Standortpolitik
Wirtschaftsbericht Herbst 2016
Gute Aussichten
Unternehmen gehen überwiegend von positiven Geschäftsentwicklungen aus
Wirtschaftsstärke auf hohem Niveau
Region Hochrhein-Bodensee mit besseren Werten als Landesschnitt
Die Erwartungen über den weiteren Verlauf der Konjunktur gehen bei den Unternehmen im IHK-Bezirk Hochrhein-Bodensee tendenziell nach oben. Der von der IHK errechnete Index für das Konjunkturklima in der Region ist gegenüber der Befragung im Frühsommer auf 137 Punkte gestiegen (Frühsommer 132 Punkte) und liegt damit weiterhin über dem Landesschnitt von nun 132 Punkten. Die Industriebetriebe verzeichnen aktuell jedoch einen verhaltenen Auftragseingang. Größte Risiken werden in der Entwicklung der Auslandsnachfrage und dem ungedeckten Bedarf an fachlich gut qualifizierten Mitarbeitern gesehen.
Geschäfts- und Ertragslage aktuell gut
Im gestiegenen Indexwert zeigt sich die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage durch die Unternehmen der Region wieder erholt. Mit einem Wert von 152 Punkten erhöht sich der entsprechende Indikator zur Beurteilung der Geschäftslage wieder auf ein sehr hohes Niveau. Insgesamt beurteilen 55 Prozent der teilnehmenden Betriebe ihre momentane Geschäftslage als gut, weitere 42 Prozent als befriedigend und gerade einmal drei Prozent als schlecht. Und auch die Ertragslage zeigt sich aktuell erfreulich. So sprechen rund 42 Prozent der Betrieb von einer guten und immerhin 49 Prozent von einer befriedigenden Ertragslage. Mit ihrem Ertrag nicht zufrieden sind dagegen acht Prozent der Unternehmen.
Industrie mit verhaltenem Auftragseingang
Die Einschätzung der Industrieunternehmen in der Region Hochrhein-Bodensee liegt tendenziell unter der der Gesamtwirtschaft. Doch auch hier bezeichnet rund die Hälfte aller produzierenden Unternehmen die Geschäftslage als gut und weitere 41 Prozent sind mit ihrer Geschäftslage zufrieden. Allerdings ist der Auslastungsgrad der Kapazitäten in der Industrie in den vergangenen Monaten auf rund 85 Prozent zurückgegangen und befindet sich damit knapp unterhalb seines langjährigen Durchschnitts. Ausgesprochen verhalten zeigt sich die derzeitige Tendenz bei den Auftragseingängen. Bei 56 Prozent der Betriebe sind die Auftragseingänge aktuell gleichbleibend, während bei 20 Prozent der Unternehmen diese Eingänge zurückgehen. Bei 24 Prozent ist die Tendenz steigend. Dabei zeigt sich ein leicht positiveres Bild bei den derzeitigen Auftragseingängen aus dem Ausland als aus dem Inland.
Handel und Dienstleistungsbereich positiv
Im Handel und Dienstleistungsbereich ist die Stimmung weiter gut. So berichten rund 57 Prozent der Unternehmen von einer guten Geschäftslage, die restlichen 43 Prozent von einer befriedigenden Lage. Beim Umsatz verzeichnen 35 Prozent der Handels- und Dienstleistungsunternehmen eine Steigerung gegenüber dem gleichen Vorjahresquartal. Bei knapp 47 Prozent ist der Umsatz konstant geblieben. Dabei zeigt sich, dass insbesondere der Dienstleistungsbereich nochmals zulegen konnte. So sind hier bei rund 39 Prozent der Betriebe die Umsätze gegenüber demselben Zeitraum 2015 nochmals gestiegen. Beim Handel haben dagegen die positiven Einflüsse des im Frühjahr 2015 überraschend gegenüber dem Euro gestiegenen Frankenkurses zu einer im vergangenen Jahr einmaligen Umsatzsteigerung geführt, die in 2016 so nicht mehr wiederholbar ist. Entsprechend geben 32 Prozent der Handelsbetriebe nun an, dass ihre Umsätze gegenüber demselben Quartal 2015 gefallen sind.
Die insgesamt positiven Aussagen bestätigen sich auch in der Einschätzung der Ertragslage für den gesamten Handels- und Dienstleistungsbereich. Hier sprechen 45 Prozent von einer guten und 50 Prozent von einer zufriedenstellenden Ertragslage; lediglich fünf Prozent bezeichnen diese dagegen als schlecht.
Erwartungen für die kommenden zwölf Monate positiv
Die meisten Unternehmen im Kammerbezirk sehen für die kommenden zwölf Monate positive Geschäftsverläufe voraus. Insgesamt erwarten rund 94 Prozent aller Unternehmen eine gleichbleibende oder bessere Entwicklung für die kommenden Monate. Dabei ist die Anzahl der Unternehmen, die von einer besseren Entwicklung ausgehen, in den letzten Monaten von rund 22 Prozent auf aktuell 30 Prozent gestiegen. Annähernd zwei Drittel der Unternehmen gehen von einem gleichbleibenden Geschäftsverlauf für die kommenden Monate aus. Rund sechs Prozent rechnen mit einem schlechteren Verlauf. Dies gilt sowohl für Betriebe des Industrie- als auch des Dienstleistungsbereichs. Im Handelsbereich erwarten rund 85 Prozent der Händler gleichbleibende oder sich verbessernde Geschäfte, die restlichen 15 Prozent prognostizieren für die kommenden Monate eine schlechtere Entwicklung.
