Interessenvertretung - Ausgabe 07-08/2024

Herausforderung Verkehrswende: Ohne Umsteuern sind die Erfolgsaussichten gering

Der Expertenrat für Klimafragen der Bundesregierung sieht die deutschen Klimaziele für das Jahr 2030 in Gefahr. Hauptverantwortlich dafür ist der Verkehrssektor, der zwischen 2021 und 2030 voraussichtlich 177 Mio. Tonnen CO2 -Äquivalent zu viel emittieren wird.
In den letzten Jahren wächst die transportierte Gütermenge in Deutschland, zeitgleich steigt der Anteil des Lkw an der beförderten Gesamtmenge. Die marode Schieneninfrastruktur ist schon mit der aktuellen Auslastung überfordert, die geplanten Korridorsanierungen werden die Situation in den nächsten Jahren kaum verbessern. 2026 sollen auf der rechtsrheinischen Strecke insgesamt 182 Kilometer von Troisdorf über Koblenz bis Wiesbaden saniert werden. Zwei Jahre später steht dann die linksrheinische Seite von Köln über Bonn nach Koblenz bis Mainz mit insgesamt 176 Kilometern an.
Ein Drittel der Betriebe haben in den letzten zwölf Monaten bereits Investitionen zurückgestellt. Deshalb ist es so wichtig, dass die Politik die Sorgen der Wirtschaft ernst nimmt,

sagt Fabian Göttlich, Geschäftsführer Interessenvertretung, IHK Koblenz.

Bei den Wasserstraßen sieht die Lage kaum besser aus. Die Abladeoptimierung Mittelrhein wäre im Verhältnis zu anderen Infrastrukturvorhaben schnell umzusetzen und würde eine bessere ganzjährige Nutzung des Rheins für den Gütertransport gewährleisten. Allerdings wird die Umsetzung nicht vor 2033 erfolgen. Die kurzfristige Hoffnung liegt daher auf dem Umstieg von Diesel-Lkw auf emissionsärmere Antriebe. Die Klimaziele der Bundesregierung sehen vor, dass bis 2030 jeder dritte Lkw mit Batterie oder Brennstoffzellen fahren soll. Laut dem Bundesverband für Güterkraftverkehr ist dies aktuell bei 579 von 800.000 Lastwagen der Fall, die täglich in Deutschland unterwegs sind. Für diesen niedrigen Anteil gibt es verschiedene Gründe.
Im Oktober letzten Jahres stellte Mercedes-Benz Trucks den schweren Elektro-Lkw eActros 600 vor. Mit bis zu 500 Kilometern Reichweite und 22 Tonnen Nutzlast sollen die etablierten Diesel-Lkw abgelöst werden. Allerdings ist er auch 2-2,5x teurer als ein herkömmlicher Lkw. Neben den hohen Anschaffungskosten ist der Ausbau der Ladeinfrastruktur ein weiteres großes Hemmnis. In Deutschland gab es zum 1. Januar 2024 insgesamt 123.449 öffentliche Ladepunkte. Davon fielen lediglich 5 % unter die höchste Kategorie mit einer Ladeleistung über 299 kW.
Um firmeneigene Ladesäulen in Betrieb nehmen zu können, sind jedoch nicht überall ideale Voraussetzungen für den Netzanschluss gegeben. Hinzu kommt, dass die steigende Zahl von Ladevorgängen die Stromnetzkapazität zusätzlich belastet und mitunter ein weiterer Netzausbau am Standort erforderlich wird.
Ursprünglich hatte die Ampelkoalition Milliarden für den Kauf von Elektrolastern und den Aufbau einer Ladeinfrastruktur zugesagt, aber nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts fehlen diese Mittel. Dementsprechend wurden Förderprogramme stark zurückgefahren oder ganz eingestellt. Über das Brennstoffemissionshandelsgesetz wird bereits seit 2021 eine CO2-Bepreisung umgesetzt. Von damals sieben Cent pro Liter Diesel sind für 2025 bereits 15 Cent vorgesehen. Trotz gegensätzlicher Versprechungen im Koalitionsvertrag wurde im Dezember letzten Jahres zusätzlich dazu eine CO2-Komponente bei der Maut eingeführt, die den Betrieb von Diesel-Lkw weiter verteuert. Dabei soll ein Großteil der Mehreinnahmen nicht etwa in den Aufbau einer Ladeinfrastruktur oder neue Förderprogramme fließen, sondern in den Ausbau des Schienennetzes.

Michael Zundler

Verkehr, Mobilität, Digitale Infrastruktur, Umwelt- und Energiepolitik (Geschäftsbereich Interessenvertretung)