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"Unsere Auftragsbücher sind gefüllt"
Heimat und Arbeit – für Sascha Pfeiffer sind diese beiden Begriffe untrennbar miteinander verbunden. Der gebürtige Bad Endbacher hat die Region für sein Maschinenbaustudium in Köln verlassen – um wiederzukommen und vor Ort ein Unternehmen zu gründen. Inzwischen arbeitet er an seinem zweiten Unternehmen. „Es war eine ganz bewusste Entscheidung für das Hinterland“, so der Geschäftsführer der Unternehmen Pharmbiocon und Lyo Engineering. Sein Motto: „Aus der Region, für die Region.“
Auf seinem Schreibtisch steht eine Eintrachttasse, an der Garderobe hängt der dazu passende Schal. Keine Frage, Sascha Pfeiffer ist Fan des Frankfurter Vereins und stolz auf „seine“ Mannschaft. Doch das ist auch schon alles, was ihn ins Rhein-Main-Gebiet zieht. Denn der 42-Jährige ist leidenschaftlicher Bad Endbacher und tief in der Region verwurzelt. „Für mich war es nie eine Frage, mich selbstständig zu machen, und auch nie eine Frage, wo ich das tun würde.“ Natürlich mitten in Bad Endbach. Hier hat der junge Unternehmer bereits 2013 seinen ersten Schritt in die Selbstständigkeit gewagt – mit dem Unternehmen Lyo Engineering. Es steht für pharmazeutische Unternehmensberatung und die Planung von medizintechnischen Anlagen und Projekten zur Gefriertrocknung. Mit Pharmbiocon ist auf 300 Quadratmetern ein hochqualifiziertes Analyselabor für pharmazeutische Produkte dazugekommen. Eine Erweiterung um 70 Quadratmeter ist in Planung, die Umstellung auf die Produktion pharmazeutischer Produkte aufgrund modernster Technik prinzipiell möglich.
Sascha Pfeiffer geht voran. Die Spezialtür fällt schwer hinter ihm ins Schloss, Kühlschränke stehen an der einen Wand, ein Tresor an der anderen. „Darin können Materialien aufbewahrt werden, von denen Sicherheitsrisiken ausgehen und für die der Gesetzgeber eine Lagerung unter Verschluss vorschreibt, zum Beispiel, weil sie unter das Betäubungsmittelgesetz fallen“, er
klärt Pfeiffer. Das anschließende BSL 2-Prüflabor (Biologische Schutzstufe 2) darf man nur in Spezialkleidung betreten, es ist ein Reinraum der Klasse C, das Herzstück von Pharmbiocon: „Hier finden dann verschiedene analytische Verfahren und Prüfungen statt, aus den Bereichen Chemie, Biologie und Pharmazie“ erklärt Pfeiffer. „Dann werden hier im Kundenauftrag Medikamente untersucht, um die Herstellprozesse zu optimieren und bei der Produktion auftretende Probleme zu analysieren. Zukünftig streben wir an, unser Angebotsportfolio auf Medikamententestung zu erweitern.“ Noch in diesem Jahr soll es losgehen. 2,5 Millionen Euro hat Sascha Pfeiffer in Bad Endbach investiert, allein eine Million Euro davon sind in die Sanierung der Laborräume geflossen.
Mit Pharmbiocon ist über der Volksbank mitten in Bad Endbach ein Analytiklabor für zahlreiche Testungen und Prüfungen der Pharma- und Biotechnologiebranche entstanden.
© Pharmbiocon
Angst vor der Zukunft hat Sascha Pfeiffer nicht, warum auch: Durch seine erste Firma besitzt er einen Namen in der Branche, Lyo Engineering plant seit 2013 vom Bau bis zur Zulassungsreife für Kunden in der ganzen Welt. Sie heißen Bayer, Heraeus Medical oder Takeda. 2016 folgten die ersten Einstellungen bei Lyo Engineering, Pfeiffer erweiterte seine Räumlichkeiten.
Als er 2018 den Entschluss fasste, langfristig auch in die Produktion für pharmazeutische Produkte einzusteigen, entschied er sich, seine Firma aufzuspalten: in Lyo Engineering mit dem Schwerpunkt Maschinenbau und Beratung, und in Pharmbiocon, ein Life-Science-Unternehmen als Analytiklabor für zahlreiche Testungen und Prüfungen der Pharma- und Biotechnologiebranche. Pfeiffer bezog die Räume über der Volksbank, richtete dort 2019 ein Labor für Prozess- und Verfahrenstechnik für den Bereich der Gefriertrocknung ein und begann 2020 mit der Erweiterung zum Prüflabor. Eine spätere – eigene – Produktion von Medikamenten in Bad Endbach schließt Pfeiffer nicht aus.
Der Regionalgedanke hat beim Aufbau meiner Firma eine große Rolle gespielt.
So international die Kunden von Sascha Pfeiffer sind, so regional ist er vor Ort unterwegs: „Der Regionalgedanke hat beim Aufbau meiner Firma eine große Rolle gespielt.“ So setzte der Bad Endbacher auf Leerstände mitten im Ortskern, statt ein neues Gebäude zu bauen. Die Gewerke für den Innenausbau wurden regional vergeben, die derzeit 17 Mitarbeiter stammen aus Bad Endbach oder der näheren Umgebung, und mit der Förderung der heimischen Grundschule denkt Sascha Pfeiffer auch schon an die Fachkräfte von morgen. „Kinder und Jugendliche bei der Bildung zu fördern, ist das Beste, was man tun kann.“
Als Partner der Technischen Hochschule Mittelhessen bietet Sascha Pfeiffer die dualen Studiengänge Maschinenbau für die Fachrichtung Hygiene Design, sowie Prozessmanagement für die Fachrichtungen Technische Prozesse oder Steuerung von Geschäftsprozessen an. Seine Mitarbeiter sind hochqualifiziert, die Bandbreite reicht von Ingenieuren über Biopharmazeuten, Biotechnologen, Molekularbiologen und Chemikern bis hin zu Büroangestellten. In den nächsten Monaten will er seine Mitarbeiterzahl auf 30 steigern, „auch 40 sind möglich“.
Wir haben eine tolle Landschaft mit vielen Freizeitmöglichkeiten. Und wenn man will, erreicht man von uns auch schnell eine Stadt.
Doch das Thema Fachkräftemangel macht auch vor Bad Endbach nicht Halt, das Stadt-Land-Gefälle ist in der Region zu spüren. „Es gibt viele, die von hier ins Rhein-Main-Gebiet zur Arbeit pendeln.“ Pfeiffer wirbt um Fachkräfte unter anderem mit den Vorteilen eines kleinen familiären Unternehmens mit flachen Hierarchien, Gesundheitsprogrammen, sozialen Events, einem jährlichen Weiterbildungsbudget und flexiblen Arbeitszeiten. Eins seiner wichtigsten Argumente ist – natürlich – die Region: „Wir haben eine tolle Landschaft mit vielen Freizeitmöglichkeiten. Und wenn man will, erreicht man von uns auch schnell eine Stadt.“ Der Unternehmer weiß, wovon er spricht, er geht viel Wandern und fährt leidenschaftlich gerne Motorrad. Selbst kann er, wie auch viele seiner Kollegen, jeden Tag zu Fuß zur Arbeit laufen. „Wohnortnah zu arbeiten, spart nicht nur Zeit, es ist auch klimafreundlich.“ Pfeiffer freut sich auf die Zukunft mit Pharmbiocon und sagt: „Ich würde mich immer wieder selbstständig machen.“ Und er würde es immer wieder in Bad Endbach tun.
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Burak Dogan