Recht und Steuern

Wahlrecht für gebundene Versicherungsvermittler (Ausschließlichkeitsvertreter)

1. Welches Wahlrecht steht dem gebundenen Versicherungsvermittler bei

der Registrierung zur Verfügung?
Gebundene Versicherungsvertreter (Ausschließlichkeitsvertreter-Einfirmenvertreter) vermitteln ausschließlich Produkte eines Versicherungsunternehmens oder Produkte verschiedener Versicherer, sofern deren Produkte nicht in Konkurrenz zueinander stehen. Übernimmt das Versicherungsunternehmen die uneingeschränkte Haftung für den gebundenen Vermittler, ist gemäß §34 d Abs. 7 Gewerbeordnung (GewO) keine gesonderte Erlaubnis erforderlich.

Der gebundene Vermittler (Ausschließlichkeitsvertreter) hat die Wahl, ob er
a. die notwendige Registrierung durch sein(e) Versicherungsunternehmen mit Erlaubnis nach § 34 d Abs. 1 GewO vornehmen lässt oder
b. ob er sich als gebundener Versicherungsvermittler über sein Versicherungsunternehmen nach § 34 d Abs. 7 GewO registrieren läßt.
Bei der Entscheidung sollten die jeweiligen Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen werden.
Eine Doppelregistrierung „sowohl – als auch” ist nicht möglich.
a) Registrierung als Versicherungsvertreter nach § 34 d Abs. 1 GewO
Die Erlaubnis plus Registrierung bei der IHK führt zur Eintragung als "ungebundener Vermittler" auch wenn der gebundene Ausschließlichkeitsvermittler bzw. der gebundene Mehrfachagent wie bisher unverändert mit seinen Versicherungsunternehmen zusammenarbeitet. In diesem Fall muss der gebundene Vermittler der zuständigen IHK im Rahmen des Erlaubnisverfahrens alle Erlaubnisvoraussetzungen, insbesondere auch das Bestehen der erforderlichen Berufshaftpflichtversicherung und seine Sachkunde nachweisen. Erst nach Erlaubniserteilung kann seine Registrierung erfolgen. Es handelt sich um zwei Verfahren, die er selbst beantragen muss. Als Kosten kommen auf ihn die Gebühr für das Erlaubnisverfahren, die Gebühr für das Registrierungsverfahren sowie die regelmäßigen Prämienzahlungen für die eigene Vermögensschadenshaftpflicht zu. Im Rahmen seiner Informationspflichten muss er den Kunden auf die eingeschränkte Versicherer bzw. Vertragsauswahl hinweisen, die sich aus seiner vertraglichen Gebundenheit an das bzw. die haftungsübernehmenden Versicherungsunternehmen ergibt.
Die Erlaubnis plus Registrierung bei der zuständigen IHK verleiht potentiell Unabhängigkeit vom Versicherungsunternehmen.
a) Registrierung als gebundener Versicherungsvertreter nach § 34 d Abs. 7 GewO
Entscheidet sich der der Ausschließlichkeitsvertreter bzw. Mehrfachagent dafür, sich über sein Versicherungsunternehmen registrieren zu lassen, wird er als "gebundener" Versicherungsvertreter nach § 34 d Abs. 7 GewO in das Register eingetragen. Dafür ist keine Erlaubnis nach § 34 d Abs. 1 GewO erforderlich. Das Versicherungsunternehmen muss allerdings bereit sein, die uneingeschränkte Haftung zu übernehmen. Die Registrierung als gebundener Versicherungsvertreter erfolgt ausschließlich über das/die Versicherungsunternehmen, für das der Versicherungsvertreter ausschließlich tätig ist. Die Registrierung über das Versicherungsunternehmen ist finanziell günstiger und für den Versicherungsvermittler weniger aufwendig, da die Antragstellung und Vorlage der erforderlichen Nachweise entfällt. Der gebundene Versicherungsvermittler trägt lediglich die Kosten der Registrierung, sofern das Versicherungsunternehmen nicht freiwillig diese Kosten für den Versicherungsvertreter übernimmt.

