IHK-Konjunkturumfrage Herbst 2019

Heimische Wirtschaft spürt Abkühlung

18. Oktober 2019 – Die heimische Wirtschaft präsentiert sich im Herbst 2019 insgesamt deutlich schwächer. Für die Unternehmen der Region laufen die Geschäfte in wichtigen Branchen mittlerweile nicht mehr so gut wie zuletzt. Auch die weitere Entwicklung sehen sie eher pessimistisch. Zu diesen Ergebnissen kommt die aktuelle Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Limburg.
Schon bei der letzten Umfrage im Frühjahr hatte sich eine konjunkturelle Abkühlung für den Bezirk der IHK Limburg, der deckungsgleich mit dem Landkreis Limburg-Weilburg ist, angedeutet. Der Konjunkturklimaindex, der Lage und Erwartungen der befragten Unternehmen zusammenfasst, erreicht zum Herbst jetzt nur noch 112 Punkte, nach 121 Punkten im Frühjahr. Über die Sommermonate hat sich das allseits prognostizierte Ende der Hochkonjunktur unübersehbar eingestellt. Der Hessentrend zeigt einen noch stärkeren Rückgang auf aktuell 106 Punkte.
Ihre momentane Geschäftslage schätzen die allermeisten Unternehmen im IHK-Bezirk Limburg zusammengefasst allerdings nicht als schlecht ein. 43 Prozent der Unternehmen geht es weiterhin gut und 46 Prozent der Unternehmen geht es befriedigend. Nur 11 Prozent sagen zur derzeitigen Geschäftslage „schlecht“. Beim Blick in die Zukunft gibt es bei den heimischen Betrieben mehr pessimistische Stimmen (23 Prozent) als optimistische (17 Prozent). Die meisten Unternehmen gehen für die nächsten Monate weiterhin von einer etwa gleichbleibenden Geschäftslage aus (60 Prozent).
Die Umfrageergebnisse für die Region bestätigen ein erwartetes schwächeres Wachstum der Wirtschaft in ganz Deutschland. Für 2019 wird insgesamt mit einem nur geringen Wachstum von 0,6 Prozent gerechnet, nach 2,2 Prozent in 2017 und 1,5 Prozent in 2018. Diese Entwicklung ergibt sich auch daraus, dass sich die Weltwirtschaft in einer Schwächephase befindet, das außenwirtschaftliche Umfeld sehr unruhig geworden ist und die Exporte zurückgehen.
Die Risiken
Unsicherheiten für die Unternehmen bestehen vor allem bezüglich der Auslandsrisiken wie z. B. Brexit, Handelsstreit zwischen den USA und China, Protektionismus der USA und schwächeres Wachstum in China.
Aber auch im Inland gibt es Belastungen, die das Wachstum bremsen. So steht in der aktuellen Konjunkturumfrage der Fachkräftemangel bei 50 Prozent der heimischen Unternehmen weiterhin an erster Stelle der Risiken für die Geschäftsentwicklung. Seit dem Herbst 2016 war diese Sorge, auch als Folge einer guten Konjunkturentwicklung und des Beschäftigungswachstums, in den Vordergrund gerückt.
Als zuletzt stark gestiegenes und nun zweitgrößtes Risiko beunruhigt die Unternehmen (genannt von 47 Prozent) die weitere Entwicklung der politischen Rahmenbedingungen. In offenen Antworten nennen sie Aspekte wie Klimaverunsicherung, Umbruch in der Automobilindustrie, zunehmende bürokratische Lasten, Dokumentationspflichten und lähmende Reglementierungen, mangelnde staatliche Investitionen, politische Fehlsteuerung, höhere Steuern und Sozialabgaben.
Auf die Entwicklung der Inlandsnachfrage, welche aktuell bei relativ geringem Wachstum der Weltwirtschaft die Binnenkonjunktur in starkem Maße trägt, blicken fast ebenso viele Unternehmen (43 Prozent) mit Besorgnis. So macht die Entwicklung der Energie- und Rohstoffpreise 33 Prozent der Unternehmen Sorge, wobei man nicht nur die hohen Energiepriese im Blick hat, sondern auch die zukünftige Energiesicherheit. 31 Prozent der Unternehmen beunruhigt auch die weitere Entwicklung der Arbeitskosten.
