Arbeitsrecht

Arbeitnehmerüberlassung

Arbeitnehmerüberlassung

Seit 1. April 2017 müssen Zeitarbeitsunternehmen (Verleiher), aber vor allem auch der Entleiher, die Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) beachten. Die Reform führt zu einer stärkeren Regulierung der Überlassungsdauer und dem Einsatz von Werkverträgen sowie zu vertraglichen Dokumentationspflichten.
Die bei Arbeitnehmerüberlassung (ANÜ) einzuhaltenden Bestimmungen legt insbesondere das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) fest. ANÜ liegt vor, wenn ein Arbeitgeber (Verleiher) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) Dritten (Entleihern) zur Arbeitsleistung überlässt, die eingesetzten Leiharbeitnehmer in die Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert sind und dessen Weisungen unterliegen (§ 1 Absatz 1 Satz 2 AÜG). Sie erschöpft sich also in der Zurverfügungstellung geeigneter Arbeitskräfte, die der Dritte nach eigenen betrieblichen Erfordernissen in seinem Betrieb einsetzt.
Dabei ist und bleibt der Verleiher Arbeitgeber des Leiharbeitnehmers. Zwischen diesen beiden Parteien besteht ein Arbeitsvertrag. Damit ein Einsatz in Arbeitnehmerüberlassung durch den Arbeitgeber einseitig angeordnet werden kann, muss sich die Berechtigung hierzu aus dem Arbeitsvertrag ergeben. Anderenfalls kann dies nur einvernehmlich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart werden, beispielsweise mittels einer Vertragsergänzung.
Zwischen Verleiher und Entleiher besteht ein Überlassungsvertrag (Einzelarbeitnehmerüberlassungsvertrag oder auch Rahmenvertrag mit einzelnen Ergänzungen zu den eingesetzten Leiharbeitnehmern).
Nicht jeder Einsatz von Fremdpersonal ist Arbeitnehmerüberlassung. Zur Abgrenzung der verschiedenen Formen hat die Bundesagentur für Arbeit ein Merkblatt auf ihrer Homepage zur Verfügung gestellt.
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) bietet zudem umfassende Informationen zur Arbeitnehmerüberlassung und dem Erlaubnisverfahren in ihren fachlichen Weisungen zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (FW AÜG). Diese können auf der Homepage der BA abgerufen werden. Die fachlichen Weisungen haben zwar für die Arbeitsgerichte keine bindende Wirkung, jedoch sollten Verleihunternehmen diese Weisungen beachten, um ihre Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis nicht zu gefährden.
Zudem bietet die BA verschiedene Merkblätter und Formulare zur Arbeitnehmerüberlassung in ihrem Downloadbereich an.

Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung

Die Arbeitnehmerüberlassung ist erlaubnispflichtig. Ein Einsatz von Leiharbeitnehmern, ohne dass der Verleiher die erforderliche Erlaubnis besitzt, führt zur Unwirksamkeit der Arbeitnehmerüberlassung (§ 9 Absatz 1 Nr. 1 AÜG) und unter Umständen zur gesetzlichen Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer (§ 10 Absatz 1 AÜG).
Zudem stellt dieser Verstoß eine Ordnungswidrigkeit dar, die zu einer Geldbuße von bis zu 30.000 Euro führen kann, die sowohl dem Verleiher, als auch dem Entleiher auferlegt werden kann (§ 16 Absatz 1 Nr. 1, 1a AÜG).
Grundsätzlich sind folgende Unterlagen für die erstmalige Erteilung einer Verleiherlaubnis vorzulegen:
  • bei anderen als natürlichen Personen Gesellschaftsvertrag / Satzung / Statut,
  • Führungszeugnis für Behörden (Belegart O) für den Antragsteller oder - bei anderen als natürlichen Personen - für die Vertreter nach Gesetz / Satzung / Gesellschaftsvertrag,
  • Auskunft aus dem Gewerbezentralregister (Belegart 9) für den Antragsteller und - bei anderen als natürlichen Personen - für die Vertreter nach Gesetz / Satzung / Gesellschaftsvertrag sowie für die juristische Person,
  • Auszug aus dem Handelsregister, soweit eine Eintragspflicht besteht; dann Verzicht auf Gewerbeanmeldung und Gesellschaftsvertrag,
  • Bescheinigung der Krankenkassen, bei denen die Mehrzahl der Arbeitnehmer versichert sind, soweit bereits Beiträge abzuführen waren,
  • Bescheinigung der Berufsgenossenschaft (Unfallversicherungsträger) - auf gesondertem Vordruck,
  • Nachweis über liquide Mittel, z. B. sofort verfügbare Guthaben oder Kreditbestätigungen über Kontokorrentkredit. Hinsichtlich der Bonität müssen mindestens 10.000,- € nachgewiesen werden. Dies gilt bei einer beabsichtigten Beschäftigung von bis zu fünf Leiharbeitnehmern. Bei mehr als fünf Leiharbeitnehmern sind für jeden 2.000,- € an liquiden Mitteln nachzuweisen;
  • Muster eines Arbeitsvertrages (bzw. Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag bei Einsatz eines Stammarbeitnehmers als Leiharbeitnehmer in sog. Mischbetrieben) und Muster eines Überlassungsvertrages.
Zudem müssen Sie individualvertraglich im Arbeitsvertrag oder einer ergänzenden Vereinbarung zum Arbeitsvertrag mit Ihrem Arbeitnehmer die Zulässigkeit der Arbeitnehmerüberlassung vereinbaren. Jedem Arbeitnehmer ist zudem ein Merkblatt zur Arbeitnehmerüberlassung auszuhändigen. Gegebenenfalls in einer Sprache, die Ihr Arbeitnehmer versteht.
Zuständig für das Erlaubnisverfahren für Hessen ist die
Agentur für Arbeit Düsseldorf
40180 Düsseldorf
Telefon: 0211-692-4500
Telefax: 0211 692-4501
Montag bis Freitag von 8 - 13 Uhr, zusätzlich Donnerstag von 13 - 16 Uhr
E-Mail: Duesseldorf.091-ANUE@arbeitsagentur.de
Das erforderliche Antragsformular und die Liste der vorzulegenden Unterlagen können auf der Seite der Bundesagentur für Arbeit abgerufen werden.
Regelungen seit 1. April 2017 - Kurzübersicht
Zur Reform der Arbeitnehmerüberlassung wurden insbesondere folgende Regelungen getroffen:
  • Zeitarbeitnehmer können künftig bis zu einer Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten bei einem Entleiher eingesetzt werden.
  • Zeitarbeitnehmer werden nach neun Monaten hinsichtlich des Arbeitsentgelts mit den Stammarbeitnehmern beim Entleiher gleichgestellt (Equal Pay).
  • Verleiher und Entleiher haben die Überlassung von Zeitarbeitnehmern in ihrem Vertrag ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung zu bezeichnen, bevor sie Zeitarbeitnehmer tätig werden lassen. Vor der Überlassung haben sie die Person des Zeitarbeitnehmers unter Bezugnahme auf diesen Vertrag zu konkretisieren.
  • Kein Einsatz von Leiharbeitnehmern als Streikbrecher.
  • Das Informationsrechts des Betriebsrats über den Einsatz von Zeitarbeitnehmern im Betrieb wird gesetzlich klargestellt.
  • Bei einer verdeckten Arbeitnehmerüberlassung werden der vermeintliche Werkunternehmer und sein Auftraggeber auch bei Vorlage einer Verleiherlaubnis nicht besser gestellt als derjenige, der unerlaubt Arbeitnehmerüberlassung betreibt.
Zu den wichtigsten Neuregelungen im Einzelnen wie folgt:

