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"Hier kommt die nächste Generation"
Geschäftsführer kann man nicht lernen: „Eigene Wege gehen – das ist die beste Vorbereitung“
„Ich suche was Ernstes!“ Unter diesem Motto machen die hessischen Industrie- und Handelskammern seit einiger Zeit auf das Thema Unternehmensnachfolge aufmerksam. Die IHK Lahn-Dill weiß: Nachfolge spielt sich im Herzen ab. Doch die Suche nach einem vertrauensvollen Partner gestaltet sich oft schwierig. Einer, der das Thema schon vor einigen Jahren angepackt hat, ist Frank Benner, Geschäftsführer der B+T Unternehmensgruppe aus Hüttenberg im Lahn-Dill-Kreis. Seine Nachfolge ist jung, weiblich, dynamisch, vielfältig sowie verantwortungsbewusst – und geht eigene Wege.
Von Chefs, die nicht aufhören können und Patriarchen, die nicht abtreten wollen, hält er nichts. Für Frank Benner, Geschäftsführer der B+T Unternehmensgruppe in Hüttenberg, war bereits mit Firmengründung klar: „Ich will bis zu meinem 67. Geburtstag arbeiten. Dann ist Schluss.“ Das Datum steht – auf die Minute genau – fest: Am 30. Juni 2032 um 16.15 Uhr wird der heute 56-jährige passionierte Segler das Steuer an die nächste Generation übergeben. „Ich habe immer gesagt, drei Jahre vorher muss meine Nachfolge spätestens geregelt sein.“
„Nichts kann für ein Unternehmen schädlicher sein, als eine ungeklärte Firmennachfolge.“ (Frank Benner)
© B + T Unternehmensgruppe
Benner ist seiner Zeit weit voraus, und obwohl es noch mehr als zehn Jahre bis dahin sind, hat sich vor sieben Jahren die Nachfolge fast von selbst ergeben: Seine beiden Töchter, Sarah Benner (31) und Annalina Benner (25) sind in die inzwischen auf fünf Firmen angewachsene Unternehmensgruppe als Gesellschafterinnen eingestiegen. Als jüngste Gesellschafterin ist im August 2021 Susann Kalbitzer (20) für die B+T ID Solutions GmbH dazugekommen – alle drei ganz ohne Druck, ganz von allein. „Das ist ein junges, starkes Team, das bereit ist, Verantwortung zu übernehmen und eigene neue Ideen einbringt“, so Frank Benner. Mit seiner Nachfolgeregelung geht er offensiv um, denn er weiß aus eigener Erfahrung: „Nichts kann für ein Unternehmen schädlicher sein, als eine ungeklärte Firmennachfolge.“
„Hier kommt die nächste Generation, in dieser Firma geht es weiter, in dieser Firma gibt es Kontinuität.“ (Frank Benner)
Benner weiß, wovon er spricht. Der Chef des mittelhessischen Spezialisten für Oberflächenveredlung stieg 2006 in das Unternehmen ein, welches damals in Wetzlar noch unter dem Namen Ruhl & Co. firmierte und 16 Mitarbeiter zählte.
2010 dann der Generationenwechsel: Frank Benner übernahm von seinem Schwiegervater, Kompagnon bei Ruhl & Co, die Firmenanteile. Auch der zweite Senior zog sich aus dem operativen Geschäft zurück und übergab die andere Hälfte der Firmenanteile an seinen Sohn. „Das wurde von unseren Kunden durchaus wahrgenommen – und zwar positiv“, erzählt Benner. „Denn mit dem Wechsel war klar: Hier kommt die nächste Generation, in dieser Firma geht es weiter, in dieser Firma gibt es Kontinuität.“ Die Entscheidung, die Nachfolge rechtzeitig zu regeln und klar nach außen zu kommunizieren, machte sich nicht nur in den Auftragsbüchern bemerkbar. Die Mitarbeiterzahl stieg erstmals auf einen dreistelligen Wert an. Um dem rasanten Wachstum gerecht zu werden, wurde 2011 am Standort Wetzlar angebaut, wodurch sich die Fläche des Unternehmens in nur einem halben Jahr verdoppelte.
