IHK-Onlineumfrage Ausbildung

Großes Angebot, Suche nach Bewerbern geht weiter

Der Fachkräftemangel spitzt sich auch im Bezirk der IHK Kassel-Marburg weiter zu: Über ein Drittel der Ausbildungsbetriebe in Nordhessen und dem Kreis Marburg kann 2022 seine Ausbildungsplätze nicht besetzen. Das hat die Online-Umfrage der IHK-Organisation zur Aus- und Weiterbildung ergeben, an der sich 365 Ausbildungsbetriebe aus dem IHK-Bezirk beteiligt hatten.
Als Grund für unbesetzte Stellen nannte die Mehrheit einen Mangel an geeigneten Bewerbern (55,2 Prozent), während 37,9 Prozent laut eigenen Angaben keine einzige Bewerbung erhielten. 17,2 Prozent der Unternehmen konnten eine Stelle nicht mehr rechtzeitig nachbesetzen, da Auszubildende die Stelle nicht angetreten hatten. In 20,7 Prozent der Fälle lösten Azubis das Ausbildungsverhältnis nach Beginn der Ausbildung auf, während 13,8 Prozent der Ausbildungsbetriebe angaben, den Ausbildungsvertrag beendet zu haben.
Das wünschen sich Unternehmen im Bezirk der IHK Kassel-Marburg
Eine große Bedeutung schreiben die Unternehmen der Berufsorientierung zu, die ausgebaut werden soll. Etwa die Hälfte der Ausbildungsbetriebe gab bei der Befragung an, Jugendlichen vermehrt Praxiserfahrung ermöglichen zu wollen – dies solle beispielsweise durch mehr Schülerbetriebspraktika (51,9 Prozent), Veranstaltungen wie Girl‘s und Boy‘s Day (45,6 Prozent) und digitale Informationsangebote (22,8 Prozent) realisiert werden. Darüber hinaus wurden eine verstärkte Beteiligung von Ausbildungsbotschaftern und -scouts (12,2 Prozent) sowie hybride Formate wie Praktikum to go genannt (6,9 Prozent). 29,7 Prozent der Betriebe gaben an, kein zusätzliches Engagement aufbringen zu wollen. Unter den Unternehmen, die eigene Anregungen zur Verbesserung der Berufsorientierung hinterließen, äußerten viele den Wunsch, besser mit den Schulen zusammenzuarbeiten. Es solle auch mehr Schulbesuche und -messen sowie mehr Ferienangebote geben. Im Hinblick auf die Digitalisierung zeigte sich mit 93,3 Prozent die große Mehrheit der Ausbildungsbetriebe zufrieden mit dem aktuellen Angebot an Ausbildungsberufen.
Unternehmen passen ihr Ausbildungsangebot an
Um die eigene Attraktivität als Ausbildungsbetrieb zu steigern, setzen 56,1 Prozent der Unternehmen auf flache Hierarchien und eine moderne Technikausstattung (51,2 Prozent). 34,8 Prozent der Ausbildungsbetriebe nahmen Veränderungen im Rekrutierungs- und Einstellungsprozess vor, um geeignete Bewerberinnen und Bewerber besser selektieren und ansprechen zu können. Auch an den in einer Ausbildung zu erwartenden Benefits arbeiten einige Unternehmen: 36,4 Prozent schafften zusätzliche finanzielle und materielle Anreize für zukünftige Auszubildende. Zurückhaltender zeigten sich die befragten Unternehmen bei Themen wie mobilen Ausbildungsangeboten (9,1 Prozent) sowie der Option, die Ausbildung auch in Teilzeit zu ermöglichen (10,3 Prozent).
Mehr Unterstützung und hoher Praxisbezug gewünscht    
Zusammenfassend konnte ein erhöhter Bedarf an unterstützenden Angeboten festgestellt werden – sei es bei der Suche nach geeigneten Bewerbern oder bei der Identifikation sinnvoller Weiterbildungsangebote. Daneben verwiesen Unternehmen auf das Spannungsverhältnis zwischen einer guten Auftragslage und der Notwendigkeit, mehr Zeit und Energie in die Ausbildung zu investieren: Die vollen Auftragsbücher würden Ressourcen binden, die für die Überarbeitung und Verbesserung des betrieblichen Ausbildungsangebots notwendig seien. Das Angebot bestehender Ausbildungsberufe, welches regelmäßig aktualisiert und überarbeitet wird, wurde hingegen von den meisten Betrieben – auch in Bezug auf die Digitalisierung – als gut eingeschätzt.
Der strukturelle Wandel, der in den vergangenen Jahren Bereiche des Arbeitslebens beeinflusst hat, scheint beim Thema Ausbildung dagegen weniger stark zu wirken: Aspekten aus dem Bereich New Work, etwa mobiles Arbeiten oder Teilzeitlösungen, stehen die befragten Unternehmen in Bezug auf Ausbildung noch immer zurückhaltend gegenüber.