Höchstüberlassungsdauer 18 Monate

Ein Zeitarbeitnehmer darf nicht länger als 18 aufeinander folgende Monate an denselben Entleiher überlassen werden. Die 18-Monatsfrist hat keine Auswirkungen auf bestehende und bis zum 30 März 2017 abgeschlossene Verträge. Die 18 Monate fangen erst mit 1. April 2017 an zu zählen. Die 18-monatige Überlassungshöchstdauer ist die maximal zulässige Einsatzdauer des einzelnen Zeitarbeitnehmers und ist daher „arbeitnehmerbezogen“ und nicht „arbeitsplatzbezogen“ zu verstehen. Vorherige Einsatzzeiten desselben Zeitarbeitnehmers bei demselben Entleiher werden angerechnet, egal ob der Einsatz auf verschiedenen Arbeitsplätzen im Betrieb erfolgt. Der Verleiher darf denselben Zeitarbeitnehmer nach Ablauf der 18 Monate nicht auf einen anderen Arbeitsplatz beim selben Entleihunternehmen überlassen. Er darf aber demselben Entleiher nach Ablauf der 18 Monate einen anderen Zeitarbeitnehmer überlassen, ohne dass die vorangegangene Überlassung angerechnet wird.
Nach den 18 Monaten muss die Unterbrechungszeit bei demselben Entleiher mindestens 3 Monate übersteigen (also 3 Monate und 1 Tag), damit der gleiche Zeitarbeitnehmer wieder eingesetzt werden darf. Zur Überbrückung der Unterbrechungszeit ist die Überlassung in einem anderen Konzernunternehmen des Entleihers möglich. Urlaub oder Krankheit zählen nicht als Unterbrechung.
Von der maximal zulässigen Einsatzdauer von 18 Monaten kann durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung abgewichen werden. Es muss sich um einen Tarifvertag der Einsatzbranche handeln. Tarifgebundene Unternehmen (also Mitglieder eines Arbeitgeberverband) können durch Tarifvertag der Einsatzbranche oder durch Betriebsvereinbarung - wenn der Tarifvertrag der Einsatzbranche eine Öffnungsklausel vorsieht - die Überlassungsdauer erhöhen. Eine zeitliche Grenze ist nicht zu beachten. Nicht-tarifgebundene Unternehmen können im Geltungsbereich eines Tarifvertrags der Einsatzbranche durch Betriebsvereinbarung eine tarifvertraglich abweichende Überlassungshöchstdauer inhaltsgleich übernehmen. Sieht der Tarifvertrag keine Regelung zur Überlassungsdauer aber eine Öffnungsklausel vor, kann durch Betriebsvereinbarung die Höchstüberlassungsdauer von 18 auf maximal 24 Monate angehoben werden. Entleiher ohne Tarifbindung und ohne Betriebsrat können nicht von den 18 Monaten abweichen.
  • Achtung: Bei einer Überschreitung der 18 Monate wird das Arbeitsverhältnis zwischen Zeitarbeitnehmer und Verleiher unwirksam. Es entsteht automatisch ein Arbeitsverhältnis zwischen Zeitarbeitnehmer und Entleiher, wobei der Entleiher Schuldner der Sozialversicherungsbeiträge wird. Der Zeitarbeitnehmer darf dem innerhalb eines Monats nach Überschreitung der Höchstüberlassungsfrist schriftlich widersprechen und bleibt Arbeitnehmer des Zeitarbeitsunternehmens (sogennante Festhaltenserklärung). Ein provisorischer, im Voraus erklärter Widerspruch ist unwirksam.
  • Ein Verstoß gegen die Höchstüberlassungsdauer ist eine Ordnungswidrigkeit des Zeitarbeitsunternehmens und kann mit einem Bußgeld von bis zu 30.000 Euro je Einzelfall geahndet werden.
  • Es droht der Entzug der Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis des Zeitarbeitsunternehmens bei Nichteinhaltung der Höchstüberlassungsdauer.

