Europawahl 2024

Europawoche: Lust auf Demokratie machen

Die Bedeutung der Europawahl durch persönliches Engagement sicht- und spürbar machen – darum geht es den Unternehmerinnen und Unternehmern in der IHK Hochrhein-Bodensee. Daher haben sich einige von ihnen Zeit genommen, um junge Menschen für diese Wahl zu sensibilisieren. Mit dabei war unter anderem IHK-Präsident Thomas Conrady.
Der Frust sei schon zu spüren, fasste Michael Böhler seinen Besuch in der Kaufmännischen Schule in Schopfheim zusammen. Der Automobilhändler hatte nacheinander zwei Klassen besucht und sich bewusst auf Gespräche in Sachen Demokratie und Politik eingelassen. Im Anschluss gab er seine Erlebnisse und Einschätzungen an Schulleiter Jürgen Herrmann in dessen Büro weiter. Ein Faktor: „Die Kluft zwischen den politischen Versprechungen auf der einen und den Ergebnissen auf der anderen Seite empfinden viele als zu groß.“ Diese als permanente wahrgenommene Unzuverlässigkeit sorge für Frustration und sei ein Auslöser für Politikverdrossenheit, habe er mitnehmen können. „Auch das Bürgergeld war ein heißes Thema.“ Warum man sich überhaupt noch engagieren solle, die Frage schwang dabei mit. 
Für Michael Böhler ist das Engagement für Europa dagegen keine Frage. Der geschützte Binnenraum, Reise- und Arbeitsfreiheit, die gemeinsame Währung sowie das friedliche Miteinander über mehr als 70 Jahre sind für ihn die Eckpfeiler unseres Wohlstandes. Das gelte es, den jungen Leuten zu vermitteln, und ihnen ihre Möglichkeiten aufzuzeigen. „In den Gesprächen kam immer wieder das Thema ‚Zukunftsangst‘ auf. Dabei sind die Chancen auf eine gute Ausbildung und eine berufliche Karriere heute so gut wie lange nicht.“ Es gebe kein Unternehmen, das nicht nach Fachkräften sucht: „Alle sind auf der Suche!“ Damit das so bleibe, müsse aber Europa stark bleiben. „Eine einzelne Volkswirtschaft kommt gegen China oder Indien nicht an. Wir brauchen diese Gemeinschaft“, brachte es der Unternehmer aus Schopfheim auf einen Nenner.
Das sieht auch Schulleiter Herrmann so. Umso wichtiger sei es, dass Unternehmerinnen und Unternehmer aus der Praxis berichten und für eine Teilnahme an der Europa-Wahl werben. „Auf diese Weise wird nicht nur die Bedeutung der Wahl sichtbar, sondern auch das Demokratiebewusstsein gestärkt. Das ist eine tolle Sache“, lobte er die engagierten Unternehmerinnen und Unternehmer. Der Frust sitze zwar tief, doch die lebendigen Diskussionen hätten auch gezeigt, dass es weiterhin ein Interesse an politischen Themen gebe. „Du musst die jungen Menschen aber abholen“, so die Einschätzung von Michael Böhler, der seit mehr als 20 Jahren politisch aktiv ist.

Nicht nur an der Kaufmännischen Schule in Schopfheim, auch an anderen Schulen, wie dem Berufsschulzentrum Stockach (BSZ) oder der Hohentwiel-Gewerbeschule Singen, setzt man auf den offenen Austausch mit Unternehmern über die EU-Wahl. Dies unterstützt auch Bene Müller, Vorstand Solarcomplex AG: „Gerade jungen Menschen mag die EU selbstverständlich vorkommen, während ihres eigenen Lebens kannten sie ja nie etwas anderes. Aber wer die Geschichte auch nur in Umrissen kennt, der weiß, dass
gesellschaftliche Konstellationen entstehen und auch wieder vergehen.“ Er möchte den Schülern am BSZ in seinem Beitrag die konkrete Bedeutung der EU für allen bewusst machen und vermitteln.
Dass die EU und der Ausgang der Wahl direkten Einfluss auf die Region und die Menschen hier hat, sieht auch Abteilungsleiter Berufskolleg und Wirtschaftsgymnasium des BSZ Andreas Maier so: „Durch die Teilnahme an der EU-Wahl können wir unsere Meinung äußern und mit unserer Stimme etwas bewegen. Das ist wichtig, denn die Entscheidungen, die auf europäischer Ebene getroffen werden, betreffen uns alle direkt.“ Er möchte den Schülern die Vorteile der EU, wie zum Beispiel Erasmusprogramme, aufzeigen. „Die EU ist eine Bereicherung.“ 

Die Bedeutung Europas und der Wahl verdeutlichen – dies war ebenfalls Thomas Conradys Ziel beim Besuch an der Hohentwiel-Gewerbeschule Singen (HGS Singen). Der Präsident der IHK Hochrhein-Bodensee betonte: „Je mehr Menschen wählen, desto stärker wird die Demokratie. Jede abgegebene Stimme entscheidet darüber, wie die Zukunft der Europäischen Union aussehen wird.“ Der stellvertretende Schulleiter Oliver Müller-Molenar freut sich über den Besuch des Präsidenten: „Wir wollten mit der Veranstaltung, die Klassen auf der einen Seite über Europa und dessen Bedeutung für die Wirtschaft informieren und in dem Zusammenhang auch die Bedeutung der Europawahlen vermitteln. Entsprechend waren die Klassen so ausgewählt, dass in erster Linie Erstwähler im Publikum saßen.“