Innovation und Technologieberatung
Vorschriften zur Lebensmittelsicherheit
Wer Lebensmittel herstellen und/oder in Verkehr bringen möchte, muss eine Reihe von Vorschriften einhalten. Gerade Existenzgründer in diesem Bereich sollten sich vor Aufnahme des Gewerbes umfassend informieren.
- 1. Das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB)
- 2. Die EU-Basis-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 178/2002)
- 3. Das Europäische Hygienerecht
- 4. Die nationale Lebensmittelhygiene-Verordnung (LMHV)
- 5. Das Infektionsschutzgesetz (IfSG)
- 6. Die Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV)
- 7. Meldepflichten, Schulungs- und Belehrungspflichten
1. Das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB)
Die gesetzgeberischen Kernstücke für den Umgang mit Lebensmitteln sind das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) und die Verordnung Nr. 178/2002 (EU-Basis-Verordnung). Sie bilden den Rechtsrahmen für Lebensmittel, Bedarfsgegenstände, Futtermittel und Kosmetika. Beide stellen die Lebensmittelsicherheit an erste Stelle und umfassen alle Produktions- und Verarbeitungsstufen der Lebensmittelkette („vom Acker bis zum Teller“). Produktübergreifende Regeln ebenso wie produktspezifische Anforderungen sind darin enthalten. Im LFGB sind unter anderem allgemeine Verbote und Gebote zum Schutz der Gesundheit und zum Schutz des Verbrauchers vor Täuschung enthalten. So ist es zum Beispiel nicht erlaubt,
- Lebensmittel herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die die menschliche Gesundheit schädigen können,
- Lebensmittel unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung in den Verkehr zu bringen,
- für Lebensmittel mit irreführenden Darstellungen zu werben,
- Bedarfsgegenstände bei Lebensmitteln so zu verwenden, dass deren Verzehr zu Gesundheitsschäden führen kann.
2. Die EU-Basis-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 178/2002)
Auf allen Stufen der Lebensmittelkette ist die Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten. „Vom Acker bis zum Teller“ müssen alle Lebensmittel und Futtermittel rückverfolgbar sein. Dies sieht die Europäische Verordnung (EG) Nr. 178/2002 - EU-Basis-Verordnung - vor. Bei jedem Produkt muss lückenlos verfolgbar sein, was, wann, vom wem und an wen geliefert wurde. Grundsätzlich sind von den Unternehmen Nachweise über Herkunft und Qualität der eingesetzten Vorprodukte und Zutaten sowie über den gesamten Herstellungsprozess bereit zu halten. Diese Informationen müssen auf Nachfrage der Behörde vorgelegt werden können. Es sind also vom Unternehmer Systeme oder Verfahren einzurichten, die diese Erfassung der Daten und somit die Rückverfolgbarkeit gewährleisten (das kann von der Aufbewahrung von Lieferscheinen bis zu umfassenden DV-Systemen reichen; je nach Größe und Produktpalette des Unternehmens). Ausschlaggebend ist, dass eine mögliche Rücknahme des Lebensmittels effizient durchgeführt werden kann. Der Endverbraucher muss selbstverständlich nicht erfasst werden.
3. Das Europäische Hygienerecht
Die EU-Verordnung zur allgemeinen Lebensmittelhygiene (Verordnung (EG) Nr. 852/2004)
Für das gewerbsmäßige Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von Lebensmitteln gilt seit dem 1. Januar 2006 das neue EU-Hygienerecht. Die Basisanforderungen zur Lebensmittelhygiene sind in der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 geregelt. Nach dieser Verordnung ist die Dokumentation der Lebensmittelhygiene Pflicht. Jeder Unternehmer, der mit Lebensmitteln umgeht, muss ein Hygienemanagement gemäß HACCP (Hazard Analysis and Critical Control Point) einrichten. Dieses soll der Art und Größe des Betriebes angemessen sein und branchenspezifisch erfolgen. In den Anhängen der Verordnung sind die allgemeinen geltenden hygienischen Anforderungen an Räumlichkeiten, Technik sowie Organisation von Lebensmittelbetrieben beschrieben. Im Falle der Eröffnung eines Lebensmittelhandels ist weitaus weniger zu berücksichtigen als bei der Lebensmittelproduktion. Doch auch hier sind folgende Punkte zu betrachten:
- Anforderungen an die Betriebsstätte (Reinigungs- und Desinfektionsmöglichkeiten, das Vorhandensein von Toiletten, Handwaschbecken etc.)
