27. Januar 2021
Heimische Wirtschaft kämpft sich durch die Krise
Die Corona-Pandemie macht der heimischen Wirtschaft weiterhin schwer zu schaffen. Nach dem Einbruch der Konjunktur im letzten Frühjahr sowie dem Aufwärtstrend im Sommer und Herbst legt die wirtschaftliche Erholung, knapp ein Jahr nach Beginn der Pandemie, angesichts des neuen Lockdowns eine Pause ein.
Die Unternehmen der Region Limburg-Weilburg sind von den Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie weiterhin erheblich beeinträchtigt, wie die aktuelle Umfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Limburg zur wirtschaftlichen Lage zeigt. Der IHK-Konjunkturklimaindex, der Lage und Erwartungen der befragten Betriebe zusammenfasst, hatte sich nach dem Einbruch auf 66 Punkte im Frühjahr 2020 auf 93 Punkte im Herbst verbessert und ist nun zum Jahresanfang 2021 auf 89 Punkte zurückgefallen. Der positive Bereich fängt bei über 100 Punkten an. Der Verlauf des Konjunkturindex im zurückliegenden Jahr zeigt die schwierige Situation der regionalen Wirtschaft, die sich auch in der Rezession der deutschen Volkswirtschaft widerspiegelt.
Der aktuelle Indexwert liegt deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt von 118 Punkten. Nach dem Tiefpunkt in der Finanzkrise 2009 war der Index nach einem Jahr wieder über der 100-Punkte-Marke. Wie lange es diesmal braucht, bis die Wirtschaft wieder in „ruhigem Fahrwasser“ ist, hängt neben den sonstigen Risiken für die wirtschaftlichen Abläufe vor allem von der Bewältigung der Auswirkungen der Pandemie ab. Die Corona-Beschränkungen beeinträchtigen Wirtschaft und Gesellschaft, der Start der Impfungen macht Hoffnung.
Stimmung getrübt
Sowohl die aktuelle als auch die zukünftige Geschäftslage werden von den heimischen Unternehmen aufgrund der pandemiebedingten Störungen der Wirtschaftsabläufe deutlich schlechter eingeschätzt als die Jahre zuvor. Gegenüber der letzten Umfrage im Herbst 2020 gab es noch einmal eine Eintrübung. So bewerten nur rund 29 Prozent der Unternehmen im Bezirk der IHK Limburg ihre momentane Geschäftslage mit gut, 32 Prozent aber bezeichnen ihre Lage als schlecht, dem Rest geht es immerhin befriedigend. Die meisten Unternehmen blicken auch eher pessimistisch auf die weitere Entwicklung. Für die kommenden Monaten rechnen rund 37 Prozent der Betriebe mit einer Verschlechterung der Geschäftslage, nur 19 Prozent hoffen auf eine bessere Lage, der Rest erwartet eine gleichbleibende Entwicklung.
Die Umfrageergebnisse für den IHK-Bezirk Limburg entsprechen der konjunkturellen Lage, in der sich die gesamte deutsche Wirtschaft bzw. die Weltwirtschaft befindet. Im Jahr 2019 wuchs das Bruttoinlandsprodukt noch um schwache 0,6 Prozent, nach 1,5 Prozent in 2018. Für 2020 wurde ein Rückgang um 5,0 Prozent festgestellt. Dass dieser bereits in 2021 wieder wettgemacht werden kann, ist eher unwahrscheinlich.
Erholung lässt auf sich warten
Rund ein Jahr nach dem Beginn der Corona-Pandemie verläuft der wirtschaftliche Aufholprozess langsamer und schwächer als erhofft – auch als Folge des erneuten Lockdowns seit November 2020.
Nachdem sich seit Herbst die Erwartungen in der Baubranche stark eingetrübt haben, schafft es deshalb aktuell nur noch die Industrie knapp über die 100-Punkte-Linie einer befriedigenden Beurteilung der Geschäftslage. Der Bau liegt jetzt knapp darunter. Schlechter sieht es bei den Dienstleistern, im Handel und vor allem im Gastgewerbe aus. Die komplette Schließung des Kulturbetriebs, der Gastronomie, der Fitness-Center und des Einzelhandels, verbunden mit einer stark eingeschränkten Reisetätigkeit, sorgen für sogenannte Zweit- und Dritt-Runden-Effekte, die dann auch die Industrie betreffen: was der Handel nicht verkauft, braucht auch der Hersteller nicht herzustellen. Ein weiteres Risiko für die exportorientierte Industrie sind zudem wieder verschärfte Grenzkontrollen.
Maßgebend für eine Erholung wird sein, wie sich die Rahmenbedingungen im ersten Halbjahr 2021 entwickeln. Die Wachstumsprognosen für dieses Jahr werden aktuell nach unten Richtung 3 Prozent korrigiert. In einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld kommt den deutschen Unternehmen ihre internationale Vernetzung zugute.
