Wettbewerbsrecht

Adressbuchschwindel

Dieses Merkblatt informiert Sie über die Maschen unseriöser Adressbuchverlage und gibt Hinweise, wie Sie als Betroffener reagieren können.

1. Was ist Adressbuchschwindel?

Adressbuchschwindler versuchen, Unternehmen zu verleiten, ein Angebot anzunehmen für einen kostenpflichtigen Eintrag in ein (Online-) Adress- / Telefon- / Branchenbuch durch die Vorspiegelung
  • eines bereits bestehenden Eintrags, der zu korrigieren ist (Versand / Vorlage von Korrekturfahnen) oder
  • eines kostenlosen Angebots oder
  • einer Verpflichtung zur Eintragung in das Verzeichnis (offizielle Aufmachung durch Verwendung hoheitlicher Symbole wie Fahnen, Sterne, Adler und Namen; Anlehnung der Aufmachung an bekannte seriöse Anbieter) oder
  • eines bestehenden Vertrages, dem im Rahmen eines Telefonats nur noch bestätigt werden soll.
Ausgenutzt werden die Unachtsamkeit und Ungenauigkeit beim Lesen solcher Formulare bzw. das Vertrauen darauf, dass die Behauptungen des Anrufers zutreffend seien. Diese Anbieter bewegen sich oft im rechtlichen Graubereich und nutzen eine uneinheitliche Rechtsprechungspraxis der Zivil- und Strafgerichte für ihre Zwecke.

2. Wie kann man sich vor Adressbuchschwindel schützen?

Vor der Unterschrift unter ein Formular muss dieses vollständig und genau gelesen werden. Auch wenn „Angebot“, „gratis“, „kostenlos“, „Korrektur“ gut sichtbar auf einem Formular steht, heißt das nicht, dass sich aus dem Klein-Gedruckten nicht doch eine Kostenpflicht ergibt, die man mit seiner Unterschrift bestätigt.
Werden Sie stutzig, wenn
  • der Name des Verlages nicht deutlich erkennbar ist,
  • der Sitz des Verlages im Ausland ist,
  • nur eine (ausländische) Faxnummer ersichtlich ist,
  • ein bereits ausgefüllter Überweisungsträger beigefügt ist,
  • Vertreter unangemeldet erscheinen und auf Anrufe Bezug nehmen, die tatsächlich nie stattgefunden haben,
  • im Rahmen eines Telefonats auf eine Unterzeichnung und Übersendung eines Formulars gedrängt wird,
  • wenn im Rahmen eines Telefonats behauptet wird, es gehe um die Verlängerung eines bereits bestehenden Vertrages, die telefonisch nur bestätigt werden soll.

3. Wie kann man sich wehren, wenn man unterschrieben hat?

Wer sich getäuscht fühlt, kann den Vertrag wegen arglistiger Täuschung oder Irrtum über ein bereits bestehendes Vertragsverhältnis anfechten.
Hinweis: Die Wirksamkeit der Anfechtung ist vom jeweiligen konkreten Einzelfall abhängig und kann nicht abschließend durch uns beurteilt werden. Die Entscheidung darüber ist letztendlich den Gerichten vorbehalten.
Zugleich sollte der Vertrag hilfsweise zum nächst möglichen Zeitpunkt gekündigt werden. Sie vermeiden so eine in der Regel ebenfalls im Kleingedruckten versteckte automatische Verlängerung des Vertrags.
Haben Sie bereits Geld bezahlt, fordern Sie dies zusammen mit der Anfechtung zurück. Falls die Zahlung erst vor kurzem erfolgt ist, sprechen Sie mit Ihrer Bank, inwieweit diese rückgängig gemacht werden kann.

Muster für eine Anfechtungs- / Kündigungserklärung:

„Sehr geehrte Damen und Herren,
mit
- Ihrem Formularschreiben vom ... und/oder
- Ihrem Anruf vom ... durch Herrn/Frau und/oder
- Ihrer Aussage durch Ihren Vertreter ...
(Name) am .... in ... (Wo)
haben Sie in fälschlicherweise und wettbewerbswidriger Weise den Eindruck vermittelt, dass .... (Hier ist einzutragen, weshalb Sie sich getäuscht fühlen oder aber einem Irrtum erlegen sind. Beispielsweise, weil der Eindruck vermittelt wurde, es handle sich um einen bereits bestehenden und lediglich zu korrigierenden und/oder zu verlängernden und/oder kostenlosen Eintrag und/oder eine Eintragungspflicht bestände und/oder in ein anderes Branchenverzeichnis.).
Ich fechte deshalb meine Erklärung vom ... an.
Vorsorglich erkläre ich ferner die Kündigung des Vertrages zum Ende der Vertragslaufzeit. Rechtliche Schritte gegen Sie behalte ich mir ausdrücklich vor.“
Für den Fall, dass Sie bereits eine Zahlung geleistet haben, ist zusätzlich in dem gleichen Schreiben zu erklären:
Ich fordere Sie auf, die von mir geleistete Zahlung in Höhe von ... Euro bis zum .... auf mein Konto .... zurückzuerstatten.