- Spezifische Anforderungen innerhalb des Raumes – oder der Räume (hygienische Eignung von Bodenbelägen, Wänden, Decken, die Beschaffenheit von Türen und Fenstern, die Reinigung/Desinfektion von Arbeitsgeräten sowie Vorrichtungen zum Waschen von Lebensmitteln)
- Wasserversorgung
- Hygienische Grundforderungen gegenüber Lebensmittelabfällen
- Einhaltung der Lebensmittelvorschriften (Lagerung, Schutz von Kontamination und Ungeziefer, Beachtung von Temperaturen, Kühllagerung, Umgang mit Abfällen)
- Personalhygiene
- Schulung/Information der Mitarbeiter
Gemäß dieser Verordnung sind zudem alle Lebensmittelunternehmen verpflichtet, ihre Betriebe der für die Überwachung zuständigen Behörde (Kreisverwaltungsbehörde) zur Registrierung zu melden. Als Lebensmittelunternehmen werden alle Betriebe definiert, die eine mit der Produktion, der Verarbeitung und/oder dem Vertrieb von Lebensmitteln verbundene Tätigkeit ausüben (der Handel mit lebenden Tieren und Pflanzen vor der Ernte ist ausgeschlossen). Meldepflichtig sind neue Betriebe, bereits erfasste Betriebe, sofern eine Aktualisierung der Daten notwendig ist und Betreiber von nicht ortsfesten Einrichtungen (Verkaufswagen, Schausteller).
EU-Verordnung mit spezifischen Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs (Verordnung (EG) Nr. 853/2004)
Während die genannten allgemeinen Bestimmungen für alle Lebensmittelbetriebe gelten, werden in der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 spezifische Hygienevorschriften für Betriebe getroffen, die Lebensmittel tierischen Ursprungs verarbeiten. Gemeint sind damit alle Fleisch- und Fischprodukte, Milch und Milchprodukte, Eier und Erzeugnisse daraus, tierische Fette, Gelatine und Kollagen.
Alle Lebensmittelbetriebe dieser Kategorie sind zulassungspflichtig. Zugelassene Betriebe erhalten ein Identitätskennzeichen und eine Identifizierungsnummer. Betriebe die zusammengesetzte Lebensmittel wie Speiseeis oder Pizza herstellen, sind nur meldepflichtig (wie bei den Angaben zur Verordnung (EG) Nr. 852/2004 beschrieben).
4. Die nationale Lebensmittelhygiene-Verordnung (LMHV)
Die durch die europaweit geltende Verordnung (EG) Nr. 852/2004 festgeschriebene Schulungspflicht ist durch die nationale Lebensmittelhygieneverordnung (LMHV) vom August 2007 präzisiert worden. Leicht verderbliche Lebensmittel dürfen nur von Personen hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht werden, die auf Grund einer Schulung über ihrer jeweiligen Tätigkeit entsprechende Fachkenntnisse auf folgenden Sachgebieten verfügen (Anhang I LMHV):
- Eigenschaften und Zusammensetzung des jeweiligen Lebensmittels
- Hygienische Anforderungen an die Herstellung und Verarbeitung des jeweiligen Lebensmittels
- Lebensmittelrecht
- Warenkontrolle, Haltbarkeitsprüfung und Kennzeichnung
- Betriebliche Eigenkontrollen und Rückverfolgbarkeit
- Havarieplan, Krisenmanagement
- Hygienische Behandlung des jeweiligen Lebensmittels
- Anforderung an Kühlung und Lagerung des jeweiligen Lebensmittels
- Vermeidung einer nachteiligen Beeinflussung des jeweiligen Lebensmittels beim Umgang mit Lebensmittelabfällen, ungenießbaren Nebenerzeugnissen und anderen Abfällen
- Reinigung und Desinfektion
Diese Forderung der Fachkenntnis gilt nicht, soweit ausschließlich verpackte Lebensmittel in Verkehr gebracht werden, sie gilt nicht für die Primärproduktion und sie gilt nicht für Personen, die eine wissenschaftliche Ausbildung oder eine Berufsausbildung abgeschlossen haben, in der die geforderten Fachkenntnisse vermittelt wurde.
