Recht und Steuern

Insolvenzrecht - Übersicht

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Ziel und Grundsätze des Insolvenzverfahrens

Das heutige Insolvenzrecht verfolgt vor allem das Ziel, Unternehmen zu sanieren und Schuldnern wenn nötig einen wirtschaftlichen Neuanfang zu ermöglichen. Gleichzeitig sollen die Gläubiger eines insolventen Schuldners in ihrer Gesamtheit unter dem Gesichtspunkt fairer Gleichberechtigung bestmöglich befriedigt werden.
Dies soll entweder durch die Sanierung oder die Zerschlagung des insolventen Unternehmens erreicht werden. Die Sanierung erfolgt beispielsweise durch die „übertragende Sanierung“ (Veräußerung des Unternehmens oder von Unternehmensanteilen) oder durch das Insolvenzplanverfahren.
Im Insolvenzverfahren gilt der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung. Einzelne Gläubiger haben keine Möglichkeit, auf einzelne Vermögensgegenstände zuzugreifen; insbesondere gilt ein Verbot der eigenständigen Vollstreckung. Ein „Wettlauf der Gläubiger“ wird dadurch verhindert. Neben der Gläubigerbefriedigung soll das Insolvenzverfahren natürlichen Personen mit der Restschuldbefreiung die Möglichkeit zum wirtschaftlichen Neuanfang geben.
Die wesentlichen Regelungen für das Insolvenzverfahren finden sich in der Insolvenzordnung (InsO) und dem Anfechtungsgesetz (AnfG).

Insolvenzfähigkeit

Das Insolvenzverfahren kann grundsätzlich über das Vermögen jeder natürlichen und jeder juristischen Person sowie nicht rechtsfähiger Vereine eröffnet werden. Ferner kann es eröffnet werden über das Vermögen einer OHG (offene Handelsgesellschaft), KG (Kommanditgesellschaft), PartG (Partnerschaftsgesellschaft), GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts), sowie EWIV (Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung).

Insolvenzantrag

Das Insolvenzverfahren wird grundsätzlich nur auf Antrag hin eröffnet. Voraussetzung ist stets ein Eröffnungsgrund. Dieser kann in der Zahlungsunfähigkeit, der drohenden Zahlungsunfähigkeit sowie in der Überschuldung bestehen. In der Praxis wird der weit überwiegende Teil der Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit eröffnet.
Zahlungsunfähigkeit ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gegeben, wenn der Schuldner nicht innerhalb von drei Wochen in der Lage ist, 90 % seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten zu begleichen.
Antragsberechtigt sind der Unternehmer bzw. das Unternehmen selbst sowie dessen Gläubiger, sofern sie ein berechtigtes Interesse haben und ihre Forderungen sowie den Eröffnungsgrund glaubhaft machen können. Dies erfolgt beispielsweise durchdas Protokoll eines Gerichtsvollziehers über einen erfolglosen Pfändungsversuch oder die eidesstattliche Versicherung des Schuldners über seine Vermögenssituation.

Insolvenzgericht

Das Insolvenzgericht ist für die Durchführung des Insolvenzverfahrens zuständig. Es entscheidet über den Insolvenzantrag, bestimmt den Insolvenzverwalter und prüft Anträge zur Restschuldbefreiung.

Zuständigkeit

Sachlich ist grundsätzlich das Amtsgericht, in dessen Bezirk ein Landgericht seinen Sitz hat, als Insolvenzgericht für den Bezirk dieses Landgerichts ausschließlich zuständig. Örtlich zuständig ist ausschließlich das Insolvenzgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Liegt der Mittelpunkt einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners an einem anderen Ort, so ist ausschließlich das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk dieser Ort liegt. Sind mehrere Gerichte zuständig, so schließt das Gericht, bei dem zuerst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt worden ist, die übrigen aus.

Aufgaben

Die Aufgaben des Insolvenzgerichts sind insbesondere:
  • Prüfung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und einhergehende Entscheidung
  • Bis zur Entscheidung über den Insolvenzantrag kann das Gericht vorläufige Maßnahmen nach § 21 InsO anordnen (bspw. die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters, eines vorläufigen Gläubigerausschusses oder eine vorläufige Postsperre)
  • Bestellung und Beaufsichtigung des Insolvenzverwalters
  • Durchführung des Schuldenbereinigungsverfahrens
  • Einberufung der Gläubigerversammlung

Ablauf des Insolvenzverfahrens

Eröffnungsbeschluss

Sofern die notwendigen Vorausetzungen erfüllt sind, beschließt das Insolvenzgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Eröffnungsbeschluss) und macht dies sofort öffentlich bekannt. Im Eröffnungsbeschluss werden die Person des Schuldners sowie des Insolvenzverwalters benannt. Üblicherweise ist der vorläufige Insolvenzverwalter auch der endgültige Insolvenzverwalter. Die Gläubiger werden mit dem Beschluss aufgefordert, ihre Forderungen und Sicherungsrechte innerhalb einer vorgegebenen Frist geltend zu machen.
Der Eröffnungsbeschluss hat u.a. folgende Wirkungen:
  • Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse geht auf den Insolvenzverwalter über. Das bedeutet, dass nach der Eröffnung des Verfahrens Verfügungen des Schuldners über die Insolvenzmasse unwirksam sind. Die gesetzliche Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs ist stark eingeschränkt.
  • Die Einzelzwangsvollstreckung in die Insolvenzmasse und in das sonstige Vermögen des Schuldners ist ab Verfahrenseröffnung unzulässig. Dadurch soll ein “Wettlauf der Gläubiger”, d.h. ein Kampf um das übrige Vermögen des Schuldners, verhindert werden.
  • Laufende Gerichtsprozesse des Schuldners werden unterbrochen. Unter gewissen Voraussetzungen kann der Insolvenzverwalter sie wieder aufnehmen.
  • Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist ein gesetzlicher Auflösungsgrund für die meisten Gesellschaften und Vereinigungen (Verein, GbR, OHG, KG, GmbH, AG, PartGG, Genossenschaft). Der Zweck einer Gesellschaft beschränkt sich üblicherweise auf die Verwertung des Gesellschaftsvermögens. Die Gesellschaft oder Vereinigung wird zu einer Abwicklungsgesellschaft.