Insolvenzrecht

Hinweise für Schuldner zum Regelinsolvenzverfahren

Jede Insolvenz wird von der Staatsanwaltschaft überprüft. Wird der Insolvenzantrag nicht unverzüglich, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt des Insolvenzgrundes gestellt, erfüllt dies den Tatbestand der Insolvenzverschleppung. Daneben drohen weitere strafrechtliche Konsequenzen und Verurteilungen; insb. vorenthaltene und veruntreute Arbeitnehmer-Beiträge zur Sozialversicherung.
Unser Merkblatt fasst die wichtigsten Schritte zusammen, um sich in einer Insolvenz richtig zu verhalten.

1. Welches Insolvenzverfahren ist für mich das richtige?

Das kommt auf Ihren Status an. Das Regelinsolvenzverfahren ist das besonders für Unternehmen geeignete Insolvenzverfahren, während das Verbraucherinsolvenzverfahren vornehmlich für private Verbraucher gedacht ist. Zwischen ihnen besteht keine Wahlmöglichkeit, d.h. es kann in einem Insolvenzfall nur eines der beiden Verfahren anwendbar sein.
Dem Regelinsolvenzverfahren unterfallen alle Unternehmensinsolvenzen sowie Insolvenzen von Selbständigen. Nicht-Selbständige unterliegen demgegenüber dem Verbraucherinsolvenzverfahren. Auch ehemals Selbständigen ist es eröffnet, sofern ihre Vermögensverhältnisse überschaubar sind (d.h. höchstens 19 Gläubiger bei Verfahrenseröffnung) und keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen (dazu zählt insbesondere die Sozialversicherung).
Das Verbraucherinsolvenzverfahren setzt vorrangig auf eine einvernehmliche Schuldenbereinigung. Scheitert die Einigung, folgt ein im Vergleich zur Regelinsolvenz vereinfachtes Insolvenzverfahren.

2. Wer darf den Antrag auf Insolvenz stellen?

Antragsberechtigt sind sowohl der Gläubiger als auch der Schuldner. Ein Insolvenzverfahren wird also nicht von Amts wegen eingeleitet. Es kommt nur zustande, wenn entweder der Schuldner selbst oder seine Gläubiger dies beantragen. Selbstverständlich kann auch bereits ein einziger Gläubiger den Antrag stellen.
Stellt der Gläubiger den Insolvenzantrag, benötigt er dazu grundsätzlich keinen Vollstreckungstitel. Es genügt, wenn er ein rechtliches Interesse hat und einen sog. Eröffnungsgrund (dazu Fragen 5 – 7) wie auch seine Forderung glaubhaft macht. Dies geschieht in der Regel durch Vorlage von Belegen, wie z.B. Rechnungen oder der eidesstattlichen Versicherung.
Auch der Schuldner kann den Antrag stellen. Bei juristischen Personen (AG, GmbH) und Personengesellschaften ist hierzu jedes Mitglied des Vertretungsorgans (Vorstand, Geschäftsführer) befugt, bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien darüber hinaus jeder persönlich haftende Gesellschafter. Ist eine juristische Person führungslos, ist auch jeder ihrer Gesellschafter zur Stellung des Insolvenzantrags berechtigt, im Falle der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder Genossenschaft zudem jedes Mitglied des Aufsichtsrats.
Eine Antragspflicht besteht grundsätzlich nicht, es sei denn es handelt sich um eine Kapitalgesellschaft (AG, GmbH) oder eine Gesellschaft, für deren Schulden keine natürliche Person persönlich haftet (dazu Frage 4).

3. Kann ich mich gegen einen durch einen Gläubiger gestellten Insolvenzantrag wehren?

Ja! Und zwar immer dann, wenn ein sog. Eröffnungsgrund (dazu Fragen 5 – 7) nicht oder nicht mehr vorliegt. Auch muss der Gläubiger diesen Grund nicht nur glaubhaft machen, sondern ebenso ein rechtliches Interesse an dem Insolvenzantrag haben. Dies ist zu verneinen, wenn er mit seinem Antrag insolvenzfremde Zwecke verfolgt, etwa den Schuldner als Wettbewerber loswerden will. Ein Insolvenzantrag ist zudem unzulässig, wenn ihm nur eine einzige Forderung zugrunde liegt und der Schuldner diese Forderung bestreitet. Dann muss der Gläubiger seine Forderung ganz normal vor den Zivilgerichten einklagen.
Ein von Anfang an unbegründeter Insolvenzantrag kann unter Umständen zu einer Schadensersatzpflicht des Gläubigers wegen Kreditgefährdung, vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung oder übler Nachrede führen. Allein die Tatsache, dass der Gläubiger sich überhaupt des staatlich bereitgestellten Verfahrens bedient hat, genügt dafür allerdings nicht!

