blumenrod freigehalten. Wegen Widerständen vor Ort sucht man in den folgenden Jahrzehnten nach weniger belastenden Varianten. Nach insgesamt ca. 50 Jahren Variantenuntersuchungen und -diskussionen legt sich Ende 2012 eine Mehrheit der Limburger Stadtverordneten auf eine Trassenvariante fest: die sogenannten Alttrasse aus den 60er Jahren.

Planungen kommen nicht voran
In 2016 erfolgte dann die Aufnahme des Projektes mit Alttrassenvariante in den sogenannten Bundesverkehrswegeplan 2030 (BVWP). Der BVWP legt fest, welche Bundesstraßen in den nächsten Jahren gebaut werden sollen. Die Südumgehung wurde im BVWP jedoch nicht in die Rubrik „vordringlicher Bedarf“, sondern nur in die Rubrik „weiterer Bedarf mit Planungsrecht“ eingestuft, d. h. man sieht das Projekt als wichtig und nützlich, aber nicht als „vordringlich“ an.
Nicht berücksichtigt wurde dabei die Umweltproblematik mit erhöhten Luftschadstoffkonzentrationen auf den Durchgangsstraßen der Innenstadt. Diese vor Ort bestehende Problematik hätte eine höhere Einstufung der Südumgehung gerechtfertigt, worauf auch die IHK Limburg bei der damaligen Anhörung hinwies. Vom Land Hessen kommt inzwischen insgesamt nur eine eher zurückhaltende Unterstützung für das Projekt und man verweist entsprechend der nachrangigen Einstufung des BVWP auf die begrenzten Planungskapazitäten des Landes.

Hindernisse
Unter anderem aufgrund der zunehmenden Bebauung und Einführung der Natura2000-Verordnung wurden in den langen Jahren bis zur Festlegung auf eine Umgehungsvariante die Bedingungen für eine Lösungsmöglichkeit immer schwieriger. Unterschiedliche Zuständigkeiten und Interessen beiderseits der Landesgrenze und politischer Wandel bremsen das Umgehungsprojekt. Dabei hat sich die Notwendigkeit einer Umgehung in den letzten 60 Jahren nicht in Luft aufgelöst, sondern verstärkt.