Konjunktur Jahresbeginn

Gesamtlage stabil, aber die Gastronomie leidet

Die Wirtschaft im Bezirk der IHK Kassel-Marburg zeigte sich zu Beginn des Jahres 2022 relativ stabil. Der IHK-Klimaindex, der gewichtete Faktor aus gegenwärtiger und zukünftiger Lagebeurteilung, lag bei befriedigenden 114,5 Punkten (Herbstumfrage 118 Punkte, Vorjahr 95,7 Punkte). Das zeigte die Konjunkturumfrage der IHK, an der sich rund 300 Unternehmen beteiligten. Die Umfrage fand vom 28. Dezember 2021 bis 24. Januar 2022 statt.
„Die Wirtschaft im IHK-Bezirk ist trotz der verschärften Corona-Infektionslage relativ gut in das neue Jahr gestartet. Innerhalb der einzelnen Branchen stellen wir aber deutliche konjunkturelle Unterschiede fest. Darüber hinaus drohen Lieferengpässe und Preissteigerungen bei Rohstoffen und Energie einen Konjunkturaufschwung auszubremsen“, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Arnd Klein-Zirbes.
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Lagebeurteilung
Die Geschäftslage bezeichneten 38,5 Prozent der Unternehmen als gut. Von einer schlechten Lage sprachen 17,3 Prozent (Vorjahr 27,9 Prozent). Befriedigend schätzten 44,2 Prozent ihre gegenwärtigen Geschäfte ein. Die Zukunftserwartungen zeigten folgendes Bild: Eine bessere Entwicklung für die kommenden Monate erwarteten 22,5 Prozent der Unternehmen. 63,1 Prozent gingen von einer gleichbleibenden zukünftigen Entwicklung aus. Die Anzahl der Pessimisten war abermals leicht zurückgegangen und lag bei 14,4 Prozent (Vorjahr 30,7 Prozent).
Gestörte Lieferketten und Preissteigerungen
56,5 Prozent der Unternehmen in Nordhessen und dem Kreis Marburg waren von erheblichen Preisanstiegen bei Rohstoffen, Vorprodukten und Waren betroffen. 36,7 Prozent berichteten von gravierenden Lieferschwierigkeiten. „Die kontinuierlichen Preiserhöhungen stellen wir über nahezu alle Bereiche unserer Beschaffung fest. Da wir die Preiserhöhungen nicht eins zu eins weitergeben können, führt die aktuelle Situation zu deutlichen Ertragseinbußen“, kommentierte Thomas Hilberg, Geschäftsführer der GCM GmbH Marburger Gartencenter.
Branchen
Industrie und Dienstleister waren nach der Umfrage die konjunkturellen Stützen. Gut liefen die Geschäfte vor allem bei den Investitionsgüterherstellern mit einem Klimaindex von 124,7 Punkten, was sich auch im steigenden Außenhandel der Branche widerspiegelte. Der Einzelhandel zeichnete mit 114,8 Punkten ein überraschend gutes Bild. Rückenwind dürfte das zurückliegende Weihnachtsgeschäft gegeben haben. Die Gastronomie hingegen vermeldete zum Jahresanfang mit 57,4 Punkten (Herbstumfrage 128,9 Punkte) die schlechteste Zahl der aktuellen Umfrage. „Unsere Gastronomiebetriebe leiden am stärksten unter den Corona-Beschränkungen. Viele Unternehmen zehren inzwischen von der Substanz. Sobald es medizinisch vertretbar ist, müssen schnell und unkompliziert Erleichterungen auf den Weg gebracht werden.“, so Dr. Arnd Klein-Zirbes. Die Abschaffung der 2-G-Regel in Hessen für den Einzelhandel sei eine gute Entscheidung und weise den Weg für notwendige Lockerungen in der Gastronomie.
Investitionen und Beschäftigung
Die konjunkturelle Stabilisierung zeigte sich auch bei der Investitionsbereitschaft. 35,3 Prozent der Betriebe gingen von einer steigenden Investitionsquote aus. 19,3 Prozent rechneten mit einer sinkenden Investitionsquote. Dabei waren die Hauptmotive bei Mehrfachnennungen Ersatzbedarf (63,5 Prozent) und Rationalisierung (31,7 Prozent). Der Arbeitsmarkt litt weiter unter dem Fachkräftemangel, der alle Branchen erreicht hatte. 63,7 Prozent der befragten Unternehmen benannten ihn als größtes wirtschaftliches Risiko für die Konjunktur.
In den Umweltschutz investierten als Hauptmotiv aktuell 24,1 Prozent der Unternehmen. Dieser gewann bei den Investitionsmotiven kontinuierlich an Bedeutung, hob Geschäftsführer Bastian Greiner, Plettenberg Elektromotoren GmbH & Co. KG, Baunatal, hervor. „Unsere Pläne könnten sogar noch expansiver sein: Lieferengpässe und Fachkräftemangel machen sie aber teilweise zunichte“, sagte Greiner, der kürzlich im Zuge einer Nachfolgeregelung sein Unternehmen erwarb.
Neben der aktuellen Konjunkturumfrage verwies die IHK auf die immer größere Bedeutung des Themas Unternehmensnachfolge für den Standort Nordhessen und Marburg. Die IHK-Nachfolgeberater gingen davon aus, dass in den nächsten Jahren rund 6500 Unternehmen in Nordhessen und der Region Marburg eine Nachfolge suchen. Rund ein Drittel von ihnen wird Probleme haben, eine Nachfolge zu finden. Von den rund 80.000 Mitgliedsunternehmen waren 20 Prozent der Inhaber 50 Jahre alt und älter. „Das zeigt sehr klar, vor welcher Herausforderung wir stehen. Qualifizierte Nachfolger sind zunehmend schwierig zu finden. Unsere Aufgabe als Industrie- und Handelskammer ist es deshalb, unsere Mitglieder dabei zu unterstützen, die Betriebe und Unternehmen zu erhalten“, resümierte Dr. Arnd Klein-Zirbes. „Thomas Hilberg und Bastian Greiner sind sehr gute Beispiele für eine gelungene Unternehmensnachfolge, wodurch nicht zuletzt Know-how, Arbeits- und Ausbildungsplätze in der Region gesichert wurden.“
Der gesamte Konjunkturbericht ist unter www.ihk-kassel.de/konjunktur zu finden.