Die Erwartungen der exportorientierten Industriebetriebe gegenüber den lateinamerikanischen Staaten sowie Russland gehen derweil weiter zurück. Dagegen ruhen die Hoffnungen auf steigende Exporte in Richtung Asien und dem nordamerikanischen Markt. Eine Steigerung der Umsätze erwartet ein Drittel der produzierenden Betriebe aus dem Inland. Über die Hälfte geht hier von gleichbleibenden Umsätzen aus, wohingegen rund 14 Prozent im Inland mit einem Rückgang kalkulieren.
Investitionsabsichten beständig
Keine gravierenden Veränderungen gibt es bei den Investitionsabsichten der Unternehmen im Inland zu verzeichnen. Etwa rund 80 Prozent aller Betriebe rechnen mit gleichbleibenden oder steigenden Investitionen. Die Zahl der Unternehmen, die dagegen keine Investitionen in den kommenden zwölf Monaten planen, hat sich bei rund sechs Prozent stabilisiert. Verwendet werden sollen die Mittel in erster Linie zur Beschaffung von Ersatzbedarfen sowie – allerdings mit deutlich weniger Nennungen – zur Einführung von Innovationen.
Konjunkturelle Risiken
Die Arbeitskosten sowie die Entwicklung der Nachfragemärkte sind neben dem Bedarf an qualifizierten Fachkräften die am häufigsten genannten Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung der Unternehmen. Insgesamt 37 Prozent aller Betriebe in der Region Hochrhein-Bodensee sehen in den Arbeitskosten ein Risiko, für rund 30 Prozent der Antwortenden steht jeweils die Inlands- und Auslandsnachfrage auf unsicheren Beinen. Dies verwundert nicht, sind doch viele Krisen weltweit weiterhin ungelöst. Zudem sorgen der Brexit, aber auch die ungeklärten Handelsabkommen mit Kanada und Nordamerika für Verunsicherung der exportorientierten Industrie. Umso wichtiger erscheint es, Rahmenbedingungen zu setzen, die die Inlandsnachfrage und insbesondere die Investitionsquote des privaten und öffentlichen Sektors erhöhen.
Insgesamt aber wird der Fachkräftebedarf in der aktuellen Umfrage am häufigsten (60 Prozent) als Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung gesehen.
Fachkräfte gesucht
Bestimmte Fachkräfte sind in der Region weiterhin gesucht. So plant der Großteil der Betriebe, rund 77 Prozent, für die kommenden Monate mit einer gleichbleibenden Mitarbeiterzahl. Weitere rund 12 Prozent der Unternehmen rechnen im selben Zeitraum mit steigenden Beschäftigtenzahlen.
Doch allein die Beschäftigtenzahlen zu halten, stellt die Betriebe der Region vor Herausforderungen. Aktuell gibt rund die Hälfte der an der Umfrage beteiligten Unternehmen eine oder mehrere offene Stellen als unbesetzt an, da passende Fachkräfte nicht gefunden werden können. Ein Wert, der noch knapp über dem Landesdurchschnitt von 47 Prozent liegt. Gesucht werden dabei insbesondere Personen mit einer dualen Berufsausbildung und/oder einer darauf aufbauenden Weiterbildung (Fachwirt, Meister etc.). Aber auch Personen mit einem Hochschulabschluss gehören zu den dringend benötigten Arbeitskräften. Tendenziell stärker gesucht werden dabei Fachkräfte in technischen Berufen.
Reagieren wollen die Unternehmen auf diesen Fachkräfteengpass mit verstärkter Ausbildung (48 Prozent) und Weiterbildung (32 Prozent) sowie der Steigerung ihrer Arbeitgeberattraktivität (47 Prozent). Auch Arbeitskräfte aus dem Ausland stellen eine Option für die Betriebe dar. So denken rund 47 Prozent der Unternehmen daran, zukünftig Fachkräfte von außerhalb der Grenzen anzuwerben. Auszubildende aus dem Ausland zu holen, sehen aktuell dagegen nur rund sechs Prozent der Betriebe als eine gute Möglichkeit an. Mit Personen, die aktuell als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind, haben die Betriebe in der Region bisher noch wenig Erfahrung gesammelt. Die überwiegende Zahl, rund 70 Prozent, geben an, derzeit keine Flüchtlinge zu beschäftigen. Bei 16 Prozent der befragten Unternehmen arbeiten Personen, die momentan Schutz in Deutschland suchen, mit. Dies in erster Linie als Helfer oder im Rahmen eines Praktikums.
Es zeigt sich deutlich, dass neben der Attraktivität des Schweizer Arbeitsmarktes für Fachkräfte auch der demografische Wandel innerhalb der Belegschaften in der Region bereits heute Realität ist. Und dieser Wandel wird in den nächsten Jahren weiter an Bedeutung gewinnen. Die Unternehmen müssen sich schnellstmöglich darauf einstellen und entsprechende strategische Maßnahmen ergreifen. Dazu gehören neben verstärkter Aus- und Weiterbildungstätigkeit auch, vorhandene aber nicht genutzte Potenziale von gut ausgebildeten Personen, insbesondere Frauen und ältere Erwerbsfähige, zu nutzen. Bis die jüngst nach Deutschland geflüchteten Personen zu den in der Region benötigten Fachkräften ausgebildet sind, wird es noch einige Zeit dauern. Die Betriebe der Region wollen und werden sich hierbei einbringen, denn ihnen ist bewusst, dass eine gesellschaftliche Integration dieser Menschen nur gelingen kann, wenn sie dauerhaft am Erwerbsleben teilhaben können.