Forderungsmanagement

Tipps zur Vermeidung von Zahlungsausfällen

Die beste Strategie, um Zahlungsausfälle zu vermeiden, stellt das Ausschalten von Risikofaktoren dar. Dazu gehören beispielsweise eine sorgsame Auswahl des Geschäftspartners, eine optimale Vertragsgestaltung und eine schnelle Forderungsdurchsetzung.

1. Informationen über Geschäftspartner

Zunächst sollten Informationen und Erkundigungen über den Geschäftspartner eingeholt werden. Denn wer seinen Geschäftspartner kennt, kann die Risiken minimieren und mögliche Zahlungsausfälle vermeiden. Dies gilt nicht nur für neue Geschäftspartner, sondern ebenso für bereits bestehende Kundenbeziehungen.
Um an Informationen über seine Geschäftspartner zu kommen, bieten sich folgende Möglichkeiten an:

1.1. Eigene Informationen

Am einfachsten zugänglich sind die Informationen über Ihre Geschäftspartner, die Sie bereits besitzen. Voraussetzung für eine gezielte Nutzung dieser Daten ist allerdings in der Regel, dass Sie über eine moderne Buchhaltungs-EDV verfügen, mit deren Hilfe Sie sich schnell einen Überblick über Auftragsvolumen, Fälligkeiten und Zahlungsstand der Aufträge eines Kunden verschaffen können.

1.2. Firmenauskünfte der IHK

Zur Förderung von Geschäftsabschlüssen und anderen dem Wirtschaftsverkehr dienenden Zwecken dürfen IHKs Auskünfte geben. Firmenauskünfte allgemeiner Art (Name, Firma, Anschrift, Wirtschaftszweig) über ein im IHK-Bezirk ansässiges Mitgliedsunternehmen können daher gegen ein geringes Entgelt bei der IHK angefordert werden, sofern das Unternehmen der Weitergabe aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht widersprochen hat.
Mehr über die Firmenauskünfte erfahren Sie hier.

1.3. Handelsregister

Über Unternehmen, die im Handelsregister eingetragen sind, wie z.B. dem eingetragenen Kaufmann, der Offenen Handelsgesellschaft, der Kommanditgesellschaft, der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, der GmbH & Co. KG und der Aktiengesellschaft können über einen Auszug aus dem Handelsregister genaue Informationen zu Firma, Sitz, Unternehmensgegenstand, Gesellschaftern und vertretungsberechtigten Personen (Geschäftsführern, Prokuristen) sowie zur Höhe des Stammkapitals (bei Kapitalgesellschaften) und zu Insolvenzanträgen oder zum Abwicklungsstatus in Erfahrung gebracht werden.
Die Handelsregisterveröffentlichungen erhalten Sie unter: www.handelsregisterbekanntmachungen.de oder www.handelsregister.de
Bei welchem Registergericht und unter welcher Handelsregisternummer das Unternehmen geführt wird, lässt sich i.d.R. dem Firmenbriefbogen oder der Homepage des Unternehmens (Impressum) entnehmen. Dort ist jeweils der Sitz des zuständigen Amtsgerichts und die Handelsregisternummer anzugeben.

1.4. Unternehmensregister

Durch das Inkrafttreten des EHUG (Elektronisches Unternehmens- und Handelsregister) sind die Unternehmen verpflichtet, die publizitätspflichtigen Rechnungslegungsunterlagen, insbesondere den Jahres- und Konzernabschluss im elektronischen Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Diese Veröffentlichungspflicht greift spätestens 12 Monate nach dem Abschlussstichtag des betroffenen Geschäftsjahres. Bei börsennotierten Gesellschaften beträgt die Frist sogar nur 4 Monate. Die Einhaltung dieser Veröffentlichungspflicht wird auch entsprechend durch das Bundesamt für Justiz verfolgt. Die Jahresabschlüsse der bilanzierungspflichtigen Unternehmen können seit dem Jahr 2007 bei dem elektronischen Unternehmensregister eingesehen werden.
Die veröffentlichungspflichtigen Jahresabschlüssen können abgerufen werden unter: www.unternehmensregister.de