Produzierendes Gewerbe
In der Industrie ist der Konjunkturklimaindex von 122 Punkten im Frühjahr auf aktuell 108 Punkte stark gefallen. Ihre gegenwärtige Lage bezeichnen aktuell 39 Prozent der Industrieunternehmen als gut, 17 Prozent als schlecht, 44 Prozent sind zufrieden. Der Industriebereich zeigt damit seit Jahresanfang 2018 und der damals noch sehr guten Lage eine schwächere Entwicklung. Konnte die Branche sich bisher über der guten 120-Punkte-Linie behaupten, so wurde diese jetzt deutlich nach unten durchbrochen. Vor allem bei den Investitionsgüterproduzenten gab es innerhalb der vier Monate seit der letzten Umfrage einen kräftigen Rückgang von 128 Punkten auf 99 Punkte.
Bei den Auftragseingängen aus dem Inland gab es in den letzten vier Monaten per Saldo einen deutlichen Rückgang von 27 Prozent. Bei den Auslandsaufträgen mussten die heimischen Unternehmen per Saldo ein Minus von 25 Prozent verzeichnen. Am stärksten gingen die Aufträge aus In- und Ausland bei den Investitionsgütern zurück. Wurde im Frühjahr 2019 noch mit einem leichten Exportwachstum gerechnet, so erwarten die heimischen Industrieunternehmen, bis auf die Ge- und Verbrauchsgüterproduzenten, aktuell per Saldo einen Rückgang.
Mit Blick auf die zukünftige Geschäftslage erwarten 19 Prozent der Unternehmen der Branche insgesamt eine Verbesserung, 25 Prozent rechnen mit einer ungünstigen Entwicklung in diesem Jahr, der Rest (56 Prozent) geht von einer stabilen Entwicklung aus.
Der Konjunkturklimaindex im heimischen Baugewerbe erreicht zum Herbst 2019 einen fast sehr guten Wert von 129 Punkten, nach guten 125 Punkten zum vergangenen Frühjahr. Dem Ausbaugewerbe (Installationen, Fußböden, Fensterbau, Dämmung etc.) geht es sehr gut, dem Bauhauptgewerbe (Industriebau, Tiefbau, Straßenbau etc.) befriedigend bis gut. Die gegenwärtige Lage wird von 69 Prozent aller Bauunternehmen als gut bezeichnet, 27 Prozent sind insgesamt zufrieden, nur 4 Prozent geht es schlecht.
Bezüglich der weiteren Entwicklung in 2019 wird im Baugewerbe insgesamt mit wenig Veränderungen bezüglich der gegenwärtig guten Lage gerechnet. 15 Prozent erwarten eine weitere Besserung, ebenso viele rechnen mit einer eher ungünstigeren Entwicklung.
Handel
Die Stimmung im heimischen Einzelhandel ist relativ gut. Der Konjunkturklimaindex erreicht mit 120 Punkten einen für die Branche hohen Wert, zum Frühjahr waren es 117, zum Jahresanfang nur 107 Punkte. 39 Prozent der befragten Einzelhändler bezeichnen ihre gegenwärtige Lage als gut, nur 7 Prozent als schlecht, 54 Prozent sind zufrieden. Die Umsätze sind in den letzten vier Monaten per Saldo bei 20 Prozent der Händler gestiegen. Die Gesellschaft für Konsumforschung prognostiziert aufgrund gestiegener Löhne in vielen Branchen und einem stabilen Arbeitsmarkt eine positive Kaufkraftentwicklung, welche die Konsumneigung und damit die Einzelhandelsumsätze in 2019 weiterhin stützt.
Die heimischen Einzelhändler sind im Blick auf die Zukunft weiter leicht optimistisch: 22 Prozent erwarten für die kommenden Monate eine Verbesserung ihrer Geschäftslage, 12 Prozent eine Verschlechterung. Die meisten Einzelhändler (66 Prozent) rechnen mit einer stabilen, gleichbleibenden Entwicklung.