4. Wann muss ich den Insolvenzantrag stellen?

Sie müssen das Insolvenzverfahren beantragen, wenn ein sog. Eröffnungsgrund vorliegt. Eröffnungsgründe sind: Zahlungsunfähigkeit (Frage 5) oder Überschuldung (Frage 6). Auch bei bereits drohender Zahlungsunfähigkeit können Sie als Schuldner – nicht aber Ihre Gläubiger – einen Insolvenzantrag stellen (Frage 7).
Die Geschäftsführer einer GmbH und der Vorstand einer Aktiengesellschaft sind bei Vorliegen eines Eröffnungsgrundes verpflichtet, unverzüglich einen Insolvenzantrag zu stellen, spätestens jedoch nach Ablauf von drei Wochen nach Eintritt des Insolvenzgrundes.
Im Falle der Führungslosigkeit einer GmbH, einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft trifft diese Pflicht auch jeden Gesellschafter bzw. jedes Mitglied des Aufsichtsrats, es sei denn, die betreffende Person hatte von der Zahlungsunfähigkeit, der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis. Kenntnis bedeutet dabei positives Wissen. Ausreichend ist aber bereits, dass man sich bewusst der Kenntnis verschließt.
Eine „Insolvenzverschleppung“ kann zum Schadensersatz gegenüber den Gläubigern verpflichten und unter Umständen sogar strafbar sein. Daneben kann, wenn der Antrag nicht unverzüglich gestellt wird, die Restschuldbefreiung (dazu Frage 17) versagt werden.

5. Ab wann bin ich zahlungsunfähig?

Ein Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er seine Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllen kann. Davon kann man ausgehen, sobald er seine Zahlungen endgültig eingestellt hat. Eine vorübergehende Zahlungsstockung reicht nicht aus. So, wenn zwar am Tag der Fälligkeit der Forderung keine Mittel zur Bezahlung bereit stehen, dies aber entweder mittels eines Bankkredits oder durch Stundung der Forderung geändert werden kann. Eine Zahlungsstockung liegt auch vor, wenn für die allernächste Zeit ein Zahlungseingang zu erwarten ist. Der Bundesgerichtshof nimmt hierfür einen Zeitraum von drei Wochen an.

6. Ab wann bin ich überschuldet?

Die Überschuldung betrifft nur juristische Personen (AG, GmbH) sowie solche Gesellschaften, bei denen keine natürliche Person persönlich haftender Gesellschafter ist (Hauptfall: GmbH & Co. KG). Bei ihnen kommt es nicht nur bei Zahlungsunfähigkeit zu einer Verfahrenseröffnung, sondern auch schon dann, wenn ihr Vermögen nicht mehr ausreicht, ihre Verbindlichkeiten zu decken. Dazu werden die Aktiva und Passiva in einer Überschuldungsbilanz gegenübergestellt. Die Bewertung erfolgt im Rahmen einer Prognose über die Fortführung des Unternehmens. Ist sie nicht überwiegend wahrscheinlich, setzt man die (niedrigeren) Liquidationswerte an. Anderenfalls legt man die (meist höheren) Fortführungswerte zugrunde. Im Einzelfall kann die Feststellung der Überschuldung nicht immer einfach sein. Es empfiehlt sich daher, einen Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer hinzuziehen.
Ist eine Aktiengesellschaft oder eine GmbH zahlungsunfähig oder überschuldet, sind deren Vorstand oder Geschäftsführer verpflichtet, unverzüglich (spätestens drei Wochen nach Kenntnis) Insolvenzantrag zu stellen. Während der Führungslosigkeit einer solchen Gesellschaft trifft diese Pflicht auch jeden Gesellschafter bzw. jedes Mitglied des Aufsichtsrats, es sei denn, die betreffende Person hatte von der Zahlungsunfähigkeit, der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis. Eine „Insolvenzverschleppung“ kann zum Schadensersatz gegenüber den Gläubigern verpflichten und unter Umständen sogar strafbar sein.