Gleichstellung bei den Arbeitsbedingungen („Equal Treatment“) und Arbeitsentgelt („Equal Pay“)

Nach 9 Monaten ununterbrochener Einsatzdauer hat ein Zeitarbeitnehmer mit Vertrag ab 1. April 2017 einen Anspruch auf die wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts wie ein vergleichbarer festangestellter Mitarbeiter des Einsatzunternehmens, sogenanntes „Equal Treatment” und „Equal Pay”. Überlassungszeiten vor dem 1. April 2017 werden nicht berücksichtigt. Die 9 Monate fangen somit erst ab dem 1. April 2017 an zu zählen. Wie bei der 18-monatigen Höchstüberlassungsdauer gilt eine Unterbrechungszeit, die mindestens 3 Monate übersteigt, das heißt nach einer Einsatzunterbrechung von 3 Monaten und 1 Tag, wird die 9-monatige Frist neu berechnet.
Bei der Berechnung des „Equal Pay”-Anspruchs sollen alle Bruttovergütungsbestandteile der Lohnabrechnung des vergleichbaren Stammmitarbeiters (Einstiegsstufe) des Einsatzunternehmens berücksichtigt werden: Grundvergütung, Zulagen, Sonderzahlungen (Prämien, 13. Monatsgehalt, Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Provisionen), Arbeitgeberzuschüsse, Sachbezüge.
Eine Abweichung vom „Equal Pay” (nicht „Equal Treatment”) nach 9 Monaten ist bei Einsätzen in Unternehmen mit einem Branchenzuschlagstarif möglich. Spätestens nach 15 Monaten muss mit den Branchenzuschlägen ein Entgelt erreicht werden, das dem tarifvertraglichen Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer der Einsatzbranche angeglichen ist. Die stufenweise Heranführung an dieses Arbeitsentgelt muss spätestens nach einer Einarbeitungszeit von längstens sechs Wochen beginnen.
Achtung: Eine Nichtgewährung einer Arbeitsbedingung oder des gleichen Entgelts ist eine Ordnungswidrigkeit des Zeitarbeitsunternehmens und kann mit einem Bußgeld von bis zu 500.000 Euro je Einzelfall geahndet werden. Bei Nichteinhaltung droht der Entzug der Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis des Zeitarbeitsunternehmens.
Stichtage: Die Fristen zur Höchstüberlassungsdauer und zum „Equal Treatment”/„Equal Pay” sind ab dem Stichtag 1. April 2017 zu berechnen. Das bedeutet, das Erreichen der Höchstüberlassungsdauer ist erstmals am 30. September 2018 und „Equal Treatment”/„Equal Pay” ist erstmals ab dem 1. Januar 2018 möglich.

Vertragliche Dokumentationspflichten

Der Vertrag zwischen Verleiher und Entleiher muss schriftlich geschlossen werden und ist ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zu bezeichnen. Der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag ist vor Einsatzbeginn zu unterzeichnen. Darüber hinaus sind die Zeitarbeitnehmer vor Überlassung im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag oder unter Bezug auf diesen Vertrag (zum Beispiel per Liste als gesonderte Dokumentation) konkret zu bezeichnen. Es besteht hierfür keine Übergangsfrist. In Alt-Arbeitnehmerüberlassungsverträgen sind die eingesetzten Zeitarbeitnehmer seit dem 1. April 2017 konkret zu bezeichnen (zum Beispiel durch eine Anlage zu diesem Vertrag). Vor Überlassung ist der Leiharbeitnehmer durch den Verleiher darauf hinzuweisen, dass er als Leiharbeitnehmer tätig wird. Ein Verstoß des Verleihers als auch des Entleihers kann mit einem Bußgeld von bis zu 30.000 Euro geahndet werden.

Streikbrecher-Verbot

Der Entleiher darf keine Zeitarbeitnehmer tätig werden lassen, wenn sein Betrieb unmittelbar durch einen Arbeitskampf betroffen ist. Es sei denn, die Zeitarbeitnehmer führen während des Arbeitskampfs keine Tätigkeiten von streikenden Mitarbeitern aus (zum Beispiel Einsatz in einer anderen Abteilung oder einem nicht bestreikten Bereich).
Ein Verstoß kann mit einem Bußgeld bis zu 500.000 Euro geahndet werden.

