IHK-Bürgermeistergespräch
Bürgermeister diskutieren über Nutzungskonflikte
11. Februar 2020 – Nutzungskonflikte zwischen Wohnen und Gewerbe waren Thema des Bürgermeistergesprächs der IHK Limburg am 4. Februar 2020. Der Stadtplaner Mathias Wolf informierte mit einem Vortrag über die verschiedenen Steuerungselemente der Flächenplanung und diskutierte mit den Rathauschefs der Region sowie Vertretern der IHK über Ursachen von Nutzungskonflikten und Lösungsansätze für mehr Akzeptanz in den Kommunen vor Ort.
Nutzungskonflikte zwischen ruhigem Wohnen einerseits sowie gewerblicher Tätigkeit und Arbeitsplätzen andererseits sind für Städte und Gemeinden ein fast unausweichliches Thema. „Die Bürger schätzen wohnortnahe Arbeitsplätze. Je mehr Verständnis dabei auch für die Zusammenhänge von Wirtschaft und Wohlstand und für erforderliche Betriebsabläufe von Unternehmen vorhanden ist, umso eher kommt es zu einer Verständigung“, beschreibt IHK-Präsident Ulrich Heep die Herausforderung in den Kommunen.
Für Wohnen und für Gewerbe gilt es, ausreichend Flächen zur Verfügung zu stellen und zwar so, dass unterschiedliche Nutzungen nicht zu nahe beieinander liegen. Gleichzeitig ist Fläche endlich. Die Landesregierung will die Flächeninanspruchnahme für neue Siedlungsflächen auf 2,5 ha/Tag beschränken. Damit wird die Steuerung der Flächenplanung zu einer strategischen Aufgabe für die Städte und Gemeinden. Hierbei sollte sie nach Ansicht der hessischen Industrie- und Handelskammern das Land unterstützen, da gegebenenfalls im Gesamtinteresse einer Kommune auch unbequeme Entscheidungen zur Entwicklung von Siedlungsflächen getroffen werden müssen.
„Aus Sicht der gewerblichen Wirtschaft ist es notwendig, den Bedarf nach bezahlbarem Bauland für Gewerbe und Industrie sowie Wohnen gleichermaßen zu berücksichtigen. Ziel sollte sein, dass Unternehmen mit ihren Arbeitsplätzen und Steuerabgaben in ihrem Bestand gesichert und auch bei Erweiterungsabsichten in ihrer Kommune gehalten werden können. Als IHK sind auch wir daran interessiert, dass es erst gar nicht zu Konflikten zwischen Gewerbestandorten und Anwohnern kommt. Die Kommunen sollten besonnen und auch wirtschaftsfreundlich agieren, damit Unternehmen an ihren Standorten und bei ihren Planungen nicht verunsichert werden“, betont Heep.
Über Flächennutzungskonflikte zwischen Wohnen und Gewerbe diskutierte der Stadtplaner Mathias Wolf in der IHK Limburg mit den Bürgermeistern der Region sowie Vertretern der IHK.
© IHK Limburg
Dass es nicht einfach für Kommunen ist, angesichts immer komplexerer Planungsverfahren Nutzungskonflikte ganz zu vermeiden, bestätigte der Stadtplaner Mathias Wolf. Nach seiner Erfahrung sei daher mehr denn je das Schaffen von Transparenz für alle Betroffenen notwendig. So könne man auch am ehesten auf eventuelle Vorbehalte von Anwohnern reagieren oder auf Teilinformationen beruhenden emotionalen Meinungen sachlich entgegentreten. Diese Herausforderung sei dabei umso größer, je mehr der Bedarf an Flächen für Wohnraum und Gewerbe vor Ort das Angebot übersteige. Besonders betroffen seien nicht mehr nur Ballungsräume, sondern auch deren Umland und sonstige Gebiete mit guten Entwicklungsperspektiven, z. B. entlang von Hauptverkehrsachsen.
Beim Vorbehalt, dass Gewerbe- und Industrieunternehmen „Flächenverschwender“ seien, helfe der nüchterne Blick auf die Zahlen, so Wolf. So entfielen laut dem Hessischen Statischen Landesamt nur 1,8 Prozent der Landesfläche auf Industrie und Gewerbe sowie 4,5 Prozent auf Wohnbaufläche. Den größten Anteil der Landesfläche würden Landwirtschaft (43,1 Prozent) und Wald (40,9 Prozent) einnehmen.
Als Steuerungselement der Flächenplanung, mit dem sich langfristig und strategisch Nutzungskonflikte vermeiden lassen, empfahl der Experte den Bürgermeistern besonders den Flächennutzungsplan. Er sollte, so Wolf, immer möglichst aktuell sein, um ihn bei Nutzungskonflikten, aber auch für künftige Planungen in der Zusammenarbeit mit den Fachbehörden, bei der Fortschreibung des Regionalplans oder etwa bei Zielabweichungsverfahren vom Regionalplan einsetzen zu können. Zugleich empfahl er den Bürgermeistern eine ausreichende Bodenbevorratung vor Ort sowie eine stärkere interkommunale Zusammenarbeit bei der Flächenplanung.
Ein Schwerpunkt der Diskussion mit den Bürgermeistern war, wie die Akzeptanz für Flächenplanungen vor Ort und der Umgang mit unterschiedlichen Interessen verbessert werden können. Einig war man sich, dass es hierfür möglichst viel Transparenz bei den Planungsprozessen brauche. Auch durch mehr frühzeitige Beteiligung in Form von etwa Bürgerinformationsveranstaltungen, Bürgerbefragungen oder Diskussionen im Ortsbeirat könne ein Mehr an Miteinander erreicht werden. Wichtig hierfür sei jedoch eine ausreichende Informationsgrundlage, um gegebenenfalls widerstreitende Interessen einander sachlich annähern zu können und einer Dominanz von einzelnen besonders aktiven Interessengruppen vorzubeugen. So könnten aus Konflikten auch Chancen werden.