Recht und Fair Play
Aufenthaltserlaubnis für eine selbständige Tätigkeit (§ 21 Abs. 1 AufenthG)
- Allgemeines
- Businessplan
- Voraussetzungen
- Wirtschaftliches Interesse oder regionales Bedürfnis
- Einstellung von Mitarbeitern
- Ertragsvorschau und Liquiditätsplan
- Einkünfte
- Gesellschaftsanteile
- Handelsregister
- Checkliste für die Stellungnahme der IHK
- Formulare und weitere Unterlagen für die Antragstellung bei der Auslandsvertretung bzw. Ausländerbehörde
- Allgemeine Informationen zum Businessplan
Allgemeines
Sie planen die Gründung eines Unternehmens in Hessen sowie die Beantragung einer Aufenthaltserlaubnis bei Ihrer Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde? Dann sollten Sie neben den allgemeinen Formalitäten die folgenden Tipps berücksichtigen. Bitte beachten Sie in dem Zusammenhang auch die Checkliste zu den erforderlichen Unterlagen am Ende der Seite.
Das deutsche Aufenthaltsgesetz sieht bei der Prüfung der allgemeinen Voraussetzungen durch die Ausländerbehörde vor, dass die für den Gründungsort fachkundigen Stellen zu beteiligen sind. In Hessen ist das bei gewerblichen Tätigkeiten in aller Regel die IHK. Hierbei handelt es sich um eine von insgesamt 79 IHKs in Deutschland, deren Hauptaufgabe die Gesamtinteressenvertretung der Heimischen Wirtschaft samt ihrer Mitglieder und Gründer ist.
Nach Prüfung der allgemeinen Voraussetzungen bittet die Ausländerbehörde die IHK Lahn-Dill um Abgabe einer Stellungnahme zur geplanten Geschäftstätigkeit. Diese Einschätzung ist nicht bindend, bietet der Ausländerbehörde aber eine Orientierung für die finale Entscheidung über die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
Das Antragsverfahren kann erfahrungsgemäß längere Zeit in Anspruch nehmen. Um unnötige Wartezeiten zu vermeiden, ist Ihre Mitarbeit besonders wichtig. Sie sollten daher im eigenen Interesse zusammen mit Ihrem Antrag die erforderlichen Unterlagen vollständig einreichen. Im Idealfall müssen weder von der Ausländerbehörde noch von der IHK Lahn-Dill weitere Informationen nachgefordert werden. Eine Bearbeitung durch die Ausländerbehörde und eine zeitnahe Einschätzung durch die IHK ist somit möglich. Die Ausländerbehörde kann dann kurzfristig über den Erhalt der Aufenthaltserlaubnis entscheiden.
Businessplan
Zu den einzureichenden Antragsunterlagen gehört immer ein aussagekräftiger Businessplan. Dieser spielt bei der Beurteilung der Voraussetzungen Ihrer beabsichtigten Tätigkeit eine wichtige Rolle. Daher sollte er sorgfältig ausgearbeitet sein und Ihr Vorhaben detailliert, schlüssig, verständlich und so konkret wie möglich beschreiben. Das kann auf Englisch oder auf Deutsch erfolgen. Eine Zusammenfassung auf Deutsch ist aber in jedem Falle ratsam.
Voraussetzungen
Bei der Beurteilung Ihres Businessplans durch die IHK Lahn-Dill spielen die folgenden Kriterien eine zentrale Rolle und zwar, ob:
- ein wirtschaftliches Interesse oder ein regionales Bedürfnis besteht,
- die Tätigkeit positive Auswirkungen auf die Heimische Wirtschaft erwarten lässt und
- die Finanzierung der Umsetzung durch Eigenkapital oder durch eine Kreditzusage gesichert ist.
Die Beurteilung dieser Voraussetzungen richtet sich insbesondere nach der Tragfähigkeit der zu Grunde liegenden Geschäftsidee, den unternehmerischen Erfahrungen des Antragstellers, der Höhe des Kapitaleinsatzes, den Auswirkungen auf die Beschäftigungs- und Ausbildungssituation und dem Beitrag für Innovation und Forschung.
Wirtschaftliches Interesse oder regionales Bedürfnis
Ein wirtschaftliches Interesse oder regionales Bedürfnis kann etwa vorliegen, wenn eine nachhaltige Verbesserung der Absatz- oder Marktchancen ansässiger Unternehmen erkennbar ist oder die (glaubhaft gemachte) Schaffung oder Sicherung einer nennenswerten Zahl von Arbeitsplätzen vorliegt. Auch die Errichtung einer Produktionsstätte, die Vermarktung umweltfreundlicher oder innovativer Produkte können ein Vorliegen der Voraussetzungen begründen. Bei reinen am regionalen Verbrauch orientierten Einzel- oder Dienstleistungsunternehmen wird i.d.R. ein wirtschaftliches Interesse zu verneinen sein. Hier könnte aber ein regionales Bedürfnis vorliegen, wenn ohne das Angebot eine bestehende oder absehbare Unterversorgung der Region gegeben wäre. Ein regionales Bedürfnis kann auch dann vorliegen, wenn das Angebot ein Alleinstellungsmerkmal aufweist. Dies ist insbesondere dann erforderlich, wenn es bereits vergleichbare Angebote im Heimischen Raum gibt.