Im Unterschied zum Einzelhandel zeichnet sich im Großhandel analog zur Industrie ein deutlicher Rückgang ab. Gegenüber den sehr guten Werten zum Jahresanfang mit 137 Punkten bzw. dem Frühjahr mit 128 Punkten werden zum Herbst „nur“ noch befriedigende 110 Punkte erreicht. Die gegenwärtige Lage wird von 41 Prozent der Großhändler und Handelsvermittler als gut und von 59 Prozent als befriedigend bezeichnet. Keiner urteilt „schlecht“. Die Umsatzentwicklung der letzten vier Monate verlief per Saldo rückläufig: 22 Prozent der Großhändler konnten steigende Umsätze verzeichnen, 30 Prozent fallende Umsätze. Bei 48 Prozent der Großhändler waren die Umsätze konstant.
Bezüglich der zukünftigen Geschäftsentwicklung ist man im Großhandel per Saldo pessimistisch. 11 Prozent der Unternehmen erwarten für die kommenden Monate eine günstigere Geschäftsentwicklung, 26 Prozent eine Abschwächung. 63 Prozent der Großhändler rechnen mit einer eher gleichbleibenden Entwicklung.
Dienstleister
Auch die Konjunktur im Dienstleistungsgewerbe ist insgesamt schwächer geworden. Der Wert des Konjunkturklimaindexes erreicht zum Herbst 108 Punkte, nach 123 Punkten zu Jahresanfang und 120 Punkten im vergangenen Frühjahr. Die aktuelle Geschäftslage wird von 43 Prozent der Unternehmen als gut bewertet und von 12 Prozent als schlecht; der Rest (45 Prozent) ist zufrieden.
Im Blick auf die Geschäftserwartungen überwiegt leichter Pessimismus: 14 Prozent der Dienstleister gehen von einer günstigen Entwicklung für die nächsten Monate aus, 25 Prozent rechnen mit einer ungünstigeren. Der Rest erwartet eine gleichbleibende Geschäftsentwicklung.
Zu den Dienstleistern gehören unter anderem die folgenden drei größeren Branchen mit ihrer jeweiligen Konjunkturlage:
Bei den unternehmensbezogenen Dienstleistern erreicht der Konjunkturklimaindex fast gute 117 Punkte, zeigt jedoch gegenüber dem Jahresanfang mit 136 und dem Frühjahr mit 130 Punkten eine merkliche Abkühlung. Den Unternehmen aus den Bereichen Information und Kommunikation, Immobilienwirtschaft, Public Relations, Werbung und Marktforschung sowie Unternehmensberatung geht es also nicht mehr ganz so gut, die Umsätze sind aber auf hohem Niveau relativ konstant. 47 Prozent der Unternehmen bewerten die aktuelle Geschäftslage als gut, nur 6 Prozent schlecht, 47 Prozent sind zufrieden. Für die kommenden Monate sind die Erwartungen per Saldo leicht pessimistisch: 24 Prozent erwarten eine Verbesserung, 27 eine Verschlechterung, der Rest geht von wenig Veränderung aus.
Im Gastgewerbe erreicht der Konjunkturklimaindex in diesem Herbst nur schwache 89 Punkte. 29 Prozent der Unternehmen bezeichnen ihre augenblickliche Geschäftslage als gut, ebensoviel aber auch als schlecht, 42 Prozent sind zufrieden. Die Auslastung ist in den Sommermonaten im Beherbergungsgewerbe per Saldo zurückgegangen, in der Gastronomie ist sie gestiegen. Bezüglich der Zukunftsaussichten ist man im Beherbergungsgewerbe pessimistisch, in der Gastronomie werden per Saldo keine Veränderungen erwartet.
