Vorreiterrolle bei Erneuerbaren Energien

Nordhessen-Abend in Wiesbaden

Eine angeregte Debatte rund um die Energiewende stand im Mai im Mittelpunkt eines parlamentarischen Abends im Hessischen Landtag in Wiesbaden.
Das Regionalmanagement Nordhessen und das Regierungspräsidium Kassel hatten Gäste aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zu einer Netzwerkveranstaltung mit Podiumsdiskussion unter dem Titel „Nordhessen: Vorreiterregion bei der Transformation des Energiesystems“ eingeladen. Gefördert wurde der Nordhessen-Abend mit 230 Teilnehmerinnen und Teilnehmern durch das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen. 
Auftakt des Nordhessen-Abends war ein geführter Rundgang durch die Stände der Fachaussteller, zu denen die Unternehmen Viessmann und Flavia in Kooperation mit Grid & Co., die Brauerei Hütt sowie das Wasserstoff-Projekt „HyExperts“ gehörten. Begrüßt wurden die Gäste von der Präsidentin des Hessischen Landtags, Astrid Wallmann, dem Staatssekretär im Hessischen Wirtschaftsministerium, Jens Deutschendorf, sowie dem Kasseler Regierungspräsidenten Mark Weinmeister. Dr. Cristina Cezara Missing, Deputy Director Public Affairs Germany bei der Viessmann Group, unterstrich in ihrem Impulsvortrag, dass die Wärmewende vor Ort in Nordhessen bereits realisiert werde. Missing verwies auch auf die Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine: „Es müssen mutige Entscheidungen getroffen werden.“ Dabei dürfe die soziale Verträglichkeit nicht in den Hintergrund geraten.
Auf dem Podium diskutierten Winfried Becker (Landrat des Schwalm-Eder-Kreises), Prof. Dr. Ute Clement (Präsidentin der Universität Kassel), Dr. Arnd Klein-Zirbes (Hauptgeschäftsführer der IHK Kassel-Marburg), Prof. Dr.-Ing. Peter Birkner (Geschäftsführer House of Energy), Prof. Dr.-Ing. Mark Junge (Zweiter Vorsitzender von deENet) und Tim Oberlies (Manager Sustainable Strategy bei Viessmann). Moderiert wurde der Austausch vom Geschäftsführer des Regionalmanagements Nordhessen, Kai Georg Bachmann, der mit seinen Gästen einen breiten Einblick in die Vision einer Modellregion gab. Diese soll mithilfe innovativer Technologien und der Zusammenarbeit von Unternehmen und Politik umgesetzt und vorangebracht werden.

Zugang zur kommunalen Ebene geschaffen

Winfried Becker bekräftigte, wie wichtig eine dezentrale Energieversorgung in der Zukunft sein wird, um die mit der Energiewende verbundenen Ziele zu erreichen. Die EAM (Energie aus der Mitte) habe als Netzbetreiber einen Zugang zur kommunalen Ebene geschaffen, der die Zusammenarbeit von Energieunternehmen und Kommunen stärke. Die Rekommunalisierung der Netze in Nordhessen sei deutschlandweit einzigartig, betonte der Landrat, der auch Vorsitzender des EAM-Aufsichtsrats ist. Um ein konzeptionelles Zentrum der Ideen entstehen zu lassen, verwies Prof. Dr. Ute Clement auf das Vorhaben, ein Sustainable Valley für Stadt und Region zu schaffen: „Nordhessen kann so gemeinsam als die Region für regenerative Energien etabliert werden.“
Des Weiteren brauche die Region Köpfe, die die Energiewende umsetzen können, unterstrich die Universitätspräsidentin. „Unsere Region ist geprägt von zahlreichen innovationsstarken Unternehmen, einem starken Branchenmix, so auch im Energieeffizienzbereich, und einem starken Wissenschafts- und Forschungsstandort. Nordhessen bietet hervorragende Voraussetzungen für eine Modellregion für nachhaltige und resiliente Energiesysteme“, zeigte sich Dr. Arnd Klein-Zirbes überzeugt. Wichtig sei aber, dass die Unternehmen durch Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit nicht ökonomisch überfordert werden. „Auch in Sachen Energiewende gilt: Ohne Nordhessen geht es nicht“, betonte der IHK-Hauptgeschäftsführer.

Ohne Fachkräfte keine Energiewende

Zur Umsetzung braucht es neben den politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen jedoch auch geeignetes Fachpersonal. Frank Dittmar, Präsident der Handwerkskammer Kassel, ergänzte, dass es ohne ein leistungsstarkes Handwerk keine Energiewende geben könne. Dass die Komplexität des Themas nicht unterschätzt werden dürfte, betonte Prof. Dr.-Ing. Mark Junge. Es benötige Macherinnen und Macher aus Industrie, Wirtschaft und Handwerk, die Nordhessen als Umsetzungsgebiet der Energiewende voranbringen. Festigten sich die bereits vorhandenen Strukturen in der Region,stärke dies ihre Leuchtturmposition.

Mit Co-Creation-Ansatz Stärke entwickeln

Prof. Dr.-Ing. Peter Birkner fasste zusammen: „Nordhessen hat die besten Voraussetzungen, zur Modellregion für die Realisierung einer ganzheitlichen, umfassenden und nachhaltigen Energiewende zu werden.“ Die dazu nötige Vernetzung von Strom-, Wärme- und Verkehrswende sei technisches, ordnungspolitisches und finanzwirtschaftliches Neuland „und bedarf der intensiven Zusammenarbeit von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik“. Wie viel regionale Stärke sich durch einen Co-Creation-Ansatz entwickeln lässt, konnte bereits mit dem klimaneutralen Landkreis Waldeck-Frankenberg sichtbar gemacht werden, ergänzte Tim Oberlies. Die Region kann seiner Ansicht nach als Vorbild agieren. Für die Förderung innovativer Technologien braucht es darüber hinaus Finanzkraft auf allen beteiligten Ebenen. Unabdingbar sei es, darin war sich das Podium einig, Bürokratie abzubauen und mehr Dynamik für den Ausbau von erneuerbaren Energien zu schaffen.


Dr.-Ing.Tobias Heidrich
Teamleiter Energie | Umwelt | Industrie