Einstellung von Mitarbeitern
Sind neben Ihnen als Geschäftsführer weitere Mitarbeiter geplant, werden genaue Informationen zur Anzahl, den jeweiligen Aufgaben und Anforderungen an die Stelle sowie den Beschäftigungsformen (Teil- oder Vollzeit), Gehalt und voraussichtlicher Zeitraum der Tätigkeit erforderlich. Die Realisierung geplanter Arbeitsplätze kann nach einiger Zeit überprüft werden.
Ertragsvorschau und Liquiditätsplan
Die Ertragsvorschau für die ersten drei Jahre (im Speziellen die Umsatzerwartungen) muss z.B. durch Kalkulation von Preisen, Provisionen, Gebühren plausibel erläutert werden und möglichst mit Nachweisen gestützt sein. Dies ist möglich, wenn bereits Geschäftsverbindungen bestehen oder (künftige) Kunden akquiriert wurden, Angebote vorliegen oder Projekte geplant sind. Eine „Kundenliste“ reicht in der Regel nicht aus. Zu vermeiden sind insgesamt pauschale Annahmen, da sie keine nachvollziehbare Grundlage für die Beurteilung darstellen. Wichtig sind außerdem Wettbewerbs- und Marktanalysen, die einerseits das Wettbewerbsumfeld beschreiben und andererseits eine konkrete Nachfrage für Ihr Produkt nachvollziehbar darlegen. Für die Einschätzung der IHK Lahn-Dill ist stets: Je konkreter und belegter, desto besser!
Einkünfte
Zu berücksichtigen ist, dass bei Geschäftsführern und anderen gesetzlichen Vertretern von Personen- und Kapitalgesellschaften laut Verfahrensweisen der zuständigen Ausländerbehörde jährliche Einkünfte in Höhe von 24.000 Euro netto erzielt werden müssen. Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft weisen entsprechende Einkünfte in Form eines Geschäftsführervertrags nach.
Gesellschaftsanteile
Um die Voraussetzungen für eine selbständige Tätigkeit i.S.d. § 21 Abs. 1 AufenthG zu erfüllen, müssen Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft (z.B. GmbH, UG) und außerdem die Mehrheit der Anteile bzw. mindestens gleichhohe Anteile wie der/ die übrige(n) Gesellschafter an der Gesellschaft halten. Die Verteilung der Anteile ist in geeigneter Form (z. B. Gesellschaftsvertrag oder Gesellschafterliste) nachzuweisen.
Handelsregister
Bei einer Kapitalgesellschaft ist gemäß der Verfahrenshinweise der zusständigen Ausländerbehörde der Eintrag ins Handelsregister oder zumindest die notarielle Anmeldung zum Handelsregister erforderlich.
Hinweis: Die vorgenannten Ausführungen sind keineswegs abschließend, sondern sprechen nur einige der möglichen „Stolperfallen“ an, die bei der Gesamtausarbeitung Ihres Businessplans entstehen können. Sollten Unsicherheiten bei der Erstellung des Businessplans bestehen, empfehlen wir z.B. einen (Unternehmens-) Berater oder Rechtsanwalt mit entsprechenden Fachkenntnissen hinzuzuziehen.
Checkliste für die Stellungnahme der IHK
(mit den Antragsunterlagen bei der Auslandsvertretung oder Ausländerbehörde einzureichen!)
- Businessplan (darin enthalten: Kapital- und Finanzierungsplan, Ertragsvorschau für drei Jahre und Liquiditätsplan)
- Kapitalnachweise oder Kreditzusage
- Lebenslauf
- Qualifikationsnachweise (z. B. Hochschulabschlüsse, Berufserfahrungen)
- Kooperationsnachweise, Absichtserklärungen oder Interessensbekundungen potentieller/künftiger Geschäftspartner bzw. Kunden
- bei Kapitalgesellschaften: Geschäftsführervertrag
Wenn vorhanden:
- (Gewerbe-) Mietvertrag
- bei GmbH, UG oder AG: Gründungsurkunde, Gesellschaftsvertrag, Handelsregisterauszug bzw. notarielle Anmeldung zum Handelsregister
- Gewerbeanmeldung
Bei bereits bestehenden Unternehmen zusätzlich:
- Bilanzen der letzten beiden Jahre
- Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) der letzten sechs Monate
- Einnahme-Überschuss-Rechnung, sofern nicht bilanziert wird
- Steuerbescheide der letzten drei Jahre (soweit vorhanden)