4. Ist es sinnvoll, gegen den Adressbuchverlag zu klagen?

Nein, in aller Regel nicht: Während einige Gerichte nämlich den Schwerpunkt des Versäumnisses beim Unterzeichner sehen, weil dieser nicht genau gelesen habe, was er unterschreibt, reagieren andere Gerichte sehr empfindlich auf die oben beschriebenen Formulare und sehen darin einen bewussten Versuch der Täuschung der Adressaten. Erstere verpflichten die Unterzeichner zur Zahlung der „vereinbarten“ Entgelte. Letztere lassen die Adressbuchverlage mit ihren Zahlungsklagen ins Leere laufen. So entsteht eine „Patt“-Situation. Sie sollten deshalb vermeiden, eine gerichtliche Klärung der Rechtslage herbeizuführen.

5. Tipps zur Anfechtungs- / Kündigungserklärung

  • Rufen Sie bei Ihrer IHK an, wenn Sie nicht sicher sind, ob es sich um einen unseriösen Anbieter handelt.
  • Senden Sie Ihre Anfechtungs- / Kündigungserklärung im Original und / oder per Telefax an den Adressbuchverlag.
  • Bewahren Sie die Kopie und den Zusendungsnachweis (bspw. Faxprotokoll oder Einschreiben/Rückscheinkarte) aus Beweisgründen unbedingt auf.
  • Liegt die Zahlung erst wenige Tage zurück, können Sie zudem unter Umständen Ihren Überweisungsauftrag noch stornieren. Fragen Sie bei Ihrer Bank nach.
  • Anwaltliche Hilfe ist in der Regel erst notwendig, wenn trotz der Anfechtung der Betrag gerichtlich geltend gemacht wird.

6. Was passiert, wenn Sie angefochten oder gekündigt haben?

Nach bisherigen Erfahrungen mit unseriösen Adressbuchverlagen bestehen diese auch nach der Anfechtung und / oder Kündigung weiter auf Zahlung ihrer Forderungen. Die Betroffenen erhalten:
  • Die Betroffenen erhalten Hinweise auf die aus Sicht der unseriösen Adressbuchverlage geltende Rechtslage, alte Urteile zugunsten der Adressbuchverlage und Mahnungen bis hin zu sehr aggressive Mahnschreiben, die oft über Jahre hinweg mit längeren Unterbrechungen verschickt werden.
  • Inkassobüros und / oder Rechtsanwälte werden von den Verlagen eingeschaltet.
  • Klage und Mahnbescheid werden angedroht.
  • Gerichtliche Mahnverfahren werden eingeleitet.
  • Negative Schufa-Eintragungen und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen werden angedroht.
  • Wer dem Mahnbescheid widerspricht, erhält u. U. die Aufforderung den Widerspruch zurückzunehmen. Wird der Widerspruch nicht zurück genommen, wurden in manchen Fällen Vergleichsangebote vorgelegt.

Tipps:

  • Gehen Sie nicht auf Vergleichsangebote der unseriösen Adressbuchverlage ein, die häufig verschickt werden, wenn die Betroffenen den Vertrag angefochten haben.
  • Lassen Sie sich nicht durch die hohen „Folgekosten“ beeindrucken, die in Mahnschreiben aufgelistet werden, z. B. Inkassokosten. In der Regel wird dadurch nur eine weitere Drohkulisse aufgebaut, die die Betroffenen zur Zahlung bewegen soll.
  • Oft verläuft die Angelegenheit im Sand, weil es den unseriösen Anbietern häufig nur darauf ankommt, die Betroffenen unter Druck zu setzen, damit diese Zahlungen leisten. Eine gerichtliche Auseinandersetzung scheuen solche Anbieter oft.
  • Lassen Sie sich nicht von Drohungen einschüchtern, die teilweise die Rechtslage falsch wiedergeben, z. B. Androhung eines Schufa-Eintrags oder sofortiger Zwangsvollstreckungsmaßnahmen.
Achtung: Hierbei handelt es sich um Erfahrungswerte aus der Vergangenheit. Aussagen dazu, wie einzelne unseriöse Adressbuchverlage sich künftig oder im konkreten Einzelfall verhalten werden, sind ebenso wenig möglich wie Aussagen dazu, wie sich die Gesetzeslage und Rechtsprechung in diesem Bereich entwickeln werden.
Oft lohnt es sich aber, die Sache einfach „auszusitzen“, indem man zwar die Anfechtung erklärt, aber auf weitere Schreiben und Drohungen der Anbieter nicht mehr reagiert. Wer den längeren Atem und die Nerven dazu hat, ist oft im Vorteil, weil die Forderung letztendlich nicht gerichtlich geltend gemacht wird.
Reagieren müssen Sie aber auf jeden Fall dann, wenn Sie einen Mahnbescheid oder eine Klage erhalten. Beides wird Ihnen jedoch direkt vom Gericht zugestellt, nicht über ein Inkassobüro oder einen Rechtsanwalt.

7. Was können Sie noch tun?

Unseriöses Verhalten eines Adressbuchverlages kann im konkreten Einzelfall wettbewerbsrechtliche, gewerberechtliche aber auch strafrechtliche Konsequenzen haben. Informieren Sie:
Recherchieren Sie im Internet und versuchen Sie, möglichst viele Informationen über den unseriösen Anbieter herauszufinden. Oft finden sich auch Erfahrungsberichte anderer Betroffener. Auch die Frage, ob ein Adressbuchschwindler tatsächlich seine Forderungen gerichtlich geltend macht, kann man teilweise anhand der Erfahrungsberichte beantworten.

Dieses Merkblatt soll – als Service Ihrer IHK – nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.