2. Vergleich des Verfahrens und der Voraussetzungen:

Erlaubnis und Registrierung durch die IHK
Registrierung durch Versicherungsunternehmen
Erlaubnis und Registrierung
Registrierung erfolgt erst nach Erlaubniserteilung
Registrierung ohne Erlaubnis möglich, wenn Vermittlungstätigkeit ausschließlich für ein oder mehrere Versicherungsunternehmen (keine Konkurrenz der Versicherungsprodukte) und
uneingeschränkte Haftungsübernahme durch Versicherungsunternehmen
Ausbildung/Qualifikation
bestimmte Ausbildung nicht vorgeschrieben, Sachkundeprüfung IHK orientiert sich an Inhalten der Ausbildung Versicherungsfachmann/-frau BWV
Ausbildung nicht vorgeschrieben, soll sich an der Qualifikation Versicherungsfachmann/-frau orientieren
Sachkunde
Erfolgreiche Sachkundeprüfung oder vergleichbare Qualifikation sind nachzuweisen
Versicherungsunternehmen hat für „gleichwertige Qualifikation” zu sorgen, die BaFin kontrolliert dies
Verwaltungsaufwand
Vermittler muss Antrag auf Erlaubnis stel­len und Nachweise über persönliche Zuverlässigkeit, geordnete finanzielle Verhältnisse sowie den Nachweis über eine eigene Berufshaftpflichtversicherung (=Vermögensschadenshaftpflicht) erbringen
Kein Nachweis der persönlichen Zuverlässigkeit, der geordneten finanziellen Verhältnisse sowie einer eigenen Berufshaftpflichtversicherung (=Vermögensschadenshaftpflicht); all dies muss das Versicherungsunternehmen unter Aufsicht der BaFin sicherstellen
Kündigung des Vertretervertrages
Erlaubnis bleibt bestehen und Beruf kann fortgesetzt werden
Haftungsübernahme entfällt, damit wird die Registrierung gelöscht; der Vermittler darf nicht weiter tätig werden. Sofern er künftig nicht für ein anderes Unternehmen als gebundener Vermittler tätig wird, das unter Übernahme der Haftung die neuerliche Registrierung veranlasst, muss er selbst Erlaubnis und Registrierung beantragen. Damit muss er unter Umständen zum Nachweis seiner Qualifikation die Sachkundeprüfung ablegen. In der Zwischenzeit kann er seiner Tätigkeit nicht nachkommen, wäre in dieser Zeit einkommenslos.
Kosten der Erlaubniserteilung
Erlaubniserteilung durch IHK gegen Gebühr
Erlaubnis nicht erforderlich, gebührenfrei
Berufs-(Vermögensschaden-) haftpflichtversicherung
Der Vermittler muss eine eigene Versicherung abschließen und jährlich Prämienzahlungen leisten
Versicherungsunternehmen übernimmt uneingeschränkte Haftung; ohne das für den Vermittler Kosten anfallen
Kosten der Registrierung
durch die IHK gegen Gebühr
werden in der Regel vom Unternehmen übernommen
Selbstverständnis
Der Vermittler ist selbstständiger, vom Versicherer unabhängiger Unternehmer