Als leicht verderblich wird ein Lebensmittel eingestuft, das in mikrobiologischer Hinsicht in kurzer Zeit leicht verderblich ist und dessen Verkehrsfähigkeit nur bei Einhaltung bestimmter Temperaturen oder sonstiger Bedingungen erhalten werden kann. Diese Definition trifft auf die überwiegende Zahl der in der Gastronomie und den Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung hergestellten, behandelten und in Verkehr gebrachten Lebensmittel zu.
Umfassende Informationen zur Lebensmittelhygiene finden Sie in unserer Onlinehilfe Lebensmittelhygiene.
5. Das Infektionsschutzgesetz (IfSG)
Im Jahr 2001 ist das bis dahin geltende Bundesseuchengesetz durch das Infektionsschutzgesetz (IfSG) ersetzt worden. Damit ist das früher gefordert Gesundheitszeugnis abgeschafft worden. Gefordert wird hingegen eine Belehrung nach dem Infektionsschutzgesetz. Demzufolge dürfen Personen, Lebensmittel gewerbsmäßig herstellen, behandeln oder in den Verkehr bringen, diese Tätigkeit nur ausüben, wenn sie durch eine Bescheinigung des Gesundheitsamtes oder eines vom Gesundheitsamt beauftragten Arztes nachweisen, dass sie
- über die Tätigkeitsverbote des § 42 Abs. 1 IfSG
- über die Verpflichtungen nach § 43 Abs. 2, 4, 5 IfSG in mündlicher und schriftlicher Form belehrt wurden und
- nach der Belehrung schriftlich erklärt haben, dass ihnen keine Tatsachen für ein Tätigkeitsverbot bekannt sind.
Die Belehrung ist beim örtlichen Gesundheitsamt persönlich unter Vorlage eines Ausweises zu absolvieren und darf vor Aufnahme der Tätigkeit nicht älter als drei Monate sein.
6. Die Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV)
Die Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV) gilt seit dem 13. Dezember 2014 europaweit (Verordnung (EU) Nr. 1169/2011). Mit dieser Verordnung sind die Informationspflichten jedes Lebensmittelunternehmers aller Stufen in der Europäischen Union einheitlich vorgeschrieben. Dazu gehören gem. Art 9:
- Bezeichnung des Lebensmittels
- Zutatenverzeichnis
- Allergenkennzeichnung, die die 14 wichtigsten Allergenen umfasst
- Menge bestimmter Zutaten/ Klassen von Zutaten
- Nettofüllmenge
- Mindesthaltbarkeitsdatum
- Name und Anschrift des Lebensmittelunternehmers
- Ursprungsland/ Herkunftsort
- Gebrauchsanleitung
- Alkoholgehalt von Getränken mit einem Volumenprozent in Alkohol von mehr als 1,2
- Nährwertdeklaration
Die LMIV umfasst alle Lebensmittel im Sinne des Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 (Basis- Verordnung). Unter den Anwendungsbereich fallen sowohl vorverpackte als auch lose Waren.
Im Verhältnis zu spezifischen Vorschriften, die bestimmte Lebensmittelgruppen wie Spirituosen, Wein, Zusatzstoffen, Eier, Kaffee, Milch usw. betreffen, gilt die LMIV grundsätzlich parallel und ergänzend.
Verantwortlich für das Anbringen der Pflichtangaben ist der Unternehmer, der die Lebensmittel vermarktet (Art. 8). Wenn dieser Lebensmittelunternehmer nicht in der EU niedergelassen ist, ist der Importeur verantwortlich.
Die Sprache der Kennzeichnung auf dem Etikett richtet sich nach dem Land der Vermarktung. Die Angaben müssen dort „leicht verständlich“ sein (Art. 15 LMIV). In Deutschland ist grundsätzlich nur Deutsch leicht verständlich und die Verwendung von Fremdwörtern ist nur dann zulässig, wenn diese Eingang in den deutschen Sprachgebrauch gefunden haben (z.B.“Chilli con Carne").