Im Verkehrsbereich ist die Lage nur noch knapp befriedigend. Der Konjunkturklimaindex erreicht 96 Punkte, deutlich weniger als zum Jahresanfang mit 116 und zum Frühjahr mit 120 Punkten. 36 Prozent der Unternehmen des Transportgewerbes bezeichnen ihre augenblickliche Geschäftslage als gut, 55 Prozent als zufriedenstellend und 9 Prozent sind unzufrieden. Für die kommenden Monate wird eher mit einer Verschlechterung gerechnet.
Investitions- und Personalpläne
Aus der Geschäftslage und den erwarteten Rahmenbedingungen leiten sich auch die Investitions- und Personalpläne für die nächsten Monate ab.
Bei den Investitionsplanungen waren die Unternehmen zum Frühjahr noch leicht expansiv ausgerichtet. Jetzt wollen zwar 24 Prozent in den kommenden Monaten mehr investieren, 25 Prozent jedoch weniger und 51 Prozent ihr Investitionsbudget konstant halten. Mehr aufwenden wollen per Saldo vor allem Finanzdienstleister und unternehmensbezogene Dienstleister, aber auch die Unternehmen des Gast- und des Baugewerbes. Weniger investieren wollen die Vorleistungs- und Investitionsgüterproduzenten und auch der Bau.
Dominierendes Motiv für Investitionen ist für 59 Prozent der Unternehmen der Ersatzbedarf, gefolgt von den Motiven Kapazitätserweiterung (29 Prozent), Rationalisierung (28 Prozent) und Investitionen in Produktinnovation (25 Prozent). Außerdem planen die Unternehmen Investitionen aus Umweltschutzgründen (17 Prozent).
Bei den Personalplänen zeigt sich bei den heimischen Unternehmen erstmals seit langem per Saldo eine leichte Zurückhaltung: 14 Prozent wollen in den nächsten Monaten Personal aufstocken, 16 Prozent abbauen, 70 Prozent wollen ihren Personalbestand in etwa gleich halten. Mehr Personal wird bei den Unternehmens- und auch bei den Personenbezogenen Dienstleistern eingeplant, im Gastgewerbe sowie bei den Ge- und Verbrauchsgüterproduzenten. Demgegenüber wird bei den Unternehmen der Vorleistungsgüter- und der Industriegüterproduzenten und im Verkehrsbereich per Saldo mit sinkendem Personalbestand gerechnet. Handel und Bau rechnen per Salo mit etwa gleicher Mitarbeiterzahl.
Resümee
Für den IHK-Bezirk Limburg zeigt sich zum Herbst 2019, dass die Konjunktur an Schwung verloren hat. Für die nächsten Monate wird in der Region, aber auch hessenweit, eine weitere Abschwächung erwartet, noch abgefedert durch einen stabilen Binnenmarkt und rege Bautätigkeit. Das Wachstum Deutschlands und damit der IHK-Bezirk hängen allerdings maßgeblich auch von seinen Außenbeziehungen ab. Neue Impulse sind hier angesichts des Brexits und der vielen Handelskonflikte kaum zu erwarten.
Aufgrund der Herausforderungen für die Unternehmen sollte sich die Politik wieder stärker darum kümmern, Deutschland als Wirtschaftsstandort für die Zukunft fit zu machen. Dazu braucht es bezahlbare Energie, schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren, einen schnelleren, auch digitalen Infrastrukturausbau und ein wettbewerbsfähiges Steuersystem. Zu einer Unternehmenssteuerreform gehören schnelleren Abschreibungen, eine Reduzierung der Steuerlast für reinvestierte Gewinne, weniger Substanzelemente in der Gewerbesteuer sowie die schrittweise Senkung von Steuersätzen.
Für die Konjunkturumfrage werden dreimal im Jahr rund 250 Antworten von Mitgliedsunternehmen der IHK Limburg aus den verschiedenen Branchen ausgewertet. Der Konjunkturklimaindex setzt sich zusammen aus der Beurteilung der aktuellen und der zukünftigen Geschäftslage. Bei einem Wert unter 100 kann man von einer negativen Gesamtstimmung sprechen, ab 100 Punkten von einer befriedigenden Beurteilung, ab 120 Punkten von einer guten, ab 130 Punkten von einer sehr guten Beurteilung.