Standortpolitik

Wirtschaftsbericht Herbst 2017

Konjunktur auf hohem Niveau


Unternehmen gehen überwiegend von positiven Geschäftsentwicklungen aus

Auslastungsgrad der Kapazitäten in der Industrie sehr hoch

Wirtschaftsstärke insgesamt auf hohem Niveau


Die Erwartungen über den weiteren Verlauf der Konjunktur gehen bei den Unternehmen im IHK-Bezirk Hochrhein-Bodensee leicht zurück, sind aber weiterhin deutlich positiv. „Der von der IHK errechnete Index für das Konjunkturklima in der Region ist gegenüber der Befragung im Frühjahr auf 141 Punkte gefallen, liegt damit aber auf dem höchsten Herbstwert seit 7 Jahren“, so Dr. Alexander Graf, der die Konjunkturumfrage bei der Kammer durchführt. Ausschlaggebend für den Rückgang ist die gegenüber dem Frühjahr nicht mehr ganz so euphorische Einschätzung der aktuellen Geschäftslage der Unternehmen. Fachkräftebedarf und Inlandsnachfrage sind die meist genannten Risiken für die weitere Geschäftsentwicklung.

Geschäfts- und Ertragslage aktuell gut

Trotz des gesunkenen Indexwertes bleibt die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage durch die Unternehmen der Region unverändert positiv. Mit einem Wert von 157 Punkten hält sich dieser „Lage-Indikator“ einmal mehr auf einem sehr hohen Niveau. So beurteilen 60 Prozent der teilnehmenden Betriebe ihre momentane Geschäftslage als gut, weitere 37 Prozent als befriedigend und gerade einmal drei Prozent als schlecht. Und auch die Ertragslage zeigt sich aktuell erfreulich und besser als im Vorjahreszeitraum. So sprechen rund 45 Prozent der Betriebe von einer guten und immerhin 51 Prozent von einer befriedigenden Ertragslage. Mit ihrem Ertrag nicht zufrieden sind dagegen nur vier Prozent der Unternehmen.

Industrie mit anziehendem Auftragseingang aus dem Ausland

Die Einschätzung der Industrieunternehmen in der Region Hochrhein-Bodensee liegt leicht über der der Gesamtwirtschaft. So bezeichnet mehr als die Hälfte aller produzierenden Unternehmen (58 Prozent) die Geschäftslage als gut und weitere 39 Prozent sind mit ihrer Geschäftslage zufrieden. Aktuell erreicht der Auslastungsgrad der Kapazitäten in der regionalen Industrie mit rund 90 Prozent den höchsten Stand seit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008. Die derzeitige Tendenz bei den Auftragseingängen zeigt gegenüber demselben Vorjahreszeitraum deutliche Verbesserungen. Bei 47 Prozent der Betriebe sind die Auftragseingänge aktuell gleichbleibend, während bei sieben Prozent der Unternehmen diese Eingänge zurückgehen. Bei 46 Prozent ist die Tendenz steigend. Dabei zeigt sich ein deutlich positiveres Bild bei den derzeitigen Auftragseingängen aus dem Ausland als aus dem Inland. Während die Aufträge aus dem Ausland sogar gegenüber den Frühjahrswerten nochmals zulegen, weisen die Inlandsaufträge in diesem Zeitraum rückläufige Tendenzen auf.

Handel und Dienstleistungsbereich positiv, jedoch mit Differenzierung

Im Handel und Dienstleistungsbereich ist die Stimmung weiter gut. So berichten rund 56 Prozent der Unternehmen von einer guten Geschäftslage, 41 Prozent von einer befriedigenden Lage. Beim Umsatz verzeichnen 37 Prozent der Handels- und Dienstleistungsunternehmen eine Steigerung gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum. Bei knapp 45 Prozent ist der Umsatz konstant geblieben. Dabei zeigt sich, dass insbesondere der Dienstleistungsbereich nochmals zulegen konnte. So sind hier bei rund 53 Prozent der Betriebe die Umsätze gegenüber demselben Zeitraum 2016 nochmals gestiegen. Beim Handel dürfte insbesondere der rückläufige Konsum der Schweizer Kundschaft dafür verantwortlich sein, dass rund 35 Prozent der Handelsbetriebe angeben, dass ihre Umsätze gegenüber demselben Quartal 2016 gefallen sind.
Die insgesamt positiven Aussagen bestätigen sich auch in der Einschätzung der Ertragslage für den gesamten Handels- und Dienstleistungsbereich. Hier spricht die Hälfte der Unternehmen von einer guten und 45 Prozent von einer zufriedenstellenden Ertragslage; lediglich fünf Prozent bezeichnen diese dagegen als schlecht.

Erwartungen für die kommenden zwölf Monate positiv

Die meisten Unternehmen im Kammerbezirk sehen für die kommenden zwölf Monate positive Geschäftsverläufe. Insgesamt erwarten rund 95 Prozent aller Unternehmen eine gleichbleibende oder bessere Entwicklung für die kommenden Monate. Annähernd zwei Drittel der Unternehmen gehen dabei von einem gleichbleibenden Geschäftsverlauf für die kommenden Monate aus. Dies gilt sowohl für Betriebe des Industrie- als auch des Dienstleistungsbereichs. Im Handelsbereich erwarten rund 85 Prozent der Händler gleichbleibende oder sich verbessernde Geschäfte, die restlichen 15 Prozent prognostizieren für die kommenden Monate eine schlechtere Entwicklung.
Die Erwartungen der exportorientierten Industriebetriebe gegenüber Großbritannien sowie Russland bleiben auch in diesem Herbst weiter rückläufig. Dagegen ruhen die Hoffnungen auf steigende Exporte primär in Richtung EURO-Zone. Insgesamt gehen rund 46 Prozent der Produktionsbetriebe von steigenden Exporten in den kommenden zwölf Monaten aus. Eine Steigerung der Umsätze erwartet ein Drittel der produzierenden Betriebe aus dem Inland. Die Hälfte geht hier von gleichbleibenden Umsätzen aus, wohingegen rund 13 Prozent im Inland mit einem Rückgang kalkulieren.

