Standortpolitik

Wirtschaftsbericht Frühjahr 2010

Wirtschaft mit Frühlingsgefühlen
Überraschend kräftiger Konjunkturaufschwung in der Region
Konstanz/Schopfheim. Das Umfrageergebnis vom April/Mai 2010 zur aktuellen Entwicklung der Wirtschaft in der Region Hochrhein-Bodensee hat selbst die Fachleute bei der Industrie- und Handelskammer überrascht. Mit einem kräftigen Sprung um über 30 Punkte hat sich der Konjunkturklima-Index innerhalb weniger Monate überraschend stark verbessert und gibt nach Einschätzung von Präsident Kurt Grieshaber berechtigte Hoffnung zu der Annahme, dass die regionale Wirtschaft das „Tal der Tränen” endgültig verlassen hat und sich wieder auf einem stabilen Wachstumspfad befindet. Zu den optimistischen Geschäftserwartungen zur Jahreswende 2009/10 sind nunmehr konkrete Verbesserungen bei der aktuellen Geschäftslage getreten.
Industrie erholt sich auf breiter Front
Leidtragende der weltweiten Rezession 2008/09 waren bis zum Jahreswechsel 2010 vor allem die stark exportabhängigen Industriebetriebe, insbesondere die Automobilzuliefererindustrie, der Maschinen- und Anlagebau, die Metallverarbeitende Industrie sowie die Bereiche Elektrotechnik und Textil/Bekleidung. Dieses Bild hat sich seit Jahresbeginn nachhaltig verändert. Ein kräftiger Sprung beim Auftragseingang hat die meisten Schlüsselbranchen der Region Hochrhein-Bodensee wieder auf einen Wachstumspfad zurückgeführt. Etwas schwächer fällt die Trendwende in Teilen des Maschinen- und Anlagebaus sowie vor allem bei der Möbelindustrie aus, die traditionell einen Konjunkturaufschwung stets zeitversetzt durchläuft. Neun von zehn Industrieunternehmen zeigen sich mit ihrer aktuellen Geschäftslage zwischenzeitlich wieder zufrieden und konnten in den zurückliegenden Monaten die Auslastung ihrer Produktionskapazitäten gegenüber dem Vorjahr um durchschnittlich 10 Prozent auf über 80 Prozent hochfahren. Erfreulich am Frühjahrsaufschwung ist die Tatsache, dass die Trendwende nicht nur von der verbesserten Lage auf den Exportmärkten getragen wird, sondern auch spürbare Impulse aus dem laufenden Inlandsgeschäft kommen.
Baugewerbe, Handel und Dienstleistungen zeigen sich stabil
Unverändert gut ist die wirtschaftliche Lage beim Bau-, Handel- und Dienstleistungsgewerbe. Diese Wirtschaftsbereiche, die in der tiefen Weltrezession 2008/09 ein weiteres
Abrutschen der Konjunktur verhindert haben, erweisen sich weiterhin als wichtiger stabilisierender Faktor für die konjunkturelle Entwicklung in der Region Hochrhein-Bodensee. Nur fünf Prozent der befragten Unternehmen melden eine schlechte aktuelle Geschäftslage. Die Konsumneigung breiter Bevölkerungsschichten bleibt hoch und trägt somit dazu bei, dass die Umsatz- und Ertragsentwicklung beim Handel- und Dienstleistungssektor zufrieden stellend verläuft.

