Schweizer Arbeits- und Steuerrecht beachten
Dienstleistungen in der Schweiz erbringen
- Allgemeines
- Mehrwertsteuerpflicht für ausländische Unternehmen in der Schweiz ab 2018
- Meldeverpflichtung für Dienstleistungen bis zu 90 Arbeitstagen
- Meldefrist
- Meldeverfahren
- Beantragung von Aufenthaltsbewilligungen
- Arbeitsrechtliche Bestimmungen
- Mitzuführende Unterlagen
- Allgemeinverbindlich erklärte Gesamtarbeitsverträge
- Selbstständige
- Mitnahme von Handwerkzeug
- Kontrollen
- Sanktionen
Unternehmen außerhalb des Kammerbezirks der IHK Koblenz finden ihren IHK-Ansprechpartner vor Ort über den bundesweiten IHK-Finder.
Allgemeines
Seit dem 1. Juni 2004 können sich selbstständig erwerbstätige Dienstleistungserbringer*innen und entsandte Arbeitnehmer*innen aus den EU-/EFTA-Staaten während 90 Arbeitstagen im Kalenderjahr ohne ausländerrechtliche Bewilligung in der Schweiz aufhalten. Obwohl bis zu 90 Tagen keine Arbeits-Bewilligung benötigt wird, sind dennoch neben der Meldepflicht auch die Schweizerischen Lohn- und Arbeitsbedingungen einzuhalten.
Mehrwertsteuerpflicht für ausländische Unternehmen in der Schweiz ab 2018
Am 1. Januar 2018 ist die vom Parlament beschlossene Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes in Kraft getreten. Unternehmen, die einen weltweiten Umsatz von mindestens 100.000 Franken erzielen, werden ab dem ersten Franken Umsatz in der Schweiz mehrwertsteuerpflichtig.
Da zum Weltumsatz auch der in Deutschland erzielte Umsatz zählt, werden die meisten Betriebe von dieser Mehrwertsteuerpflicht betroffen sein. Die Schweizer Finanzbehörde verlangt von diesen Betrieben die Benennung eines*r Fiskalvertreters*in. Fiskalvertreter*in kann jede natürliche oder juristische Person mit Wohn- oder Geschäftssitz in der Schweiz sein. Weitere Informationen zum Fiskalvertreter erteilt auch die Deutsch-Schweizer Auslandshandelskammer.
Meldeverpflichtung für Dienstleistungen bis zu 90 Arbeitstagen
Selbstständige Dienstleistungserbringer*innen müssen sich bzw. ihre entsandten Mitarbeiter*innen erst dann anmelden, wenn sie innerhalb eines Kalenderjahres mehr als acht Tage in der Schweiz erwerbstätig sind.
Dies gilt jedoch nicht für Tätigkeiten des
- Bauhaupt- und Baunebengewerbes (Merkblatt zu Bau- und Montagearbeiten in der Schweiz (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 1929 KB)– Stand: Juni 2022)
- Garten- und Landschaftsbau,
- Hotel- und Gastgewerbes,
- Reinigungsgewerbes in Betrieben und Haushalten,
- Überwachungs- und Sicherheitsdienstes sowie
- Reisendengewerbes
In diesen Wirtschaftszweigen hat die Meldung unabhängig von der Dauer des Einsatzes vom ersten Tag an zu erfolgen.
Die Berechnung der 90 Tage erfolgt unternehmens- und mitarbeiterbezogen. Dadurch soll eine Verlängerung der bewilligungsfreien Zeit durch Rotation von Mitarbeiter*innen verhindert werden. Jedes Unternehmen und jede*r Mitarbeiter*in des Unternehmens kann nicht mehr als 90 Tage in der Schweiz Dienstleistungen erbringen.
Bitte beachten Sie, dass z.B. bereits Vorarbeiten vor Vertragsabschluss in der Schweiz meldepflichtig sind. Eine Abgrenzung zwischen einer meldepflichtigen- und einer nichtmeldepflichtigen Tätigkeit erhalten Sie unter dem folgenden Link.
Reglementierte Berufe: Für Dienstleistungserbringende aus den EU/EFTA-Staaten gilt eine Meldepflicht bei der Ausübung eines reglementierten Berufes in der Schweiz. Reglementierten Berufe unterstehen der Meldepflicht beim SBFI (Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation). Weitere Informationen sowie die Liste der reglementierten Berufe erhalten Sie hier.
Meldefrist
Spätestens 8 Tage vor dem vorgesehenen Beginn der Arbeiten in der Schweiz ist vom Unternehmen dem Staatssekretariat für Migration über das Online-Meldeportal die Meldung zu erstatten. Kann in Notfällen (Reparaturen, Unfälle, Naturkatastrophen oder andere nicht vorhersehbare Ereignisse) ausnahmsweise die 8-Tage-Frist nicht eingehalten werden, hat die Meldung spätestens vor Beginn der Erwerbstätigkeit zu erfolgen. Der Grund für den Notfall muss als Begründung in der Meldung mitgeteilt werden. Vom Schweizer Auftraggeber dringend gewünschte Einsätze oder Schwierigkeiten bei der Termin- und Personalplanung gelten nicht als Notfall!
