24. Mai 2022
Konjunkturhimmel bei wichtigen Branchen verdüstert
Während sich einige Branchen von der Coronakrise erholen, werden andere von Lieferknappheit und Preissteigerungen ausgebremst. Insbesondere in der Baubranche und im Großhandel sind die Geschäftserwartungen eingebrochen.
Die Ergebnisse der IHK-Umfrage zur aktuellen regionalen Branchenkonjunktur zeigen einerseits eine Aufwärtsentwicklung bei den von den Auswirkungen der Coronapandemie existenziell getroffenen Branchen Gastgewerbe und personenbezogene Dienstleister. Diese Erholung gleicht jedoch nicht die deutlichen Verschlechterungen in anderen Branchen aus. Alle Wirtschaftszweige leiden unter den auch kriegsbedingt immer stärker steigenden Energie- und Rohstoffpreisen, vor allem Gastronomie, Verkehr, Bau und Industrie.
Am besten hatte sich nach dem Einbruch der Wirtschaft im Frühjahr 2020 zunächst die Industrie erholt. Doch der konjunkturelle Aufwind ist seit Frühjahr 2021 abgeflaut und hat sich zum Frühjahr 2022 in Gegenwind gedreht. Der Konjunkturklimaindex, der sich aus der Bewertung der gegenwärtigen und der zukünftigen Lage zusammensetzt, erreicht in der Branche aktuell 91 Punkte, nach 125 Punkten im letzten Frühjahr und noch 113 Punkten zum Jahresanfang 2022.
Neben den hohen Energie- und Rohstoffpreisen sind die meist damit einhergehenden Lieferkettenstörungen bei den Rohstoffen und Vorprodukten ein großes Problem für die Unternehmen. Ihre gegenwärtige Lage bezeichnen aktuell nur noch 26 Prozent der heimischen Industrieunternehmen als gut, 63 Prozent hingegen als befriedigend und 9 Prozent als schlecht. Beim Blick in die Zukunft ist Pessimismus vorherrschend: 36 Prozent der Unternehmen sagen, es wird eher ungünstiger, nur 14 Prozent sind optimistisch, der Rest sieht einer gleichbleibenden Entwicklung entgegen bzw. ist unsicher.
Die Stimmung in der heimischen Bauwirtschaft hatte sich im letzten Jahr stetig verbessert. Der Konjunkturklimaindex erreichte zu Beginn 2022 fast sehr gute 127 Punkte und ist nun aber zum Frühjahr umso stärker auf nur noch 73 Punkte abgestürzt. Die augenblickliche Lage wird von 27 Prozent der Unternehmen noch als gut bewertet, nur von 5 Prozent als schlecht. Aber vor allem das Bauhauptgewerbe (Industriebau, Tiefbau, Straßenbau etc.) sieht für die Zukunft schwarz: 62 Prozent dieser Unternehmen erwarten eine Verschlechterung, nur 4 Prozent eine Verbesserung. Grund hierfür könnte neben den Energie- und Rohstoffpreisen sein, dass ein Rückgang der öffentlichen Investitionen befürchtet wird und Lieferengpässe mehr und mehr zu schaffen machen. Aber auch das Ausbaugewerbe, dem es längere Zeit sehr gut ging, sieht bei steigenden Materialpreisen und Zinsen eine Abschwächung.
Im heimischen Handel hatte sich die Stimmung über den vergangenen Sommer deutlich verbessert, vor allem im Einzelhandel. Der Konjunkturklimaindex stand zum Jahresbeginn bei 107 Punkten. Nun hat er sich auf 95 Punkte abgeschwächt. Jetzt sind es weniger Zutrittsbeschränkungen, welche die Lust am Einkauf verderben. Vielmehr verunsichern der Krieg und die Inflation die Verbraucher und verringern die besonders hohen Energiepreise die Kaufkraft. Eine stabile Beschäftigungslage stützt andererseits die Konsumneigung. 16 Prozent der befragten Einzelhändler bezeichnen ihre gegenwärtige Lage noch als gut, 9 Prozent als schlecht (der Rest ist zufrieden). Für die Zukunft geht man aber überwiegend von einer Verschlechterung aus.
Im Großhandel erreichte der Klimaindex nach stetigem Auswärtstrend zum Jahresanfang mit 119 Punkten das höchste Niveau seit dem Einbruch im Frühjahr 2020. Nun erfolgte zum Frühjahr ein heftiger Absturz auf 73 Punkte. Die gegenwärtige Lage wird von 27 Prozent der Großhändler und Handelsvermittler noch als gut bewertet und von 9 Prozent als schlecht, der Rest ist zufrieden. Mit Blick auf die zukünftige Geschäftsentwicklung ist jedoch inzwischen mehr als jeder zweite Großhändler pessimistisch. Die Sorge um die Inlandsnachfrage wird in der Branche besonders oft genannt.
Bei den unternehmensbezogenen Dienstleistern erreichte der Konjunkturklimaindex am Jahresanfang mit 134 Punkten noch einen sehr guten Wert. Die heimischen Unternehmen aus den Bereichen Information und Kommunikation, Immobilienwirtschaft, Public Relations, Werbung und Marktforschung sowie Unternehmensberatung hatte die Coronakrise unbeeindruckt gelassen. Nun gibt es zum Frühjahr eine Abschwächung auf 113 Punkte: 31 Prozent der Unternehmen beurteilen ihre Lage weiterhin als gut, nur 3 Prozent schlecht, der Rest ist zufrieden. Beim Blick in die Zukunft halten sich Optimisten und Pessimisten die Waage.
Stark verbessert zeigt sich aktuell die Geschäftslage bei den personenbezogenen Dienstleistern (Reisebüros, Fitness- oder Kosmetikstudios, Tanzschulen etc.). Der Grund ist vor allem, dass sie in ihren Leistungen für ihre Kunden aufgrund von Schutzmaßnahmen nicht mehr eingeschränkt und Veranstaltungen wieder möglich sind. Der Klimaindex ist nach 70 Punkten zu Jahresanfang nun zum Frühjahr auf 117 Punkte gestiegen. 27 Prozent der Unternehmen in diesem Bereich geht es wieder gut, nur 7 Prozent schlecht, der Rest ist zufrieden. In die Zukunft blickt man per Saldo mit Optimismus.
Auch im Gastgewerbe hat sich der Klimaindex im Zuge der Lockerungen von 71 Punkten zu Jahresanfang auf 112 Punkte zum Frühjahr verbessert. Restaurants, Kneipen und Biergärten können wieder öffnen. 31 Prozent der Unternehmen bezeichnen ihre augenblickliche Geschäftslage wieder als gut schlecht, 25 Prozent noch als schlecht, der Rest meldet „zufriedenstellend“. Die stark gestiegenen Kosten für Lebensmittel müssen überwiegend weitergegeben werden. Bei den Zukunftsaussichten ist man per Saldo nach langer Zeit wieder optimistisch, denn die Kunden können endlich wieder kommen.
Im Verkehrsbereich hat sich der der Klimaindex von 102 Punkten zu Jahresanfang auf 91 Punkte im Frühjahr verschlechtert. Das Gütertransportgewerbe hatte auch in der Coronazeit immer gut zu tun, doch inzwischen ist die Kostenbelastung aus den stark gestiegenen Energiepreisen gerade für das Transportgewerbe sehr problematisch geworden. 22 Prozent der Unternehmen bewerten ihre aktuelle Geschäftslage noch mit gut, 17 Prozent mit schlecht. Beim Blick in die Zukunft ist man inzwischen überwiegend pessimistisch.