„Die Corona-Pandemie hat die Wirtschaft in der Region Limburg-Weilburg stark getroffen“, sagt IHK-Präsident Ulrich Heep. „Viele Unternehmen haben mit coronabedingten Umsatzrückgängen zu kämpfen, die nicht selten sogar erheblich sind. Besonders betroffen sind Gastronomie, Hotellerie, Teile des Einzelhandels und zahlreiche, vor allem kleinere Dienstleister, zum Beispiel aus der Veranstaltungsbranche.“ Nach einer zwischenzeitlichen Erholung in den Sommer- und frühen Herbstmonaten nehme nun mit dem erneuten Lockdown nicht nur die Unsicherheit deutlich zu, sondern auch der konkrete finanzielle Druck auf die Unternehmen. Denn das Eigenkapital werde selbst in vielen gut und solide geführten Betrieben knapp, bei vielen sei die Schmerzgrenze erreicht, so Heep.„Von der Politik wünsche ich mir Rahmenbedingungen, die den Unternehmen mehr Planungssicherheit und geschlossenen Betrieben Öffnungsperspektiven geben, um den Lockdown zu überstehen“, betont der IHK-Präsident. Wichtig sei, dass die angekündigten Finanzhilfen, die den unverschuldeten wirtschaftlichen Schaden ausgleichen sollen, die Unternehmen schnell und unbürokratisch erreichen. Kleine oder mittelständische Betriebe dürften dabei nicht durch das Raster der Förderprogramme fallen.„Wenn die Durststrecke zu lange dauert, können viele Geschäftsleute im Sommer nur noch die Scherben zusammenkehren. Dabei brauchen insbesondere Handel und Gastronomie mehr als bloß finanzielle Unterstützung, denn für die Attraktivität und Zukunft unserer Innenstädte und Zentren sind sie von großer Bedeutung“, betont Heep.
Finanzlage angespannt
Die wirtschaftliche Lage schlägt bei vielen Betrieben auch auf die Finanzen durch. So sieht sich fast die Hälfte der heimischen Unternehmen in der Corona-Krise trotz staatlicher Hilfen weiterhin in finanziellen Nöten. In der aktuellen Umfrage berichten mehr als ein Viertel der Unternehmen von einem Rückgang ihres Eigenkapitals, fast jeder fünfte Betrieb hat mit Liquiditätsengpässen zu kämpfen. Die finanzielle Durststrecke der Betriebe zieht sich durch den wiederholten Lockdown weiter in die Länge – und könnte für manche Betriebe sogar das Aus bedeuten. So sehen sich derzeit 5 Prozent der Betriebe in der Gesamtwirtschaft von einer Insolvenz bedroht. Je nach Branche unterscheidet sich die Betroffenheit jedoch stark, vor allem Dienstleister und Gastgewerbe sind stärker betroffen. Zugleich können die bei vielen Firmen aufgezehrten Eigenkapitalpolster auch die Investitionstätigkeit bremsen, die für ein nachhaltiges Wiederanfahren der Konjunktur notwendig ist.
Risiken neu bewertet
Die Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung ihres Unternehmens haben die heimischen Betriebe in der Corona-Krise neu bewertet. So hat sich die Sorge um die Inlandsnachfrage gegenüber dem Jahresbeginn 2020 ganz nach vorn geschoben, genannt von 56 Prozent der Unternehmen (insbesondere vom Großhandel). An zweiter Stelle steht – angesichts erheblicher Eingriffe in die Wirtschaftsabläufe zur Pandemie-Bekämpfung – die Sorge um die politischen Rahmenbedingungen, genannt von 54 Prozent der Unternehmen. Viele Betriebe befürchten nicht berechenbare Maßnahmen der Regierung zur Pandemiebekämpfung, mangelnde staatliche Unterstützungsmaßnahmen oder Reiseeinschränkungen. Häufig genannt werden zudem steigende Belastungen durch Umweltauflagen und CO2-Steuer, zukünftige Steuererhöhungen wegen der Staatsverschuldung, Rückgang staatlicher Investitionen oder Bürokratie und Regulierungen. Die Sorge um ausreichend Fachkräfte steht bei den Unternehmen nun an dritter Stelle, nachdem sie vor einem Jahr noch das größte Risiko war. Als weitere Risiken folgen die Sorge um die Energie- und Rohstoffpreise, die Entwicklung der Arbeitskosten und die Auslandsnachfrage.
Für die Konjunkturumfrage werden dreimal im Jahr rund 500 Mitgliedsunternehmen der IHK Limburg aus den verschiedenen Branchen befragt. Der Konjunkturklimaindex setzt sich zusammen aus der Beurteilung der aktuellen und der zukünftigen Geschäftslage. Bei einem Wert unter 100 kann man von einer negativen Gesamtstimmung sprechen, ab 100 Punkten von einer befriedigenden Beurteilung, ab 120 Punkten von einer guten, ab 130 Punkten von einer sehr guten Beurteilung.