Meldeverfahren
Die Online-Registrierung ermöglicht nach der erstmaligen Anmeldung eine einfache und rasche Meldung und Bearbeitung der Daten. Zu diesem Zweck genügt es, sich auf der Internetseite des Staatssekretariat für Migration registrieren zu lassen und anschließend die Meldung der einzelnen Einsätze in der Schweiz online vorzunehmen. Die elektronischen Meldungen werden automatisch an die zuständige Behörde des Kantons sowie an das Zentrale Ausländerregister (ZAR) weitergeleitet. Bei einer Online-Registrierung erhält die anmeldende Firma von der zuständigen kantonalen Behörde eine kostenlose Bestätigung per E-Mail. Das Benutzerhandbuch für das Meldeverfahren führt Sie durch die einzelnen Schritte der Meldung. Zugriff auf die Anmeldung hat auch die Grenzwache bei der Einreise in die Schweiz.
Die Meldebestätigungen sollten beim Grenzübertritt mitgeführt werden.
Beantragung von Aufenthaltsbewilligungen
Für Dienstleistungen, die die 90 Tage überschreiten, ist eine Aufenthaltsbewilligung zu beantragen. Bewilligungen für Dienstleistungen über 90 Tagen unterstehen dem allgemeinen Schweizer Ausländerrecht. Zuständig für das Genehmigungsverfahren sind die kantonalen Arbeitsmarkt- bzw. Ausländerbehörden/Migrationsämter. Die Liste ist hier hinterlegt.
Arbeitsrechtliche Bestimmungen
Wer Arbeitnehmer in die Schweiz entsendet, muss die in dem Entsendegesetz geregelten minimalen Arbeits- und Lohnbedingungen einhalten. Gem. Art. 2 dieses Gesetzes hat der Arbeitgeber den entsandten Arbeitnehmern vor allem die Arbeits- und Lohnbedingungen zu garantieren, die in Bundesgesetzen, Verordnungen des Bundesrates, allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträgen und Normalarbeitsverträgen im Sinne von Art. 360a OR in den folgenden Bereichen vorgeschrieben sind:
- minimale Entlohnung (Weisungen zum Vorgehen und Rechenbeispiel zum internationalen Lohnvergleich),
- Arbeits- und Ruhezeit (Arbeitszeiterfassung!),
- Mindestdauer der Ferien,
- Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz,
- Schutz von Schwangeren, Wöchnerinnen, Kindern und Jugendlichen,
- Nichtdiskriminierung, namentlich Gleichbehandlung von Frau und Mann.
Mitzuführende Unterlagen
Bei Kontrollen müssen entsandte Mitarbeiter auf Verlangen der Kontrollorgane folgende Unterlagen vor Ort nachweisen:
- Kopie der Meldebestätigung oder Kopie der erteilten Bewilligungen,
- Rapportzettel (Arbeitszeiterfassung).
Allgemeinverbindlich erklärte Gesamtarbeitsverträge
In der Praxis von besonderer Bedeutung sind die Bestimmungen der allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträge (GAV). Das SECO (Staatssekretariat für Wirtschaft) hat auf seiner Homepage zwei Listen („Allgemeinverbindlich erklärte Gesamtarbeitsverträge (GAV) - Bundesratsbeschlüsse” und „Gesamtarbeitsverträge-Kantone”) veröffentlicht, die sämtliche allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträge der Schweiz enthalten. In vielen Gesamtarbeitsverträgen finden sich neben den einzuhaltenden Mindestlöhnen auch Spesenregelungen, die ebenfalls einzuhalten sind.
Auf der Homepage www.entsendung.admin.ch können Sie ebenfalls die Mindestlöhne über das Kästchen "Lohnrechner" in einem GAV einfach ermitteln.
In Branchen ohne allgemein verbindlich erklärte Gesamtarbeitsverträge existieren zwar keine verbindlichen Mindestlöhne, stattdessen sind aber die orts- und berufsüblichen Schweizer Löhne einzuhalten (Art. 360a OR; SR 220). Bei der Ermittlung der orts- und berufsüblichen Löhne hilft Ihnen die Homepage www.lohnrechner.ch.
Durch einige GAV sind Unternehmen zudem verpflichtet eine Kaution zugunsten der Paritätischen Kommission vor der Entsendung zu stellen. Die Kaution dient der Absicherung, falls die einzuhaltenden Bestimmungen vom Unternehmen nicht eingehalten werden, können die Kontrollorgane unter bestimmten Vorrausetzungen im Falle einer Sanktionierung auf diese Kaution zurückgreifen. Welche Branche der Kautionspflicht unterstellt ist, finden Sie auf der Homepage der Zentrale Kautions- und Verwaltungsstelle.