Geschäftserwartungen 2010 bleiben sehr optimistisch
Die Zuversicht der Unternehmen ist groß, dass der zum Jahreswechsel eingeleitete Konjunkturaufschwung auch in den kommenden Monaten weiter gehen wird. Nur knapp acht Prozent der Betriebe rechnen mit wirtschaftlichen Rückschlägen; fast jedes zweite Unternehmen geht sogar von einer weiteren Verbesserung ihrer Geschäftsentwicklung im Verlauf des Jahres 2010 aus. Die Industrie setzt hierbei einmal mehr auf zusätzliche Exporterfolge, ganz besonders auf den Märkten in Europa und Asien. Jeder zweite Betrieb rechnet mit Umsatzsteigerungen auf diesen wichtigen Exportmärkten. Beim Handel und im Dienstleistungsbereich dürfte ein Umsatzplus im laufenden Jahr zugleich häufig mit Preissteigerungen verbunden sein. Die drei größten Risiken für einen möglichen konjunkturellen Rückschlag im laufenden Jahr sehen die Unternehmen derzeit in der weiteren Entwicklung des Inlandgeschäfts und der Energie- und Rohstoffpreise sowie bei den Arbeitskosten. Der Fachkräftemangel rangiert in der Bewertung bislang nur an fünfter Stelle. Nach wie vor hat das Thema „Kreditklemme” für die Wirtschaft in der Region Hochrhein-Bodensee keine Bedeutung. Die Kreditkonditionen haben sich in den zurückliegenden Monaten für einzelne Unternehmen leicht verschlechtert, insbesondere was das Zinsniveau, die Bereitstellung von Sicherheiten und die Dokumentationspflichten des Kreditnehmers anbelangt. Es gibt jedoch keine Klagen in Bezug auf die grundsätzliche Bereitschaft der heimischen Kreditinstitute bei der Kreditgewährung. Für die heimische Wirtschaft erweist sich das breite Netz an leistungsstarken, mittelständisch geprägten Sparkassen und Genossenschaftsbanken als wichtiger stabilisierender Faktor. Die jüngste Talfahrt des Euros war nicht Gegenstand der IHK-Umfrage im Frühjahr. Mögliche Auswirkungen auf Produktion, Export, Rohstoff- und Energiepreisentwicklung, Konsumverhalten und Beschäftigung aus der Sicht der Unternehmen blieben somit unbeantwortet.

Investitionsblockade bröckelt
Der Stimmungswandel in der Wirtschaft spiegelt sich auch bei den Investitionsplanungen der Unternehmen wider. Zum Jahreswechsel 2009/10 war die Zahl derer, die für das laufende Jahr von fallenden Investitionsraten ausgingen größer, als diejenigen, die einen steigenden Trend signalisierten. Dies hat sich zum Frühjahr 2010 spürbar verändert, vor allem im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresniveau. Gut jedes vierte Unternehmen plant vermehrte Investitionen im Inland. Dies gilt ganz besonders für den Bereich der Industrie. Im Fokus der verstärkten Investitionstätigkeit 2010 stehen der Ersatzbedarf, Rationalisierungsinvestitionen sowie Investitionen in neue Produkte und Produktionsverfahren. Erweiterungsinvestitionen spielen noch eine untergeordnete Rolle, da die Vollauslastung der Produktionskapazitäten in vielen Fällen noch nicht erreicht ist.

Aufschwung belebt auch den Arbeitsmarkt
Die kräftige Konjunkturbelebung wird begleitet von positiven Signalen für die regionalen Arbeitsmärkte. Parallel zur Reduzierung von Kurzarbeit ist die Nachfrage nach Leiharbeitskräften im Frühjahr 2010 wieder rasch angestiegen. Die Zuversicht vieler Unternehmen wächst, dass ein Abbau bei den Arbeitsplätzen in den kommenden Monaten nicht erforderlich wird. Das Festhalten an den Stammbelegschaften im Krisenjahr 2009 hat sich somit rückblickend gesehen als richtige Entscheidung erwiesen. Da die Zahl der Grenzgänger in die benachbarte Schweiz aufgrund der höheren Wachstumsdynamik, des ausgeprägten Fachkräftemangels und der zwischenzeitlich eingetretenen Euroschwäche mit hoher Wahrscheinlichkeit weiter ansteigen wird, ist davon auszugehen, dass sich auf den regionalen Arbeitsmärkten zunehmend Engpässe einstellen werden.