2010 dann der Generationenwechsel: Frank Benner übernahm von seinem Schwiegervater, Kompagnon bei Ruhl & Co, die Firmenanteile. Auch der zweite Senior zog sich aus dem operativen Geschäft zurück und übergab die andere Hälfte der Firmenanteile an seinen Sohn. „Das wurde von unseren Kunden durchaus wahrgenommen – und zwar positiv“, erzählt Benner. „Denn mit dem Wechsel war klar: Hier kommt die nächste Generation, in dieser Firma geht es weiter, in dieser Firma gibt es Kontinuität.“ Die Entscheidung, die Nachfolge rechtzeitig zu regeln und klar nach außen zu kommunizieren, machte sich nicht nur in den Auftragsbüchern bemerkbar. Die Mitarbeiterzahl stieg erstmals auf einen dreistelligen Wert an. Um dem rasanten Wachstum gerecht zu werden, wurde 2011 am Standort Wetzlar angebaut, wodurch sich die Fläche des Unternehmens in nur einem halben Jahr verdoppelte.
„Man kann entweder sein Geld auf ein Sparbuch legen oder man wird Gesellschafterin.“ (Annalina Benner)
© Frank Benner
Die drei Frauen kennen die Unternehmensgruppe, für die sie jetzt in der Gesellschafterversammlung sitzen, sehr gut. Annalina und Sarah Benner sind mit diesem Betrieb groß geworden, haben schon als Schülerinnen mit ersten Ferienjobs die Produktion kennengelernt, im Studium mit Werksverträgen dann in weiteren Abteilungen gearbeitet. Inspiriert von den Vorbildern in der Familie, dem Unternehmergeist von Papa und Opa, entschieden sich die beiden nach einem Kassensturz 2015 für den Einstieg ins Unternehmen: „Man kann entweder sein Geld auf ein Sparbuch legen oder man wird Gesellschafterin und bringt seine eigenen Ideen ein“, sagt Annalina Benner und benennt Themen, auf deren Ausgestaltung sich die jungen Gesellschafterinnen freuen: „Wie kann Unternehmensführung aus weiblicher Perspektive aussehen? Wie gehen wir die Themen Umwelt, Nachhaltigkeit, sich verändernde Arbeitswelt oder das Rollenverständnis in einer überwiegend männlich dominierten Branche an?“
Die Firmengeschichte (s. Kasten) nahm einen weiteren rasanten Verlauf, inzwischen ist B+T eine Unternehmensgruppe mit fünf Firmen und knapp 170 Mitarbeitern an zwei Standorten. Und auch für die jüngste Firma, die B+T ID Solutions GmbH, sitzt die nächste Generation schon in den Startlöchern: Susann Kalbitzer, Tochter eines Geschäftsfreundes, ist die dritte junge Gesellschafterin im Bunde.
„Mit den Firmenanteilen kann ich Werte schöpfen, indem ich Gewinne in neue Projekte investiere und somit neue Arbeitsplätze schaffe.“ (Sarah Benner)
© B + T Unternehmensgruppe
Für alle drei Frauen war es – was die Anteile anbelangte – zunächst ein kleiner Schritt, der aber beim Thema Nachfolgeregelung durchaus seinen Charme hat: „Denn mit den Firmenanteilen kann ich Werte schöpfen, indem ich Gewinne in neue Projekte investiere und somit neue Arbeitsplätze schaffe. Außerdem habe ich ein Recht auf Mitsprache beziehungsweise Mitgestaltung“, erklärt Sarah Benner. „Inzwischen muss ich mich auf einer Gesellschafterversammlung auch schon mal knackigen Fragen der neuen Generation stellen“, erzählt Frank Benner. „Wir machen einen Schritt nach dem anderen und übernehmen immer mehr Verantwortung“, so Annalina Benner.
Dieser Verantwortung stellt sich auch Susann Kalbitzer: „Ich habe durch das Unternehmen meines Vaters gesehen, was es bedeutet, Gesellschafter zu sein. Zusammen mit doppelter weiblicher Unterstützung möchte ich mich nun selbst daran wagen.“ Als nächstes werden sich die jungen Gesellschafterinnen mit Frank Benner zusammensetzen und eine Langzeitstrategie besprechen.
„Nachfolger oder Nachfolgerinnen müssen die Freiheit haben, die Welt kennenzulernen.“ (Frank Benner)
Ganz wichtig dabei ist allen drei Frauen, dass niemand Druck auf sie ausübt, sich jetzt komplett in den Dienst der Firma zu stellen. Alle drei sind an
unterschiedlichen Hochschulen eingeschrieben – sei es mit pädagogischem oder wirtschaftlichem Schwerpunkt. Ob sie danach voll ins Berufsleben einsteigen oder anderweitig Erfahrungen sammeln möchten, entscheiden sie natürlich selbst.
