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#26 Nachfolge im Handel
In der heutigen Folge dreht sich alles rund um das Thema Unternehmensnachfolge im Handel. Dafür ist heute Martin Schüller, Geschäftsführer des Einzelhandelsverbandes Hessen Nord e.V. zu Gast. In seiner Funktion beim Einzelhandelsverband berät er Mitglieder in Fragen des Arbeits- und Sozialrechts, Wettbewerbsrechts oder auch bei den Themen Gründung und Nachfolge.
Hallo und herzlich willkommen zum IHK-Podcast ‘’Nachfolge ist Vertrauenssache’’. Mein Name ist Miriam Postlep und gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen von der IHK Kassel-Marburg berate ich zum Thema der Unternehmensnachfolge. Herzlich Willkommen, schön, dass Sie da sind, Herr Schüller.
Danke, ich darf mich auch recht herzlich bedanken für die Einladung.
Sie haben erzählt, dass Sie dieses Jahr 25 Jahre Geschäftsführer des Einzelhandelsverbandes hier in Nordhessen sind. Sie haben also damit auch schon eine längere Perspektive auf dieses Thema der Nachfolge und wie die Region sich entwickelt hat. Wie nehmen Sie die Veränderungen der letzten Jahre da wahr? Und warum ist es auch schwieriger, Menschen für dieses Thema vielleicht zu begeistern?
Ich glaube die Problematik, die da hinsichtlich der Nachfolge ist – einmal muss sich vielleicht auch der Einzelhandel selbst an die Nase packen - ist dass man gesagt hat, man baut Führungskräfte nicht auf, die dann vielleicht die Nachfolge übernehmen könnten. Das ist das eine. Aber zum anderen, ich möchte jetzt keine Kritik an der Jugend oder den jungen Leuten üben, Selbstständigkeit, was auch Freiheit bedeutet, das ist eigentlich so ein bisschen verloren gegangen. Man sagt gut, ich habe ein gutes Start-up-Unternehmen, vielleicht im Bereich Digitalisierung oder sonstiges, oder wenn ich jetzt die Presse gelesen und gehört habe, dass die meisten jungen Leute Influencer werden wollen, wo ich aber zum anderen sage, was sind denn Influencer? Da vermarkte ich auch was. Und das ist eigentlich der Einzelhandel, die Liebe zum Produkt, die Liebe zum Kunden, ein bisschen Entertainment gehört dazu.
Wenn ich sage, ich übernehme einen Textilladen, dann kann ich sagen, ich verkaufe nicht nur die Produkte, die bisher da schwerpunktmäßig sind. Vielleicht gebe ich da auch nochmal ein paar Textilien rein. Thema Nachhaltigkeit, Second Hand oder noch Zusatzsortimente. Aber das bleibt, dann auch dem Übernehmer selbst überlassen. Man muss ja sehen, der Einzelhandel von den Standorten ist ja fast leicht geblieben. Aber die Filialisierung von den großen Unternehmen, die hat ja stattgefunden. Und ich sage mal, das 0815, da wird man als Nachfolger gar nicht reinkommen. Man muss seine Zielgruppe kriegen, man muss seine Sortimente kriegen und wie kriegt man das hin. Dann gibt es die Möglichkeit, auch Nachfolger zu werden von einem Franchise-System, wo man reingeht. Bei vielen Ketten, wo man denkt, es ist eine Kette, dabei ist es ein Franchise-System, wo Sie Hilfe kriegen. Das gibt es im Food-Bereich, im Non-Food-Bereich, im Tierfutter-Bereich. Das sind Franchise-Unternehmen, wo vielleicht auch viele Außenstehende sagen, das wusste ich ja gar nicht, dass ich da die Möglichkeit habe, da ein Unternehmen zu übernehmen, was eigentlich ein Franchise-System ist, weil außen dran steht die Marke der Firma. Und man denkt, ach, das ist eine Filialkette, da habe ich sowieso keine Chance.
Und jetzt so mit Ihrem Blick auf die Region, was sind denn vielleicht so aktuelle Trends im Einzelhandel? Wo Sie sagen, das läuft gut oder das ist ganz beliebt gerade?
