11. Juni 2024

Bürgerentscheid zu MoVe35: Wirtschaft erfreut über Ausgang

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Kassel-Marburg begrüßt das Ergebnis des Bürgerentscheids am 9. Juni in Marburg. Die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger (51,8 Prozent) stimmte gegen das im Mobilitäts- und Verkehrskonzept „MoVe35“ beschlossene Ziel, den Autoverkehr in der Stadt zugunsten anderer Verkehrsmittel zu halbieren.
„Das ist ein gutes Ergebnis“, sagt der stellvertretende IHK-Hauptgeschäftsführer und Leiter der IHK-Geschäftsstelle Marburg, Oskar Edelmann. „Die Fragestellung hat viele Bürger bewegt, denn erfreulicherweise haben mehr als 70 Prozent der Wahlberechtigten von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht. Dass die Entscheidung so knapp ausgefallen ist, zeigt, wie gespalten die Stadtgesellschaft in dieser Frage ist.“ Umso wichtiger sei es nun, dass sich alle Akteure an einen Tisch setzen, um gemeinsam eine Mobilitäts- und Verkehrsstrategie für eine lebenswerte und klimafreundliche Stadt zu entwickeln, die auch den Bedürfnissen der regionalen Wirtschaft gerecht wird. „Wir sind bereit, daran weiter konstruktiv mitzuarbeiten“, betont Oskar Edelmann.
Die Halbierung des Autoverkehrs wäre mit weitreichenden Einschränkungen verbunden gewesen: unter anderem einem massiven Abbau von Parkplätzen und Einbahnstraßenregelungen auf wichtigen Hauptverkehrsstraßen. „Die Umsetzung hätte dem Standort enorm geschadet“, sagt Udo Diehl, Vorsitzender der IHK-Regionalversammlung Marburg. „Viele Unternehmen haben erhebliche Umsatzeinbußen befürchtet und sich in ihrer Existenz bedroht gesehen. Vor allem Dienstleister, Einzelhändler oder Gastronomen in Marburg sind zu einem großen Teil auf Kunden aus dem Umland angewiesen.“
Udo Diehl betont, dass die regionale Wirtschaft das Ziel, den Verkehr umweltfreundlicher zu gestalten und unnötige Autofahrten zu reduzieren, grundsätzlich unterstützt: „Es kommt aber darauf an, die entsprechenden Stellschrauben wirtschaftsverträglich zu drehen. Eine gute Erreichbarkeit der Innenstadt mit dem Auto ist eine wesentliche Voraussetzung für einen erfolgreichen Wirtschaftsstandort.“ Weniger Individualverkehr erfordere beispielsweise einen leistungsfähigen ÖPNV und eine gute Radwegeinfrastruktur. Das Ergebnis des Bürgerentscheids biete die Chance, ökologische und ökonomische Aspekte besser als bisher geplant in Einklang zu bringen, damit Marburg für Unternehmen, Kunden und Gäste attraktiv bleibe: „Wenn sich Geschäftsleute wegen schlechter Erreichbarkeit und weniger Parkplätzen zurückziehen, profitieren der Online-Handel und die Nachbarstädte.“
Die Halbierung des Autoverkehrs hätte die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in Marburg nachhaltig geschwächt, sagt Thomas Winzer, stellvertretender Vorsitzender der IHK-Regionalversammlung – zum Beispiel, weil Lieferanten, Dienstleister, Kunden und Mitarbeiter längere Wege in Kauf nehmen müssen. Der stellvertretende Vorsitzende der IHK-Regionalversammlung, Andreas W. Ditze, ergänzt, dass die Unternehmen als Arbeitgeber an Attraktivität verlieren würden: „Und damit wäre es schwieriger geworden, qualifizierte Arbeitskräfte zu finden. Zudem hätten die rund 29.000 Pendler in Marburg durch längere Wege zu ihren Arbeitgebern mehr CO2-Emissionen verursacht.“
Die Präsidentin der IHK Kassel-Marburg, Désirée Derin-Holzapfel, betont, dass Oberzentren wie Marburg und Kassel sowie die Mittelzentren in der Region wirtschaftsfreundliche Verkehrs- und Mobilitätskonzepte brauchen, um als Standort für Unternehmen attraktiv zu bleiben: „Sie schaffen Ausbildungs- und Arbeitsplätze, sie sichern Wettbewerbsfähigkeit, Wertschöpfung und Wohlstand.“ Die IHK-Präsidentin dankte den Mitgliedern der IHK-Regionalversammlung Marburg für ihr Engagement in der Diskussion um das Mobilitäts- und Verkehrskonzept „MoVe35“. Sie hätten wesentlich dazu beigetragen, „die Interessen der Wirtschaft und ihre Anliegen deutlich sichtbar zu machen und konstruktive Lösungen aufzuzeigen. Damit haben sie einen großen Anteil am Ausgang des Bürgerentscheids.“