7. Ab wann bin ich drohend zahlungsunfähig?

Für den Schuldner besteht auch die Möglichkeit, bei drohender Zahlungsunfähigkeit Insolvenz anzumelden. Sie müssen also nicht erst abwarten, bis die Zahlungsunfähigkeit tatsächlich eingetreten ist. Es reicht aus, dass Sie voraussichtlich nicht Ihre fälligen Zahlungspflichten erfüllen können.
Die Beurteilung erfolgt auf der Grundlage eines Finanz- bzw. Liquiditätsplanes, der die Bestände an flüssigen Mitteln sowie Planeinzahlungen und Planauszahlungen verdeutlicht. Aussagekräftig ist die Differenz zwischen dem Anfangsbestand an Zahlungsmitteln einerseits und den geplanten Auszahlungen andererseits. Künftige Kreditaufnahmen fließen in den Plan ein, ebenso wie künftig entstehende Verbindlichkeiten, die zwar noch nicht begründet sind, jedoch in Zukunft mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit begründet werden müssen, etwa um den Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten. Ein Mindestzeitraum von einem halben Jahr bildet in der Regel die Untergrenze der Prognose. Kann anhand eines solchen Finanzplanes festgestellt werden, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit überwiegend wahrscheinlich ist, liegt der Insolvenzgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit vor.

8. An wen muss ich den Insolvenzantrag richten?

Sie müssen ihn schriftlich an das zuständige Insolvenzgericht senden. Zuständig ist regelmäßig das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Mittelpunkt Ihrer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit liegt.
So einfach dies klingt, so schwierig kann die Ermittlung des zuständigen Gerichts sein. Hinzu kommt: Richten Sie Ihren Antrag an das falsche Gericht, überweist es ihn zwar an das richtige Gericht. Dabei entstehen zusätzliche Kosten, die Sie zu tragen haben. Es empfiehlt sich daher, für den Insolvenzantrag juristische Hilfe in Anspruch zu nehmen.

9. Was muss ich alles in den Insolvenzantrag schreiben?

Der Antrag muss schriftlich erfolgen. Darin führen Sie alle Tatsachen auf, aus denen sich der Eröffnungsgrund ergibt (dazu Fragen 5 – 7). Außerdem sollten Sie ein Vermögensverzeichnis, wenn möglich mit Gläubiger- und Schuldnerverzeichnissen, beifügen. Wollen Sie in den Genuss einer Restschuldbefreiung (dazu Frage 17) kommen, müssen Sie dies ausdrücklich beantragen. Zugleich müssen Sie erklären, dass Sie Ihren pfändbaren Einkommensanteil während der Wohlverhaltensphase (dazu Frage 18) an einen vom Gericht zu bestimmenden Treuhänder abtreten. Empfehlenswert ist es auch, wenn Sie zumindest in groben Zügen schon einen Insolvenzplan (dazu Frage 15) entwerfen können.