Selbstständige
Selbstständig Gewerbetreibende unterliegen nicht den flankierenden Maßnahmen und somit auch den schweizerischen Mindestlöhnen. Personen, die sich in der Schweiz auf selbständige Erwerbstätigkeit berufen, sind allerdings verpflichtet, dies gegenüber den zuständigen Kontrollorganen auf Verlangen nachzuweisen (Art. 1, Abs. 2 Entsendegesetz). Als Nachweis der selbständigen Tätigkeit müssen bei einer Kontrolle vor Ort folgende Dokumente vorgewiesen werden:
- eine Kopie der Meldung oder der erteilten Bewilligung
-
der Sozialversicherungsnachweis A1. Antrag bei der gesetzlichen Krankenkasse. Personen die nicht gesetzlich krankenversichert sind, wenden sich an die Rentenversicherungsträger.
- eine Kopie des Vertrags mit dem*r Auftraggeber*in. Wenn kein schriftlicher Vertrag vorhanden ist, genügt eine schriftliche Bestätigung des Auftraggebers/ der Auftraggeberin für den in der Schweiz auszuführenden Auftrag oder Werkvertrag.
Weitere Hinweise, welche die selbstständige Erwerbstätigkeit belegen, sind in der Weisung "Vorgehen zur Überprüfung der selbstständigen Erwerbstätigkeit ausländischer Dienstleistungserbringer" aufgelistet.
Mitnahme von Handwerkzeug
Wer Berufsausrüstung nur vorübergehend ins Ausland mitnehmen möchte, muss beim ausländischen Zoll eine Zollkaution in Höhe der Eingangsabgaben hinterlegen.
Für Handwerkszeug (einschließlich kleine, von Hand tragbare Maschinen) kann bei Einreise in die Schweiz eine formlose Veranlagung erfolgen.
Für größere Arbeitsgeräte und neues Handwerkzeug erfolgt die Zollanmeldung entweder über das internationale Zollpassierscheinheft Carnet A.T.A. oder über die Zollanmeldung für die vorübergehende Verwendung (ZAVV-Verfahren). Bitte lassen Sie sich im Vorfeld von Ihrer zuständigen IHK oder vom Schweizer Zoll beraten, welches Verfahren für Sie das richtige ist.
Für größere Arbeitsgeräte und neues Handwerkzeug erfolgt die Zollanmeldung entweder über das internationale Zollpassierscheinheft Carnet A.T.A. oder über die Zollanmeldung für die vorübergehende Verwendung (ZAVV-Verfahren). Bitte lassen Sie sich im Vorfeld von Ihrer zuständigen IHK oder vom Schweizer Zoll beraten, welches Verfahren für Sie das richtige ist.
Detaillierte Informationen zu den Verwendungszwecken finden Sie in der Ziffer 3 der Richtlinie 10-60 (Verfahren der vorübergehenden Verwendung) (PDF, 1 MB, 01.03.2023).
Kontrollen
Die kantonalen tripartiten Kommissionen sowie die paritätischen Kommissionen erhalten Kopien der Meldungen und können vor Ort Kontrollen durchführen. Arbeitgeber*innen sind gem. Art. 7 Abs. 2 des Entsendegesetzes verpflichtet, ihnen auf Verlangen alle Dokumente zu übergeben, welche die Einhaltung der Arbeits- und Lohnbedingungen der entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer belegen. Zu den angeforderten Unterlagen gehören häufig auch sog. Arbeitsrapporte. In diesen Arbeitsrapporten, die von den Mitarbeiter*innen zu unterschreiben sind, müssen die genauen Uhrzeiten unter Angabe von Fahrt- und Pausenzeiten notiert werden.
Sanktionen
Bei Verstößen gegen die Meldebestimmungen drohen Bußgelder bis 30.000 CHF. Verstöße gegen die minimalen Lohn- und Arbeitsbedingungen führen zu einer Verwaltungsbuße. Mit Bußgeldern wird auch bestraft, wer wissentlich falsche Auskünfte erteilt, die Auskunft verweigert, sich der Kontrolle widersetzt oder sie nicht ermöglicht. Bei Verstößen, die nicht mehr als geringfügig eingestuft werden sowie bei Nichtbezahlung rechtskräftiger Bußgelder kann dem*r Arbeitgeber*in außerdem verboten werden, während ein bis fünf Jahren seine Dienste in der Schweiz anzubieten. Die zuständige kantonale Behörde hat zudem die Möglichkeit, dem*r Arbeitgeber*in die Kontrollkosten ganz oder teilweise aufzuerlegen.
Diese Informationen wurden mit größter Sorgfalt zusammengestellt und sollen eine Orientierungshilfe bieten. Die Informationen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Für die Richtigkeit der Informationen übernimmt die IHK Koblenz keine Gewähr. Die Informationen ersetzen in keinem Fall eine rechtliche oder steuerrechtliche Beratung.
Quelle: IHK Hochrhein Bodensee, Schweizer Zollverwaltung