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Start-up Hack Nordhessen bringt clevere Lösungen
In einer Woche von der Idee zum Geschäftsmodell: Beim Startup-Hack Nordhessen wurden die besten Konzepte prämiert, die die Wirtschaft umweltgerechter gestalten. Erstmals dabei war ein Schüler-Forschungsteam.
Um den Klimawandel einzudämmen, sind clevere Lösungen gefragt. Deren Entwicklung ist meist ein langwieriger Prozess. Doch es geht auch anders, wie der Startup-Hack Nordhessen beweist. Hier präsentierten jetzt 14 Teams ihre nachhaltigen Geschäftsmodelle – mit dem Ziel, eine Fachjury zu überzeugen. Das Besondere: Einige Konzepte waren erst in den Tagen zuvor entstanden.
Beim Pitch-Event im Messinghof: Die Juroren und Coaches.
© Sandra Schumann
Mit innovativen Geschäftsideen Zukunft gestalten: Unter diesem Motto laden der Nordhessische Bezirksverein des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI), die Universität Kassel, die IHK Kassel-Marburg, der Science Park Kassel und die Wirtschaftsförderung Region Kassel regelmäßig zum Startup-Hack Nordhessen ein. Zu den Partnern des Wettbewerbs gehörte erstmalig auch die Kasseler Sparkasse, die in diesem Jahr einen der Hauptpreise stiftete.
Was den Wettbewerb von anderen unterscheidet, ist vor allem sein offenes Konzept. Denn während sich einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum ersten Mal an die Entwicklung eines eigenen Produkts wagen, gehen andere mit fast fertigen Lösungen ins Coaching. Im „Bootcamp“ – so der treffende Name dieser Wettbewerbskategorie – steht für sie vor allem das Optimieren des Konzepts im Mittelpunkt. Eine knappe Woche durften die Teams an ihren nachhaltigen Geschäftsideen tüfteln. Unterstützt wurden sie dabei von erfahrenen Coaches und Gründern, die neben individuellem Feedback wertvolle Insider-Tipps beisteuerten.
Beim abschließenden Pitch-Event im Kasseler Messinghof hatte jedes Team gerade einmal fünf Minuten Zeit, das eigene Konzept vor der Jury zu präsentieren. Was ist das Neuartige und Nachhaltige an der Idee? Wo ist der Mehrwert für die Kunden und wie sieht es mit der Wirtschaftlichkeit aus? Das alles in der Kürze der Zeit und möglichst interessant vorzustellen, war eine Herausforderung, die alle erstaunlich gut meisterten. Nicht nur die Qualität der Vorträge beeindruckte, sondern auch die Vielfalt der Ideen. Die reichte von Werbeartikeln aus recycelten Materialien (rebag) über nachhaltige Schulungs-Events für Führungskräfte (Synergease Workations) bis zur Vermittlungsplattform für Vertretungsdienste an Schulen (Schoolutions). „Es sind viele kleine Ideen, die zusammen viel verändern können“, fasste es Stefan Rötzel, Innovations- und Gründercoach im Science Park Kassel treffend zusammen.
Die Angst vor der Renovierung nehmen
Am Ende war es das Team von Immoscope, dessen Idee in der Kategorie Bootcamp am besten bei der Jury ankam: Marius Brede und Kevin Ekhorutomwen wollen Eigentümern die Angst vor einer energieeffizienten Renovierung von Immobilien nehmen. Gelingen soll das mit einem digitalen Tool, das Aussagen über die Wirtschaftlichkeit von Sanierungsmaßnahmen trifft.
Bei den Newcomern, die größtenteils erst beim Wettbewerb zusammenfanden, gewann das Team Food-Bot: Seda Rabe, Janik Rabe, Tobias Paetzold und Daniela Bartel hatten innerhalb weniger Tage das Konzept für eine KI-gestützte Ernährungsberatung entwickelt – eine App, die auf den persönlichen Bedarf zugeschnittene Rezepte generiert. Der Clou: Auch lokale Apotheken sollen mit ins Boot geholt werden, zum Beispiel bei der Ermittlung von Blutwerten.