10. Was für gerichtliche Maßnahmen erwarten mich nach dem Insolvenzantrag?

Das Gericht überprüft zunächst den Eröffnungsgrund. Dazu bedient es sich in der Regel eines Sachverständigen, meist bereits der potentielle Insolvenzverwalter, der ein Gutachten mit einer Empfehlung abgibt. Bejaht das Gericht demnach den Insolvenzgrund, kümmert es sich um die Finanzierung des Insolvenzverfahrens. Dabei wird das Verfahren nur dann eröffnet, wenn Ihr Vermögen ausreicht, die Verfahrenskosten zu decken (u.a. Gerichtskosten, Honorar und Auslagen des Insolvenzverwalters). Alternativ genügt es, wenn Ihre Gläubiger einen Vorschuss auf die Verfahrenskosten leisten.
Weiterhin wird das Gericht verschiedene Maßnahmen treffen, um eine Verschlechterung der Vermögenslage bis zur Entscheidung über den Insolvenzantrag zu verhüten. Zumeist bestellt es einen vorläufigen Insolvenzverwalter, der Ihr Vermögen sichtet und sichert. Dessen Kompetenzen unterscheiden sich danach, ob Ihnen bereits jetzt die Verfügungsmacht über Ihr Vermögen komplett entzogen wird („starker“ vorläufiger Verwalter) oder Ihnen als weniger einschneidende Maßnahme ein Verwalter zur Seite gestellt wird, der Sie sozusagen „beaufsichtigt“ („schwacher“ vorläufiger Verwalter). Damit begnügen sich die Gerichte gerne bei kooperativen Schuldnern. Gleichwohl muss das Gericht dessen Befugnisse genau festlegen, z.B. ihn zum Forderungseinzug ermächtigen. Besonders wichtig ist, dass er Masseverbindlichkeiten nur begründen kann, soweit ihm das Gericht die entsprechende Verfügungsmacht auch eingeräumt hat, also z.B. das Unternehmen des Schuldners fortführen und dafür auch Verbindlichkeiten eingehen darf. Beim „starken“ Verwalter versteht sich dies von selbst.
Kommt das Gericht zur Überzeugung, dass genug Masse zur Deckung der Verfahrenskosten vorhanden ist und dass ein Insolvenzgrund vorliegt, eröffnet es das Insolvenzverfahren per Beschluss. Anderenfalls weist es den Antrag ab. Die Abweisung ist mittels sofortiger Beschwerde anfechtbar. Kommt es zur Abweisung mangels Masse, so hat das Gericht den Schuldner in das Schuldnerverzeichnis einzutragen. Ist der Schuldner eine juristische Person, die keine natürliche Person als persönlich haftenden Gesellschafter hat (AG, KGaA, GmbH und GmbH & Co. KG), muss die Gesellschaft aufgelöst und im Register gelöscht werden.
Kommt es dagegen zur Eröffnung des Verfahrens, enthält der Eröffnungsbeschluss den Eröffnungstermin, und zwar bis auf die Minute genau! Ab diesem Zeitpunkt kommt es nämlich für Sie als Schuldner zu einschneidenden Änderungen, insbesondere verlieren Sie die Befugnis, über Ihr Vermögen zu verfügen. Der Beschluss führt Ihre Koordinaten auf und nennt den vom Gericht eingesetzten Insolvenzverwalter; zumeist ist dies der bisherige vorläufige Verwalter. Das Gericht kann aber auch Eigenverwaltung anordnen, so dass Sie Ihr Vermögen selbst weiterverwalten können, dabei aber einen Sachwalter zugewiesen bekommen. Schließlich informiert der Beschluss darüber, ob der Schuldner Restschuldbefreiung (siehe Frage 14) beantragt hat.
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens macht das Gericht über das Internet öffentlich bekannt (www.insolvenzbekanntmachungen.de). Außerdem stellt es den Eröffnungsbeschluss den Gläubigern zu. Damit kann es auch den Insolvenzverwalter beauftragen. Erfolgt die Zustellung im Inland, gilt der Beschluss ungeachtet tatsächlicher Begebenheiten drei Tage nach Aufgabe bei der Post als zugestellt.

11. Was habe ich nach Antragsstellung noch für Pflichten?

Schuldner sowie deren gesetzliche Vertreter treffen umfassende Auskunfts- und Mitwirkungspflichten. Sie sind verpflichtet dem Insolvenzgericht, wie auch dem (vorläufigen) Insolvenzverwalter, bzw. Sachverständigen über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse vollständig und wahrheitsgemäß Auskunft zu erteilen und Unterlagen zu überlassen. Dies gilt besonders für solche Umstände, die zur Feststellung und vorläufigen Sicherung der Masse, wie auch für die Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erforderlich sind. Dies umfasst sämtliche Buchführungsunterlagen und sonstige Geschäftspapiere, etwa Verträge und Gesellschafterbeschlüsse. Befinden sich diese Unterlagen im Besitz eines Dritten, etwa in einem Steuerberaterbüro, so müssen sie notfalls von dort beschafft werden.
Es sind auch Tatsachen zu offenbaren, die geeignet sind, eine Verfolgung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit herbeizuführen. Wer entgegen diesen Auskunfts- und Mitwirkungspflichten Vermögensbestandteile, die im Falle der Verfahrenseröffnung zur Insolvenzmasse gehören verheimlicht oder beiseite schafft, macht sich wegen Bankrotts strafbar.

12. Was für Verfahrenskosten erwarten mich?

Das Insolvenzverfahren wird nur eröffnet, wenn die Deckung der Verfahrenskosten (Gerichtskosten, Auslagen, Kosten des Insolvenzverwalters) entweder durch noch vorhandenes Vermögen oder einen Kostenvorschuss gesichert ist. Ist der Schuldner eine natürliche Person, mittellos und beabsichtigt Restschuldbefreiung zu erlangen, können ihr die Verfahrenskosten gestundet werden. Davon sind sowohl die Gerichtskosten, die Kosten und Auslagen des Insolvenzverwalters wie auch die Kosten eines beigeordneten Rechtsanwalts bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung umfasst (sofern das Gericht eine solche Beiordnung für geboten erachtet).
Kommt das Gericht allerdings zu dem Schluss, dass das Vermögen des Schuldners nicht ausreicht, um die Verfahrenskosten zu decken, so lehnt es den Eröffnungsantrag ab und der Schuldner wird für fünf Jahre ins Schuldnerverzeichnis eingetragen. Ist der Schuldner eine juristische Person oder eine Gesellschaft, die keine natürliche Person als persönlich haftenden Gesellschafter hat (AG, KGaA, GmbH und GmbH & Co. KG), muss die Gesellschaft aufgelöst und im Register gelöscht werden.