3. Was ist bei der Beantragung einer Erlaubnis zu beachten?


Bestandteil des Erlaubnisverfahrens ist der Sachkundenachweis. Dieser kann durch eine erfolgreich abgelegte Sachkundeprüfung, eine gleichgestellte Berufsqualifikation oder eine entsprechende berufliche Praxis von bestimmter Dauer und Regelmäßigkeit (mindestens seit 31. August 2000 selbstständig oder unselbstständig ununterbrochen in der Versicherungsvermittlung tätig) erbracht werden.
Die letztgenannte Möglichkeit steht allerdings unter der Bedingung, dass sich der Vermittler bis 1. Januar 2009 registrieren lässt oder die Erlaubnis beantragt, siehe oben unter 2. Insofern besteht also eine zeitliche Grenze. Bestandsschutz sollen nach dieser Regelung also der gebundene Vermittler, der sich über sein Versicherungsunternehmen eintragen lässt wie auch der ungebundene Vermittler erhalten, dessen Registrierung über die zuständige IHK vorgenommen wird. Der Nachweis und die IHK-Anerkennung für eine der gleichgestellten Qualifikationen (vgl. § 5 VersVermV) soll aber auch nach dem 1. Januar 2009 möglich sein.

4. Grenzen des Wahlrechts für gebundene Versicherungsvermittler

Können Einfirmenvertreter über den Weg der Registrierung selbst entscheiden?
Grundsätzlich steht es jedem Versicherungsvermittler frei, für welchen Weg er sich hinsichtlich der Registrierung entscheidet. Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen vor, kann er sich zunächst über (s)ein Versicherungsunternehmen registrieren lassen. Er wird dann als gebundener Vermittler registriert und hat dies dem Kunden zu Beginn des jeweiligen Vermittlungsgesprächs entsprechend mitzuteilen (die so genannte Selbstauskunftspflicht).
Auf der anderen Seite kann ein Versicherungsvermittler, der bislang in der Ausschließlichkeit tätig war, eine Erlaubnis bei der zuständigen IHK beantragen. Die Erlaubnis wird dann bei Vorliegen aller Voraussetzungen wie bei einem ungebundenen Vermittler in vollem Umfang erteilt.
Der Versicherungsvermittler kann nun bei der IHK entweder die Registrierung als Vermittler mit Erlaubnis beantragen oder die in jedem Fall erforderliche Eintragung in das zentrale Register über ein oder mehrere haftungsübernehmende Versicherungsunternehmen vornehmen lassen.
Innerhalb dieser Registrierungsmöglichkeiten (gebunden via Versicherungsunternehmen - ungebunden mit Erlaubnis direkt bei IHK) hat der Ausschließlichkeitsvertreter folgende Möglichkeiten der Berufsausübung:
  1. Über die bislang in der Versicherungswirtschaft gebräuchliche „Ventillösung” kann der Versicherungsvertreter, der ausschließlich an ein Versicherungsunternehmen vertraglich gebunden ist, zusätzlich weitere Produkte anderer Versicherungsunternehmen vermitteln. Solange diese Versicherungsprodukte nicht in Konkurrenz (zum Beispiel VU 1: Krankenversicherung, VU 2: Lebensversicherung) zueinander stehen, kann sich der Vermittler als „gebundener Versicherungsvermittler” über das/die Versicherungsunternehmen registrieren lassen.
  2. Wenn die Versicherungsprodukte miteinander konkurrieren (zum Beispiel VU 1: Krankenversicherung, VU 2: Krankenversicherung), muss der Vermittler eine Erlaubnis beantragen und die Registrierung als "Versicherungsvertreter, -makler oder -berater mit Erlaubnis" bei der zuständigen IHK vornehmen lassen.
  3. Ein ungebundener Versicherungsvermittler mit Erlaubnis kann gleichwohl wie ein gebundener Versicherungsvermittler für ein Versicherungsunternehmen tätig werden, solange er entsprechend seiner Informationspflicht gegenüber dem Kunden auf die eingeschränkte Versicherer- und Vertragsauswahl hinweist. Auch diese Möglichkeit resultiert aus der branchenüblichen „Ventillösung”, soweit die Versicherungsprodukte verschiedener Unternehmen in Konkurrenz zueinander stehen.
Die aufgezeigten Möglichkeiten sollten jedoch in jedem Einzelfall überprüft und gegebenenfalls mit dem/den vertraglich verbundenen Versicherungsunternehmen abgestimmt werden.
Stand: Juli 2022
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