Innovation und Umwelt

Klimaschutz in Unternehmen: Elossa

Die Brüder Josia und Jonathan Zuber haben im April 2021 ein Geschäft für nachhaltige Mode in der Konstanzer Innenstadt eröffnet. IHK-Hauptgeschäftsführer Claudius Marx hat mit ihnen gesprochen.
Pandemie, Lockdown, Abstandsregeln, Maskenpflicht – Gründen mitten in der Coronakrise, habt Ihr da etwas übersehen?
Josia Zuber (lacht): Nein, das war uns alles schon bewusst. Allerdings haben wir damals mit steigenden Impfquoten gerechnet. Unser größtes Risiko wäre ein weiterer Lockdown gewesen. Tatsächlich war der Zeitpunkt aber gut. Nur durch Corona gab es überhaupt freie Ladenflächen. Die Krise als Chance, toll.

Trotzdem: Wir war Euer Start?
Jonathan Zuber: Es lief absolut nichts nach Plan. Wir mussten später eröffnen, die Lieferketten stockten, die Inzidenzen waren hoch und die Impfquote niedrig. Hinzu kam technischer Ärger mit unserem Onlineshop – puh! Heute sind wir froh, dass wir durchgehalten und die Kunden unser Konzept angenommen haben. Die IHK hat uns dabei sehr geholfen. Auch ein Dozent aus meiner IHK-Weiterbildung zum Fachwirt war eine großartige Unterstützung.

Und die Work-Life-Balance in diesem Jahr?
Jonathan Zuber (lacht): Nur work!

Ihr verkauft nachhaltige Mode. Wie kam‘s dazu?
Josia Zuber: Als ich vor einiger Zeit in Skandinavien unterwegs war, sind mir die vielen nachhaltigen Modemarken aufgefallen. Diese Mode sah einfach nur modern und stilvoll aus. Das hat mir gefallen. Die Idee kam dann ziemlich schnell, nachhaltige Mode auch hier in Deutschland zu verkaufen.

Ich denke bei Nachhaltigkeit an das Material, an die Fertigung und an die Transportwege. Richtig? Und Ihr seid zu 100 Prozent nachhaltig?
Josia Zuber: Ja, richtig, eigentlich gehört auch noch die Verwertung am Ende der Nutzung dazu. Wir verkaufen ausschließlich Mode, die zu hundert Prozent nachhaltig ist und auch nur von Herstellern, die ausschließlich nachhaltig produzieren. Alles andere kommt nicht in unseren Shop. Auch wir selbst sind nachhaltig. Unsere Kleiderbügel sind aus recyceltem Plastik, die Visitenkarten aus recyceltem Baumwollstoff.

Viele denken bei nachhaltiger Mode, sie kratzt, ist grau und sieht nach Jutesack aus.
Jonathan Zuber: Stimmt. Das Klischee gibt es immer noch. Und manche Marken sehen tatsächlich so aus. Wir haben stets darauf geachtet, nur modische Teile in den Shop aufzunehmen, ohne moralischen Zeigefinger oder Gutmenschen-Parolen wie „act now“. Nachhaltige Mode soll gar nicht politisch, sie soll der Standard sein.

Mode ist ein Synonym für Vergänglichkeit. Was heute gefällt, ist morgen out. Ist Mode und Nachhaltigkeit dann nicht ein Widerspruch?
Jonathan Zuber: Nachhaltigkeit und Konsum sind schwer zu vereinbaren. Nachhaltige Mode versucht deswegen, zeitlos zu sein. Die Kleidungsstücke sind eher schlicht und minimalistisch. Es macht keinen Sinn, nur auf nachhaltige Materialen zu setzen, wenn das Design nur kurz gefragt ist. Nachhaltige Mode ist das Gegenteil der „Fast Fashion“ großer Ketten mit über 50 Kollektionen im Jahr – sie ist heute, morgen und übermorgen aktuell.

Ein T-Shirt wird durchschnittlich nur 8,5-mal getragen, habe ich gelesen …
Josia Zuber: … und das ist noch viel. Man geht davon aus, dass in deutschen Kleiderschränken 35 Prozent der Kleidungsstücke ungetragen sind. Das ist doch Wahnsinn. Unsere Kunden sind anders. Sie kommen zu uns, wenn sie ein altes Kleidungsstück durch ein neues, nachhaltiges ersetzen wollen.
Stichwort Onlinehandel – der wächst seit Jahren ungebrochen, manche stimmen schon den Abgesang auf den stationieren Einzelhandel an.
Jonathan Zuber: Dem widerspreche ich ganz klar. Wir machen 70 Prozent unseres Umsatzes mit dem Store und 30 Prozent online. Ein Geschäft ist wie ein Vertrauenssiegel. Deswegen eröffnen Marken, die es nur online gibt, auch gerne Pop-up-Stores, um nahbarer und im wahrsten Sinne des Wortes fassbar zu sein. Diese Stores sind oft sehr schön und aufwendig gestaltet. Es geht um mehr als nur den Kauf einer Ware. Es geht um Erlebnisse.

Was müsste der Einzelhandel tun, damit die ganze Konstanzer Innenstadt zu einem Erlebnis wird?
Josia Zuber: Die alten Einzelhandelskonzepte, die auf Masse gesetzt haben, funktionieren nicht mehr. Der Einzelhandel muss sehr viel kreativer werden. Wir brauchen gemeinsame Aktionen und Events. Besucherströme müssen smart gelenkt werden, um leere Straßen und Plätze wiederzubeleben und wir brauchen Lösungen für den kollabierenden Autoverkehr. Ein Parkhaus auf dem Döbele wäre ein Anfang. Wichtig ist, dass alle Akteure einer Innenstadt zusammenarbeiten, Einzelhandel, Gastronomie und Kultur, verbunden mit Nachhaltigkeit, Entspannung und Unterhaltung – so entstehen Erlebnisse!

Das sehe ich genauso. Was bedeutet eigentlich „Elossa“?
Josia Zuber: Das ist finnisch und heißt lebendig. Unser Logo ist puristisch, clean und modern, so wie nachhaltige Mode nun mal ist.

Interview: Claudius Marx