13. Wie sieht das Insolvenzverfahren aus?

Die Verfahrenseröffnung erfolgt durch Beschluss des Insolvenzgerichts. Ihn macht das Gericht über das Internet öffentlich bekannt (www.insolvenzbekanntmachungen.de). Außerdem stellt es den Eröffnungsbeschluss den Gläubigern zu. Damit kann es auch den Insolvenzverwalter beauftragen. Erfolgt die Zustellung im Inland, gilt der Beschluss ungeachtet tatsächlicher Begebenheiten drei Tage nach Aufgabe bei der Post als zugestellt.
Der Eröffnungsbeschluss enthält:
  • den genauen Eröffnungstermin;
  • die Bezeichnung des Schuldners;
  • die Benennung des bestellten Insolvenzverwalters,
  • die Frist, innerhalb der die Gläubiger ihre Forderungen beim Insolvenzverwalter angemeldet haben müssen (sie liegt zwischen 2 Wochen und 3 Monaten);
  • den Berichts- und Prüftermin für die Gläubigerversammlung sowie
  • die Aufforderung an die Gläubiger, etwaige Sicherungsrechte umgehend anzumelden.
Nach Ablauf der genannten Frist erstellt der Insolvenzverwalter eine Insolvenztabelle. Dafür prüft er die von den Gläubigern angemeldeten Forderungen und trägt sie dort nach Art und Umfang ein. Es folgt die Beschlagnahme und Verwertung sämtlichen pfändbaren Vermögens des Schuldners. Daneben zieht der Insolvenzverwalter das pfändbare Schuldnereinkommen während des Verfahrens ein. Der Insolvenzverwalter führt gegebenenfalls die laufenden Geschäfte weiter. Er kann sogar Rechtsgeschäfte, die der Schuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgeschlossen hatte, rückgängig machen.
Im anschließenden Berichterstattertermin unterrichtet der Insolvenzverwalter die Gläubiger über die Lage des Schuldners. Die Gläubiger können dann entscheiden, ob sie das Schuldnervermögen liquidieren, d.h. es verwerten und unter ihnen verteilen. Sie können dabei vereinbaren, ob sie dies strikt nach den gesetzlichen Regeln machen wollen oder ob sie davon durch Aufstellung eines Insolvenzplans (dazu Frage 15) abweichen. Ebenfalls mit einem Insolvenzplan können die Gläubiger auch eine Sanierung des Unternehmensträgers beschließen. Gelingt kein Insolvenzplan, wird das Vermögen nach allgemeinen Regeln durch den Insolvenzverwalter verwertet (dazu Frage 14). Schließlich wird unter den Gläubigern im Schlusstermin der Erlös des Vermögens bzw. das Einkommen nach Abzug der Verfahrenskosten nach einer festen Rangfolge verteilt.
Nach Verteilung des Vermögens an die Gläubiger entscheidet das Gericht über die Restschuldbefreiung (dazu Frage 17). Dies erfolgt natürlich erst einmal nur insofern, als überhaupt eine Restschuldbefreiung zugelassen wird. Endgültig kann über sie erst entschieden werden, wenn die in der Regel sechsjährige Wohlverhaltensphase (dazu Frage 18) beanstandungslos abgelaufen ist.

14. Welche Gläubiger bekommt bei Vermögensverwertung von dem Vermögen was und wie viel?

Dies kommt darauf an, welcher Gruppe von Gläubigern er angehört. Die Insolvenzordnung unterscheidet verschiedene Gläubigergruppen. Jeder Gruppe werden unterschiedliche Rechte hinsichtlich der Mitwirkung und der Befriedigung ihrer Forderungen zuerkannt. Man unterscheidet in der Rangfolge ihrer Ansprüche:
  1. aussonderungsberechtigte Gläubiger;
  2. absonderungsberechtigte Gläubiger;
  3. Massegläubiger;
  4. nicht nachrangige Insolvenzgläubiger und
  5. nachrangige Insolvenzgläubiger.

