Juli 2020 | Digitalisierung/Breitbandausbau

Resolution zum Breitbandausbau

Resolution zum Breitbandausbau Einführung

Durch die zunehmende Vernetzung der Wirtschaft untereinander wie auch mit den Konsumenten wächst seit Jahren der Bedarf an hochwertiger Infrastruktur zur Datenübertragung. Spätestens seit dem sich unter dem Oberbegriff Wirtschaft 4.0 die Digitalisierung in immer mehr Prozessen mit zunehmenden Datenmengen etabliert (Schlagworte smart factory, smart home, Internet der Dinge), sind Datenleitungen mit immer höheren Übertragungsraten erforderlich. Die Breitbandanbindungen müssen zudem sicher, symmetrisch und hochverfügbar sein. Mobile - und Festnetzinternetverbindungen sind in den Rang von klassischer Infrastruktur wie Straßenverbindungen aufgestiegen.
Der Ausbau der zunehmend schnelleren Datenleitungen findet zunächst immer in den aus Sicht der Telekommunikationsunternehmen sinnvollen Orten statt. Dies sind die dicht besiedelten Kernbereiche der Ballungsräume mit hohen Anschlusszahlen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass weder die dünner besiedelten Teile von Großstädten, wie z. B. Gewerbe- gebiete, noch der ländliche Raum im Fokus der Ausbaubemühungen stehen und daher regelmäßig erst Jahre später – wenn überhaupt – vergleichbare Datenzugänge erhalten. Damit ist die Entwicklung neuer, z. B. Big Data basierter Geschäftsmodelle erst mit Verspätung möglich. Anders gesagt: Der flächendeckende Erfolg von Wirtschaft 4.0 mit seinen zahlreichen smarten Anwendungen hängt von den dafür erforderlichen leistungsfähigen digitalen Infrastrukturen ab. Sind sie nicht vorhanden, können existenzgefährdende Wettbewerbsnachteile entstehen oder die Umsiedlung des Unternehmens die Folge sein.
In Nordhessen und Marburg haben sich Kommunen und Landkreise mit Zustimmung der Wirtschaft in unterschiedlichen Modellen engagiert, mit dem Ziel, den Infrastrukturnachteil für den ländlichen Raum auszugleichen. In Marburg hat dies die Breitband Marburg-Biedenkopf GmbH in Form des Deckungslückenmodells mit der Telekom durchgeführt (bis 50 Mbit/s), in Nordhessen schließt aktuell die Breitband Nordhessen GmbH (bis 50 Mbit/s) diese infra- strukturelle Lücke als Betreibermodell in den nächsten Jahren. Trotz aller Bemühungen der Telekommunikationswirtschaft und der Gebietskörperschaften gibt es Unterversorgungen in Gewerbegebieten.
Nach Abschluss des Ausbaus auf den NGA-Standard steht aufgrund der wachsenden Qualitätserfordernisse (Geschwindigkeit, Zuverlässigkeit, Sicherheit) die nächste Ausbaustufe an. Ohne Zweifel werden weitere Möglichkeiten entwickelt, auch ohne Austausch des Kupferleitungsnetzes insbesondere auf den letzten, teuren Metern höhere Geschwindigkeiten zu erreichen (Vectoring, Supervectoring etc.). Physikalisch überlegen und damit zukunftssicherer ist das Glasfasernetz, das auch in der laufenden Ausbaustufe das Rückgrat zwischen den Ortsvermittlungsstellen und den Kabelverzweigern bildet (FTTC = Fibre-to-the-curb). Auch die Sender der zukünftigen Mobilnetze der 5. Generation werden über Glasfaser angeschlossen werden müssen, so dass eine Konvergenz der Netze entsteht. Auf Sicht ist nach aktuellem Stand davon auszugehen, dass allein der Ansatz FTTH/FTTB (Fibre-to-the ho- me/building) zukunftssicher ist, insbesondere im Hinblick auf Gewerbebetriebe.
Genau wie in allen Ausbaugenerationen zuvor ist davon auszugehen, dass unter betriebs- wirtschaftlichem Blickwinkel die Zentren versorgt werden. Die Regionen außerhalb der Ballungsräume mit ihren auch im europäischen Vergleich starken Besatz an kreativen, leistungsstarken mittelständischen Unternehmen bis hin zu inhabergeführten Großunternehmen und Konzernen müssen – so Stand heute - wieder mit einem deutlichen Wettbewerbsnachteil rechnen.

Resolution

Vollversammlung der IHK Kassel-Marburg am 24. März 2017
Die Vollversammlung der IHK Kassel-Marburg fordert
  • alle Telekommunikationsanbieter auf, Versorgungslücken im NGA-Ausbau, insbesondere in Gewerbestandorten, zu schließen bzw. den Ausbau des NGA-Netzes an diesen Standorten zu priorisieren,
  • die bevorstehende nächste Ausbaustufe sowohl des Festnetzes als auch des Mobilnetzes zukunftsorientiert auf Glasfaserbasis und flächendeckend ohne Benachteiligung der mittelständischen Strukturen in ländlich geprägten Räumen wie Nordhessen und der Region Marburg umzusetzen und dafür gemeinsame Lösungen zwischen Kommunen, Telekommunikationsanbietern und betroffenen Unternehmen zu entwickeln,
  • Instrumente zur Nutzung von Synergien der vorhandenen Netze zu entwickeln,
  • Kostensenkungspotentiale durch Kombination mit anderen Infrastrukturausbauvorhaben zu nutzen,
  • das Innovationspotential der Wirtschaft zur technischen wie auch betriebswirtschaftlichen Umsetzung der nächsten Generation eng mit den kommunal getragenen Versorgen zusammenzubinden,
  • verlässliche Finanzierungsinstrumente zur Verhinderung der strukturellen Benachteiligung des ländlichen Raumes aufgrund geringerer Bevölkerungsdichte und damit geringerer Anschlusszahlen im Rahmen der öffentlichen Daseinsvorsorge auf kommunaler und staatlicher Ebene zu entwickeln,
  • alle mit erheblichen Investitionen versehenen Maßnahmen (Planung, regulatorische Rahmen, Finanzierung) zum Ausbau der Hochgeschwindigkeitsnetze von Bund, Ländern, Kommunen und Netzanbietern konsequent auf das Ziel einer flächendeckend verfügbaren Glasfaserinfrastruktur auszurichten.
Die Resolution wurde am 24. März 2017 einstimmig von der Vollversammlung der IHK Kassel-Marburg verabschiedet.