1.5. Bonitätsauskunft

Die Auskunft der Schutzgemeinschaft für Allgemeine Kreditsicherung (Schufa-Auskunft) gibt Auskunft über die Bonität des Schuldners bzw. Geschäftspartners. Eine SCHUFA-Auskunft kann daher Aufschluss über die Vertragstreue und das Zahlungsverhalten bringen aber auch, ob Mahnbescheide erteilt und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eingeleitet wurden.
Informationen zur Erteilung einer Selbstauskunft des Geschäftspartners erhalten Sie unter folgender Internetseite: www.schufa.de
Daneben bieten private Wirtschaftsauskunfteien Bonitätsauskünfte gegen Entgelt an. Einen guten Überblick über die verfügbaren Auskunfteien vor Ort bieten die lokalen Branchenverzeichnisse.

1.6. Schuldnerverzeichnis

Seit 1. Januar 2013 wird bei dem Amtsgericht Hünfeld als zentralem Vollstreckungsgericht das Schuldnerverzeichnis für ganz Hessen geführt. Mehr dazu auf dem Portal der hessischen Gerichtsbarkeit.
Das Schuldnerverzeichnis enthält die Daten zu Personen und Unternehmen, die innerhalb der letzten 3 Jahre eine eidesstattliche Versicherung (Offenbarungseid) abgegeben haben, also vermögenslos sind, bzw. denen zur Erzwingung der eidestattlichen Versicherung die Haft angedroht wurde oder deren Insolvenzverfahren mangels Masse abgewiesen wurde.
Durch das Beziehen der Schuldnerlisten kann also vermieden werden, mit zahlungsunfähigen Geschäftspartnern Verträge einzugehen.

2. Vertragliche Gestaltungs- und Sicherungsinstrumente

Neben der Möglichkeit, sich Informationen über den Vertragspartner zu verschaffen, ist es ratsam, sich präventiv gegen Forderungs- und Zahlungsausfälle zu schützen. Dies geschieht durch einzelvertragliche Vereinbarung oder vielfach auch durch vorformulierte und standardisierte Klauseln in sog. Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Bei AGB ist hinsichtlich solcher Klauseln jedoch Vorsicht geboten, da sie beispielsweise für den Vertragspartner nicht überraschend sein dürfen, andernfalls sind sie unwirksam.
Folgende Gestaltungen haben in der Praxis die größte Bedeutung:

2.1. Vorkasse und Vorschuss

Das weitestgehende vertragliche Sicherungsmittel ist die Vereinbarung von Vorkasse. Hierbei erfolgt die Auslieferung und Übergabe des Kaufgegenstandes oder die Erbringung der Dienstleistung nur dann, wenn der Geschäftspartner zuvor gezahlt hat. Bei einem Vorschuss ist die Leistung davon abhängig, dass der Vertragspartner zumindest einen Teil der Forderung vor Ihrer Leistungserbringung zahlt. Beides kann vertraglich vereinbart werden, soweit eine Vorleistung nicht bereits gesetzlich vorgesehen ist.

2.2. Eigentumsvorbehalt

Dieses Sicherungsmittel wird meist bei Kaufverträgen bzw. Erwerbsgeschäften über bewegliche Sachen vereinbart.
Der einfache Eigentumsvorbehalt ist in § 449 BGB geregelt und bewirkt, dass der Verkäufer bei Kaufgegenständen trotz erfolgter Übergabe an den Käufer aufgrund der vertraglichen Vereinbarung Eigentümer bleibt, bis der Kaufpreis vollständig gezahlt wurde. Im Unterschied zur Vorkasse wird die Hauptleistung damit schon erbracht, obgleich die Gegenleistung noch aussteht. Die Wirkung des Eigentumsvorbehaltes zeigt sich daher erst in dem sich anschließenden Eigentumsübergang. Dieser wird unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung zeitlich solange hinausgezögert, bis die Kaufpreisforderung erfüllt ist.
Statt des einfachen Eigentumsvorbehalts kann auch der sog. verlängerte Eigentumsvorbehalt vereinbart werden. Er hat den Vorteil, dass der Schuldner zur Weiterveräußerung der Ware, trotz mangelnder Eigentümerstellung, berechtigt wird. Das Verkäuferinteresse wird dabei geschützt, weil sich die Rechte des Verkäufers an dem Verkaufserlös fortsetzen, indem der Wiederverkäufer diese Forderungen gegen seinen Kunden bereits im Vorfeld an den Verkäufer abtritt.
Weitere Informationen finden Sie in unserem Merkblatt zum Thema Eigentumsvorbehalt.