14.1. Aussonderungsberechtigte Gläubiger

In der Insolvenz privilegiert sind solche Rechte, die gar nicht zur Haftungsmasse des Schuldners gehören. Wer z.B. dem Schuldner eine Maschine unter Eigentumsvorbehalt verkauft hat, erhält ein Aussonderungsrecht. Die Maschine gehört nämlich bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung noch gar nicht dem Schuldner. Ein aussonderungsberechtigter Gläubiger kann deshalb die Herausgabe außerhalb des Insolvenzverfahrens verlangen, er ist kein Insolvenzgläubiger. Befindet sich die unter Eigentumsvorbehalt gekaufte Sache allerdings im Besitz des Insolvenzverwalters, muss er sie grundsätzlich nicht direkt an den Verkäufer herausgeben. Der Insolvenzverwalter kann wählen, ob er den Kaufvertrag erfüllen oder die Erfüllung ablehnen will. Seine Entscheidung kann er bis zum Berichtstermin herausschieben und das Votum der Gläubigerversammlung über eine Sanierung oder eine Liquidation des Unternehmens abwarten. Der Gläubiger muss also unter Umständen die Sache noch bis zum Berichtstermin bei der Insolvenzmasse belassen. Eine Ausnahme gilt nur, wenn sich bis dahin ihr Wert erheblich mindern kann (z. B. verderbliche Ware, Saisonware) und der Gläubiger den Verwalter darauf hingewiesen hat. Damit sollen die Fortführungschancen des Schuldnerunternehmens verbessert und eine vorzeitige Zerschlagung des Unternehmens verhindert werden.

14.2. Absonderungsberechtigte Gläubiger

Wer keinen Eigentumsvorbehalt, sondern nur Sicherungseigentum oder ein Pfandrecht aufweisen kann, ist zwar dem Insolvenzverfahren unterworfen, erhält aber ein Absonderungsrecht. Er wird aus dem Erlös des Sicherungseigentums vor allen anderen Gläubigern befriedigt. Zur Gruppe der absonderungsberechtigten Gläubiger gehören zumeist Lieferanten, die einen verlängerten Eigentumsvorbehalt mit Verarbeitungs-, Verbindungs-, Vermischungs- oder Vorausabtretungsklausel vereinbart haben.
Der Insolvenzverwalter muss dem Gläubiger vor der Verwertung die Art und Weise der Veräußerung mitteilen und ihm die Gelegenheit geben, innerhalb einer Woche auf eine günstigere Verwertungsmöglichkeit hinzuweisen, die er dann wahrzunehmen hat. Aus dem Verwertungserlös darf der Insolvenzverwalter die Kosten der Feststellung und der Verwertung sowie eine eventuelle Umsatzsteuerbelastung vorab entnehmen. Die Feststellungskosten werden mit 4 % und die Verwertungskosten mit 5 % pauschaliert. Allerdings erlaubt das Gesetz zur Kompensation dieser Kosten eine entsprechende Übersicherung bei der Begründung des Sicherungsrechts. Verwertungserlöse, die die Höhe des Gläubigeranspruchs übersteigen, fallen der Insolvenzmasse zu. Im Gegenzug kann der absonderungsberechtigte Gläubiger den Teil seiner Forderung als Insolvenzgläubiger geltend machen, der durch die Verwertung abzüglich der Kosten nicht gedeckt werden kann.

14.3. Massegläubiger

Massegläubiger sind all diejenigen Gläubiger, deren Ansprüche erst nach Verfahrenseröffnung begründet und durch das Verfahren selbst veranlasst worden sind. Zu diesen Ansprüchen gehören vor allem die Verfahrenskosten (Gerichtskosten sowie Vergütung und Auslagen des Insolvenzverwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses) sowie die aus den Handlungen des Verwalters resultierenden Masseverbindlichkeiten. Die Forderungen der Massegläubiger werden, soweit der Umfang der Insolvenzmasse es zulässt, in voller Höhe befriedigt. Dieses Privileg soll gewährleisten, dass das Verfahren reibungslos abläuft. Es führt aber oft dazu, dass die Teilungsmasse, die den Insolvenzgläubigern verbleibt, sich stark verringert.