Information des Betriebsrats des Entleihers

Zeitarbeitnehmer beim Entleiher sind künftig bei Schwellenwerten des Betriebsverfassungsgesetzes (Ausnahme: § 112a BetrVG: Erzwingbarer Sozialplan) mitzuzählen. Bei Überlassungszeiten von mehr als sechs Monaten zählen Zeitarbeitnehmer auch bei anderen Mitbestimmungsgesetzen mit.
Zukünftig muss der Entleiher seinen Betriebsrat rechtzeitig über den Einsatz von Zeitarbeitnehmern informieren, insbesondere den zeitlichen Umfang des Einsatzes, den Einsatzort sowie die Arbeitsaufgaben. Auch müssen dem Betriebsrat die dem Einsatz zugrundeliegenden Verträge vorgelegt werden.

Scheinwerkverträge sind nicht mehr durch eine „Vorratserlaubnis“ gedeckt

Die Arbeitnehmerüberlassung muss offengelegt werden. Die Arbeitsverträge zwischen Verleiher und Zeitarbeitnehmer sind ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung zu bezeichnen. Soll es sich um einen echten Dienst- oder Werkvertrag handeln, muss dieser auch so bezeichnet und als echter Dienst- oder Werkvertrag gelebt werden. In einem Dienst- oder Werkvertrag, der nach der tatsächlichen Durchführung eine Arbeitnehmerüberlassung ist, bietet die Erlaubnis des Verleihers, (auch) Arbeitnehmerüberlassung durchführen zu dürfen, nicht länger einen geeigneten Schutz.
Eine verdeckte Arbeitnehmerüberlassung (sogenannter „Scheinwerkvertrag“ oder „Scheindienstvertrag“) wird zukünftig wie eine Überlassung ohne Erlaubnis behandelt. Das heißt, die bisherige sogenannte „Fallschirmlösung“ bei der sich der Verleiher auf die Vorratsarbeitnehmerüberlassungserlaubnis berufen konnte, wenn sich ein als Dienst- oder Werkvertrag als Arbeitnehmerüberlassung herausstellte, ist nicht mehr möglich. Es wird künftig ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Zeitarbeitnehmer wegen verdeckter Arbeitnehmerüberlassung fingiert. Allerdings kann der Zeitarbeitnehmer innerhalb eines Monats gegenüber der Agentur für Arbeit sowie dem Ent- oder Verleiher erklären, dass er am ursprünglichen Arbeitsvertrag festhalten möchte.
Bestehende Dienst- oder Werkverträge mussten bis zum 1. April 2017 darauf geprüft werden, ob es sich wirklich um einen echten Werkvertrag oder Dienstvertrag handelt. Mit der Einfügung eines neuen § 611a im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) wird anhand der höchstrichterlichen Rechtsprechung gesetzlich niedergelegt, wer Arbeitnehmer ist. Damit ändert sich in der Praxis gegenüber der bisherigen Rechtslage nicht viel. Welches Rechtsverhältnis vorliegt, ist nur anhand einer Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist letztere nach dem Bundesarbeitsgericht maßgebend (Urteil vom 25. September 2013 – 10 AZR 282/12).
Die Grenze zur Arbeitnehmerüberlassung ist überschritten, wenn der Auftraggeber den Personaleinsatz genauso steuert wie bei eigenen Mitarbeitern (insbesondere, aber nicht abschließend: arbeitsrechtliche Weisungen hinsichtlich Inhalt, Zeit und Ort der Arbeitsleistung; Eingliederung in die betriebliche Organisation des Auftraggebers wie Einbindung in Dienstpläne, Telefon- und Mitarbeiterverzeichnisse, Einsatz von Betriebsmitteln des Auftraggebers, kein unternehmerisches Risiko des Werkunternehmers). Je mehr der Auftraggeber selbst entscheidet, wer wann was macht und er die Beschäftigten des Werkunternehmers exakt nach Bedarf bestellt und sie dann eigenverantwortlich einsetzt, desto eher ist davon auszugehen, dass es sich um eine Arbeitnehmerüberlassung handelt.
Eine Überlassung ohne Erlaubnis oder ein Verstoß gegen die Offenlegung als Arbeitnehmerüberlassung kann mit einem Bußgeld von bis zu 30.000 Euro geahndet werden.
Dieses Merkblatt soll – als Service Ihrer IHK Region Stuttgart – nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl dieses Merkblatt mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.