2.3. Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung

Bei einer Sicherungsübereignung lässt sich ein Gläubiger zur Absicherung der eigenen Forderung gegenüber seinem Schuldner von diesem bewegliche Sachen übereignen. Der Vorteil der Sicherungsübereignung besteht darin, dass die sicherungsübereigneten Sachen in der Regel beim Schuldner verbleiben können und dieser die vorhandenen Maschinen, Produktionsmittel oder Lagerware damit weiter nutzen kann.
Im Falle einer Sicherungsabtretung werden eigene, auch künftige Forderungen zur Sicherheit an den Gläubiger abgetreten. Die Sicherungsabtretung kann in der Folge also dazu führen, dass bei Eintritt des Sicherungsfalles die Forderung nicht an den bisherigen Gläubiger zu zahlen ist, sondern der Schuldner an einen bislang unbekannten, neuen Gläubiger leisten muss.

2.4. Pfandrecht

Vermieter und Werkunternehmer stehen nach den gesetzlichen Regelungen ein Pfandrecht zu, wodurch diese sich hinsichtlich einer gegen den Schuldner bestehenden Forderung befriedigen können, d.h. wenn der Schuldner nicht zahlt auch die Pfandverwertung betrieben werden kann. Beim Werkunternehmer wird dabei nach § 647 BGB die herzustellende oder zu reparierende Sache Pfandgegenstand. Der Vermieter erhält nach § 562 BGB ein Pfandrecht an den vom Mieter in die Wohnung eingebrachten Sachen.

2.5. Kreditversicherung

Eine zusätzliche Möglichkeit zur Absicherung gegen Forderungsausfall bieten Kreditversicherungen. Die spezialisierten Versicherungsanbieter bewerten die Werthaltigkeit von Forderungen und das Risiko des Forderungsausfalls durch den Kunden. Nach diesen Kriterien wird eine Versicherungsprämie festgesetzt. Aufgrund der teilweise sehr hohen Versicherungsprämien ist dieses Instrument für kleinere und mittelständische Firmen jedoch weniger interessant und lohnt sich im Einzelfall nur bei Forderungen, deren Ausfall für das Unternehmen von Existenz bedrohender Bedeutung sein kann.

3. Forderungsdurchsetzung

Um die Zwangsvollstreckung, also die zwangsweise Durchsetzung von Forderungen gegen den Schuldner, durchführen zu können, sind verfahrensrechtlich drei Voraussetzungen zu erfüllen: Titel, Klausel, Zustellung.
Der bekannteste Titel ist das Gerichtsurteil. Der Erlangung eines solchen Titels geht meist ein längeres Klageverfahren voraus. Eine Alternative dazu bietet das gerichtliche Mahnverfahren. Denn auf diesem Weg kann der Gläubiger deutlich schneller und effizienter zu dem erforderlichen Titel gelangen.
Auch im außergerichtlichen Bereich können Unternehmer ihre Forderungen effektiver durchsetzen, indem sie die Forderungsbeitreibung professionellen, externen Dienstleistungsunternehmen übertragen.

