Ab 2023 in Kraft

Das Lieferkettengesetz - worauf Lieferanten achten sollten?

Am 11. Juni hat der Bundestag das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) verabschiedet, am 22. Juli 2021 wurde es offiziell im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und ist am 1.Januar 2023 in Kraft getreten.
Im März 2021 begann auf EU-Ebene der Prozess zur Erarbeitung eines Sorgfaltspflichtengesetzes. Angesichts des im Europäischen Parlament mit großer fraktionsübergreifender Mehrheit verabschiedeten Berichts, ist davon auszugehen, dass die europäischen Vorgaben nochmals über die deutschen Vorgaben hinaus gehen werden. Es ist für Unternehmen daher ratsam, sich mit dem Thema zu beschäftigen.
Im folgenden Artikel gehen wir auf die Vorgaben auf Bundesebene ein und wollen insbesondere Lieferanten Orientierung bieten.
Grundlage hierfür ist die Fassung des Gesetzes, welches der Bundestag am 11. Juni verabschiedete und am 22. Juli 2021 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde.

Wer ist unmittelbar vom Gesetz betroffen?

Unmittelbar vom LkSG betroffen sind seit dem Jahr 2023 Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitenden im Inland (mitgezählt werden auch entsandte Arbeitnehmer), die ihre Hauptverwaltung, ihre Hauptniederlassung, ihren Verwaltungssitz oder ihren satzungsmäßigen Sitz im Inland haben oder eine Zweigniederlassung gemäß § 13d des Handelsgesetzbuchs mit mehr als 3.000 Beschäftigten haben. Im Jahr darauf sinkt der Wert von 3.000 Beschäftigten auf 1.000.
Innerhalb von verbundenen Unternehmen (§ 15 des Aktiengesetzes) sind die Arbeitnehmer sämtlicher konzernangehöriger Gesellschaften bei der Berechnung der Arbeitnehmerzahl der Konzernmutter zu berücksichtigen. Gezählt werden somit alle Beschäftigten der Verbund- und Töchterunternehmen.

Was müssen unmittelbar vom Gesetz betroffene Unternehmen leisten?

Die sogenannten Sorgfaltspflichten werden in § 3 LkSG definiert. Sie enthalten (in Klammer sind Paragrafen zu finden, in denen die Anforderungen innerhalb des Gesetzes spezifiziert werden)
  1. die Einrichtung eines Risikomanagements (§ 4 Absatz 1),
  2. die Festlegung einer betriebsinternen Zuständigkeit (§ 4 Absatz 3),
  3. die Durchführung regelmäßiger Risikoanalysen (§ 5),
  4. die Verabschiedung Abgabe einer Grundsatzerklärung (§ 6 Absatz 2),
  5. die Verankerung von Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich (§ 6 Absatz 1 und 3) und gegenüber unmittelbaren Zulieferern (§ 6 Absatz 4),
  6. das Ergreifen von Abhilfemaßnahmen (§ 7 Absätze 1 bis 3),
  7. die Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens (§ 8),
  8. die Umsetzung von Sorgfaltspflichten in Bezug auf Risiken bei mittelbaren Zulieferern (§ 9) und
  9. die Dokumentation (§ 10 Absatz 1) und die Berichterstattung (§ 10 Absatz 2).

Weshalb sollten sich auch Unternehmen damit beschäftigen, die nicht unmittelbar vom Gesetz betroffen sein werden?

Weil die Logik des Gesetzes impliziert, dass unmittelbar betroffenen Unternehmen eine besondere Sorgfaltspflicht für die Kundenbeziehung mit deren Tier-1 Zulieferer auferlegt wird.
Dabei wird ein unmittelbarer Zulieferer laut § 2 Abs. 8 LkSG wie folgt definiert:
„Unmittelbarer Zulieferer im Sinne dieses Gesetzes ist ein Partner eines Vertrages über die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, dessen Zulieferungen für die Herstellung des Produktes des Unternehmens oder zur Erbringung und Inanspruchnahme der betreffenden Dienstleistung notwendig sind“.