„Ich habe durch das Unternehmen meines Vaters gesehen, was es bedeutet, Gesellschafter zu sein. Zusammen mit doppelter weiblicher Unterstützung möchte ich mich nun selbst daran wagen.“ (Susann Kalbitzer)
© B+T GRUPPE
Es ist genau diese Entscheidungsfreiheit gewesen, die Annalina und Sarah Benner sowie Susann Kalbitzer überzeugt hat, ihr Erspartes in die Hand zu nehmen. „Selbstverwirklichung, eigene Wege gehen – das ist die beste Vorbereitung auf eine Unternehmensnachfolge“, sagt Frank Benner. „Nachfolger oder Nachfolgerinnen müssen die Freiheit haben, die Welt kennenzulernen. Geschäftsführerin können sie immer noch werden, denn für diesen Job gibt es keinen Studiengang.“
Die B+T-Unternehmensgruppe hat bereits 2010 die Weichen auf Expansion gestellt: Mit der Umfirmierung von Ruhl &Co und der Integration in die B+T Unternehmensgruppe hat der Oberflächen-Spezialist B+T Oberflächentechnik GmbH aus Wetzlar nicht nur einen neuen Namen, sondern auch einen zweiten Firmensitz bekommen: Dem Wetzlarer Werk an der Ernst-Befort-Straße steht seit 2017 das neue Hauptquartier im nahegelegenen Rechtenbach zur Seite. Hier sind die Anlagen und Maschinen konsequent miteinander vernetzt. Zwei Galvanik-Linien und eine Wärmebehandlungsanlage produzieren nach dem neuesten Stand der Technik. Der Datenaustausch mit Kunden oder Lieferanten läuft digital, mittels Kunden-, Lieferanten-, Planungs- und Produktionsinterface kann jederzeit die Lieferkette eingesehen und überprüft werden. Augmented Reality unterstützt den Produktionsprozess.
Neben dem Kerngeschäft baut die B+T-Gruppe weitere Standbeine auf: Unter anderem arbeitet die B+T Unternehmensgruppe in verschiedenen Forschungsprojekten mit der TU Braunschweig, der TU Darmstadt oder dem Steinbeis-Institut zusammen und baut derzeit ein mittelhessisches Rechenzentrum auf, um vor allem mittelständischen Unternehmen eine Dateninfrastruktur-Alternative zu den US-amerikanischen Clouds und der europäischen Gaia-X-Variante zu bieten.
Neben dem Kerngeschäft baut die B+T-Gruppe weitere Standbeine auf: Unter anderem arbeitet die B+T Unternehmensgruppe in verschiedenen Forschungsprojekten mit der TU Braunschweig, der TU Darmstadt oder dem Steinbeis-Institut zusammen und baut derzeit ein mittelhessisches Rechenzentrum auf, um vor allem mittelständischen Unternehmen eine Dateninfrastruktur-Alternative zu den US-amerikanischen Clouds und der europäischen Gaia-X-Variante zu bieten.
Unternehmensnachfolge leichtgemacht
Wie hilft die IHK?
Die IHK Lahn-Dill bietet sowohl Betrieben, die einen Nachfolger suchen, als auch Existenzgründern, die ein Unternehmen übernehmen wollen, folgende Dienstleistungen an:
- Kostenlose Erstberatung
- Basisinformation für die Planung und Begleitung des Übernahmeprozesses
- Beratung zu öffentlich geförderten Finanzierungs- und Beratungsmöglichkeiten
- Kontaktvermittlung zu zahlreichen IHK-Netzwerkpartnern (z. B: Bürgschaftsbank, RKW Hessen und WIBank)
- Hilfe bei der Suche nach einem geeigneten Nachfolger oder einem Unternehmen mit Hilfe der Unternehmensbörse nexxt-change (www.nexxt-change.org)
- Kostenlose Unternehmersprechtage
In Beratungsgesprächen erfahren Sie, welche Vorgehensweise für die Nachfolgeregelung empfehlenswert ist. Wir beantworten allgemeine Fragen zu Unternehmensbewertung und zu Übergabevarianten. Außerdem informieren wir Sie zu Beratungszuschüssen und Förderprogrammen. Mit unserem Serviceangebot unterstützen wir Übergeber und Gründer dabei, einen Fahrplan für den Nachfolgeprozess zu entwerfen. Viele weitere Informationen zur Nachfolge finden Sie hier.
Kontakt
Burak Dogan