Sowohl für die Herstellung als auch für den Handel mit Lebensmitteln kann es unter Umständen notwendig sein, einen vereidigten Sachverständigen zu Rate zu ziehen. Hier finden Sie das bundesweite Verzeichnis der vereidigten Sachverständigen. Auch kann hinsichtlich der Lebensmittelhygiene die zuständige Lebensmittelkontrolle weiterhelfen. Die Lebensmittelüberwachung ist in Bayern in den Kreisverwaltungsbehörden angesiedelt.
Alle genannten nationalen Gesetzestexte finden Sie im Internet unter www.gesetze-im-internet.de. Die EU-Rechtstexte finden Sie hier. Die genannten Gesetzestexte sind nicht abschließend zu betrachten. Es kommt immer auf das Lebensmittel an, was hergestellt oder vertrieben werden soll. Daher sind immer auch die speziellen Verordnungen, die es für die diversen Lebensmitteln gibt (wie Milchverordnung, Kakaoverordnung, Fruchtsaftverordnung, Konfitürenverordnung, etc.) zu beachten.
7. Meldepflichten, Schulungs- und Belehrungspflichten
Aus den oben genannten Vorschriften ergeben sich eine Reihe von Melde- und Registrierungspflichten sowie Schulungs- und Belehrungspflichten, die hier nochmals zusammengefasst werden.
- Grundsätzlich ist bei der Existenzgründung wie in anderen Bereichen auch, sowohl für Hersteller von Lebensmitteln als auch für Händler, der Betrieb des Gewerbes anzuzeigen (§ 14 Gewerbeordnung (GewO)).
- Nach dem Europäischen Hygienerecht gibt es seit 2004 eine Registrierungspflicht. D. h., Sie müssen das Gewerbe auch nochmals bei der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde (bei der Lebensmittelüberwachung) melden. Verarbeiten Sie oder stellen Sie Lebensmittel tierischen Ursprungs her, so brauchen Sie eine Zulassung. Die Zulassung erfolgt über die zuständige Veterinärbehörde.
- Personen, die leicht verderbliche Lebensmittel gewerbsmäßig herstellen, behandeln oder in den Verkehr bringen, dürfen diese Tätigkeit nur ausüben, wenn Sie vor Aufnahme der Tätigkeit an einer Belehrung zum Infektionsschutzgesetz (IfSG) teilgenommen haben. Die Belehrung ist beim örtlichen Gesundheitsamt oder einem niedergelassenen Arzt, der für diese Belehrung berechtigt ist, zu absolvieren. Die Bescheinigung über die Belehrung darf bei Aufnahme der Tätigkeit nicht älter als drei Monate sein. Von dieser erstmaligen Belehrungspflicht ist befreit wer bereits im Besitz eines Gesundheitszeugnisses nach dem Bundesseuchengesetz ist, dass am 31.12.2000 noch gültig war.
- Seit August 2007 gilt die bundesweit geltende Lebensmittelhygieneverordnung (LMHV). Nach § 4 Abs. 1 der LMHV dürfen leicht verderbliche Lebensmittel nur von Personen hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht werden, die auf Grund einer Schulung über die entsprechende Fachkenntnis verfügen. Die erforderliche Fachkenntnis in der Lebensmittelhygiene wird in Anlage 1 der Verordnung aufgeführt und umfasst die gesamte Lebensmittelhygiene, begonnen von der Basis-Hygiene (Produkthygiene, Produktionshygiene, Personalhygiene) bis zum HACCP-Konzept. Die Fachkenntnis muss der zuständigen Behörde auf Verlangen nachgewiesen werden. Personen, die eine wissenschaftliche Ausbildung oder eine Berufsausbildung abgeschlossen haben, in der Kenntnisse und Fertigkeiten auf dem Gebiet des Verkehrs mit Lebensmitteln einschließlich der Lebensmittelhygiene vermittelt werden, sind von dieser Schulungspflicht befreit.