Investitionen in Innovation steigend

Eine leichte Zunahme gegenüber dem Vorjahr gibt es bei den inländischen Investitionsabsichten der Unternehmen zu verzeichnen. Etwa rund 29 Prozent aller Betriebe rechnen mit steigenden Investitionen. Die Zahl der Unternehmen, die dagegen keine Investitionen in den kommenden zwölf Monaten planen, hat sich bei rund fünf Prozent stabilisiert. Verwendet werden sollen die Mittel insbesondere zur Beschaffung von Ersatzbedarfen sowie zur Einführung von Innovationen. „Letzteres ist vor dem Hintergrund der voranschreitenden Digitalisierung ein gutes Zeichen“, findet Dr. Alexander Graf. So ist die Zahl der investierenden Unternehmen, die die Investitionen für die Einführung von Innovationen verwenden, innerhalb des vergangenen Jahres von 34 auf 46 Prozent gestiegen. „Dennoch gibt es hier noch weiteres Potential. Die deutsche Wirtschaft punktet mit Hoch- und Spitzentechnologien auf den Weltmärkten und sichert so Beschäftigung und Einkommen hierzulande. Aber Deutschland ist mittlerweile fast das einzige Industrieland, das auf eine steuerliche Förderung von Forschungs- und Entwicklungsausgaben verzichtet. Nicht verwunderlich also, dass in einer aktuellen Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) mehr als jedes vierte Unternehmen fordert, dass investitionsfreundlichere Regelungen zur Unternehmensbesteuerung ganz oben auf der Agenda der neuen Bundesregierung stehen sollen“, so Graf weiter.

Konjunkturelle Risiken

Die Arbeitskosten sowie die Entwicklung der Inlandsnachfrage sind neben dem Bedarf an qualifizierten Fachkräften die am häufigsten genannten Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung der Unternehmen. Insgesamt 41 Prozent aller Betriebe in der Region Hochrhein-Bodensee sehen in den Arbeitskosten ein Risiko, für rund 40 Prozent der Antwortenden steht die Inlandsnachfrage auf unsicheren Beinen. Umso wichtiger erscheint es, Rahmenbedingungen zu setzen, die die Inlandsnachfrage und insbesondere die Investitionsquote des privaten und öffentlichen Sektors erhöhen. Von den Industriebetrieben werden daneben auch die Energie- und Rohstoffpreise (46 Prozent) am häufigsten genannt, die nicht zuletzt auch dem wieder gestiegenem Ölpreis geschuldet sein dürften.
Insgesamt aber wird der Fachkräftebedarf in der aktuellen Umfrage am häufigsten (66 Prozent) als Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung gesehen.

Verstärkte Bemühung um Fachkräfte

So plant der Großteil der Betriebe, rund 68 Prozent, für die kommenden Monate mit einer gleichbleibenden Mitarbeiterzahl. Weitere rund 21 Prozent der Unternehmen rechnen im selben Zeitraum mit steigenden Beschäftigtenzahlen.
Doch allein die Beschäftigtenzahlen zu halten, stellt die Betriebe der Region vor Herausforderungen. Aktuell geben rund 70 Prozent der an der Umfrage beteiligten Unternehmen eine oder mehrere offene Stellen als längerfristig unbesetzt an, da passende Fachkräfte nicht gefunden werden können. Ein Wert, der deutlich über dem Landesdurchschnitt von 58 Prozent liegt. Verantwortlich dafür ist neben der Attraktivität des Schweizer Arbeitsmarktes insbesondere der demografische Wandel innerhalb der Belegschaften in der Region, dessen erste Auswirkungen bereits heute die Unternehmen zu spüren bekommen. Und dieser Wandel wird in den nächsten Jahren weiter an Bedeutung gewinnen. So geben 68 Prozent der Betriebe an, dass die Besetzung offener Stellen zunehmend schwieriger wird. Rund 43 Prozent der Betriebe verzeichnen einen Anstieg des Durchschnittsalters der Beschäftigten und rund 30 Prozent der Betriebe verzeichnen einen zunehmenden Ersatzbedarf durch altersbedingt ausscheidende Fachkräfte. In rund einem Viertel der Unternehmen führt dieser Personalmangel zu einer Mehrbelastung der Belegschaften.
Reagieren wollen die Unternehmen auf diesen Fachkräfteengpass insbesondere mit verstärkter Ausbildung (57 Prozent) und Weiterbildung (49 Prozent) sowie der Steigerung ihrer Arbeitgeberattraktivität (44 Prozent). Im produzierenden Gewerbe sehen rund die Hälfte der Betriebe (48 Prozent) in der Ausweitung des betrieblichen Gesundheitsmanagements eine positive Stellschraube und eine fast gleich große Zahl an Betrieben (47 Prozent) möchte den Auswirkungen mit Rationalisierung bzw. Umstrukturierung entgegen treten. Rund ein Drittel der Betriebe will den Mitarbeitern zukünftig die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtern und so zusätzliche Potentiale generieren. Die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer rückt ebenfalls bei rund einem Drittel der Unternehmen verstärkt in den Fokus. Bis die jüngst nach Deutschland geflüchteten Personen den in der Region benötigten Fachkräftebedarf nennenswert lindern können, wird es noch einige Zeit dauern. Je nach Branche (bspw. Baugewerbe) wird dieser Personengruppe aber bereits heute strategische Bedeutung beigemessen.

Oktober 2017