14.4. Insolvenzgläubiger

Als Insolvenzgläubiger werden alle Gläubiger bezeichnet, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben. Der Anspruch braucht zu diesem Zeitpunkt nur begründet, nicht aber fällig zu sein. Die Forderungen der Insolvenzgläubiger werden quotenmäßig aus der verbleibenden Insolvenzmasse bedient. Die Quote ergibt sich aus dem Verhältnis der noch vorhandenen Vermögenswerte zur Summe aller Verbindlichkeiten.
Beispiel: Beläuft sich die zur Verfügung stehende Masse auf 100.000,- € und stehen ihr Verbindlichkeiten in Höhe von 800.000,- € gegenüber, so beträgt die Quote 1/8 = 12,5 %. Beträgt die Forderung eines Insolvenzgläubigers 5000,- €, erhält er von dieser Summe 12,5 %, also 625,- €.

14.5. Nachrangige Insolvenzgläubiger

Nachrangige Insolvenzgläubiger werden nur noch bedient, wenn nach Befriedigung aller anderen Gläubiger noch etwas von der Insolvenzmasse übrig ist. In der Praxis kommt dies so gut wie nie vor. Nachrangige Insolvenzforderungen sind z. B. die seit Verfahrenseröffnung laufenden Zinsen oder die Kosten, die den einzelnen Gläubigern durch ihre Teilnahme am Insolvenzverfahren erwachsen.

15. Was ist ein Insolvenzplan und wie muss er genau aussehen?

Der Insolvenzplan soll den Beteiligten ermöglichen, die Insolvenz flexibel und wirtschaftlich effektiv abzuwickeln. Sie können deshalb mit einem Insolvenzplan von der Insolvenzordnung abweichen, wenn sie meinen, dass sich so ihre Ziele besser verwirklichen lassen. Ein Insolvenzplan kommt praktisch nur bei Unternehmensinsolvenzen vor, wenn der Unternehmensträger saniert oder fortgeführt werden soll. Die Gläubiger können aber ebenso gut bei einer Liquidation ihre eigenen Vorstellungen mit einem Insolvenzplan verfolgen, wenn sie die gesetzlichen Regeln der Insolvenzordnung nicht für sinnvoll erachten. Jedenfalls fasst der Insolvenzplan die Vorstellungen der Gläubiger zusammen. Auch dem Schuldner ist es möglich, einen Insolvenzplan aufzustellen. In der Praxis macht er dies mitunter mit seinem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, um so seine Rettungschancen zu erhöhen.
Der Plan stellt den „Ist-Zustand“ dar und beschreibt die beabsichtigten Rechtsänderungen, insbesondere Forderungskürzungen und Stundungen. Die Gläubiger werden in Gruppen gleicher Rechtsstellung und gleicher wirtschaftlicher Interessenlage eingeteilt, wobei sie innerhalb jeder Gruppe gleichzubehandeln sind. Der Plan muss von den Gläubigern – in den Gruppen abstimmend – gebilligt werden; und zwar mit Kopf- und Summenmehrheit in jeder Gruppe. Gegebenenfalls kann das Gericht die Zustimmung ersetzen, wenn der Plan nichtzustimmende Gruppen nicht schlechter stellt als das gesetzliche Liquidationsverfahren. Unbeachtlich ist auch der Widerspruch des Schuldners, falls der Plan ihn nicht schlechter stellt als eine Liquidation. Stimmt der Schuldner zu, muss der Plan abschließend vom Insolvenzgericht bestätigt werden. Die Bestätigung führt dazu, dass alles das, was in ihm festlegt ist, für und gegen alle Beteiligten gilt; und zwar auch für die Beteiligten, die dem Plan widersprochen haben oder ihre Forderungen nicht angemeldet haben.
Mit bekannt zu machendem Beschluss (www.insolvenzbekanntmachungen.de) hebt das Gericht das Insolvenzverfahren auf. Der Schuldner erlangt damit seine Verfügungsbefugnis zurück. Häufig sieht der Plan vor, dass der Verwalter seine Durchführung überwacht. Ebenso kann der Plan die Zustimmung des Verwalters für bestimmte Geschäfte des Schuldners verlangen. In einer erneuten Insolvenz werden Stundung und Erlass hinfällig.