Es wäre schwer jetzt zu sagen, hier, das ist erfolgreich oder das ist erfolgreich. Es gibt so viele erfolgreiche Konzepte, weil im Prinzip nicht-erfolgreiche Konzepte verschwinden rucki zucki wieder vom Markt. Und es kommt dann auf den Menschen selber an. Für was ist er affin? Möchte ich Lebensmittel verkaufen? Möchte ich in Spezialbereichen mit rein? Deswegen kann man das gar nicht sagen. Ich glaube, jede gute Idee, und wenn ich dann dahinterstehe, dann auch vielleicht mit dem einen oder anderen Mitarbeitern, kann jedes Konzept erfolgreich sein. Weil Identität, Authentizität ist ganz wichtig im Einzelhandel. Ein Kollege hat mal gesagt, ein bisschen Entertainment gehört dazu beim Einzelhandel. Aber ich würde noch nicht mal sagen, dass es nur diese kleinen oder mittelständischen sind. Man sollte auch wirklich mal schauen, was gibt es im Food-Bereich, oder was gibt es auch an größeren Handelsunternehmen, die da sind. Ich kann mich noch erinnern, ich hatte mal aus dem Baumarktbereich, wo dann ein Prokurist ein Unternehmen übernommen mit sechs Standorten. Das funktioniert auch. Und man muss den Mut haben, selbstständig zu sein, auch das wirtschaftliche Risiko einzugehen. Aber das hat dann den Vorteil der Freiheit, der freien Zeiteinteilung usw., und gute Unternehmer braucht, glaube ich, jede Branche.
Aber, wenn man sich jetzt auf die Suche begibt und Gespräche führt mit ersten Handelsgeschäften, um die zu kaufen, was würden Sie sagen, worauf sollte man ganz besonders achten?
Das Wichtigste sind natürlich die Zahlen. Dass man sich die Zahlen anguckt, dann den Standort. Nehmen wir mal an, Sie hätten auf dem platten Land jemanden. Da würde ich dann schon mal gucken, jetzt die Frequenz, ich hatte ja vorhin gesagt Frequenz ist das A und O. Es gibt natürlich Ausnahmen, wir haben ein großes Textilhaus im Bayrischen Wald, da ist drumherum nichts und das ist eine Institution immer gewesen. Also die Zahlen sind natürlich das Wichtigste, was natürlich ein Vorteil gegenüber den Existenzgründern ist. Das Wichtigste, Sage ich mal, die Fantasie, die Ziele wo will ich hin? Das macht ja das Unternehmertum aus, nicht zu sagen, ich übernehme den Laden, jetzt habe ich viel Freizeit oder ich habe wenig Freizeit, aber die Arbeitszeit könnten Sie selbst gestalten, was Sie vielleicht in einem Angestellten-Job nicht haben.
Und vielleicht nochmal Thema Unternehmenswert, gibt es da was, worauf man besonders achten sollte im Handel, ein Rat von Ihnen, wie man den da besonders realistisch bewerten kann? Ich komme darauf, weil wir es im Handel oft mit Einzelrechtsnachfolgen zu tun haben. Sie hatten es auch eben gesagt, oft wird ja der Bestand gekauft und es wird ausgehandelt welchen Bestand kauft man eigentlich, was kommt in den Abverkauf usw. was würden Sie sagen?
Also ich sag mal, das wird vielleicht unseren Händlern wehtun, aber das zeigt, häufig ein Unternehmensname ist nicht mehr viel wert, oder wenn ich 100 Jahre am Markt bin, das ist auch nicht viel wert. Klar, wenn Sie einen Käufer finden, der sagt, für mich ist das wichtig und das hat für mich auch einen Marktwert, wenn ich jetzt zum Beispiel auch die Namensrechte übernehmen kann, das kommt ja auch vor, dass ich einen Laden übernehme und führe den in Prinzip im Namen fort, der in der Bevölkerung und Kundenkreis und sonstiges da präsent ist. Dann natürlich der Warenbestand, der ist das A und O und dann kommt es auch darauf an bei Ladeneinrichtung, wie alt die sind, aber der Hauptpunkt ist das Warenlager und da sind dann natürlich auch Abstufungen zu machen. Einkaufspreis oder was weiß ich, wenn Sie Klamotten haben, die 10 Jahre irgendwo schon hängen, dann zahlen Sie natürlich nicht mit einem Einkaufspreis, aber das ganz individuell.
Wenn Sie mehr über das Thema Unternehmensnachfolge erfahren möchten, dann würde ich mich freuen, wenn Sie den Podcast abonnieren und uns eine Bewertung unterlassen. Viele weitere Informationen finden Sie in den Show-Notes, und wenn Sie sonst noch konkrete Fragen haben oder Themenwünsche, dann freue ich mich über eine E-Mail an nachfolge@ihk.de. Bis zum nächsten Mal, wenn es heißt Nachfolge ist Vertrauenssache.
Das gesamte Interview mit Martin Schüller können Sie in unserem Podcast hören.
Kontakt
Miriam Postlep
Projektreferentin Unternehmensnachfolge | Projekt Nexxt Now