Gesund ernähren und Apotheken stärken
„Die Verbindung von gesunder Ernährung und Stärkung der lokalen Apotheken ist ein wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Mehrwert“, begründete die Jury ihre Entscheidung. Man sehe hier großes Realisierungspotenzial. Zudem habe das Team besonderes Engagement gezeigt, indem es trotz der knappen Zeit sogar noch mehrere Kasseler Apotheker nach ihrer Einschätzung der Geschäftsidee befragte. Deren Feedback fiel durchweg positiv aus.
Die beiden Gewinner erhielten jeweils 3000 Euro, gestiftet vom VDI und der Kasseler Sparkasse. Außerdem wurde ein Preis für die beste Team-Performance vergeben: Jan Lucas Friedrich, Johannes Pavel und Elisabeth Breidenbach entwickelten „ESGenius“ – eine Web-Applikation, die das Erstellen eines ESG-Berichts für kleine und mittlere Unternehmen deutlich einfacher machen soll. Das Team habe mit Engagement, guter Chemie und starker Arbeit überzeugt, urteilte die Jury. Um ihre Idee weiterzuverfolgen, dürfen die drei Newcomer drei Monate lang mietfrei im CoCreationLab des Science Parks arbeiten – inklusive weiterem Coaching.
SFN-Team bestimmt den Mikroplastik-Gehalt
Mit einem Sonderpreis wurde das jüngste Team, das jemals beim Startup-Hack vertreten war und außer Konkurrenz startete, ausgezeichnet. Im Schülerforschungszentrum Nordhessen (SFN) haben Leo Bechstein, Kalle Bracht und Stefan Glas das Konzept für ein modulares Messgerät entwickelt, mit dem der Mikroplastik-Gehalt in Gewässern bestimmt werden kann. Die drei Schüler erhielten 1500 Euro von der Antrok GmbH (Lohfelden). Außerdem wird ihnen das Unternehmen, das unter anderem auf Anlagenbau spezialisiert ist, bei ihrem Vorhaben beratend zur Seite stehen.
In den kommenden Jahren werden voraussichtlich weitere junge Talente beim Startup-Hack dabei sein. „Den Wettbewerb auch künftig für Schüler- Forschungsteams zu öffnen, ist eine gute Möglichkeit, Schule und regionale Wirtschaft noch stärker miteinander zu verknüpfen“, sagt Dr. Hans Friedrich Breithaupt, Vizepräsident der IHK Kassel-Marburg und Mitglied der Jury. Pro Jahr unterstützt die IHK das SFN bereits mit 10.000 Euro. Der Beitrag des SFN-Teams zeige, wie viel kreatives Potenzial – auch in Bezug auf mögliche Neugründungen im Nachhaltigkeitsbereich – es in nordhessischen Schulen gibt.
38 Prozent sind erfolgreiche Gründer
Für alle Teams könnte der Wettbewerb tatsächlich den Sprung in die Selbstständigkeit bedeuten. Ein Blick in die Statistik legt das jedenfalls nahe: 38 Prozent aller Teams, die in den vergangenen Jahren am Startup-Hack Nordhessen teilgenommen haben, sind inzwischen erfolgreiche Gründer. Larabicus zum Beispiel hat Putzroboter zur Reinigung von Schiffsrümpfen entwickelt und geht demnächst in die Testphase. Beim Abschluss-Event stellte Thomas Schomberg sein Projekt noch einmal vor. Inspirierend waren auch die Beiträge der Unternehmen Antrok und Rinke sowie der Landwehr + Schultz Trafo GmbH, dem Gewinner des diesjährigen hessischen Gründerpreises in der Kategorie Zukunftsfähige Nachfolge. Als Firmenteams erhielten sie beim Startup- Hack Impulse, wie sie die eigenen Geschäftsfelder nachhaltiger aufstellen können.
Kontakt
Dr.-Ing. Tobias Heidrich
Teamleiter Energie | Umwelt | Industrie