3.1. Gerichtliches Mahnverfahren

Das Mahnverfahren gem. § 688 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) kommt zum Einsatz, wenn ein Gläubiger ausschließlich Geldforderungen ausstehen hat, die er zügig beitreiben will und zu erwarten ist, dass die Forderungen unbestritten bleiben.
Der Vorteil des gerichtlichen Mahnverfahrens besteht darin, dass es sich um ein weitgehend automatisiertes und zentralisiertes Verfahren handelt. Dies trägt zu einer deutlichen Verfahrensbeschleunigung bei.
Zuständig für das Mahnverfahren ist im Bundesland Hessen das zentrale Mahngericht in Hünfeld.
Da es sich um ein formalisiertes Verfahren handelt, erfolgt die Antragstellung ausschließlich auf den dafür vorgesehenen Vordrucken. In dem Antrag ist die Forderung gegen den Schuldner einschließlich aller Nebenforderungen (z.B. Zinsen) anzugeben.
Die Einreichung des Mahnantrags ist auf verschiedenen Wegen beim Amtsgericht möglich:
  • schriftlicher Antrag auf einem speziellen Vordruck;
  • Online-Mahnantrag mit Signatur oder Barcodeverfahren;
  • Dateiübertragung per EGVP (Elektronisches Gerichts- und Verwaltungspostfach), wobei hierfür eine Signaturkarte und ein Kartenlesegerät notwendig ist.
Sollten die in dem Mahnantrag gemachten Angaben fehlerhaft oder zu unbestimmt sein, übersendet das Mahngericht an den Antragsteller eine Monierung. Alle weiteren Verfahrensstufen nach der Antragstellung erfolgen ebenfalls automatisiert (Erlass des Mahnbescheides oder bei Widerspruch Abgabe des Verfahrens an das Amtsgericht, Antragstellung für den Vollstreckungsbescheid und Erlass des Vollstreckungsbescheides).
Der Mahnbescheid bzw. der daraufhin erlassene Vollstreckungsbescheid stellt letztlich die Grundlage für das Einleiten der Zwangsvollstreckungsmaßnahmen dar. Mit der vollstreckbaren Ausfertigung dieses Titels endet das Verfahren für das Mahngericht. Die sich anschließenden Vollstreckungsmaßnahmen werden über das Vollstreckungsgericht ausgeführt.
Informationen zum automatisierten Mahnverfahren erhalten Sie unter folgenden Internetadressen:

3.2. Inkassodienste

Inkassounternehmen können Gläubiger bei einem effektiven Forderungsmanagement unterstützen und so dazu beitragen, die Liquidität eines Unternehmens zu erhalten.
Bei der Inkassotätigkeit handelt es sich um eine gewerbsmäßige Einziehung von Forderungen nach § 2 Abs. 2 des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG). Inkassodienste werden also vom Gläubiger mittels Vollmacht beauftragt, eine fremde Forderung beim Schuldner beizutreiben oder werden im Wege einer Forderungsabtretung des Gläubigers berechtigt, die Forderung einzuziehen.
Die Ausübung dieses Gewerbes ist zulassungspflichtig. Die Zulassung erteilt in Hessen das Oberlandesgericht Frankfurt am Main. Die zugelassenen Inkassounternehmen werden in einem öffentlichen Rechtsdienstleistungsregister geführt.
Das Rechtsdienstleistungsregister mit Recherchemöglichkeit nach Inkassounternehmen kann unter folgender Internetadresse abgerufen werden:
Die registrierten Inkassounternehmen müssen eine besondere Sachkunde (u.a. Kenntnisse im Bürgerlichen Recht, in der Zivilprozessordnung, im Kosten-, Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht) nachweisen und über eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung verfügen. 
Inkassounternehmen erbringen beispielsweise folgende Dienstleistungen für ihre Auftraggeber:
  • mahnen den Schuldner per Brief, Telefon oder persönlich;
  • beantragen einen gerichtlichen Mahnbescheid;
  • leiten die Zwangsvollstreckung mit Hilfe des Gerichtsvollziehers in die Wege und veranlassen bei erfolgloser Beitreibung die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung (EV) oder den Erlass eines Haftbefehls zur Erzwingung der Abgabe der EV;
  • handeln mit dem Schuldner Ratenzahlungs- oder Stundungsvereinbarungen aus.

Stand: November 2020
Dieses Merkblatt soll - als Service Ihrer IHK Limburg - nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.