16. Was passiert mit Restforderungen nach Ende des Insolvenzverfahrens?

Die Forderung erlischt nur insoweit als der Gläubiger Mittel aus der Masse erhält. Die Restforderung bleibt bestehen! War die Forderung in der Insolvenztabelle angemeldet, reicht dies als Vollstreckungstitel aus.
Von diesem Grundsatz gibt es aber zwei wichtige Ausnahmen: Einmal erlöschen alle Forderungen, wenn das Gericht dem Schuldner Restschuldbefreiung eingeräumt hat (dazu Frage 17). Dieses Privileg haben aber nur natürliche Personen. Bei juristischen Personen und Gesellschaften, bei denen keine natürliche Person persönlich haftet (AG, GmbH, KGaA, GmbH & Co. KG), nützen offene Forderungen aus einem anderen Grund nicht viel: sie werden nämlich mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder bei Abweisung der Eröffnung mangels Masse aufgelöst und später regelmäßig gelöscht.

17. Wann kann ich Restschuldbefreiung beantragen?

Sie müssen dazu selbst einen Insolvenzantrag gestellt (dazu Frage 2) und dabei ausdrücklich die Restschuldbefreiung beantragt haben. Zudem darf kein sog. Versagungsgrund vorliegen; z.B. Insolvenzstraftaten (§§ 283 – 283 c StGB);
Versuch mittels unrichtiger Angaben innerhalb der letzten 3 Jahre vor dem Eröffnungsantrag einen Kredit zu erhalten oder zu sichern etc. Liegt kein Versagungsgrund vor, erfolgt die Ankündigung der Restschuldbefreiung und das Verfahren geht in die in der Regel sechs Jahre dauernde Wohlverhaltensphase (dazu Frage 18) über.

18. Wie funktioniert die Wohlverhaltensphase?

Während der Wohlverhaltensphase müssen Sie Ihren Gläubigern sechs Jahre lang u.a. Ihre Erwerbseinkünfte (oberhalb der Pfändungsgrenze) überlassen. Ggf. müssen Sie sich um eine Erwerbstätigkeit bemühen. Verläuft diese Wohlverhaltensphase erfolgreich, verlieren alle Insolvenzgläubiger ihr Nachforderungsrecht. Andererseits kann das Gericht Ihnen bereits während der Wohlverhaltensphase die Restschuldbefreiung versagen, wenn Sie gegen die genannten Pflichten verstoßen.
Während der Wohlverhaltensphase verteilt ein Treuhänder Ihre pfändbaren Einkommensanteile quotal an die Gläubiger, d. h. entsprechend ihrem Anteil an den Gesamtverbindlichkeiten. Hat also ein Gläubiger eine Forderung von 50.000,- € gegen den Schuldner bei einer Gesamtverschuldung von 100.000,- €, erhält er die Hälfte des pfändbaren Einkommens.
Um die Motivation zu wirtschaftlichem Verhalten während der Wohlverhaltensphase zu erhöhen, gibt es die Möglichkeit zur vorzeitigen Erteilung der Restschuldbefreiung. Hat der Schuldner zum einen die Kosten des Verfahrens berichtigt, entscheidet das Gericht auf seinen Antrag, wenn zusätzlich
  1. im Verfahren kein Insolvenzgläubiger eine Forderung angemeldet hat oder wenn die Forderungen der Insolvenzgläubiger befriedigt sind und der Schuldner die sonstigen Masseverbindlichkeiten berichtigt hat,
  2. drei Jahre der Abtretungsfrist verstrichen sind und dem Insolvenzverwalter oder Treuhänder innerhalb dieses Zeitraums ein Betrag zugeflossen ist, der eine Befriedigung der Forderungen der Insolvenzgläubiger in Höhe von mindestens 35 Prozent ermöglicht, oder
  3. fünf Jahre der Abtretungsfrist verstrichen sind.
Während der Wohlverhaltensphase sind Zwangs- und Vollstreckungsmaßnahmen einzelner Gläubiger unzulässig.
Nach erfolgreichem Abschluss der Wohlverhaltensphase ergeht seitens des Gerichts nach Anhörung von Schuldner, Treuhänder und Gläubigern ein förmlicher Beschluss, dass Sie nunmehr schuldenfrei sind. Ausgenommen sind allerdings Schulden, die aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen, aus Geldstrafen, Geldbußen, Zwangs- und Ordnungsgeldern herrühren oder neue Schulden, die während der Wohlverhaltensphase gemacht wurden. Nicht erfasst sind außerdem zinslose Darlehen, die dem Schuldner zur Begleichung der Verfahrenskosten gewährt wurden. Der Beschluss wird öffentlich bekannt gemacht (www.insolvenzbekanntmachungen.de).

Stand: Februar 2019
Dieses Merkblatt soll nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.