Wie können unmittelbare Zulieferer eine Folgeabschätzung für sich vornehmen?

Angesichts der im Gesetz angelegten Systematik, ist es ratsam, dass sich Lieferanten in einem ersten Schritt anschauen, zu welcher Branche ihr Kunde gehört. Im Gesetz werden je nach Branche unterschiedliche Betroffenheit definiert.
In einem nächsten Schritt stellt sich die Frage, wie international das zu beliefernde Unternehmen aufgestellt ist. Sehr starke Betroffenheit im Kontext von Menschenrechts- und Umweltstandards sind Unternehmen, die aus dem außereuropäischen Ausland beliefert werden. Starke Betroffenheit wird bei einer Belieferung aus dem europäischen Ausland angenommen.

In welchem Umfang können unmittelbare Zulieferer betroffen sein – mit welchem Aufwand ist zu rechnen?

Unmittelbare Zulieferer sollten auf Grund der Anforderungen an direkt vom Gesetz adressierten Unternehmen davon ausgehen, dass diese auf Grund der gesetzlichen Vorgaben folgende Anforderungen – insbesondere im Bereich der von ihnen zu treffenden Präventionsmaßnahmen (vgl. § 6 Abs. 4) – an sie stellen werden. Dazu gehören:
  1. die Berücksichtigung der menschenrechts- und umweltbezogenen Erwartungen bei der Auswahl eines unmittelbaren Zulieferers,
  2. die vertragliche Zusicherung eines unmittelbaren Zulieferers, dass dieser die von der Geschäftsleitung des Unternehmens verlangten menschenrechtsbezogenen und umweltbezogenen Vorgaben einhält und entlang der Lieferkette angemessen adressiert,
  3. die Vereinbarung angemessener vertraglicher Kontrollmechanismen sowie die Durchführung von Schulungen und Weiterbildungen zur Durchsetzung der vertraglichen Zusicherungen des unmittelbaren Zulieferers nach Nummer 2,
  4. die Durchführung risikobasierter Kontrollmaßnahmen auf Grundlage der vereinbarten Kontrollmechanismen nach Nummer 3, mit denen die Einhaltung der Menschenrechtsstrategie bei dem unmittelbaren Zulieferer überprüft wird.

Kontrolle des Gesetzes und Nachweispflicht?

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) wird als zuständige Aufsichtsbehörde im Gesetz benannt und mit umfassenden Kompetenzen ausgestattet.
Betroffene Unternehmen müssen eine Grundsatzerklärung zur Strategie abgeben und an Mitarbeiter, Öffentlichkeit und unmittelbare Zulieferer kommunizieren. Darüber hinaus besteht die fortlaufende Pflicht zur Dokumentation der Pflichterfüllung nebst Aufbewahrungspflicht (7 Jahre) und die Pflicht zur Veröffentlichung eines Jahresberichts auf der Website und Einreichung beim BAFA.
Sollte ein Unternehmen die Zusammenarbeit verweigern, kann die BAFA ein Zwangsgeld von bis zu 50.000 Euro verhängen. Verstößt ein Unternehmen vorsätzlich oder fahrlässig gegen die vorgeschriebenen Sorgfaltspflichten, so kann die BAFA ein Bußgeld verhängen, das sich am Gesamtumsatz des Unternehmens orientieren soll (bis zur 800.000 Euro oder 2 Prozent des Jahresumsatzes bei Unternehmen mit mehr als 400 Millionen Euro Umsatz).
Bei einem schweren Verstoß können Unternehmen für bis zu drei Jahre von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen werden.

Wo bekommen Unternehmen weitere Informationen?

Über den Helpdesk Wirtschaft und Menschenrechte und den hierüber entwickelten KMU-Kompass können sich Unternehmen weitere Informationen abholen.